Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkung der Revisionszulassung; Erlaß und Begründung von ergänzenden Prüfungsanordnungen

 

Leitsatz (NV)

1. Das FG kann die Zulassung der Revision auf einen abtrennbaren, prozessual selbständigen Teil des Streitgegenstands beschränken, wenn der Zulassungsgrund nur hinsichtlich eines abtrennbaren Teils des Rechtsstreits vorliegt. Die Beschränkung ist aber nur wirksam, wenn sie im Urteil ausdrücklich und eindeutig ausgesprochen wird. Das ist nicht der Fall, wenn im Tenor des Urteils die Revision unbeschränkt zugelassen und in den Entscheidungsgründen nur dargelegt wird, welche der in dem Rechtsstreit zu entscheidende Fragen grundsätzliche Bedeutung haben.

2. Eine Ergänzungsanordnung, die eine Prüfungsanordnung sachlich (z. B. Erstreckung auf weitere Steuerarten) oder zeitlich (Ausdehnung auf weitere Besteuerungsabschnitte) ergänzt, ist ein (selbständiger) Verwaltungsakt, der nach den für die Prüfungsanordnung als solche geltenden Regeln zu beurteilen ist. Wird durch eine Ergänzungsanordnung der Prüfungszeitraum über den üblichen - in der Regel drei Besteuerungszeiträume umfassenden (vgl. § 4 Abs. 2 BpO (St)) - Zeitraum hinaus erweitert, muß das FA daher seine Entscheidung begründen.

 

Normenkette

AO 1977 § 196; FGO § 115 Abs. 2; BpO (St) § 4 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger unterhielt einen Gewerbebetrieb,den er zum 1. Oktober 1978 auf die Klägerin übertrug.

1978 fand beim Kläger eine Außenprüfung für die Jahre 1974 bis 1976 statt. Geprüft wurden auch der Einheitswert des Betriebsvermögens 1. Januar 1975 bis 1. Januar 1977 und Vermögensteuer 1975 bis 1977. Gegen die aufgrund der Außenprüfung ergangenen Änderungsbescheide erhoben die Kläger Einsprüche und anschließend Klagen beim Finanzgericht (FG), über die 1985 entschieden wurde.

Am 3. Juli 1981 ordnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erneut Außenprüfungen an. Eine der beiden Prüfungsanordnungen war an die Kläger ,,Herrn und Frau Otto X" gerichtet und nannte als Rechtsgrundlage für die Außenprüfung § 193 Abs. 1 und § 193 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977). Geprüft werden sollten:

Umsatzsteuer 1977 bis 1978

Einkommensteuer 1977 bis 1979

Einheitswert des Betriebsvermögens 1. Januar 1977

Vermögensteuer 1977 bis 1980

Gewerbesteuer 1977 bis 1978.

Die andere, auf § 193 Abs. 1 AO 1977 gestützte Prüfungsanordnung war an die Klägerin ,,Frau Anne X" adressiert und ordnete die Prüfung folgender Steuerarten an:

Umsatzsteuer 1978 bis 1979

Einheitswert des Betriebsvermögens 1. Januar 1978 bis 1. Januar 1980

Gewerbesteuer 1978 bis 1979.

Als voraussichtlicher Prüfungsbeginn war in beiden Prüfungsanordnungen der 21. September 1981 vorgesehen. Beide Prüfungsanordnungen enthielten keine Rechtsbehelfsbelehrung.

Auf Antrag des Bevollmächtigten der Kläger vom 29. Juli 1981, die Prüfungen bis zur Entscheidung über die - sich gegen die Feststellungen der Vorprüfung richtenden - Rechtsbehelfe aufzuschieben, verlegte das FA die Außenprüfungen auf den 12. Oktober 1981.

Mit Schreiben vom 1. Oktober 1981 beantragte der Bevollmächtigte der Kläger erneut, ,,die für den 12. Oktober 1981 angesetzte Betriebsprüfung zu verschieben, zumindest bis Ende November". U. a. führte er als Grund an:,,Wenn Frau A bei ihrer Prüfung von der in ihrer Richtigkeit bestrittenen Prüferbilanz per 31. 12.1976 ausgehen will, so müssen gegen das Prüfungsergebnis Einwendungen erhoben werden. Dabei nutzt auch der Hinweis nichts, daß berichtigte Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen könnten. Dadurch ergibt sich für beide Seiten unnötige Mehrarbeit, die, soweit sie die Eheleute X betrifft, nicht zumutbar ist. Dies ist um so mehr unzumutbar, als die neu angesetzte Prüfung weit unter dem üblichen Turnus liegt, der für Herrn X nicht einmal 3 Jahre beträgt, da die letzte Prüfung am 27. 11.1978 begann. Bei Frau X liegen keine drei Prüfungsjahre vor."

Daraufhin setzte das FA als Prüfungsbeginn den 23. November 1981 fest. Hiergegen erhob der Bevollmächtigte der Kläger mit Schreiben vom 29. Oktober 1981 Beschwerde und beantragte, ,,die vorgesehene Prüfung gemäß § 197 Abs. 2 AO 1977 auf einen späteren Termin zu verlegen". Er führte u.a. aus:

,,Ohne erkennbaren Grund wurde die neue Prüfung zu einem Zeitpunkt angesetzt, der weit unter dem üblichen Turnus liegt. Hinzu kommt, daß der bei Fa. Anne X zu prüfende Zeitraum nicht einmal 1 1/2 Jahre beträgt".

Die Beschwerden erledigten sich dadurch, daß das FA den Prüfungsbeginn bis zur Erledigung der Rechtsbehelfsverfahren aus der Vorprüfung verschob.

Die nach Erlaß der Einspruchentscheidungen im Jahre 1984 festgesetzten Prüfungstermine verlegte das FA auf Antrag der Kläger erneut bis zur Entscheidung über die gegen die Einspruchsentscheidungen erhobenen Klagen.

Mit Verfügungen vom 14. November 1986 an ,,Herrn und Frau Otto X" und ,,Frau Anne X" legte das FA den Beginn der Prüfungen schließlich auf den 8. Dezember 1986 fest. Zugleich erweiterte es in der Verfügung an die Kläger die Prüfungsanordnung auf die Einkommensteuer 1980 und die Vermögensteuer 1981. In der an die Klägerin gerichteten Verfügung dehnte es den Prüfungszeitraum auf drei Jahre aus (Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1978 bis 1980 und Einheitswert des Betriebsvermögens bis zum 1. Januar 1981).

Daraufhin schrieben die Kläger, sie befänden sich zum vorgesehenen Prüfungszeitpunkt in Urlaub. Auf Anfrage des FA, wann die Prüfung stattfinden könne, baten sie, die Prüfung Mitte Mai 1987 vorzunehmen. Ferner beantragten sie, ,,die Prüfungsanordnungen dahingehend zu ändern, daß wie üblich die letzten fünf Jahre, nämlich 1980 bis 1984, geprüft werden".

Das FA verlegte den Prüfungsbeginn entsprechend, lehnte aber eine Änderung des Prüfungszeitraums ab, da es sich bei der Betriebseinstellung im Jahre 1978 durch den Kläger und die Übernahme des Betriebs durch die Klägerin um steuerlich relevante Vorgänge handele, die mitgeprüft werden sollten.

,,Gegen die Anordnung der Prüfung bzw. gegen die Ablehung unseres Antrags, den Prüfungszeitraum auf die Jahre 1980 bis 1984 zu verlegen", erhoben die Kläger Beschwerden, die die Oberfinanzdirektion (OFD) als unbegründet zurückwies. Sie war der Auffassung, die Prüfungsanordnungen vom 3. Juli 1981 seien bestandskräftig. Die Erweiterung des Prüfungszeitraums sei zulässig. Darüber hinaus nahm sie zur Rechtmäßigkeit der Ergänzungsanordnungen vom 14. November 1986 nicht Stellung.

Mit der Klage machten die Kläger geltend, die Prüfungsanordnungen vom 3. Juli 1981 seien nicht wirksam bekanntgegeben worden und nicht hinreichend bestimmt. Außerdem seien sie wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben. Mit Schreiben vom 29. Juli 1981 und vom 1. Oktober 1981 hätten sie Einwendungen gegen die Prüfungsanordnungen erhoben, die als Rechtsbehelfe anzusehen seien. Ferner sei am 29. Oktober 1981 Beschwerde eingelegt worden. Die Anordnung der Prüfungen sei ermessensfehlerhaft und nicht ausreichend begründet worden. Die Anordnungen vom 14. November 1986, durch die der Prüfungszeitraum ausgedehnt worden sei, enthielten weder einen Hinweis auf die Rechtsgrundlagen noch eine Begründung.

Das FG hob den an die Kläger gerichteten Bescheid vom 14. November 1986 auf, soweit dadurch der Prüfungszeitraum erweitert worden war. Im übrigen wies es die Klage als unbegründet ab.

Es führte aus: Die Prüfungsanordnungen vom 3. Juli 1981 seien mit ihrer Bekanntgabe wirksam geworden (§ 124 Abs. 1 Satz 1 AO 1977). Sie seien auch nicht mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam. Ihre Rechtswidrigkeit könne nicht mehr geltend gemacht werden, weil sie mangels fristgerechter Anfechtung bestandskräftig geworden seien. Gegen die Bescheide vom 14. November 1986, mit denen der Prüfungszeitraum erweitert worden sei, hätten die Kläger dagegen rechtzeitig Beschwerde erhoben. Die gegen die Klägerin angeordnete Erweiterung des Prüfungszeitraums sei rechtmäßig. Rechtswidrig sei aber die an beide Eheleute gerichtete Ergänzungsanordnung vom 14. November 1986, da das FA nicht erläutert habe, warum der Prüfungszeitraum über drei Jahre hinaus erweitert worden ist.

Das FG ließ die Revision zu. In den Gründen führte es aus, dies geschehe ,,im Hinblick auf die Begründung von den Prüfungszeitraum auf jüngere Besteuerungszeiträume erweiternden Prüfungsanordnungen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache".

Mit der Revision wiederholen die Kläger im wesentlichen ihr Vorbringen im finanzgerichtlichen Verfahren, daß die Prüfungsanordnungen vom 3. Juli 1981 nicht wirksam bekanntgegeben worden (§ 122 Abs. 1 AO 1977) und nicht hinreichend bestimmt seien (§ 119 Abs. 1 AO 1977). Außerdem seien sie nicht bestandkräftig geworden und daher auch wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben. Die an die Klägerin gerichtete Erweiterungsanordnung vom 14. November 1986 sei ebenfalls rechtswidrig. Nach der an beide gerichteten Prüfungsanordnung vom 3. Juli 1981 sei die Einkommensteuer 1977 bis 1979 und nach der für die Klägerin bestimmten Erweiterungsanordnung die Einkommensteuer 1978 bis 1980 zu prüfen. Der Prüfungszeitraum gehe somit über drei Jahre hinaus. Dieser Verstoß gegen § 4 Abs. 2 der Betriebsprüfungsordnung (Steuer) - BpO(St) - hätte besonders begründet werden müssen. Außerdem sei die Erweiterungsanordnung ermessensfehlerhaft. Bei ihrem - der Klägerin - Alter und ihrer Behinderung sei die Prüfung von mehr als zehn Jahre zurückliegenden Besteuerungszeiträumen eine über das übliche Maß hinausgehende Belastung. Dabei sei zu berücksichtigen, daß bereits die Prüfungsanordnung selbst ermessensfehlerhaft gewesen sei, weil das FA - wie sich aus dem Schreiben der Rechtsbehelfsstelle vom 14. November 1981 ergebe - die Prüfung nur angeordnet habe, um die Feststellungen aus der Vorprüfung für die Klageverfahren zu untermauern. Die Finanzbehörden müßten bei ihren Ermittlungen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten und von mehreren geeigneten Maßnahmen diejenigen ergreifen, die den Steuerpflichtigen am wenigsten belasteten. Nach diesem Grundsatz hätte das FA dem Antrag zustimmen müssen, statt der Jahre 1977 bis 1979 die letzten drei Jahre zu prüfen, für die Steuererklärungen abgegeben worden seien.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung, soweit sie den im Klageverfahren gestellten Anträgen nicht entspreche, aufzuheben und die Prüfungsanordnungen vom 3. Juli 1981 sowie die an die Klägerin gerichtete Prüfungserweiterung vom 14. November 1986 aufzuheben; hilfsweise, statt der Jahre 1977 bis 1979 die letzten drei Jahre, für die Steuererklärungen abgegeben worden seien, zu prüfen.

Das FA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Revision ist zulässig.

Entgegen der Auffassung des FA ist die Zulassung der Revision nicht auf den Streit um die Rechtmäßigkeit der an beide Kläger gerichteten Ergänzungsanordnung vom 14. November 1986 beschränkt. Das FG kann zwar die Zulassung auf einen abtrennbaren, prozessual selbständigen Teil des Streitgegenstandes beschränken, wenn der Zulassungsgrund nur hinsichtlich eines abtrennbaren Teils des Rechtsstreits vorliegt. Die Beschränkung ist aber nur wirksam, wenn sie im Urteil ausdrücklich und eindeutig ausgesprochen wird (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts - BVerwG - vom 17. Oktober 1972 III C 82/71, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK - , Finanzgerichtsordnung, § 115, Rechtsspruch 115, Monatsschrift für Deutsches Recht - MDR - 1973, 251; Gräber / Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Rz. 44). Im Streitfall hat das FG aber im Tenor des Urteils die Revision uneingeschränkt zugelassen und in den Entscheidungsgründen nur dargelegt, welche der in dem Rechtsstreit zu entscheidenden Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung habe, ohne hierdurch die Zulassungsentscheidung zu begrenzen.

II. Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, soweit das FG die Rechtmäßigkeit der an die Kläger gerichteten Ergänzungsanordnung vom 14. November 1986 bestätigt hat und zur Aufhebung dieser Ergänzungsanordnung, soweit das FA eine Prüfung der Einkommensteuer 1980 angeordnet hat. Im übrigen ist die Revision unbegründet.

1. Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, daß die Prüfungsanordnungen vom 3. Juli 1981 mit der Bekanntgabe an die Kläger wirksam geworden sind.

a) Nach § 124 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 wird ein Verwaltungsakt gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird. Prüfungsanordnungen sind demjenigen bekanntzugeben, dessen steuerliche Verhältnisse überprüft werden sollen. Da bei der Klägerin, die ab 1. Oktober 1978 den Gewerbebetrieb des Klägers übernommen hatte, die Verhältnisse des Gewerbebetriebs überprüft werden sollten, hat das FA zu Recht die Anordnung zur Prüfung der Umsatzsteuer 1978, 1979, der Gewerbesteuer 1978, 1979 und der Einheitswerte des Betriebsvermögens bis 1. Januar 1980 an die Klägerin gerichtet und ihr bekanntgegeben.

b) Außerdem sollten die steuerlichen Verhältnisse des Gewerbebetriebs bis zum Zeitpunkt der Übergabe an die Klägerin und die Einkommensteuer und Vermögensteuer der zusammenveranlagten Kläger wegen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen und wegen der Erfassung des sonstigen Vermögens und der abziehbaren Schulden geprüft werden. Da die Kläger getrennte Prüfungssubjekte sind, wären an sich getrennte Prüfungsanordnungen an sie zu richten gewesen. Die Rechtsprechung läßt jedoch bei Zusammenveranlagung der Ehegatten die Bekanntgabe nur einer Ausfertigung der Prüfungsanordnung an ,,Herrn und Frau X" zu (z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. Oktober 1988 III R 52/86, BFHE 155, 238, BStBl II 1989, 257 m.w.N.).

2. Zutreffend hat das FG entschieden, daß die Prüfungsanordnungen vom 3. Juli 1981 nicht mangels hinreichender Bestimmtheit (§ 119 Abs. 1 AO 1977) unwirksam sind.

a) Prüfungsanordnungen müssen klar erkennen lassen, bei welchem Steuerpflichtigen und in welchem Umfang geprüft werden soll. Diese Voraussetzungen liegen bei der an die Klägerin gerichteten Prüfungsanordnung vor. Soweit auch eine Prüfung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1978 angeordnet ist, also auf einen Zeitpunkt, zu dem die Klägerin noch nicht Inhaberin des Gewerbebetriebs war, teilt der Senat die Auffassung des FG, daß es sich um eine offenbare Unrichtigkeit handelt. Diese Unrichtigkeit führt aber nicht zur Unwirksamkeit der Prüfungsanordnung mangels hinreichender Bestimmtheit.

b) Auch die gegen beide Kläger gerichtete Prüfungsanordnung vom 3. Juli 1981 ist hinreichend bestimmt. Für denjenigen, der die Verhältnisse des Streitfalls kennt, ist daraus ersichtlich, daß die auf § 193 Abs. 1 AO 1977 gestützte Prüfung der Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und des Einheitswerts des Betriebsvermögens den Kläger als Inhaber des Gewerbebetriebs bis 30. September 1978 betrifft. Die Prüfung der Einkommensteuer und Vermögensteuer bezieht sich dagegen auf beide Kläger. Rechtsgrundlage hierfür ist für beide Kläger, soweit sie in dem vorgesehenen Prüfungszeitraum nicht Inhaber des Gewerbebetriebs waren, § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO 1977.

3. Das FG hat ferner zu Recht die von den Klägern gerügte Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnungen nicht geprüft, weil diese mangels fristgerechter Anfechtung bestandskräftig geworden sind. Es hat die streitigen Schreiben der Kläger zutreffend als Anträge auf Terminsverlegung und nicht als Beschwerde gegen die Prüfungsanordnungen ausgelegt.

4. Entgegen der Auffassung des FG ist aber nicht nur die an beide Kläger adressierte, sondern auch die an die Klägerin allein gerichtete Ergänzungsanordnung vom 14. November 1986 (teilweise) rechtswidrig.

a) Eine wirksame Prüfungsanordnung kann sachlich (z. B. Erstreckung auf neue Steuerarten) oder zeitlich (Ausdehnung auf weitere Besteuerungsabschnitte) ergänzt werden. Die Ergänzungsanordnung ist ein (selbständiger) Verwaltungsakt und eine selbständige Prüfungsanordnung, die nach den für die Prüfungsanordnung als solche geltenden Regeln zu beurteilen ist (Schick in Hübschmann / Hepp / Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 196 AO 1977, Rz.249 ff.). Weicht eine Prüfungsanordnung vom üblichen - in der Regel drei Besteuerungszeiträume umfassenden (vgl. § 4 Abs. 2 BpO(St)) - Prüfungszeitraum ab oder wird der Prüfungszeitraum (über den üblichen Zeitraum hinaus) erweitert, muß das FA seine Entscheidung begründen (ständige Rechtsprechung z. B. BFH-Urteil vom 16. Dezember 1987 I R 238/83, BFHE 152, 32, BStBl II 1988, 233 m.w.N.).

b) Im Streitfall hat das FA durch die gegen die Klägerin gerichtete Ergänzungsanordnung den Prüfungszeitraum der Umsatz- und Gewerbesteuer auf drei Jahre (1978 bis 1980) ausgedehnt. Da der übliche Prüfungszeitraum von drei Besteuerungszeiträumen nicht überschritten wurde, bedurfte diese Erweiterung keiner Begründung.

Grundsätzlich war das FA auch berechtigt, in die Ergänzungsanordnung eine Prüfung der Einkommensteuer 1978 bis 1980 aufzunehmen, obwohl in der ursprünglichen, allein an die Klägerin gerichteten Prüfungsanordnung keine Prüfung dieser Steuerart vorgesehen war. Dadurch, daß das FA aber in der an beide gerichteten Prüfungsanordnung vom 3. Juli 1981 eine Prüfung der Einkommensteuer 1977 bis 1979 angeordnet hat, ergibt sich für die Klägerin ein Prüfungszeitraum der Einkommensteuer von vier Jahren. Diese Überschreitung des in § 4 Abs. 2 BpO(St) vorgesehenen Prüfungszeitraums hätte das FA begründen müssen. Eine Begründung hierfür wurde auch in der Beschwerdeentscheidung nicht nachgeholt. Die an die Klägerin gerichtete Ergänzungsanordnung vom 14. November 1986 ist daher insoweit rechtswidrig, als sie sich auf die Prüfung der Einkommensteuer 1980 erstreckt.

5. Soweit die Kläger unterlegen sind, hat auch ihr Hilfsantrag keinen Erfolg, mit dem sie begehren, abweichend von den Prüfungsanordnungen die letzten drei Jahre zu prüfen, für die Steuererklärungen abgegeben worden sind.

Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 BpO(St) soll der Prüfungszeitraum nicht über die letzten drei Jahre hinausgehen, für die vor Bekanntgabe der Prüfungsanordnungen Steuererklärungen für die Ertragsteuern abgegeben worden sind. Diesen Voraussetzungen entsprechen die Prüfungsanordnungen vom 3. Juli 1981. Da bei ihrer Bekanntgabe nur die Steuererklärungen bis zum Veranlagungszeitraum 1979 vorlagen, durfte das FA, nachdem die Außenprüfung auf Antrag der Kläger zum vorgesehenen Zeitpunkt nicht durchgeführt worden war, den Zeitraum für die Prüfung der Umsatzsteuer, Gewerbesteuer und der Einheitswerte des Betriebsvermögens auf drei Jahre erweitern, da die Kläger inzwischen auch die Steuererklärungen für 1980 eingereicht hatten.

Der Umstand, daß das FA im Anschluß an die Prüfungsanordnungen nicht mit der Außenprüfung begonnen hat, rechtfertigt es nicht, anstelle der angeordneten Jahre jüngere Zeiträume zu prüfen. Das FA hat - wie es den Klägern gegenüber mehrfach zum Ausdruck gebracht hat - im Jahr 1981 eine Außenprüfung angeordnet, um die mit der Betriebsaufgabe durch den Kläger und der gleichzeitigen Übernahme des Betriebs durch die Klägerin zusammenhängenden steuerlichen Verhältnisse zu prüfen. Dieser Prüfung können sich die Kläger nicht dadurch entziehen, daß sie den Beginn der Prüfung durch Verlegungsanträge über Jahre hinweg hinauszögern.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62516

BFH/NV 1990, 548

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