Entscheidungsstichwort (Thema)

Kapitaleinkünfte bei refinanziertem Risikodarlehen -- Werbungskostenabzug der Schuldzinsen bis zur Zahlungsunfähigkeit des Darlehensschuldners

 

Leitsatz (NV)

1. Werden für ein Darlehen außer banküblichen Zinsen gesonderte Beträge für die "Bereitstellung des Geldes" zugesagt, handelt es sich nicht um Entgelt sonstiger Leistungen i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG, sondern entweder auch insoweit um Zinsen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder um "besondere Entgelte" nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG.

2. Wird das Darlehen vom Gläubiger durch ein Bankdarlehen refinanziert, können die dafür von ihm zu entrichtenden Schuldzinsen nur so lange als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden, bis die Möglichkeit der Einkünfteerzielung wegen der Zahlungsunfähigkeit des Darlehensschuldners endet.

3. Nach Beendigung der Einkünfteerzielung entstandene Schuldzinsen sind nur insoweit als nachträgliche Werbungskosten abziehbar, als sie auf die Zeit der Einkünfteerzielung entfallen (Anschluß an ständige Rechtsprechung).

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1-2, 3 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Nr. 1, § 22 Nr. 3 S. 1, § 24 Nr. 2; FGO § 118 Abs. 2; BGB §§ 133, 157, 607 ff.; ZPO § 807

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), die nichtselbständig tätig ist, schloß am 6. Mai 1985 mit der Maklerin A schriftlich folgenden Darlehensvertrag:"

Die zu 1. genannte Frau ... (Klägerin) gibt A ein Darlehen in Höhe von DM ... für ein Jahr fest. A kann das Darlehen innerhalb dieses Jahres zurückzahlen. Das Darlehen wird verzinst zu den Zinssätzen der Sparkassen. A übernimmt diese Zinsen und alle durch den Vertrag entstandenen Kosten. Über diese Kosten hinaus zahlt A an Frau ... (Klägerin) einen Betrag in Höhe von DM ... für die Bereitstellung des Geldes. Zur Absicherung dienen die nachgenannten Sicherungshypotheken auf den Objekten A-Straße 75, 71 und 69; ferner auf dem Gewerbeobjekt B-Weg 28 und auf 10 Garagen. Die Zinsen werden 1/4jährlich bezahlt, innerhalb von acht Tagen nach Bekanntgabe des Zinsbetrages. Ein Agio entfällt.

Die späteste Rückzahlung hat zu erfolgen am 1. 5. 1986. Die Zahlung durch Frau ... (Klägerin) wird unmittelbar nach Unterschrift des Vertrages vorgenommen.

Verwertung der Sicherungshypothek: ... "

Die Klägerin nahm zur Finanzierung des an A bar ausgezahlten Darlehens ihrerseits einen Kontokorrentkredit in derselben Höhe zum gleichen Zinssatz bei der Kreissparkasse auf. Bis Ende des Jahres 1986 wurden ihr auch die für die Refinanzierung angefallenen Schuldzinsen durch A erstattet. Am 3. Mai 1986 vereinbarte sie mit A an Stelle der Tilgung eine Verlängerung des Darlehensvertrages auf unbestimmte Zeit mit der Verpflichtung von A, als Entgelt für die "Zurverfügungstellung" der Darlehenssumme jährlich den Betrag von ... DM zu zahlen.

Im Februar 1987 gab A die eidesstattliche Versicherung gemäß § 807 der Zivilprozeßordnung (ZPO) ab, nachdem vier von ihr betriebene Unternehmen in Konkurs gegangen waren. Laut einem Schreiben ihrer Anwälte vom 13. März 1987 an die Anwälte der Klägerin war zwar eine Zurückführung der Darlehenssumme ebensowenig möglich wie die Bedienung der Zinsen, doch bestehe bei einem Verkauf der besicherten Objekte "durchaus die Aussicht, daß Ihre Mandantin mit der Forderung nicht oder nicht in vollem Umfang ausfallen wird ... Selbstverständlich wird sich meine Mandantin bemühen, das Darlehen zurückzuführen, ebenso wie auch die laufenden Zinsen zu zahlen. Eine feste Zusage ... kann jedoch derzeit nicht gemacht werden." Das insoweit vom Finanzgericht (FG) wörtlich zitierte Schreiben besagt ferner, daß auf dem Objekt A-Straße 61--75 (außer 73) Grundschulden verschiedener Gläubiger lasteten und die Klägerin nachrangige dingliche Gläubigerin nach der Kreissparkasse sei. Die Kreissparkasse habe Zwangsverwaltung sowie Zwangsversteigerung beantragt. Die Versteigerungserlöse dürften jedoch zur Abdeckung der Darlehen der Kreissparkasse nicht ausreichen. "Mit einem Ausfall Ihrer Mandantin ist daher in jedem Fall bei einer Zwangsversteigerung zu rechnen." Es werde gebeten, "unnötige Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht zu ergreifen. Hier würden nur vermeidbare Kosten entstehen, da meine Mandantin, wie ausgeführt, bereits ihr gesamtes Vermögen den Gläubigern zur Verfügung gestellt hat und weitere verwertbare Habe nicht vorhanden ist."

Die Klägerin schuldete ihren Kontokorrentkredit am 6. Juli 1987 in ein anderes Darlehen der Stadtsparkasse um, das sie zur Zeit noch tilgt.

Die in den Streitjahren 1987 und 1988 angefallenen Schuldzinsen in Höhe von ... DM bzw. ... DM machte die Klägerin in ihren Einkommensteuererklärungen erfolglos als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) stellte sich auf den Standpunkt, daß die Klägerin keine Einkunftserzielungsabsicht gehabt habe.

Dagegen gab das FG der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage statt. Die Re finanzierungszinsen seien Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, da sie mit dieser Einkunftsart in engem wirtschaftlichem Zusammenhang ständen. Bei dem Darlehensvertrag und seiner Verlängerung handele es sich um eine Vertragseinheit. Sowohl die zunächst vereinbarte Einmalzahlung von ... DM als auch der später vorgesehene Betrag von jährlich ... DM bildeten das Entgelt für die Gewährung des Darlehens. Daß die Aufwendungen der Klägerin nicht zum Erfolg geführt hätten, sei nach ständiger Rechtsprechung unerheblich. Es lägen keine nachträglichen Werbungskosten vor, weil "das Objekt der Einkunftserzielung" jedenfalls in den Streit jahren noch nicht aus dem Vermögen der Klägerin ausgeschieden gewesen sei. Denn die Ansprüche der Klägerin auf Rückzahlung des Darlehensbetrages sowie Erstattung der Zinsen und auf Zahlung des zusätzlichen Entgelts hätten rechtlich fortbestanden. Zwar habe nur eine eingeschränkte Realisierungsmöglichkeit bestanden; von einer Wertlosigkeit der Ansprüche der Klägerin in den Streitjahren könne jedoch nicht ausgegangen werden.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.

Die Beteiligten haben den während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheid für 1988 gemäß § 68 der Finanz gerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Das FG hat rechtsfehlerhaft den Werbungskostenabzug der Schuldzinsen zugelassen, obwohl die Einkunftserzielungsabsicht der Klägerin bereits anfangs des Streitjahres 1987 entfallen sein könnte, wozu es noch weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf.

1. Die Revision ist allerdings unbegründet, soweit das FA zunächst bemängelt, daß der strittige Werbungskostenabzug schon gemäß § 22 Nr. 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entfalle, weil hier lediglich die vereinbarte Einmalzahlung von ... DM bzw. von jährliche ... DM als Entgelt sonstiger Leistungen i. S. des § 22 Nr. 3 EStG einkommensteuerrechtlich bedeutsam sei. Das FA verkennt insoweit, daß die Einkünftebesteuerung gemäß § 22 Nr. 3 EStG gegenüber anderen Überschußeinkünften subsidiär ist, wie sich schon aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt. Zudem ist das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gelangt, daß die Klägerin mit der Vereinbarung und Gewährung des refinanzierten Darlehens den Einkunftstatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG begründet hat, wonach Zinsen aus Darlehen der Einkommensteuer unterliegen. Denn die Klägerin hat aufgrund der schriftlichen Vereinbarung an A ausdrücklich ein Darlehen i. S. der §§ 607 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) gewährt und ihrerseits unstreitig hierfür ein Refinanzierungsdarlehen bei der Kreissparkasse aufgenommen. An den bürgerlich-rechtlich gewollten und wirk samen Abschluß dieser Vereinbarungen (§§ 133, 157 BGB) ist auch einkommensteuerrechtlich anzuknüpfen. Für eine Umdeutung der eindeutigen Abmachungen im Sinne der vom FA vertretenen wirtschaft lichen Betrachtungsweise ist hier kein Raum. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Darlehensgewährung mit Refinanzierung bereits wiederholt der Einkunftsart Kapitalvermögen zugeordnet (vgl. z. B. Senats urteil vom 26. Februar 1985 VIII R 59/83, BFH/NV 1985, 69).

Auch die vereinbarte Einmalzahlung von ... DM und das Entgelt für die Vertragsverlängerung fallen mit dem FG unter § 20 EStG. Diese Zahlungen sind in den schriftlichen Vereinbarungen als Entgelt für die "Bereitstellung" bzw. "zur Verfügungstellung" des Darlehensbetrages bezeichnet. Sollten insoweit keine Zinsen i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG gegeben sein, handelt es sich doch um "besondere Entgelte" gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG. Aus dieser Regelung folgt nach ständiger Rechtsprechung, daß als Einnahmen aus Kapitalvermögen alle Vermögensmehrungen zu erfassen sind, die sich wirtschaftlich betrachtet als Entgelt für die Kapitalnutzung darstellen (vgl. z. B. Senatsurteile vom 25. Juni 1974 VIII R 109/69, BFHE 113, 207, BStBl II 1974, 735; vom 14. Februar 1984 VIII R 126/82, BFHE 141, 124, BStBl II 1984, 580, und vom 2. März 1993 VIII R 13/91, BFHE 171, 48, BStBl II 1993, 602).

Bei der zunächst vereinbarten Einmalzahlung geht die Klägerin selbst von einer Art Risikoprämie aus. Diese bezieht sich nicht nur, wie das FA meint, auf die Vermittlung eines Darlehens, das die Kreissparkasse der Schuldnerin M gerade nicht gewähren wollte, oder den Einsatz der eigenen Bonität der Klägerin, sondern ausdrücklich und in erster Linie auf die Überlassung des Darlehensbetrages durch die Klägerin an A. Erst durch die vereinbarte Einmalzahlung ist die für die Begründung der Einkunftsart Kapitalvermögen erforderliche Überschuß erzielungsabsicht gegeben, weil die Zinsen beider Darlehen im übrigen gleich hoch waren (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 1992 VIII R 49/90, BFH/NV 1993, 16).

2. Die Bejahung des Schuldzinsenabzugs als Werbungskosten in den Streitjahren 1987 und 1988 durch das FG kann jedoch keinen Bestand haben, weil die erforderliche Überschußerzielungsabsicht der Klägerin rechtsfehlerhaft bejaht wurde.

a) Zwar ist die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen, daß der Werbungskostenabzug von Schuldzinsen vom Vorliegen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs mit der betreffenden Einkunftsart abhängt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG). Die Vorentscheidung stimmt auch mit der ständigen Rechtsprechung (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 4. Juli 1990 GrS 1/89, BFHE 160, 466, BStBl II 1990, 830, 836) insoweit überein, als das Ausbleiben des mit den Aufwendungen beabsichtigten Erfolgs deren Abziehbarkeit als Werbungs kosten nicht entgegensteht. Der Werbungskostenabzug ist jedoch grundsätzlich nur so lange möglich, bis die zur Einkunftserzielung führende Tätigkeit oder das ihr zugrundeliegende Rechtsverhältnis endet (Senatsurteile vom 31. Juli 1991 VIII R 67/88, BFH/NV 1992, 33; vom 18. August 1992 VIII R 22/89, BFH/NV 1993, 465, und vom 15. Dezember 1992 VIII R 27/91, BFH/NV 1993, 599 sowie -- zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung -- BFH-Urteile vom 12. November 1991 IX R 15/90, BFHE 166, 219, BStBl II 1992, 289 und vom 2. März 1993 IX R 9/90, BFH/NV 1993, 533). Es bedarf der in jedem Veranlagungszeitraum feststellbaren Absicht zur Erzielung von Einnahmeüberschüssen. War diese Absicht zunächst gegeben, kann sie gleichwohl später wieder entfallen, mit der Folge, daß gleichzeitig die Befugnis zum Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten endet (vgl. Senatsurteil vom 23. März 1982 VIII R 132/80, BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463; Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, Abschn. C IV 3 c bb -- 1 -- der Gründe, und BFH-Urteil vom 31. März 1987 IX R 112/83, BFHE 150, 325, BStBl II 1987, 774).

Geht es um den Abzug von Schuldzinsen als Werbungskosten, muß der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang mit der Einkunftsart im jeweiligen Entstehungszeitpunkt der Schuldzinsen vorliegen (Senatsurteil vom 10. November 1992 VIII R 98/90, BFH/NV 1993, 468, Ziff. 1 c der Gründe mit Hinweis auf Urteil vom 7. August 1990 VIII R 223/85, BFH/NV 1991, 294). Soweit der Senat im Urteil vom 19. Oktober 1982 VIII R 97/79 (BFHE 137, 418, BStBl II 1983, 295, Ziff. 3 der Gründe) -- trotz eines inzwischen gegen den Schuldner eingeleiteten Vergleichsverfahrens -- allein auf die Ertragserwartungen bei der früheren Darlehensgewährung abgestellt hat, ist das Urteil durch die neuere Rechtsprechung überholt (a. A. aber noch das überwiegende Schrifttum, insbesondere v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 9 Anm. C 69; Prinz in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer-und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 20. Aufl., § 9 EStG Anm. 371; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 12. Aufl., § 9 Anm. 2 j S. 788, und Wolff-Diepenbrock in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 9 Rdnr. 195. je m. w. N.). Nach Beendigung der Einkunftserzielung entstandene Schuldzinsen können nach ständiger Rechtsprechung auch des erkennenden Senats nur insoweit nachträgliche Werbungskosten sein, als sie auf die Zeit der Einkünfteerzielung entfallen (vgl. Senatsurteile vom 9. August 1983 VIII R 276/82, BFHE 139, 257, BStBl II 1984, 29, und vom 19. Januar 1993 VIII R 74/91, BFH/NV 1993, 714). Hieran hält der Senat fest.

Die für den Werbungskostenabzug erforderliche Möglichkeit der Einkünfteerzielung endet -- entgegen der Ansicht der Klägerin -- nicht nur bei einer Veräußerung des Wirtschaftsguts, mit dem Erträge erwirtschaftet wurden oder werden sollten. Vielmehr entfällt der wirtschaftliche Zusammenhang von Aufwendungen mit der Einkunftsart auch dann, wenn Einnahmen hieraus deshalb nicht mehr erzielbar sind, weil z. B. deren Schuldner zahlungsunfähig geworden ist. Das hat der Senat im Anschluß an ein nicht veröffentlichtes BFH- Urteil vom 23. Februar 1984 IV R 245/80 bereits für ein wegen Konkurses des Schuldners wirtschaftlich wertlos gewordenes Darlehen ausgesprochen (Urteil in BFH/NV 1993, 468; vgl. auch Senatsurteil vom 16. April 1991 VIII R 100/87; BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234). Die Rechts lage ist ebenso zu beurteilen, wenn aufgrund der eidesstattlichen Versicherung eines Schuldners i. S. des § 807 ZPO davon ausgegangen werden muß, daß er auf Dauer zur Entrichtung der Darlehenszinsen usw. außerstande sein wird. Beim Gläubiger kann von einer Absicht zur Erzielung von Einnahmeüberschüssen nur so lange ausgegangen werden, bis er von der voraussichtlich anhaltenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners Kenntnis erlangt hat.

b) Die Revision greift durch, weil das FG die in den Streitjahren 1987 und 1988 er forderliche Absicht zur Erzielung von Einnahmeüberschüssen mit unzutreffender Begründung bejaht hat, obwohl die Darlehensschuldnerin A bereits im Frühjahr 1987 zahlungsunfähig geworden ist. Denn es steht fest, daß über alle von A als Geschäftsführerin betriebenen Unternehmen im Februar 1987 der Konkurs eröffnet wurde und sie sodann die eidesstattliche Versicherung über ihr persönliches Vermögen (§ 807 ZPO) abgegeben hat. Auch aus dem vom FG in Bezug genommenen und teilweise zitierten Schreiben der Anwälte von A vom 13. März 1987 geht zunächst hervor, daß kein pfändbares Vermögen von A vorhanden sei und die nachrangige Sicherungshypothek der Klägerin am mutmaß lichen Erlös der zur Verwertung heranstehenden Grundstücke nicht beteiligt sein werde. Weshalb dennoch die Forderungen der Klägerin nach einem von A angestrebten Verkauf der Grundstücke erfüllt werden könnten, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Auch der Hinweis des FG darauf, daß eine Vertragserfüllung durch A mit Mitteln aus einer Erbschaft, einem Lotto gewinn oder aufgrund einer Sanierung durch Verwandte nicht außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit liege, vermag die erforderliche konkrete Erwartung von Einnahmeüberschüssen nicht zu rechtfertigen. Derart vage Aussichten auf eine Besserung der Vermögenslage, die bei fast jedem Schuldner eine Rolle spielen könnten, werden denn auch weder im Konkursrecht noch bei der eidesstattlichen Versicherung berücksichtigt. Die abweichende Sachverhaltswürdigung durch das FG bindet den Senat, da in sich widersprüchlich, nicht gemäß § 118 Abs. 2 FGO (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 118 Rz. 41 m. w. N.).

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen kann die Klägerin Werbungskosten im Hinblick auf das an A gewährte Darlehen nur bis zu dem Zeitpunkt abziehen, in dem sie verläßlich von der voraussichtlich dauernden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin erfahren hatte. Nach dem vom FG bisher festgestellten Sachverhalt neigt der erkennende Senat zu der Annahme, daß die Klägerin bereits aufgrund des Anwaltsschreibens vom 13. März 1987 über den totalen Vermögensverfall von A hinreichend unterrichtet war. Entsprechende Konsequenzen könnte sie jedenfalls mit der eigenen Umschuldung im Juli 1987 gezogen haben, deren Inhalt das FG noch nicht festgestellt hat.

Die Sache ist insoweit nicht spruchreif, da die Vorentscheidung keine Feststellungen dazu enthält, zu welchen Zeitpunkten die Klägerin die als Werbungskosten geltend gemachten Refinanzierungszinsen zu entrichten hatte und geleistet hat. Jedenfalls die auf den Zeitraum bis 13. März 1987 entfallenden Schuldzinsen könnten noch als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar sein.

Dagegen bestehen Bedenken gegen den Werbungskostenabzug der ab der Umschuldung im Juli 1987 aufgewandten Schuldzinsen schon deshalb, weil das von der Klägerin nun bei der Stadtsparkasse aufgenommene Darlehen erst erhebliche Zeit nach der Konkurseröffnung und Leistung der eidesstattlichen Versicherung begründet wurde (vgl. insoweit auch BFH-Urteil vom 26. Februar 1988 III R 168/82, BFH/NV 1988, 554). Der Senat sieht von einer -- nach dem bisherigen Akteninhalt an sich gerechtfertigten -- Klageabweisung für das Streitjahr 1988 ab, um den Beteiligten hinsichtlich des insoweit noch nicht geklärten und erörterten Sachverhalts keine Instanz zu nehmen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 65049

BFH/NV 1995, 377

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