Entscheidungsstichwort (Thema)

Aktivierung von Bauten auf fremdem Grund und Boden; Werkwohnungen als notwendiges Betriebsvermögen; Nichtbeanstandung durch Bp läßt keine Bindung des Finanzamts eintreten

 

Leitsatz (NV)

1. Bauten auf fremdem Grund und Boden, die im rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentum des Herstellers stehen, sind bei diesem als Gebäude zu aktivieren.

2. Gebäude, deren Wohnungen Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis überlassen werden, gehören zum notwendigen Betriebsvermögen.

3. Errichtet eine Personengesellschaft ein Gebäude, das dem notwendigen Betriebsvermögen zuzurechnen ist, und gehört das Grundstück, auf dem sich das Gebäude befindet, einem ihrer Gesellschafter, so ist das Grundstück dem notwendigen (Sonder-)Betriebsvermögen dieses Gesellschafters zuzurechnen.

4. Wenn ein zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen gehörendes Grundstück nicht bilanziert war und dies im Rahmen mehrerer Betriebsprüfungen nicht beanstandet wurde, so bedeutet dies nicht, daß nunmehr eine Bindung des Finanzamts an die bisherige Handhabung eingetreten ist und das Grundstück deshalb als Privatvermögen zu behandeln ist.

 

Normenkette

HGB § 266 Abs. 2 Buchst. A Ziff. II Nr. 1; EStG § 5 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2; AO § 204 ff.

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Klägerin und Revisionsklägerin zu 1 (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die ein gewerbliches Unternehmen betreibt. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die X-Beteiligungsgesellschaft mbH; Kommanditisten sind der Beigeladene und Revisionskläger zu 2 (Beigeladener) sowie Herr A. X.

Die Klägerin errichtete in den Jahren 1948 und 1950 auf den Grundstücken . . . (im folgenden: Grundstück A) und . . . (im folgenden: Grundstück B) Gebäude mit Werkwohnungen, die sie ihren Arbeitnehmern zur Nutzung überließ. Das Grundstück A gehörte früher dem an der Klägerin als Gesellschafter beteiligt gewesenen Vater des Beigeladenen; dieser hatte sich mit der Bebauung des Grundstücks durch die Klägerin einverstanden erklärt. Im Jahre 1952 ging das Grundstück im Erbweg auf den Beigeladenen über. Das Grundstück B war nach Angaben der Klägerin im Jahre 1947 von dem Bauern . . . gepachtet worden; nach dem Pachtvertrag sollte die Klägerin das Recht haben, auf dem Grundstück ein Gebäude zu errichten. Im Jahre 1961 erwarb der Beigeladene das Grundstück durch Kauf.

In den Bilanzen der Klägerin wurden die Gebäude mit ihren Herstellungskosten (abzüglich Absetzung für Abnutzung - AfA -) aktiviert. Im Streitjahr 1973 betrugen die Buchansätze für das Gebäude A 3 129 DM und für das Gebäude B 27 846 DM. Der Grund und Boden war in den Bilanzen nicht angesetzt. Diese Handhabung wurde bei früheren Betriebsprüfungen nicht beanstandet.

Mit notariellem Schenkungs- und Übertragungsvertrag vom 14. Dezember 1973 übertrug der Beigeladene die Grundstücke A und B (samt Gebäuden) auf seine - an der Klägerin nicht beteiligte - Ehefrau. Letztere verpflichtete sich, die Klägerin ,,wegen des Rechtsverlustes, den diese durch die Verbindung der Gebäude mit den Grundstücken erlitten hat, zu entschädigen". Die Klägerin genehmigte die Übernahme dieser Verpflichtung durch die Ehefrau des Beigeladenen in einer als ,,Vereinbarung" bezeichneten Regelung vom 14. Dezember 1973 und erhielt vereinbarungsgemäß Entschädigungsbeträge, die den Herstellungskosten der Gebäude entsprachen, nämlich für das Gebäude A 13 015 DM und für das Gebäude B 96 627 DM.

Bei der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte für das Streitjahr 1973 behandelte die Klägerin diesen Vorgang als Veräußerung der Gebäude; den hierbei erzielten Veräußerungsgewinn errechnete sie wie folgt:

Gebäude A

Buchwert 3 129 DM

,,Entschädigungswert" 13 015 DM

Veräußerungsgewinn 9 886 DM

Gebäude B

Buchwert 27 846 DM

,,Entschädigungswert" 96 627 DM

Veräußerungsgewinn 68 781 DM.

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) die Auffassung, daß die Gebäude nebst Grund und Boden entnommen worden seien. Der übertragene Grund und Boden sei Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen gewesen, da er ihn der Klägerin zur Nutzung überlassen habe. Mit der Übertragung der Grundstücke und Gebäude auf die Ehefrau des Beigeladenen seien diese Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen entnommen worden. Das FA ermittelte die hierbei realisierten Gewinne wie folgt:

Grundstück A

Grund und Boden

Einlagewert 8 000 DM

Wert im Entnahmezeitpunkt 16 000 DM

Entnahmegewinn 8 000 DM

Gebäude

Buchwert 3 129 DM

Wert im Entnahmezeitpunkt 51 000 DM

Entnahmegewinn 47 871 DM

Entnahmegewinn insgesamt 55 871 DM

abzüglich des von der Klägerin als

Veräußerungsgewinn angesetzten Betrags 9 886 DM

,,Mehrwert der Entnahme" 45 985 DM

Grundstück B

Grund und Boden

Einlagewert 17 383 DM

Wert im Entnahmezeitpunkt 41 700 DM

Entnahmegewinn 24 317 DM

Gebäude

Buchwert 27 846 DM

Wert im Entnahmezeitpunkt 194 200 DM

Entnahmegewinn 166 354 DM

Entnahmegewinn insgesamt 190 671 DM

abzüglich des von der Klägerin als

Veräußerungsgewinn angesetzten Betrags 68 781 DM

,,Mehrwert der Entnahme" 121 890 DM.

Diesen ,,Mehrwert der Entnahme" von (45 985 DM + 121 890 DM =) 167 875 DM legte das FA der geänderten Feststellung der Einkünfte für 1973 zugrunde.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, die Grundstücke seien notwendiges Betriebsvermögen des Beigeladenen, die Gebäude notwendiges Betriebsvermögen der Klägerin gewesen. Der Beigeladene habe der Klägerin die Grundstücke zur Nutzung (vgl. § 15 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG - 1971) überlassen, damit die Klägerin auf den Grundstücken für ihre betrieblichen Zwecke Gebäude errichte bzw. bereits errichtete Gebäude nutze. - Die Übertragung der Gebäude und Grundstücke auf die Ehefrau des Beigeladenen stellten Entnahmen dar. Mit der Übertragung des Grund und Bodens auf die Ehefrau des Beigeladenen sei das wirtschaftliche Eigentum der Klägerin an den Gebäuden beendet worden; zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin das Recht verloren habe, die Grundstücke weiter zu nutzen, habe sie auch die tatsächliche Sachherrschaft an den von ihr errichteten Gebäuden verloren; das zivilrechtliche und das wirtschaftliche Eigentum hätten sich zu diesem Zeitpunkt in der Hand des Beigeladenen vereinigt.

Mit der Revision rügen die Klägerin und der Beigeladene die Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin und der Beigeladene beantragen, das FG-Urteil aufzuheben und den angefochtenen Feststellungsbescheid dahin zu ändern, daß der Gewinn von 2 528 731 DM auf 2 360 856 DM herabgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Das FG ist zwar zu Recht davon ausgegangen, daß die Grundstücke A und B ebenso wie die darauf befindlichen Gebäude zum Betriebsvermögen gehören und ihre Übertragung auf die Ehefrau des Beigeladenen zur Gewinnrealisierung geführt hat. Zur Höhe der Gewinnverwirklichung fehlt es jedoch noch an tatsächlichen Feststellungen.

1. Die beiden Gebäude, die die Klägerin mit Einverständnis der jeweiligen Grundeigentümer in den Jahren 1948 und 1950 errichtete, waren für die Klägerin ,,Bauten auf fremden Grundstücken" (vgl. § 151 Abs. 1 II A 4 des Aktiengesetzes - AktG - a. F.; nunmehr § 266 Abs. 2 A II 1 des Handelsgesetzbuches - HGB - i. d. F. des Bilanzrichtlinien-Gesetzes - BiRiLiG -).

a) Bauten auf fremden Grundstücken können vorliegen, wenn die Verbindung des Bauwerks mit dem Grund und Boden nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt oder wenn das Bauwerk in Ausübung eines Rechts an einem fremden Grundstück (z. B. Erbbaurecht) errichtet wird. In diesem Fall stellen die Gebäude trotz ihrer Verbindung mit dem Grund und Boden nur ,,Scheinbestandteile" des Grundstücks dar (§ 95 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Für denjenigen, der das Gebäude auf fremdem Grund und Boden erstellt hat, entsteht zivilrechtlich Eigentum am Gebäude (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 12. Juli 1984 IX ZR 124/83, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1985, 789).

Bauten auf fremdem Grund und Boden im bilanztechnischen Sinn gibt es darüber hinaus auch ohne zivilrechtliches Eigentum am Gebäude. Ist das Gebäude als ,,wesentlicher Bestandteil" des Grundstücks anzusehen (§ 93 BGB), so erstreckt sich zwar das zivilrechtliche Eigentum am Grund und Boden auch auf das Gebäude. In einem solchen Fall kann jedoch der Errichter eines derartigen Bauwerks dessen wirtschaftlicher Eigentümer sein (vgl. hierzu Schmidt, Einkommensteuergesetz, 6. Aufl., § 5 Anm. 31, Stichwort ,,Bauten auf fremdem Grund und Boden").

Bauten auf fremdem Grund und Boden, die im rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentum des Herstellers stehen, sind bei diesem als Gebäude zu aktivieren (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. April 1983 IV R 217/82, BFHE 138, 292, BStBl II 1983, 532).

Im Streitfall hat das FG zutreffend angenommen, daß die Klägerin zumindest wirtschaftliches Eigentum an den auf den Grundstücken A und B errichteten Gebäuden gehabt hat. Die Klägerin hat die Gebäude unter Zustimmung der jeweiligen Grundstückseigentümer mit eigenen Mitteln und für eigene betriebliche Zwecke erstellt. Daß der Klägerin die Gebäude wirtschaftlich zuzurechnen waren, ist auch unter den Beteiligten zu keiner Zeit streitig gewesen.

b) Die von der Klägerin auf fremdem Grund und Boden errichteten Gebäude wurden als Werkwohnungen den Arbeitnehmern der Klägerin (teils unentgeltlich, teils entgeltlich) zur Nutzung überlassen. Diese Nutzungsbestimmung macht die Gebäude zu notwendigem Betriebsvermögen der Klägerin.

Zum notwendigen Betriebsvermögen gehören nicht nur die dem technischen und verwaltungsmäßigen Ablauf des Betriebsprozesses gewidmeten Einrichtungen (wie Büro- und Fabrikgebäude, Lagerplätze, Betriebsstoffe, Maschinen, Waren usw.), sondern auch solche, die sich auf andere Weise unmittelbar auf den Betriebsablauf beziehen und ihm zu dienen bestimmt sind. So fallen in den Bereich des notwendigen Betriebsvermögens auch soziale Einrichtungen des Unternehmens (BFH- Urteil vom 23. Juli 1975 I R 6/73, BFHE 117, 141, BStBl II 1976, 179) sowie Grundstücke, die an Betriebsangehörige zu Wohnzwecken vermietet sind, ,,wenn für die Vermietung von Wohnungen gerade an Betriebsangehörige betriebliche Gründe maßgebend waren" (BFH-Urteil vom 1. Dezember 1976 I R 73/74, BFHE 121, 135, BStBl II 1977, 315; vgl. auch BFH-Urteil vom 11. Oktober 1979 IV R 125/76, BFHE 129, 40, BStBl II 1980, 40). Das ist bei Werkwohnungen (Wohnräume, die mit Rücksicht auf das Bestehen eines Dienstverhältnisses vermietet sind; vgl. § 565 b BGB) regelmäßig der Fall.

Auch im Streitfall handelte es sich bei den an die Arbeitnehmer der Klägerin zur Verfügung gestellten Wohnräumen nach den tatsächlichen Feststellungen des FG um ,,Werkwohnungen". Die Gebäude, in denen sich die Werkwohnungen befanden, waren damit notwendiges Betriebsvermögen.

c) Bauten auf fremden Grundstücken, die zum notwendigen Betriebsvermögen gehören, sind gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG als abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die AfA nach § 7 EStG, anzusetzen.

Diesen Vorschriften hat die Klägerin bei der Bilanzierung der von ihr auf den Grundstücken A und B errichteten Gebäude entsprochen. Nach den Feststellungen des FG hat sie die Gebäude mit den Werkwohnungen in ihren Bilanzen seit jeher mit den Anschaffungskosten abzüglich der AfA aktiviert.

2. Auch der Grund und Boden, auf dem die Wohngebäude errichtet wurden, war als notwendiges Betriebsvermögen anzusehen.

a) Grund und Boden und ein darauf errichtetes Gebäude sind bilanzsteuerrechtlich zwei verschiedene Wirtschaftsgüter, nämlich ein nicht abnutzbares (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und ein abnutzbares (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Sie werden aber gleichwohl - soweit sie im (wirtschaftlichen) Eigentum desselben Steuerpflichtigen stehen - nur einheitlich dem Betriebsvermögen oder dem Privatvermögen zugeordnet, weil der Grund und Boden und das darauf errichtete Gebäude in der Regel nur einheitlich für betriebliche oder private Zwecke genutzt werden können. So ist z. B. die Nutzung eines Gebäudes für Fabrikationszwecke eine betriebliche Nutzung, die notwendig auch den Grund und Boden umfaßt, auf dem das Gebäude steht. Umgekehrt nutzt derjenige, der ein Einfamilienhaus bewohnt, nicht nur das Gebäude, sondern in gleicher Weise auch den dazugehörigen Grund und Boden für private Wohnzwecke. Entscheidend ist die sich aus den natürlichen Gegebenheiten notwendig ableitende ,,Identität der Nutzung" (BFH-Urteil vom 31. Januar 1985 IV R 130/82, BFHE 143, 335, BStBl II 1985, 395, m. w. N.).

b) Errichtet eine Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) ein Gebäude, das dem notwendigen Betriebsvermögen zuzurechnen ist, und gehört das Grundstück, auf dem sich das Gebäude befindet, einem ihrer Gesellschafter (Mitunternehmer), so ist das Grundstück dem (Sonder-)Betriebsvermögen dieses Gesellschafters zuzurechnen. Dies ergibt sich aus § 15 Nr. 2 EStG 1971 (nunmehr: § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1987).

Wirtschaftsgüter, die ein Gesellschafter der Gesellschaft zur Nutzung überläßt, werden nach § 4 Abs. 1 EStG als Sonderbetriebsvermögen in die Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft einbezogen (BFH-Urteil vom 2. Dezember 1982 IV R 72/79, BFHE 137, 323, BStBl II 1983, 215).

Für die Zuordnung eines Wirtschaftsguts zum Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters spielt es keine Rolle, ob das Wirtschaftsgut unentgeltlich oder entgeltlich überlassen wird und aufgrund welcher vertraglichen Regelung die Nutzung gewährt wird (Schmidt, a.a.O., § 15 Anm. 79 a). Demgemäß ist auch ein Grundstück, das ein Gesellschafter der Gesellschaft überläßt, damit diese dort ein eigenes Betriebsgebäude errichtet, als Sonderbetriebsvermögen anzusehen, und zwar unabhängig davon, auf welchen Rechtsgrundlagen die Überlassung zur Nutzung beruht.

Wird das der Gesellschaft zur Nutzung überlassene Grundstück mit einem zum notwendigen Betriebsvermögen der Gesellschaft zu rechnenden Gebäude bebaut, so ist auch das Grundstück des Gesellschafters dem notwendigen (Sonder-) Betriebsvermögen zuzurechnen. Die Zuordnung des Grund und Bodens folgt auch in einem solchen Fall der Zuordnung des auf dem Grund und Boden erstellten Gebäudes.

c) Im Streitfall ist der Klägerin das Grundstück A vom dem Vater des Beigeladenen zur Nutzung überlassen worden; der Vater des Beigeladenen hatte sich mit der Bebauung des Grundstücks durch die Klägerin einverstanden erklärt. Als das Grundstück im Jahre 1952 auf den Beigeladenen im Erbwege überging, trat der Beigeladene als Erbe in die Rechtsposition seines Vaters ein. Da der Beigeladene - ebenso wie schon sein Vater - Gesellschafter der Klägerin war, konnte das der Klägerin zur Nutzung überlassene Grundstück auch in seinen Händen nach den obigen Ausführungen nur (notwendiges) Sonderbetriebsvermögen sein.

Der Umstand, daß die Grundstücksfläche nicht als Sonderbetriebsvermögen bilanziert wurde, machte die Bilanzen unrichtig. Die Zugehörigkeit der Grundflächen zum Sonderbetriebsvermögen konnte indessen durch die unrichtige Bilanzierung nicht in Frage gestellt werden. Auch die Tatsache, daß die unrichtige Bilanzierung im Rahmen mehrerer Betriebsprüfungen nicht beanstandet wurde, bedeutet nicht, daß nunmehr eine ,,Bindung" des FA an die bisherige Handhabung eingetreten ist und das Grundstück deshalb als Privatvermögen behandelt werden mußte. An eine Bindung der Finanzbehörden an ihr früheres Verhalten, insbesondere an entsprechende Zusagen, wurden im zeitlichen Anwendungsbereich der Reichsabgabenordnung - AO - (also bis zum 31. Dezember 1976; vgl. § 415 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -) strenge Anforderungen gestellt (vgl. BFH-Urteile vom 4. August 1961 VI 269/60 S, BFHE 73, 813, BStBl II 1961, 562, und vom 1. März 1963 VI 119/61 U, BFHE 76, 580, BStBl II 1963, 212; vgl. ferner Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 201 AO 1977 Tz. 5). Diesen Anforderungen konnte im Streitfall schon deshalb nicht entsprochen worden sein, weil nicht bekannt ist, ob die steuerliche Behandlung der Grundstücksfläche überhaupt jemals in den Gesichtskreis eines der Betriebsprüfer getreten ist. Jedenfalls aber sind keine Umstände festgestellt worden, aus denen sich ergibt, daß sich die Finanzbehörden hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Grundstücksfläche durch eine Zusage oder ähnliches hätten binden wollen.

Entsprechendes gilt auch für das Grundstück B. Dieses Grundstück war der Klägerin ursprünglich aufgrund eines Pachtvertrags mit einem Nichtgesellschafter überlassen worden mit der Befugnis, dort ein Gebäude zu errichten. Als es später - im Jahre 1961 - von dem Beigeladenen durch Kauf erworben wurde, mußte der Beigeladene kraft Gesetzes (§ 581 Abs. 2, § 571 Abs. 1 BGB) in die aus dem Pachtvertrag sich ergebenden Rechte und Verpflichtungen gegenüber der Klägerin eintreten. Fortan stand der Beigeladene der Klägerin als Verpächter des Grundstücks gegenüber. Diese Nutzungsüberlassung durch den Beigeladenen hatte die Wirkungen des § 15 Nr. 2 EStG 1971 zur Folge; insbesondere mußte das Grundstück - entsprechend seiner Nutzung durch die Klägerin - als notwendiges Sonderbetriebsvermögen angesehen werden. Dem steht nicht entgegen, daß auch dieses Grundstück nicht bilanziert war und die fehlende Bilanzierung bei früheren Betriebsprüfungen nicht beanstandet wurde. Insoweit gelten die zum Grundstück A gemachten Ausführungen entsprechend.

3. Die Übertragung der beiden Grundstücke (samt der hierauf stehenden Gebäude) auf die Ehefrau des Beigeladenen hat zu einer Gewinnrealisierung geführt.

a) Aus dem Vertrag über die Übertragung der Grundstücke vom 14. Dezember 1973 ergibt sich, daß die - dem Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen zuzurechnenden - Grundstücksflächen entnommen wurden und insoweit ein Entnahmegewinn entstanden ist.

Eine Entnahme (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) ist gegeben, wenn ein Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen in den privaten Bereich übergeht (BFH-Beschluß vom 7. Oktober 1974 GrS 1/73, BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Unternehmer ein zum Betriebsvermögen gehörendes Wirtschaftsgut aus nichtbetrieblichen Gründen verschenkt. Auch in einem solchen Fall muß der Unternehmer zur Erreichung des beabsichtigten Eigentumsübergangs das betreffende Wirtschaftsgut zunächst aus dem Betriebsvermögen entnehmen.

Bei einer Entnahme durch Schenkung ist der Entnahmevorgang abgeschlossen, wenn das Grundstück nicht mehr zum Betriebsvermögen gehört; diese Folge tritt ein, wenn der Schenkungsempfänger das (zivilrechtliche oder wirtschaftliche) Eigentum an dem Grundstück erlangt. Das wirtschaftliche Eigentum geht über, wenn der Erwerber nach dem Willen der Vertragspartner wirtschaftlich über das Grundstück verfügen kann; das ist im allgemeinen der Fall, sobald Besitz, Gefahr, Nutzungen und Lasten auf den Erwerber übergegangen sind (vgl. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1972 I R 213/69, BFHE 107, 418, BStBl II 1973, 209).

Hiernach sind auch im Streitfall die im Eigentum des Beigeladenen stehenden Grundstücksflächen A und B nach Abschluß des Vertrages über deren Schenkung und Übertragung vom 14. Dezember 1973 auf die Ehefrau des Beigeladenen aus dem Sonderbetriebsvermögen des Beigeladenen entnommen worden. Der Vertrag vom 14. Dezember 1973 enthält die Bestimmung, daß die Grundstücke übergehen ,,wie sie stehen und liegen" und daß auch Nutzungen und Lasten mit Abschluß des Vertrags auf die Ehefrau des Beigeladenen übergehen.

Der hierbei verwirklichte Entnahmegewinn kann allerdings nicht - wie im Regelfall - durch Gegenüberstellung des Buchwerts der Grundstücke mit deren Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG) ermittelt werden. Da die beiden Grundstücke nicht als Sonderbetriebsvermögen bilanziert waren und es demzufolge auch keinen Buchwert gibt, ist an die Stelle des Buchwerts der Wert zu setzen, mit dem die Grundstücke im Falle einer zutreffenden Bilanzierung als Sonderbetriebsvermögen angesetzt worden wären; dies ist der Einlagewert (Teilwert im Zeitpunkt der Zuführung; § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Dieser Wert ist - von den Beteiligten unangefochten - mit 8 000 DM (Grundstück A) und 17 383 DM (Grundstück B) angesetzt worden. Durch Gegenüberstellung dieser Einlagewerte mit den Teilwerten im Zeitpunkt der Entnahme (Grundstück A: 16 000 DM; Grundstück B: 41 700 DM) ergibt sich ein Entnahmegewinn von (16 000 DM ./. 8 000 DM =) 8 000 DM + (41 700 DM ./. 17 383 DM =) 24 313 DM = 32 317 DM. Dieser Betrag ist vom FA und vom FG zutreffend ermittelt worden.

b) Soweit es sich um die Übertragung der auf den Grundstücksflächen erstellten Gebäude handelt, läßt sich dem vom FG festgestellten Sachverhalt nicht entnehmen, ob die Übertragung der Gebäude als Veräußerung oder als teilweise unentgeltlicher Vorgang zu beurteilen ist und wie hoch demzufolge die anläßlich der Übertragung verwirklichten Buchgewinne anzusetzen sind. Das FG wird insoweit noch weitere tatsächliche Feststellungen zu treffen haben.

Die Übertragung eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen der Personengesellschaft in das Privatvermögen eines Gesellschafters (oder dessen Ehefrau) ist als Veräußerung zu werten, wenn die Gesellschaft für die Übertragung ein angemessenes Entgelt erhält (vgl. BFH- Urteil vom 31. März 1977 IV R 58/73, BFHE 122, 85, BStBl II 1977, 823). - Im Streitfall geht aus der Vereinbarung vom 14. Dezember 1973 hervor, daß sich die Klägerin ihr Einverständnis zur Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Gebäuden auf die Ehefrau des Beigeladenen vergüten ließ; darin könnte möglicherweise wirtschaftlich eine Gegenleistung für die Eigentumsübertragung liegen. Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns müßte in diesem Fall der Buchwert der Gebäude im Zeitpunkt der Übertragung (3 129 DM für das Gebäude A und 27 846 DM für das Gebäude B) dem Entschädigungsbetrag (13 015 DM für das Gebäude A und 96 627 DM für das Gebäude B) gegenübergestellt werden; dies würde einen Veräußerungsgewinn von (13 015 DM ./. 3 129 DM =) 9 886 DM + (96 627 DM ./. 27 846 DM =) 68 781 DM = 78 667 DM ergeben.

Wie sich aus den - insoweit unbestrittenen - Feststellungen des FG ergibt, liegen die als Gegenleistung für die Überlassung des wirtschaftlichen Eigentums an den Gebäuden A und B vereinbarten Beträge allerdings unter dem tatsächlichen Gebäudewert. Möglicherweise läßt sich die Überlassung der Gebäude gegen eine Entschädigung unter ihrem wirklichen Wert mit privaten Erwägungen (nämlich den verwandtschaftlichen Beziehungen der Gesellschafter) erklären. In diesem Fall wäre zu prüfen, ob in der Übertragung der Gebäude in Höhe der Beteiligungsquote der GmbH an der Klägerin eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Beigeladenen und im übrigen eine verdeckte Entnahme zu sehen ist (vgl. BFH-Urteil vom 6. August 1985 VIII R 280/81, BFHE 144, 386, BStBl II 1986, 17); der durch die Übertragung der Gebäude realisierte Gewinn wäre dann höher als bei Annahme einer Veräußerung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62358

BFH/NV 1989, 95

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