Leitsatz (amtlich)

1. § 22 UmwStG 1969 (= § 24 UmwStG 1977) findet auch auf die Einbringung einer freiberuflichen Praxis in eine Personengesellschaft Anwendung.

2. Wird der Wert einer noch nicht selbständig abrechenbaren Teilleistung eingebracht, so ist der in dieser Teilleistung ruhende Gewinn ein Teil des nach § 22 Abs. 3 UmwStG 1969 zu beurteilenden Veräußerungsgewinns.

2. Ob eine Teilleistung eine selbständige abrechenbare und vergütungsfähige Leistung darstellt, kann nicht ohne Feststellung der vertraglichen Vereinbarungen der Vertragsparteien beurteilt werden.

 

Normenkette

UmwStG 1969 § 22; EStG 1969 § 18 Abs. 3

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betrieb bis zum 31. August 1970 als selbständiger Architekt eine Einzelpraxis. Zum 1. September 1970 schloß er sich mit weiteren fünf Architekten zu der Gesellschaft "Freie Architekten und Ingenieure" (im folgenden mit A bezeichnet) zusammen. Nach dem Gesellschaftsvertrag waren außer den Sachanlagen einschließlich des Praxiswertes und der sonstigen Vorräte insbesondere auch laufende Aufträge, soweit diese zum Stichtag (31. August 1970) nicht abrechenbar waren, in die A einzubringen.

Am 31. August 1970 hatte der Kläger aus einem laufenden Auftrag zum Bau einer Gesamtschule bereits Arbeiten zum Vorentwurf des Projekts geleistet.

Der Kläger ging entsprechend Abschn. 17 Abs. 5 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1969 zum 31. August 1970 von der Überschußrechnung zum Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) über. In seiner Bilanz zum 31. August 1970 hat er eine Teilforderung wegen der bisher an dem Schulprojekt geleisteten Arbeiten nicht aktiviert, da er der Auffassung ist, es habe sich um eine nichtabrechenbare und damit nicht zu bilanzierende Teilforderung gehandelt.

In die A hat der Kläger neben seinem PKW und der Büroausstattung auch den Auftrag zum Bau der Gesamtschule zu Einlagewerten von insgesamt 27 157 DM eingebracht. Den Wert der Teilforderung schätzte der Kläger auf 18 957,35 DM (ohne Mehrwertsteuer). In der Eröffnungsbilanz der A ist die vom Kläger eingebrachte Teilforderung unter dem Posten "halbfertige Arbeiten" mit dem Betrag von 18 957,35 DM ausgewiesen.

Der Kläger erklärte in seiner Einkommensteuererklärung 1970 einen Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit in Höhe von 22 804,67 DM (1. Januar bis 31. August 1970), einen Verlust aus der Beteiligung an der A in Höhe von 19 981,52 DM sowie einen Veräußerungsgewinn i. S. des § 18 Abs. 3 EStG aus der Einbringung der Architektenpraxis in die A in Höhe von 20 389 DM. Diesen Veräußerungsgewinn errechnete er aus den Buchgewinnen bezüglich der eingebrachten Büroausstattung (1 000 DM), des eingebrachten PKW (432 DM; zu erstattende Investitionssteuer) sowie der eingebrachten Teilforderung in Höhe von 18 957 DM.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte im Einspruchsverfahren lediglich den Betrag von 1 432 DM als Veräußerungsgewinn an. Er rechnete den Betrag von 18 957 DM dagegen dem laufenden Gewinn zu, da die Teilforderung eine abrechenbare, zum 31. August 1970 bereits zu aktivierende Teilleistung betreffe und im übrigen die Einordnung des aus diesem laufenden Geschäft resultierenden Gewinns als Veräußerungsgewinn dem Sinn und Zweck des § 18 Abs. 3 EStG zuwiderlaufen würde.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der der Kläger die Festsetzung der Einkommensteuer 1970 auf null DM begehrte, statt. Es ging von einem wegen § 18 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 4 EStG in der bis zum 31. Dezember 1970 geltenden Fassung steuerfreien Veräußerungsgewinn von 19 957 DM (18 957 DM + 1 000 DM; in Höhe von 432 DM verneinte das FG im Hinblick auf § 23 Abs. 1 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform - UmwStG 1969 - den Anfall eines Veräußerungsgewinns) aus und führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus:

a) Der Kläger habe auf den Zeitpunkt der Einbringung (Veräußerung, § 22 UmwStG 1969, jetzt § 24 UmwStG 1977) eine Bilanz gemäß § 4 Abs. 1 EStG erstellen müssen. Dabei seien die Wirtschaftsgüter so zu bilanzieren gewesen, wie wenn der Kläger schon von Anfang an seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 1 EStG ermittelt hätte. In einem solchen Falle hätte er eine Forderung aus dem teilweise erbrachten Auftrag zum Bau der Schule nicht aktivieren dürfen, da er bis zum 31. August 1970 eine selbständig abgrenzbare Teilleistung noch nicht erbracht gehabt habe. Von einer abgrenzbaren Teilleistung könne nur dann gesprochen werden, wenn sie selbständig abrechenbar und vergütungsfähig sei. Dies sei im Streitfall zu verneinen. Nach § 19 der Gebührenordnung für Architekten (GOA) sei die erste Teilleistung der Vorentwurf. Sie setze sich zusammen aus der probeweisen zeichnerischen Lösung der wesentlichen Teile der Bauaufgabe nebst Kostenschätzung und Erläuterungsbericht sowie Verhandlungen mit den behördlichen Stellen über die Genehmigungsfähigkeit. Gemäß § 21 GOA könne ein Architekt die Teilvergütung der in § 19 GOA genannten Teilleistungen verlangen, falls die Geltung der Gebührenordnung für Architekten vereinbart worden sei. Ob dies der Fall sei, könne dahingestellt bleiben. Sei die Geltung der Gebührenordnung für Architekten nicht vereinbart worden, so scheide die Aktivierung einer Forderung vor Abschluß der Arbeiten an der Gesamtschule aus. Auch bei Geltung der Gebührenordnung für Architekten habe am 31. August 1970 eine Teilleistung i. S. des § 19 noch nicht vorgelegen. Der Kläger habe nämlich die in § 19 GOA vorgesehene Kostenschätzung und die Verhandlungen mit den behördlichen Stellen über die Genehmigungsfähigkeit noch nicht erbracht gehabt. Zwar habe ein Architekt nach § 21 GOA auch einen Zahlungsanspruch für noch nicht voll erbrachte Teilleistungen. Hierbei handele es sich aber nur um ein Recht zur Abschlagszahlung, das noch nicht zur Annahme einer zu bilanzierenden selbständigen Teilleistung führe.

b) Da am Bilanzstichtag 31. August 1970 eine abrechenbare Forderung noch nicht vorgelegen habe, sei eine Gewinnrealisierung zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetreten. Der Gewinn sei vielmehr erst durch die entgeltliche Einbringung der Forderung in die A, also infolge eines Veräußerungsaktes (§ 22 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 1969), entstanden. Er habe seine Ursache gerade in der Betriebsveräußerung und dürfe bei der Ermittlung des Betriebsvermögens nach § 18 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht berücksichtigt werden. Dem stehe nicht entgegen, daß in der Eröffnungsbilanz der A ein Betrag von 18 957,35 DM aktiviert worden sei. Dazu sei die A verpflichtet gewesen, weil sie die künftige Forderung entgeltlich erworben habe.

c) § 16 Abs. 4 EStG (Freibetrag von 20 000 DM) sei anzuwenden, da der Kläger sein Betriebsvermögen in vollem Umfang mit dem Teilwert eingebracht habe (§ 22 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1969).

Mit seiner Revision beantragt das FA, die Klage unter Aufhebung der Vorentscheidung abzuweisen. Zur Begründung führt es im wesentlichen aus: Der strittige Auftrag sei im regelmäßigen Geschäftsverkehr des Klägers entgegengenommen und durchgeführt worden: Der Kläger habe die Vergütung erhalten, die er rechnerisch und der Sache nach für seine Leistungen im normalen Geschäftsverkehr habe verlangen können. Die Vergütung stelle daher einen Ertrag aus der laufenden Berufstätigkeit dar, der mit der Einbringung des Architektenbüros in die A nicht ursächlich zusammenhänge. Im Gegensatz zu den bei einer Betriebsveräußerung massiv auftretenden, im Laufe der Jahre angesammelten stillen Reserven berührten derartige außerhalb einer Betriebsveräußerung anfallenden normalen Geschäfte und ihre Abwicklung den Veräußerungsvorgang und damit den Veräußerungsgewinn nicht. Die Vorentscheidung berücksichtige auch nicht, daß der Kläger seine selbständige Tätigkeit als freier Architekt nicht aufgegeben habe. Er habe selbst den fraglichen Auftrag als tätiger Mitgesellschafter der A zu Ende geführt. Die veränderten Rechtsverhältnisse seien steuerlich unerheblich. Schließlich sei es rechtlich zulässig, daß ein Architekt Teile seines Honorars gemäß § 21 Satz 1 GOA schon dann anfordere, wenn er erst Teilleistungen erbracht habe (Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 31. Januar 1974 VII ZR 99/73, Neue Juristische Wochenschrift 1974 S. 697 - NJW 1974, 697 -). Dabei sei nicht erforderlich, daß die in § 19 GOA näher beschriebenen Einzelleistungen auch vollständig erbracht worden seien.

Der Kläger ist der Revision mit den Gründen der Vorentscheidung entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Das FG ist zwar zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger einen steuerfreien Veräußerungsgewinn in Höhe von 19 957 DM erzielt hat, wenn die für das Projekt der Gesamtschule bis zum 31. August 1970 verrichteten Arbeiten noch nicht als eine selbständig abrechenbare und vergütungsfähige Teilleistung zu qualifizieren sind. Die vom FG getroffenen Feststellungen reichen zu einer abschließenden Entscheidung allerdings nicht aus.

1. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen der Vorinstanz (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) hat der Kläger seinen gesamten Betrieb (bestehend aus PKW, Büroausstattung sowie Auftrag Gesamtschule) in die A zu Teilwerten eingebracht. Die rechtliche Beurteilung des Streitfalles richtet sich daher auch nach § 22 UmwStG 1969 (jetzt § 24 UmwStG 1977). Danach gilt der Wert, mit dem das eingebrachte Betriebsvermögen in der Bilanz der Personengesellschaft angesetzt wird, für den Einbringenden als Veräußerungspreis. § 16 Abs. 4 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung ist anzuwenden, wenn das eingebrachte Betriebsvermögen - wie im Streitjahr - mit dem Teilwert angesetzt wird.

Der Anwendung des § 22 UmwStG 1969 steht nicht entgegen, daß der Kläger eine freiberufliche Architektenpraxis in die A eingebracht hat. Die Vorschrift ist nicht auf die Einbringung von Gewerbebetrieben beschränkt. Zum einen spricht § 22 UmwStG 1969 nur von der Einbringung eines Betriebes, worunter auch ein freiberuflicher Betrieb zu fassen ist. Zum anderen bezweckt das Umwandlungs-Steuergesetz, der Wirtschaft die Möglichkeit zu geben, die Unternehmensform zu wählen, die den sich dauernd ändernden Verhältnissen am ehesten entspricht. Dies trifft für freie Berufe ebenso zu wie für Gewerbetreibende (vgl. die einhellige Meinung, z. B. Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, UmwStG 1969, § 22 Anm. 22 bis 24; Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Kommentar, § 24 UmwStG 1977 Anm. 4882, 4887; Glade/Steinfeld, Umwandlungs-Steuergesetz 1977, 2. Aufl., § 24 Anm. 1300).

Im Streitfall ermittelt die A ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG; sie hat ferner die eingebrachten Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert angesetzt. Der Kläger war daher gehalten, zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns fiktiv von seiner Gewinnermittlung durch Überschußrechnung zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich überzugehen (§ 18 Abs. 3 i. V. m. § 16 Abs. 2 Satz 2 EStG; s. auch Herrmann/Heuer, a. a. O., § 18 EStG Anm. 166). Dieser Übergang zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG dient nicht nur der Ermittlung des Veräußerungsgewinns, sondern er bezweckt auch eine dem Gewinnbegriff des Einkommensteuergesetzes entsprechende Erfassung des laufenden Gewinns. Es soll dadurch gewährleistet werden, daß die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG letztlich zu dem gleichen laufenden Gesamtgewinn führt, wie er auch bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG angefallen wäre (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. November 1961 IV 98/60 S, BFHE 74, 535, BStBl III 1962, 199; vom 2. September 1971 IV 342/65, BFHE 104, 311, BStBl II 1972, 334, und vom 10. Juli 1973 VIII R 34/71, BFHE 110, 137, BStBl II 1973, 786). Der Kläger hatte daher den Betrag von 18 957 DM als Forderung in seiner Bilanz zum 31. August 1970 zu aktivieren, wenn er dazu auch für den Fall verpflichtet gewesen wäre, daß er schon vorher seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt hätte. Eine solche Pflicht zur Aktivierung mit der Folge der Erhöhung des laufenden Gewinns bestand dann, wenn der Gewinn aus der geleisteten Arbeit zur Errichtung der Gesamtschule zum 31. August 1970 und damit schon während des laufenden Betriebes realisiert war. War dagegen zum 31. August 1970 und damit während des laufenden Geschäftsbetriebes eine Gewinnrealisierung noch nicht eingetreten und schied damit eine Aktivierung aus, so konnte der laufende Gewinn nicht berührt werden. In diesem Fall trat erst eine Gewinnrealisierung bei der als Veräußerung anzusehenden Einbringung des Betriebes in die A ein, so daß sich der Veräußerungsgewinn um den Betrag der künftigen Teilforderung erhöht hatte.

Gegen dieses Ergebnis läßt sich nicht einwenden, die Einbringung des Auftrages zur Errichtung der Gesamtschule in die A könne deshalb in keinem Fall zu einem Veräußerungsgewinn führen, weil es sich um ein laufendes Geschäft gehandelt und der Kläger ein dem Stand seiner Leistungen entsprechendes Entgelt - wenn auch von der A - erhalten hat. Richtig ist zwar, daß ein Veräußerungsgewinn deshalb einer begünstigten Besteuerung unterliegt, weil es zu Härten führen würde, wenn durch die Aufdeckung aller stillen Reserven eines Betriebes jahrelang aufgestaute Gewinne in einem Zuge mit dem normalen Steuersatz versteuert werden müßten (BFH-Urteil vom 19. Mai 1971 I R 46/70, BFHE 102, 380, BStBl II 1971, 688, mit weiteren Nachweisen). Das Gesetz unterscheidet aber nicht, wann und aus welchem Grunde sich stille Reserven angesammelt haben. Nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 25. Juni 1970 IV 350/64 (BFHE 99, 479, 481, BStBl II 1970, 719) zählen zu den massiert anfallenden außerordentlichen (und damit steuerbegünstigten) Gewinnen die Gewinne, die eine Folge der in einem Akt vorgenommenen Veräußerung des gesamten Betriebsvermögens - Anlage - und Umlaufvermögen, Geschäftsbeziehungen und Gewinnchancen aus schwebenden Geschäften - sind. Zum Betriebsvermögen gehören auch künftige Ansprüche aus bereits begonnenen Arbeiten. Auch die in solchen halbfertigen Arbeiten ruhenden, im laufenden Geschäftsbetrieb noch nicht aufzudeckenden Gewinne stellen stille Reserven des Betriebes dar, die, wenn sie im Zuge einer Betriebsveräußerung aufgelöst werden, ein Teil des dabei massiv anfallenden außerordentlichen und damit steuerbegünstigten Veräußerungsgewinns sind.

Der Annahme eines steuerbegünstigten Veräußerungsgewinns steht auch nicht - wie das FA meint - der Umstand entgegen, daß der Kläger seine freiberufliche Tätigkeit nicht eingestellt hat, sondern in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der A weiterhin als Architekt tätig ist. Die Rechtsprechung des Senats, nach der eine steuerbegünstigte Veräußerung des gesamten Betriebsvermögens voraussetzt, daß der Steuerpflichtige die auf dieses Vermögen bezogene freiberufliche Tätigkeit zumindest für eine gewisse Zeit an dem Ort der bisherigen Tätigkeit aufgibt (z. B. Urteil vom 14. März 1975 IV R 78/71, BFHE 116, 8, BStBl II 1975, 661, mit weiteren Nachweisen), kann in Fällen der Einbringung einer freiberuflichen Praxis in eine Personengesellschaft nicht herangezogen werden. Wird, wie im Streitfall, das freiberufliche Betriebsvermögen mit den Teilwerten in eine Personengesellschaft eingebracht, so ist nach § 22 Abs. 3 UmwStG 1969 der dabei anfallende Veräußerungsgewinn steuerbegünstigt.

2. Zur abschließenden Entscheidung der Frage, ob der Kläger zum 31. August 1970 einen Teilhonoraranspruch in Höhe von 18 957 DM zu aktivieren hatte, reichen die Feststellungen des FG nicht aus. Nach der grundlegenden Entscheidung des Senats vom 28. Januar 1960 IV 226/58 S (BFHE 71, 111, BStBl III 1960, 291, unter II der Entscheidungsgründe) hat ein freiberuflich Tätiger einen Anspruch auf Vergütung einer bewirkten Teilleistung dann zu aktivieren, wenn es sich um eine selbständig abrechenbare und vergütungsfähige Teilleistung handelt, auf deren Vergütung ein selbständiger Honoraranspruch nach einer Gebührenordnung oder aufgrund von Sonderabmachungen besteht. Wann eine Teilleistung diese Voraussetzungen erfüllt, hängt von den Umständen des Einzelfalles und insbesondere davon ab, welche Vereinbarungen die Vertragsparteien getroffen haben. Dabei wird eine Teilleistung die vorbezeichneten Voraussetzungen dann erfüllen, wenn für bestimmte Teile einer wirtschaftlich teilbaren Leistung das Entgelt gesondert vereinbart worden ist (vgl. auch § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes - UStG -) und es sich nicht lediglich um einen Anspruch auf Zahlung eines Abschlages oder eines Vorschusses handelt. Ist die Geltung einer Gebührenordnung vereinbart, so kann eine teilweise erbrachte Leistung als Teilleistung angesehen werden, wenn sie auch in der Gebührenordnung als eine Teilleistung mit entsprechendem Anspruch auf Vergütung umschrieben ist.

Die Vorentscheidung läßt nicht nur dahingestellt, ob die Gebührenordnung vereinbart ist. Sie enthält auch sonst keine Feststellungen zu den vertraglichen Abmachungen zwischen dem Kläger und der auftraggebenden Gebietskörperschaft. Derartige Feststellungen waren aber unumgänglich. Solche ins einzelne gehenden Feststellungen könnten in einem Fall wie dem vorliegenden auch nicht durch eine Feststellung, die Geltung der Gebührenordnung sei vereinbart worden, ersetzt werden. Nach § 19 Abs. 1 Buchst. a GOA ist der Vorentwurf eine selbständig abrechenbare Teilleistung i. S. der oben zitierten Rechtsprechung des erkennenden Senats. Diese Teilleistung beinhaltet die probeweise zeichnerische Lösung der wesentlichen Teile der Bauaufgabe nebst Kostenschätzung und Erläuterungsbericht sowie Verhandlungen mit den behördlichen Stellen über die Genehmigungsfähigkeit. Damit ist aber noch nicht zugleich gesagt, daß die Teilleistung stets nur dann erbracht ist, wenn sämtliche umschriebenen Leistungsteile erfüllt sind. Auch insoweit können anderweitige Vereinbarungen den Umfang der selbständigen Teilleistung einschränken (vgl. Fabricius/von Nordenflycht/Bindhardt, Gebührenordnung für Architekten, Kommentar, 8. Aufl., § 19 Anm. 12; Roth/Gaber, Kommentar zum Vertragsrecht und Gebührenordnung für Architekten, 11. Aufl., § 19 Anm. 4a). Insbesondere im Streitfall ist nicht auszuschließen, daß die auftraggebende Gebietskörperschaft lediglich an der probeweisen zeichnerischen Lösung der wesentlichen Teile der Bauaufgabe interessiert war und die weiteren in § 19 Abs. 1 Buchst. a GOA genannten Arbeiten selbst durchgeführt hat (insbesondere Verhandlungen mit anderen Behörden).

Mit dem FG ist allerdings davon auszugehen, daß ein Zahlungsanspruch des Architekten für noch nicht vollabgeschlossene Teilleistungen (vgl. BGH-Urteil vom 31. Januar 1974 VII ZR 99/73, NJW 1974, 697) noch nicht zu aktivieren ist, da es sich insoweit lediglich um Abschlagszahlungen auf den künftigen Anspruch auf Vergütung der abgeschlossenen Teilleistung handelt.

3. Ergeben die weiteren Feststellungen des FG, daß der Kläger zum 31. August 1970 schon eine Teilleistung i. S. der Entscheidung in BFHE 71, 111, BStBl III 1960, 291 erbracht hatte, so ist die Klage als unbegründet abzuweisen.

Hat der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt noch keine derartige Teilleistung erbracht, so hat er mit seiner Klage Erfolg. Das FG wird aber entsprechend der Entscheidung in BFHE 71, 111, BStBl III 1960, 291 noch zu prüfen haben, ob zum 31. August 1970 unter dem Gesichtspunkt der halbfertigen Arbeiten nicht eine Aktivierung der mit dem Auftrag zur Errichtung der Gesamtschule zusammenhängenden Aufwendungen des Klägers in Betracht kommt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73443

BStBl II 1980, 239

BFHE 1980, 380

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