Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer, Berufsrecht , Handelsrecht, Gesellschaftsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Führt ein Gewerbetreibender Bestechungsgelder, die durch Strafurteil nach § 12 Abs. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs als dem Staate verfallen erklärt wurden, ab, so liegt keine Betriebsausgabe vor. Wegen der Abführung kann keine Rückstellung gebildet werden.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, §§ 5, 12 Nr. 1; UWG § 12 Abs. 3; StGB §§ 40, 335; WiStG § 8 Abs. 1 S. 2, § 11

 

Tatbestand

Streitig ist im Verfahren der gesonderten Gewinnfeststellung 1957, ob für Beträge, die nach § 12 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 7. Juni 1909 RGBl I 1909 S. 499) durch Strafurteil als dem Staate verfallen erklärt wurden, eine Rückstellung gebildet werden kann.

Der Revisionskläger (Steuerpflichtiger - Stpfl. -) war leitender Angestellter einer AG und betrieb außerdem ein Schiff, das einer Schiffsgemeinschaft gehörte, an der er selbst beteiligt war. In dem Schiffsbetrieb nahm er in den Jahren 1955 bis 1957 u. a. Provisionen in Höhe von 103 526,33 DM ein, die ordnungsmäßig gebucht und versteuert wurden. Durch rechtskräftiges Strafurteil, das 1958 erging, wurden diese Beträge als dem Lande verfallen erklärt, da es sich um Bestechungsgelder gehandelt habe (§ 12 Abs. 3 UWG). In der Bilanz der Schiffsgemeinschaft zum 31. Dezember 1957 bildete der Stpfl. eine Rückstellung von 100 000 DM.

Das Finanzamt (FA) erkannte die Rückstellung nicht an, da es sich um eine Nebenstrafe handle. Die Beträge könnten als Kosten der Lebenshaltung den Gewinn nicht mindern (§ 12 Ziff. 1 EStG).

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) stützte die Auffassung, daß die Verfallerklärung eine Nebenstrafe darstelle, vor allem auf § 335 des Strafgesetzbuches (StGB) - unter Hinweis auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Bd. 10 S. 237 (244); Bd. 11 S. 345 (348) -. Es handle sich um verschärfende Spezialvorschriften zu § 40 StGB. Im Gegensatz zu § 40 StGB trügen sie keinen Sicherungscharakter (Hinweis auf Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Bd. 67 S. 29 (32)). Das folge auch daraus, daß u. U. anstelle des Empfangenen sein Wert für verfallen zu erklären sei (§ 12 Abs. 3 UWG). Ebensowenig wie bei Geldstrafen, Geldbußen und Ordnungswidrigkeitsstrafen liege ein Rückfluß von Betriebseinnahmen vor (Hinweis auf Urteil des BFH I 322/56 S vom 10. September 1957 - Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 65 S. 471 (BFH 65, 471), BStBl III 1957, 415 -). Die Verfallerklärung könne nicht der Anordnung, daß bei Preisverstößen der Mehrerlös abzuführen sei (§ 8 des Wirtschaftsstrafgesetzes 1954 vom 9. Juli 1954 - BGBl I S. 175 - in der Fassung des Gesetzes vom 19. Dezember 1956 - BGBl I S. 924 - (WiStG), gleichgestellt werden.

Der Stpfl. rügt in seiner Rechtsbeschwerde unrichtige Rechtsanwendung. Die Verfallerklärung auf Grund des § 12 Abs. 3 UWG stehe rechtlich der Anordnung zur Abführung eines Mehrerlöses (§ 8 Abs. 1 Satz 2 WiStG) gleich, die zu einer Rückstellung führe (Hinweis auf BFH-Urteil VI 9/64 U vom 23. Juli 1965, BFH 83, 233, BStBl III 1965, 585; Abschn. 25 EStR).

 

Entscheidungsgründe

Die als Revision zu behandelnde Rb. ist unbegründet. Geldstrafen können steuerlich nicht abgesetzt werden (vgl. BFH- Urteile IV 49/63 U vom 14. Januar 1965, BFH 82, 85, BStBl III 1965, 278; VI 9/64 U). Das gilt auch für Nebenstrafen sowie für Geldbußen, die auf Grund des WiStG festgesetzt wurden (vgl. BFH- Urteil I 322/56 S). Danach können Geldstrafen auch dann nicht als Betriebsausgaben abgesetzt werden, wenn die strafbare Handlung im Betriebe begangen wurde. Die Nichtabzugsfähigkeit beruht auf dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung, der es verbietet, daß Geldstrafen durch steuerliche Berücksichtigung der entrichteten Beträge mittelbar gemildert oder aufgehoben werden. Das würde dem Strafzweck widersprechen.

Bei der Verfallerklärung auf Grund des § 12 Abs. 3 UWG handelt es sich um eine Strafe, und zwar um eine Nebenstrafe. Die Ausführungen, die das FG hierzu gemacht hat, sind zutreffend. Es ist kein einleuchtender Grund dafür vorhanden, weshalb die Verfallerklärung bei Beamtenbestechung (§ 335 StGB) steuerrechtlich anders gewürdigt werden sollte, als die Anordnung des Verfalls von Geldbeträgen bei einer Bestechung privater Angestellter (§ 12 Abs. 3 UWG). Die Vorschriften des § 12 Abs. 3 UWG und des § 335 StGB stimmen fast wörtlich überein. In beiden Gesetzen sind die Verfallerklärungen zwingend vorgeschrieben, und es ist anerkannt, daß es sich um Nebenstrafen handelt (vgl. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen Bd. 11 S. 348 und Bd. 13 S. 329, beides Entscheidungen zu § 335 StGB; Reimer, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, S. 715, Rd. Nr. 20 zu § 12 UWG; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 9. Aufl. Bd. I S. 685, Rd. Nr. 23 zu § 12 UWG). Als Nebenstrafe wird die Verfallerklärung auch von einer Amnestie erfaßt (vgl. Baumbach-Hefermehl, a. a. O., S. 686). Die Auffassung des Stpfl., daß eine Nebenstrafe schon deshalb nicht vorliegen könne, weil bei Vermögenslosigkeit die Verfallgelder nicht in eine Haftstrafe umgewandelt werden könnten, ist nicht stichhaltig. Denn auch im Falle des § 335 StGB ist die Umwandlung in eine Ersatzfreiheitsstrafe ausgeschlossen (vgl. Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Bd. 22 S. 103; Schwarz-Dreher, Strafgesetzbuch, Anm. Ca zu § 335), obgleich der Charakter der Verfallerklärung als einer Strafe (Nebenstrafe) nicht bezweifelt wird. Die Verfallerklärung ist nur keine Geldstrafe im Sinn der §§ 27 ff. StGB, sondern eine Vermögensstrafe (vgl. Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, Erl. I zu § 335). Für die steuerliche Behandlung ist nicht entscheidend, ob eine Geldstrafe im gesetzestechnischen Sinn des StGB, sondern ob überhaupt eine Strafe, wenn auch nur eine Nebenstrafe vorliegt. Das aber ist hier zu bejahen. Etwaige Unterschiede im Unrechtsgehalt von Straftaten im Sinne des § 335 StGB einerseits und des § 12 UWG andererseits sind steuerrechtlich ohne Bedeutung (vgl. BFH-Urteil I 322/56 S).

Der Hinweis des Stpfl. auf die andersartige Behandlung von Verpflichtungen zur Abführung des Mehrerlöses (§§ 8, 11 WiStG) geht fehl. Denn nach herrschender Meinung stellt diese Abführung, ebenso wie die Einziehung oder Ersatzeinziehung von Gegenständen des Betriebsvermögens, keine unmittelbare Strafmaßnahme dar (vgl. BFH-Urteile VI 9/64 U und die dort angeführten Entscheidungen des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs; IV 49/63 U). Die Auffassungen über die Rechtsnatur der Mehrerlösabführung sind allerdings geteilt (Ebisch, Kommentar zum Wirtschaftsstrafgesetz, Anm. 1 zu § 8, S. 134). Dies könnte im übrigen allenfalls gegen die steuerliche Abzugsfähigkeit der abzuführenden Mehrerlöse, nicht jedoch für eine Abzugsfähigkeit von Verfallgeldern sprechen.

Da die Verfallerklärung Strafcharakter hat und die verfallenen Gelder an den Staat abzuführen und nicht an denjenigen zurückzugewähren sind, der sie bezahlt hatte, kann in der Abführung keine Rückgängigmachung von Betriebseinnahmen gesehen werden. Der Senat verkennt nicht, daß in dem Ausschluß der Abzugsfähigkeit von Verfallgeldern insofern eine nicht unbeträchtliche Härte liegen kann, als die Gelder bereits als Teile des Gewinns versteuert wurden. Der Senat kann jedoch diesen Umstand angesichts des eindeutigen Gesetzessinns im Wege der Auslegung nicht berücksichtigen.

Die Vorentscheidung ist mit der Maßgabe zu bestätigen, daß der Streitwert für das Berufungsverfahren - wie für die Revision - 25 265 DM beträgt (vgl. BFH-Urteil IV 62/60 U vom 10. November 1960 (BFH 72, 251, BStBl III 1961, 95).

 

Fundstellen

Haufe-Index 412191

BStBl III 1966, 585

BFHE 1966, 584

BFHE 86, 584

BB 1966, 1178

DB 1966, 1590

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