Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchs gegen wiederkehrende Leistungen - Vermögensübergabe zur Fortführung der existenzsichernden Wirtschaftseinheit

 

Leitsatz (amtlich)

War ein Mietwohngrundstück unter dem Vorbehalt des Nießbrauchs übertragen worden und gibt der Berechtigte sein Nutzungsrecht auf, damit der Eigentümer das nunmehr lastenfreie Grundstück veräußern kann, sind im Zusammenhang hiermit vereinbarte Zahlungen, die wiederkehrend auf die Lebenszeit des vormaligen Nießbrauchers zu erbringen sind, nicht als Sonderausgaben (Rente oder dauernde Last) abziehbar.

 

Orientierungssatz

1. Der Verzicht auf einen Vorbehaltsnießbrauch an einer existenzsichernden Wirtschaftseinheit (vgl. BFH-Urteil vom 25.11.1992 X R 34/89) steht nur dann einer Vermögensübergabe gleich, wenn das Objekt zu dem Zweck des weiteren "Bewirtschaftens" übergeben wird.

2. Wird ein vorbehaltenes Nutzungsrecht (insbesondere ein Nießbrauch) abgelöst, ist danach zu unterscheiden, ob der Verzicht als entgeltliches Veräußerungsgeschäft oder als Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen zur Vorwegnahme der Erbfolge zu beurteilen ist. Handelt es sich um ein entgeltliches Veräußerungsgeschäft oder zumindest um einen "veräußerungsähnlichen Vorgang", führt die Ablösung durch eine Einmalzahlung oder durch eine Veräußerungsrente grundsätzlich zu Anschaffungskosten (vgl. BFH-Rechtsprechung).

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nrn. 1, 7, § 10 Abs. 1 Nr. 1a

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und wurden für das Streitjahr 1985 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Die Eltern der Klägerin hatten dieser im Jahre 1973 ein Mietwohngrundstück unter dem Vorbehalt des lebenslänglichen Nießbrauchs unentgeltlich übertragen. Im Jahre 1985 veräußerte die Klägerin das Grundstück. Bei dieser Gelegenheit verzichtete die Mutter auf das Nießbrauchsrecht. In einer privatschriftlichen Vereinbarung vom 23. Oktober 1985 sagte die Klägerin ihrer Mutter eine "Rentenverpflichtung als dauernde Last" in Höhe von 30 000 DM jährlich zu. Diese Rentenverpflichtung stand unter dem ausdrücklichen "Vorbehalt der Anpassung nach § 323 ZPO".

Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer beantragten die Kläger, die im November und Dezember 1985 geleisteten Zahlungen an die Mutter in Höhe von insgesamt 5 000 DM zum Abzug als Sonderausgaben (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) zuzulassen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) lehnte dies unter Bezugnahme auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 15. November 1984 (BStBl I 1984, 561, Tz.46 i.V.m. Tz.25 - "Nießbrauchserlaß") ab.

Das Finanzgericht (FG) hat die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage abgewiesen. Die wiederkehrenden Zahlungen seien keine Werbungskosten, weil die Klägerin das Mietwohngrundstück veräußert und fortan keine Mieteinkünfte erzielt habe. Die durch die Rentenzahlung entstehende besondere Belastung sei durch den Verzicht auf den Nießbrauch als Gegenleistung aufgehoben worden. Daß die Rente "Surrogat" der Nießbrauchsverpflichtung sei, könne für sich allein die Abziehbarkeit als Sonderausgaben nicht begründen. Die Rente stehe nicht mehr im Zusammenhang mit der 12 Jahre zurückliegenden Übertragung des Grundstücks.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1985 in der Weise abzuändern, daß eine dauernde Last in Höhe von 5 000 DM anerkannt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen. Die wiederkehrenden Leistungen sind weder als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 und 7 EStG) noch als dauernde Last (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG) abziehbar.

1. Werbungskosten sind auch die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 EStG). Nach § 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG sind Sonderausgaben die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben.

2. Wird ein vorbehaltenes Nutzungsrecht (insbesondere ein Nießbrauch) abgelöst, ist danach zu unterscheiden, ob der Verzicht als entgeltliches Veräußerungsgeschäft oder als Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen zur Vorwegnahme der Erbfolge zu beurteilen ist (Senatsurteil vom 25. November 1992 X R 34/89, BFHE 170, 76).

a) Handelt es sich um ein entgeltliches Veräußerungsgeschäft oder zumindest um einen "veräußerungsähnlichen Vorgang", führt die Ablösung durch eine Einmalzahlung grundsätzlich zu Anschaffungskosten (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Juli 1992 IX R 14/89, BFHE 169, 313, BStBl II 1993, 484, unter 3., und IX R 72/90, BFHE 169, 317, BStBl II 1993, 486, unter 3.).

Dem steuerrechtlichen Grundsatz nach gilt nichts anderes, wenn die Gegenleistung für den Verzicht auf das Nutzungsrecht in wiederkehrenden Leistungen (Veräußerungsrente) besteht. Es ergibt sich lediglich die durch die zeitliche Streckung bedingte Besonderheit, daß deren Kapitalwert und --korrespondierend hiermit-- deren Zinsanteil ermittelt werden müssen (BFH-Urteile vom 16. Dezember 1993 X R 67/92, BFHE 173, 152; vom 9. Februar 1994 IX R 110/90, BFHE 175, 212, BStBl II 1995, 47).

b) Von der vorgenannten Gegenleistungsrente zu unterscheiden sind wiederkehrende Leistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit der Übertragung von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vom Übernehmer als Versorgungsleistungen (Sach- und Geldleistungen) zugesagt werden (private Versorgungsrente). Sie stellen weder Veräußerungsentgelt des Übergebers noch Anschaffungskosten des Übernehmers dar (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847). Sie sind mit ihrem vollen Betrag als dauernde Last abziehbar (§ 10 Abs.1 Nr.1 a Satz 1 EStG) und als Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen steuerbar (§ 22 Nr.1 Satz 1 EStG), wenn sie abänderbar sind. Sind sie als gleichbleibend vereinbart, können sie als private Leibrente nur mit ihrem Ertragsanteil zu berücksichtigen sein (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 15. Juli 1991 GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78).

aa) Die wiederkehrenden Leistungen können vor allem dann nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen abziehbar und steuerbar sein, wenn das abgelöste Nutzungsrecht anläßlich einer Vermögensübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vorbehalten worden war und die im Zusammenhang mit der Ablösung vereinbarten Leistungen in sachlichem Zusammenhang mit dieser Vermögensübergabe stehen. Dies gilt auch dann, wenn die Ablösung des Nutzungsrechts nicht bereits im Übergabevertrag vereinbart war (Senatsurteil vom 3. Juni 1992 X R 147/88, BFHE 169, 127, BStBl II 1993, 98). Maßgeblich hierfür ist die Erwägung, daß ein für die Abziehbarkeit als dauernde Last erforderlicher "sachlicher Zusammenhang mit der Vermögensübergabe" dann besteht, wenn die Versorgungsleistungen --gegebenenfalls betragsmäßig eingeschränkt-- den ursprünglich vereinbarten Vorbehaltsnießbrauch ersetzen.

bb) Auch der Nießbrauch selbst kann als vermögenswerter Gegenstand des Rechtsverkehrs ebenso wie das belastete Grundstück Gegenstand einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sein. Dies ist unter der Voraussetzung anzunehmen, daß der Nießbrauch für den Berechtigten eine existenzsichernde Wirtschaftseinheit ist und der Verzicht einer Hof- und Betriebsübergabe oder einer ähnlichen Vermögensübergabe wirtschaftlich gleichzustellen ist (Senatsurteile in BFHE 170, 76; vom 25. November 1992 X R 148/90, BFH/NV 1993, 586; vom 15. März 1994 X R 93/90, BFH/NV 1994, 848).

3. Für die Abgrenzung zwischen entgeltlicher Vermögensübertragung und Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sind die im Senatsurteil vom 29. Januar 1992 X R 193/87 (BFHE 167, 95, BStBl II 1992, 465) dargelegten Beurteilungsmerkmale maßgebend. Diese Frage kann im Streitfall dahingestellt bleiben. Ein Abzug von Absetzungen für Abnutzung (AfA) und Schuldzinsen als Werbungskosten kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil die wiederkehrenden Leistungen nicht gezahlt worden sind, um nach dem Erwerb des (Voll-)Eigentums an dem ursprünglich nießbrauchsbelasteten Grundstück aus diesem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Vielmehr sollte durch den Verzicht auf das Nutzungsrecht das Grundbuch für Zwecke einer Veräußerung freigemacht werden. Die wiederkehrenden Leistungen der Klägerin wären auch nicht als Sonderausgabe abziehbar. Denn eine Anwendung der Grundsätze über die steuerrechtlich privilegierte private Versorgungsrente setzt voraus, daß eine ertragbringende existenzsichernde Wirtschaftseinheit zum Zwecke der Weiterführung durch den Übernehmer übertragen wird. Dies ist hier nicht der Fall.

a) Die steuerrechtliche Privilegierung der privaten Versorgungsrente besteht darin, daß für sie die Rechtsgrundsätze über das entgeltliche Rechtsgeschäft nicht gelten. Zwar trifft es zu, daß die Versorgungsleistungen dem für das Steuerrecht maßgeblichen Begriff der Anschaffungskosten unterfallen (vgl. BFH-Beschluß vom 7. März 1989 IX R 308/87, BFHE 157, 345, 350, BStBl II 1989, 772, unter II. 3.). Indes hat der Große Senat (Beschluß in BFHE 161, 317, 326 ff., BStBl II 1990, 847, unter C. II. 1.) dies nicht als maßgeblich angesehen. Es sei an der überkommenen Auffassung festzuhalten, daß ein Übergabevertrag, in dem Versorgungsleistungen bedungen würden, "von jeher nicht als entgeltliches Veräußerungsgeschäft betrachtet worden" sei. Der Gesetzgeber des Gesetzes zur Neuordnung von Steuern 1954 (StNOG) habe an diesem Rechtszustand nichts ändern wollen. "Versorgungsleistungen aus einem Leibgedinge" hätten vielmehr weiterhin als wiederkehrende Bezüge behandelt werden sollen. Der Große Senat hat mithin ein spezialgesetzlich geregeltes Sonderrecht der Vermögensübergabe bestätigt, in dessen Mittelpunkt die "typische" Hof- und Geschäftsübergabe gegen "Leibgedingsleistungen" steht.

b) Die Rechtsprechungstradition, auf die der Große Senat sich stützt, ist für das ab dem EStG 1955 (i.d.F. des StNOG 1954) geltende Recht durch das Urteil des IV.Senats des BFH vom 16. September 1965 IV 67/61 S (BFHE 83, 568, BStBl III 1965, 706) begründet worden. Der IV.Senat hat das steuerliche Sonderrecht der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen wie folgt aus dem Willen des historischen Gesetzgebers hergeleitet und zugleich gegenüber den kauf- und darlehensähnlichen Verträgen abgegrenzt: Der Vorschlag im Entwurf eines StNOG 1954, Versorgungsleistungen aus einem Altenteil generell nur mit einem Ertragsanteil zu berücksichtigen, sei nicht Gesetz geworden. Der Entstehungsgeschichte sei jedoch zu entnehmen, daß "Altenteilsleistungen und sonstige bei Betriebsübergaben jeder Art vereinbarte Versorgungslasten in der Regel ganz oder teilweise abzugsfähig sein sollten". Aus diesem Grunde sei eine erbrachte Gegenleistung nur bei kauf- und darlehensähnlichen Verträgen --und zwar durch Wertverrechnung-- zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 28. Juni 1963 VI 321/61 U, BFHE 77, 287, BStBl III 1963, 424). Unter Bezugnahme hierauf hat die Rechtsprechung eine Übergabe von Geld gegen wiederkehrende Leistungen den nicht privilegierten kauf- und darlehensähnlichen Verträgen zugewiesen (BFH-Urteile vom 13. August 1985 IX R 10/80, BFHE 144, 423, BStBl II 1985, 709; vom 27. Februar 1992 X R 136/88, BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609).

Auch im Streitfall bedarf es einer wertenden Abgrenzung zu dem nicht privilegierten Fall der Übertragung von Geldvermögen.

c) Der Große Senat des BFH hat den Vermögensübergabevertrag gegen Versorgungsleistungen (private Versorgungsrenten) unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung wie folgt charakterisiert: Die ertragsteuerliche Behandlung folge seiner familien- und erbrechtlichen Natur. Er bezwecke die Vorwegnahme der künftigen Erbregelung und die wirtschaftliche Sicherung der übergebenden Generation. Die Rente werde nicht nach dem Wert der Gegenleistung, sondern nach dem Versorgungsbedürfnis des Berechtigten und nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verpflichteten bemessen. Die Beteiligten ließen sich von dem Gedanken leiten, das übertragene Vermögen --insbesondere einen übertragenen Betrieb-- der Familie zu erhalten (Beschluß in BFHE 165, 225, 239, BStBl II 1992, 78, m.w.N. der Rechtsprechung; Senatsurteil vom 31. August 1994 X R 44/93, BFHE 176, 19, 24).

d) Der Große Senat hat in seinen Beschlüssen in BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, und BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78 nicht abschließend festgelegt, was für den Anwendungsbereich des § 10 Abs.1 Nr.1 a EStG unter einer Vermögensübergabe zu verstehen ist. Der erkennende Senat hat hierzu durch Urteil in BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609 erkannt: Mit diesem Begriff wird auf ein Institut des Zivilrechts verwiesen, dessen Kernbereich die Übergabe von Wirtschaftseinheiten wie Hof- oder Gewerbebetrieb betrifft. Das bei Hof- und Betriebsübergaben als den idealtypischen Fällen der Vermögensübergabe übertragene Vermögen ist eine Wirtschaftseinheit, die die Existenz der weichenden Generation wenigstens teilweise sichert und dem Übernehmer zur Fortsetzung des Wirtschaftens überlassen wird (s. auch BFH/NV 1993, 586, 588). Die Übergabe eines Geldbetrages ist --anders etwa als die Übergabe eines Mietwohngrundstücks oder eines Zwei- oder Einfamilienhauses (vgl. BFH-Urteile vom 18. Dezember 1991 XI R 2/88, BFH/NV 1992, 382; vom 29. April 1992 XI R 7/85, BFH/NV 1992, 734)-- keine der Hof- und Betriebsübergabe steuerrechtlich gleichzustellende Vermögensübergabe (BFH in BFHE 144, 432, BStBl II 1985, 709, und in BFHE 167, 375, BStBl II 1992, 609). Dies entspricht, was die verschiedentlich im Schrifttum hieran geäußerte Kritik verkennt, jedenfalls im Ergebnis der Rechtsprechung des BFH seit dem Urteil in BFHE 77, 287, BStBl III 1963, 424 und der Auffassung der Finanzverwaltung, die sich in den Einkommensteuer-Richtlinien seit jeher auf das letztgenannte Urteil bezogen hat.

e) Hieraus folgt: Der Verzicht auf einen Vorbehaltsnießbrauch an einer existenzsichernden Wirtschaftseinheit (Senatsurteil in BFHE 170, 76) steht nur dann einer Vermögensübergabe gleich, wenn das Objekt zu dem Zweck des weiteren "Bewirtschaftens" übergeben wird. Denn andernfalls würden der Grundgedanke des steuerrechtlichen Rechtsinstituts der Vermögensübergabe und der Zweck ihrer steuerrechtlichen Privilegierung verfehlt.

Die hier maßgebliche Voraussetzung einer Fortführung der übertragenen Wirtschaftseinheit ist dagegen nicht erfüllt, wenn, wie im Streitfall, der Verzicht auf das Vorbehaltsrecht "erkauft" wird, um die Wirtschaftseinheit veräußern zu können. Der Verzicht auf ein Recht an einem Vermögensgegenstand, damit dieser veräußert werden kann, steht bei wertender Beurteilung der Übergabe eines Geldbetrages näher als der Übergabe eines Hofes oder Betriebes. Dieser Rechtsvorgang kann daher nicht dem Rechtsinstitut der Vermögensübergabe zugeordnet werden.

f) Das Bundesverfassungsgericht hat im Beschluß vom 22. Juni 1995 2 BvR 552/91 (BStBl II 1995, 671, unter C. I. 2. b bb) ausgeführt, daß der Übergang bestimmter Betriebe, die "durch ihre Widmung für einen konkreten Zweck verselbständigt und als wirtschaftlich zusammengehörige Funktionseinheiten organisiert sind" (erbschaft-)steuerlich privilegiert sein müsse. Der erkennende Senat sieht sich hierdurch in seiner Auffassung bestätigt, daß die steuerrechtliche Privilegierung der Vermögensübergabe in ihrem Kernbereich auf die Hof- und Geschäftsübergabe zwar einerseits verfassungsrechtlich --insbesondere unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art.3 Abs.1 des Grundgesetzes)-- nicht zu beanstanden ist, daß sie aber andererseits im dargelegten Sinne gegenständlich beschränkt sein muß. Die Einbeziehung z.B. von Mietwohngrundstücken, Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen in die steuerrechtliche privilegierte Vermögensübergabe ist aus Gründen der Rechtstradition und des Vertrauensschutzes fortzuführen (vgl. Urteil in BFHE 167, 375, 379, BStBl II 1992, 609, unter 4. b).

g) Diesem Ergebnis stehen die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften, die eine Surrogation anordnen (u.a. § 1046 Abs.2 des Bürgerlichen Gesetzbuches), nicht entgegen. Ohnehin läßt sich diesen Bestimmungen kein allgemeiner Rechtsgrundsatz entnehmen (vgl. Palandt/Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 54.Aufl. 1995, Einl. vor § 854 Rdnr.20). Ein solches Prinzip könnte im vorliegenden Zusammenhang nicht wirksam werden, weil die spezialgesetzlich begründete Unterscheidung zwischen der existenzsichernden Wirtschaftseinheit und dem hierzu nicht gehörenden Geldvermögen, wie dargelegt, für das Sonderrecht der Vermögensübergabe von vorrangiger und grundlegender Bedeutung ist.

h) Das Senatsurteil in BFHE 169, 127, BStBl II 1993, 98, auf das sich die Kläger beziehen, betrifft einen anderen Sachverhalt: Die Kläger jenes Verfahrens hatten durch Vereinbarung mit dem Nießbrauchsberechtigten das Nutzungsrecht auf ein anderes als das ursprünglich belastete Grundstück "übertragen"; es handelte sich jeweils um Zweifamilienhausgrundstücke, die beide in zeitlicher Aufeinanderfolge vom Berechtigten in Ausübung seines Rechts genutzt wurden. Der hier zu beurteilende Sachverhalt ist deswegen wesentlich anders gelagert, weil hier keine vergleichbare Wirtschaftseinheit fortgeführt wird.

4. Das Urteil des FG trifft daher im Ergebnis zu. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66075

BFH/NV 1996, 172

BStBl II 1996, 687

BFHE 180, 87

BFHE 1997, 87

BB 1996, 1147

DB 1996, 1163-1165 (Leitsatz und Gründe)

DStR 1996, 913-914 (Kurzwiedergabe)

DStZ 1996, 369-370 (Kurzwiedergabe)

HFR 1996, 572-573 (Leitsatz)

StE 1996, 358-359 (Kurzwiedergabe)

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