Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für Ausfuhrerstattung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zum Widerruf von Ausfuhrerstattungen.

2. Zu den Voraussetzungen für Ausfuhrerstattungen (Flocken aus Sorghum)

3. Mit der Nichtvornahme einer beantragten Beweisaufnahme verletzt das FG seine Pflicht aus § 76 Abs. 1 FGO, wenn es die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache nicht unterstellt hat. Hat es –bei unterstellter Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache– das Übergehen des Beweisantritts nicht begründet, liegt hierin eine Verletzung von § 96 Abs. 1 S. 3 FGO, ebenso, wenn es die Unverwertbarkeit von Gutachten nur mit deren teilweiser Widersprüchlichkeit begründet.

 

Normenkette

EWGV 141/64 Art. 5; AO 1977 § 130 Abs. 2; Getr/ReisErstV § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 2 S. 1; AbT Tarifnr. 11.02 Tarifst. C-I-h-1; FGO § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 2, 1 S. 3

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 25.01.1989; Aktenzeichen 2 BvR 2058/83)

 

Tatbestand

A. I. Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) beantragte in der Zeit vom 17.Mai bis 18.August 1965 Erstattungszusagen für die Ausfuhr von „…flocken, Flocken von Sorghum, Tarifst. 11.02 C I h l des Gebrauchsabschöpfungstarifs”. Dementsprechend erteilte die Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel (EVSt), die Rechtsvorgängerin der Beklagten, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagten (Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung –BALM–) der Klägerin am 17.Mai, 21. und 29.Juni, 26.Juli, 2. und 18.August 1965 folgende Erstattungszusagen:

„Gemäß ErstVOGetrReis vom 24.11.1964 (BGBl I, 917) und ÄnderungsVO vom 19.3.1965 (Bundesanzeiger Nr.55 vom 20.3.1965) im voraus festgesetzte abschöpfungsfreie Einfuhr von 180 kg Sorghum für die Ausfuhr von 100 kg Flocken von Sorghum mit einem Aschegehalt von 2 Gewichtshundertteilen oder weniger, bezogen auf den Trockenstoff.”

Die Klägerin führte in der Zeit vom 2.Juli bis 11.Dezember 1965 insgesamt … kg eines Erzeugnisses aus, das sie als „…flocken, Flocken von Sorghum, Tarifst. 11.02 C I h l” bezeichnete. Laut Vermerk des Zollamtes (ZA) auf den Ausfuhrbescheinigungen wurden aus den Ladungen bei drei Ausfuhrpartien je eine, bei weiteren drei Ausfuhrpartien je drei und bei den übrigen Partien je zwei Proben gezogen.

Aufgrund der Ausfuhren beantragte die Klägerin die ihr zugesagten Erstattungen. Den Anträgen fügte sie Atteste des Labors Dr. A und Dr. B in X bzw. –bei zwei Partien– des Diplom-Chemikers C in X bei. Aus diesen ergibt sich u.a., daß die von den Instituten untersuchten Proben mit Zollplomben versehen und von der Firma V versiegelt worden waren, sowie daß sie aus den jeweils genannten Schiffsladungen stammten. Ferner wurde bestätigt, daß es sich um handelsübliche „Flocken von Sorghum” handle und Angaben zu den Aschegehalten gemacht, die sämtlich mit unter 2 % im Trockenstoff festgestellt wurden.

Die EVSt gewährte der Klägerin in der Zeit vom 9.Juli bis 13.Dezember 1965 die beantragten Genehmigungen für die abschöpfungsfreie Einfuhr von insgesamt … kg Sorghumhirse. Die Klägerin nutzte die Genehmigungen für die Einfuhr entsprechender Mengen dieser Ware.

Die Bundesforschungsanstalt für Getreideverarbeitung (Bufo), der u.a. je eine Probe aus den Schiffsladungen I und II übersandt worden waren, kam mit Gutachten vom 3.August 1965 für die Ladung I zu dem Ergebnis, daß das Rohmaterial ohne Vorreinigung in technologisch unzulänglicher Weise verarbeitet worden sei und daß selbst bei großzügiger Auslegung des Begriffs „Flocken” die Ware nicht als solche bezeichnet werden könne. Die Ware aus dem anderen Schiff wurde als Grenzfall bezeichnet, dem man Flockencharakter nicht ganz absprechen könne. Feststellungen zu der Frage der Schälung enthält das Gutachten nicht, wohl aber zur Hitzebehandlung, die als erfolgt bezeichnet wurde. Da das ZA ebenfalls Bedenken hatte, ob es sich bei den ausgeführten Waren um „Flocken” handelte, sandte es mit Untersuchungsanträgen vom 8.September, 27.Oktober und 24.November 1965 der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt in X (ZPLA) Proben zur Begutachtung. Diese kam aufgrund ihrer Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß es sich in allen Fällen nicht um „Flocken” gehandelt habe. Denn die …körner seien nicht geschält und nicht flach ausgerollt gewesen. Das ZA übersandte die Gutachten der ZPLA der EVSt.

Die EVSt widerrief daraufhin mit Bescheiden vom 6. und 8.Dezember 1966 die der Klägerin gewährten Erstattungen (Einfuhrlizenzen) in vollem Umfang. Durch Bescheide vom 16. und 18.August 1972 änderte die EVSt diese Bescheide ab; sie gewährte für die Ausfuhren eine Erstattung nach dem Umrechnungssatz von 100: 102 und hielt den Erstattungswiderruf nur noch für die Differenzmenge aufrecht. Den am 18.August 1972 geänderten Bescheid vom 8.Dezember 1966 änderte die EVSt mit Bescheid vom 1.Dezember 1975 erneut wegen einiger Rechenfehler zugunsten der Klägerin. Das Finanzgericht (FG) trennte, soweit der Klägerin durch die Änderungsbescheide vom 16. und 18.August 1972 Erstattungen wieder gewährt worden waren, die Verfahren ab. Hinsichtlich des Änderungsbescheids vom 1.Dezember 1975 stellte die Klägerin einen Antrag nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Gegen die Widerrufsbescheide erhob die Klägerin Klage im wesentlichen mit der Begründung, für die Flockeneigenschaft eines Getreideverarbeitungserzeugnisses habe es seinerzeit genügt, daß die Körner gedämpft und ausgerollt gewesen seien; überdies sei die Ware aber auch geschält gewesen. Das FG vernahm Zeugen und holte Gutachten der Bufo und des Sachverständigen Dr. D ein.

II. Das FG wies die Klage gegen den Widerrufsbescheid vom 8.Dezember 1966 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 18.August 1972 und vom 1.Dezember 1975 hinsichtlich der Teilpartien aus vier Schiffsladungen ab (insgesamt … kg abschöpfungsfreie Einfuhr) und hob im übrigen die Widerrufsbescheide auf. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus:

Bei den vier Partien, hinsichtlich derer die Klage abgewiesen worden sei, habe es sich nicht um Flocken im Sinne des seinerzeit maßgeblichen Erstattungsrechts gehandelt. Denn sie seien jedenfalls nicht in dem Ausmaß geschält gewesen, wie es der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in seinem auf Vorlage des FG ergangenen Urteil vom 16.Juli 1981 Rs.159/80 (EuGHE 1981, 2161) für erforderlich erklärt habe. An diese Vorabentscheidung sei das FG gebunden.

Bei den Proben aus den genannten vier Partien habe es sich um solche gehandelt, die seinerzeit von den Probenehmern gezogen worden seien. Der Sachverständige Dr. D habe zur Überzeugung des FG festgestellt, daß die von ihm untersuchten Proben nicht im Sinne der Vorabentscheidung geschält worden seien. Dafür habe es nicht genügt, daß –was der Sachverständige nicht habe ausschließen können– das Perikarp zu 20 bis 30 % entfernt worden sein könnte. Erforderlich wären Feststellungen gewesen, daß zumindest stellenweise das Perikarp bis auf den darunter befindlichen Mehlkörper entfernt worden wäre. Das habe der Sachverständige in seinem in der mündlichen Verhandlung erläuterten Gutachten jedoch ausgeschlossen.

Der Widerruf der Erstattung habe nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Selbst wenn der Klägerin die Erläuterungen zur Nomenklatur des Rates für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens (ErlNRZZ) unbekannt gewesen sein sollten, habe sie doch aus den Anweisungen des Bundesministers der Finanzen (BMF) zum Abschöpfungstarif –AbT– (Bundeszollblatt –BZBl– 1964, 997, 1000), die insoweit den ErlNRZZ entsprochen hätten, entnehmen können, daß für die Flockeneigenschaft einer Ware die Schälung gefordert worden sei. Die Klägerin könne sich demgegenüber nicht darauf berufen, ihr sei von Bediensteten der EVSt die Auskunft erteilt worden, diese Anweisungen würden für das Erstattungsrecht keine Anwendung finden. Der Zusammenhang zwischen Erstattungsrecht und Abschöpfungserhebung ergebe sich aus den Präambeln der maßgeblichen Verordnungen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). Die Klägerin habe daher auf etwaige anderslautende mündliche Auskünfte von Bediensteten der EVSt nicht vertrauen dürfen. Die Klägerin könne auch daraus keinen Vertrauensschutz herleiten, daß die EVSt ihr in einem Falle am 10.Mai 1965 zwar mitgeteilt habe, daß hinsichtlich der erforderlichen Beschaffenheit der streitigen Ware Zweifel bestünden und sie deshalb an die Bufo Proben gesandt habe, daraus jedoch später keinen Anlaß für einen Widerruf hergeleitet habe. Das sei kein nachhaltiges oder nachdrückliches Verhalten der EVSt.

Hinsichtlich der übrigen streitigen Partien sei die Klage begründet. Die der EVSt zugänglichen wie auch die vom Senat erhobenen Beweise hätten insofern kein eindeutiges Ergebnis gebracht. Die Unaufklärbarkeit, ob die ausgeführten Waren im Sinne der eingeholten Vorabentscheidung des EuGH geschält gewesen seien, gehe zu Lasten der BALM.

Es spreche zwar vieles dafür, daß die restliche Menge genauso beschaffen gewesen sei wie die vier Partien, hinsichtlich derer der Sachverständige Dr. D festgestellt habe, sie seien nicht im erforderlichen Umfange geschält gewesen. Entscheidende Bedeutung wäre daher den Gutachten der ZPLA zugekommen. Diese seien jedoch zum Teil in sich widersprüchlich und deshalb insgesamt nicht zu verwerten. Die ZPLA sei für eine Reihe von Partien zu Aschewerten gelangt, die entsprechend dem Gutachten des Sachverständigen Dr. D nicht die von der ZPLA gemachte Aussage erlaubt habe, die untersuchten Proben hätten aus ungeschälten Waren bestanden (es handele sich um Aschewerte von 0,48 %; 1,39 %; 1,27 %; 0,50 %; 1,31 %; 0,86 %; 0,67 %; 1,26 %; 1,43 %; 1, 39 %; 1,32 %; 1,37 %). Denn wenn nach den Angaben in der amerikanischen Fachliteratur aus den Jahren 1950 bis 1970 der natürliche Aschegehalt von Sorghum mindestens bei 1,48 % in der Trockenmasse gelegen habe, habe jede Ware, die darunter liegende Aschewerte ausgewiesen habe, in mehr oder weniger starkem Ausmaß von solchen Bestandteilen wie Keimling und Schale befreit gewesen sein müssen. Zwängen die Gutachten insgesamt zu dem Schluß, daß ein Teil der Ware geschält worden sein müsse, so könne angesichts der Tatsache der Schwankungsbreite der natürlichen Aschegehalte von ungeschältem Sorghum ohne weitere Untersuchung nicht davon ausgegangen werden, die Ware, bezüglich deren Aschewerte von mehr als 1,48 % in der Trockenmasse festgestellt worden seien, müsse ungeschält gewesen sein.

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8.November 1972 VII R 98/68 (BFHE 107, 482), dem das FG folge, habe grundsätzlich die Behörde die Voraussetzungen eines Widerrufs zu beweisen. Diesen Grundsatz habe der BFH später (Urteile vom 14.Mai 1974 VII R 83/71, BFHE 112, 543; vom 2.Dezember 1975 VII R 59/73, BFHE 123, 385; vom 26.März 1980 VII R 97/76, BFHE 130, 209) dahin relativiert, daß nach dem Grundsatz von Treu und Glauben niemand sich auf eine prozessuale Situation berufen könne, die er selbst durch sein Verhalten verursacht habe, z.B. indem er unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht habe; dabei komme es für die Feststellungslast darauf an, wessen Sphäre die unrichtigen Angaben zuzurechnen seien. Im vorliegenden Fall enthielten aber weder die Ausfuhrbescheinigungen noch die von dem amtlich vereidigten Sachverständigen erstellten Untersuchungszeugnisse unrichtige Angaben. Es fehle lediglich die Angabe, daß die Ware geschält worden sei.

III. Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin als auch die BALM fristgerecht Revision eingelegt.

1. Die Klägerin begründet ihre Revision im wesentlichen wie folgt:

Sorghumflocken seien ausschließlich Futterflocken. Es wäre unsinnig, Getreide, das zu Futterflocken verarbeitet werde, zu schälen. Es sei ein Faktum, daß in der ganzen Welt Futterflocken aus ungeschältem Getreide hergestellt würden. Bei der Festsetzung der Umrechnungssätze müßten also der Kommission Fehler unterlaufen sein. Der BFH solle Gelegenheit nehmen, im Wege eines Freibeweises die Gesetzesmaterialien anzufordern.

Die ErlNRZZ seien keine verbindliche Rechtsnorm; sie dürften nicht rückwirkend angewendet werden. Alle Vertragsstaaten hätten auch nach Abschluß des Vertrags zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) ihre eigene Zolltarifhoheit weiter in Anspruch genommen. Sie hätten ihre eigenen Erläuterungen aufgestellt. Die ErlNRZZ seien daher auch nicht veröffentlicht worden. Die entgegenstehende Feststellung in der Vorabentscheidung treffe jedenfalls für die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) nicht zu. Die ErlNRZZ seien nicht in die deutsche Sprache übersetzt und als solche nicht veröffentlicht worden. Eine Bindungswirkung der Vorabentscheidung des EuGH sei rechtsstaatlich unzumutbar und ausgeschlossen, weil die Vorabentscheidung auf unrichtigen Tatsachen und auf der Nichtberücksichtigung wesentlicher Tatsachen beruhe sowie gegen die Denkgesetze verstoße. Der erkennende Senat sei daher verpflichtet, die Sache noch einmal dem EuGH vorzulegen.

Das FG berufe sich auf die Untersuchung von 14 Proben durch den Sachverständigen Dr. D vom 5.Oktober 1980. Es habe festgestellt, daß in den vier Klageabweisungsfällen diese Proben identisch seien mit den Proben, die 15 Jahre zuvor zollamtlich gezogen worden seien. Die Beweiswürdigung des Vorderrichters hierzu enthalte Widersprüche und sonstige formelle und materielle Rechtsfehler. Das FG habe aufgrund des zweiten Gutachtens von Dr. D vom 5.Oktober 1980 und seines mündlichen Gutachtens in der Vernehmung vom 3.November 1981 entschieden, daß in den betreffenden vier Partien die untersuchten Proben nicht im Sinne der Vorabentscheidung geschält gewesen seien. Auch diese Beweiswürdigung halte einer rechtlichen Nachprüfung nicht Stand.

Zu Unrecht habe das FG ihr, der Klägerin, den Vertrauensschutz versagt. Der Verwaltung sei im Rahmen eines jeweils begründeten Rechtsverhältnisses als Amtspflicht eine Fürsorgepflicht gegenüber den jeweils Beteiligten auferlegt. Dazu gehöre eine sachgerechte, d.h. vollständige, richtige und unmißverständliche Auskunftserteilung und fristgerechte Sachentscheidungen. Zu dieser Fürsorgepflicht gehöre auch die Mitteilung von Zweifeln und Bedenken, die bei der öffentlichen Verwaltung im Verlauf solcher Rechtsbeziehungen bestünden oder aufkämen. Jedenfalls seien die Zollstellen verpflichtet gewesen, die gezogenen Zollproben möglichst bald an die Untersuchungsstellen einzusenden. Diese hätten die Untersuchung ebenso zügig durchzuführen und den Beteiligten mitzuteilen gehabt. Die EVSt wäre aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen, ihre im Schreiben vom 10.Mai 1965 der Oberfinanzdirektion (OFD) X mitgeteilten Zweifel auch der Klägerin bekanntzugeben.

Das FG habe rechtsirrig nicht erkannt, daß die Anwendung der Begriffsbestimmung der Vorabentscheidung gegen das Gebot des Vertrauensschutzes verstoße. In der entscheidungserheblichen Zeit habe die Bundesrepublik das Recht, den Gemeinsamen Zolltarif (GZT) durch eigene Rechtsverordnungen verbindlich auszulegen, für sich in Anspruch genommen. Die ErlNRZZ seien deshalb nicht bekannt gewesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Inanspruchnahme der Zolltarifhoheit durch die Bundesrepublik im entscheidungserheblichen Zeitraum Rechtens gewesen sei. Der Rechtsunterworfene brauche nicht klüger zu sein als der BMF.

Die Dienstanweisung des BMF vom 24.November 1964 zum AbT sei sowohl nach der damaligen wie nach der heutigen Rechtslage falsch gewesen, weil sie gefordert habe, daß Getreideflocken aus „geschältem Getreide hergestellt sein müßten”. Das hätte nach deutschem Sprachgebrauch bedeutet, daß das Getreide vollständig hätte geschält sein müssen. Der BMF habe dann seinen Fehler rückwirkend durch den Erlaß vom 23.Januar 1967 zumindest insoweit richtiggestellt, als er eine teilweise Schälung mit einem nicht mehr bestimmten Schälungsgrad für ausreichend erklärt habe. Überdies habe diese Dienstanweisung nicht die Wirkung einer verbindlichen Erläuterung gehabt. Es sei auch rechtserheblich, ob die EVSt die Auskunft erteilt gehabt habe, daß die Anweisungen des BMF zum AbT vom 24.November 1964 keine Anwendung im Erstattungsrecht fänden. Diese Rechtserheblichkeit ergebe sich aus der Fürsorgepflicht der EVSt, Auskünfte zu erteilen, auf die sich der Betroffene verlassen könne. Ihr, der Klägerin, Beweisantrag im Verhandlungstermin vom 11.Juli 1979, Herrn E von der BALM zu vernehmen, sei dann rechtserheblich. Der Zeuge E hätte die Frage bejaht, daß seine Dienststelle in den Jahren 1965 und 1966 den Standpunkt nach außen vertreten habe, daß die Dienstanweisungen des BMF mit Erläuterungen zum AbT keine Anwendung fänden und die EVSt in den Jahren 1965 und 1966 auf Anfrage erklärt habe, daß Flocken weder ganz noch teilweise geschält sein müßten. Das FG habe §§ 76, 96 Abs.1 Satz 1 FGO verletzt.

2. Die BALM rügt mit ihrer Revision Verletzung der Art.5 und 15 der Verordnung (EWG) Nr.141/64 (VO Nr.141/64) des Rates vom 21.Oktober 1964 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften –ABlEG– 1964, 2666), der §§ 5, 6 Abs.1 der Erstattungsverordnung Getreide und Reis (ErstVOGetrReis) und der §§ 76, 96 FGO. Sie macht im wesentlichen geltend:

Die Auffassung des FG, die Beweisaufnahme habe kein eindeutiges Ergebnis dazu erbracht, ob die ausgeführten Partien, bezüglich deren der Klage stattgegeben worden sei, im Sinne der Vorabentscheidung des EuGH geschält gewesen seien oder nicht, beruhe auf Verfahrensmängeln und enthalte Verstöße gegen die Denkgesetze.

Es stehe fest, daß die vom Sachverständigen Dr. D untersuchten Proben aus einer einheitlichen Produktion der Mühle M gestammt hätten. Der Zeuge M habe dargelegt, daß er die gesamte Rohware auf die gleiche Art hergestellt und insbesondere den Grad der Bearbeitung ausschließlich danach bemessen habe, ob der erforderliche Aschegehalt erreicht werde. Da Sorghum regelmäßig Aschewerte unter 2 % habe, habe dies bedeutet, daß ein nach der Vorabentscheidung erforderlicher Schälprozeß nicht stattgefunden habe. Die Klägerin habe das Schälen von Sorghumkörnern zu Futterzwecken ohnedies für sinnlos gehalten. Berücksichtige man ferner, daß die Ausbeute der Mühle M beinahe bei 100 % gelegen habe, so sei zwingend, daß auch die übrigen nicht mehr durch Proben unterlegten Partien ebenfalls nicht im Sinne der Rechtsprechung des EuGH aus geschälten Körnern hergestellt gewesen seien. Daß das FG die Ausbeutesätze in der Mühle M nicht berücksichtigt habe, werde als Verstoß gegen § 96 FGO gerügt.

Sie, die BALM, habe überdies sowohl in ihrem Schriftsatz vom 4.Juli 1979 als auch in der mündlichen Verhandlung vom 11.Juli 1979 beantragt, die Gutachter der Bufo, die zuvor die 14 Proben untersucht hätten, ergänzend zum „Schälgrad” der ihnen vorgelegten Gesamtproben zu vernehmen. Daß das FG darauf nicht eingegangen sei, sei ein Verstoß gegen § 76 FGO. Insgesamt sei die Annahme eines unzulänglichen Schälvorgangs so zwingend, daß auch das FG zu diesem Ergebnis hätte kommen müssen. Seine Feststellung der angeblichen Unaufklärbarkeit verstoße daher gegen die Denkgesetze.

Die Gründe, die das FG gegen die Verwertbarkeit der Gutachten der ZPLA angeführt habe, seien nicht stichhaltig. Zunächst hätte das FG diejenigen der Gutachten der ZPLA, die auch nach seiner Meinung einen Widerspruch in bezug auf den Aschegehalt nicht aufgewiesen hätten, zugunsten der BALM verwerten müssen. Es gehe nicht an, wegen abweichender Aschewerte in einigen Fällen die gesamte Gutachtertätigkeit der ZPLA zu verwerfen. Es liege ein Verstoß gegen die Denkgesetze, gegen die Beweiswürdigungsgrundsätze des § 96 FGO sowie gegen die amtliche Ermittlungspflicht (§ 76 FGO) vor.

Die mangelnde Aufklärbarkeit der Beschaffenheit der ausgeführten Produkte gehe nicht zu ihren, der BALM, Lasten. Vielmehr trage die Klägerin im vorliegenden Fall die Feststellungslast. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats treffe die widerrufende Behörde die Feststellungslast dann nicht, wenn der Antragsteller im Erstattungsverfahren unrichtige Angaben gemacht habe oder sich sonst herausstelle, daß die von ihm vorgelegten Nachweismittel untauglich seien. Die Beweisaufnahme habe ergeben, daß diese Einschränkung im vorliegenden Falle zutreffe. Die von den Handelschemikern ausgestellten Untersuchungszeugnisse seien für diejenige Tatsachenfeststellung, auf die es im vorliegenden Fall allein ankomme, unbrauchbar. Die Gutachter seien nicht von denjenigen Kriterien ausgegangen, die nach der Rechtsprechung des EuGH maßgebend seien. Das sei nicht streitig. Die Angaben in den Attesten seien daher unrichtig gewesen. Die objektive Unrichtigkeit der Untersuchungszeugnisse sei der Klägerin anzulasten, deren Gutachter nicht nur die gemeinschaftsrechtlichen Erstattungsbestimmungen, sondern auch die Verwaltungsanweisungen des BMF zum AbT außer acht gelassen hätten. Da die Atteste als Nachweismittel ausschieden, obliege der Klägerin der Nachweis der Beschaffenheit der von ihr ausgeführten Erzeugnisse. Die gegenteilige Auffassung des FG verstoße gegen Art.5, 15 VO Nr.141/64 i.V.m. Art.16 der Verordnung (EWG) Nr.55/62 des Rates vom 30.Juni 1962 (ABlEG 1962, 1583) und die §§ 5, 6 Abs.1 ErstVOGetrReis vom 24.November 1964 i.d.F. der Änderungsverordnung vom 19.März 1965 (Bundesanzeiger –BAnz– Nr.55 vom 20.März 1965, BZBl 1965, 278).

3. Die Klägerin beantragt, unter Abänderung der Vorentscheidung den Widerrufsbescheid vom 8.Dezember 1966 in Form der Änderungsbescheide vom 18.August 1972 und 1.Dezember 1975 sowie die Einspruchsentscheidung vom 20.April 1967 in vollem Umfang aufzuheben und die Revision der BALM als unbegründet zurückzuweisen.

Die BALM beantragt, unter Abänderung der Vorentscheidung die Klage in vollem Umfang abzuweisen und die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

B. I. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

1. Der rechtliche Ausgangspunkt des FG ist nicht zu beanstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats war für den Widerruf von Erstattungen durch die Marktordnungsstelle nach dem zur Zeit des Widerrufs geltenden Recht das allgemeine Verwaltungsrecht maßgebend (vgl. Urteil vom 1.März 1983 VII R 16/79, BFHE 138, 121, m.w.N.). Danach ist stets zu prüfen, ob das schutzwürdige Interesse des durch die Erstattungsgewährung Begünstigten an der Aufrechterhaltung des Erstattungsbescheids oder das öffentliche Interesse an dessen Beseitigung überwiegt. Ausfuhrerstattungen sind unter Beachtung dieser Grundsätze in der Regel schon dann zu widerrufen, wenn sie zu Unrecht gewährt worden sind; denn das öffentliche Interesse daran, daß die zu Unrecht erlangte Erstattung zurückgewährt wird, überwiegt gegenüber dem schutzwürdigen Interesse in der Regel schon deshalb, weil der Begünstigte durch die Erstattung einen ungerechtfertigten Wettbewerbs- oder Marktvorteil gegenüber anderen Marktbürgern erlangt hat.

2. Die Klägerin hat Erstattungen in Form der Genehmigung abschöpfungsfreier Einfuhr von Sorghum erhalten (§ 4 Abs.2 Satz 1 ErstVOGetrReis). Diese Ausfuhrerstattung ist ihr zu Unrecht gewährt worden, da die ausgeführten Waren den nach den Erstattungszusagen maßgebenden Beschaffenheitsanforderungen nicht genügten.

a) Nach § 6 Abs.1 Nr.1 ErstVOGetrReis kann eine Erstattung nur beantragen, wer vor der Ausfuhr eine schriftliche Erstattungszusage von der EVSt erhalten hat. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist die Erstattungszusage materielle Voraussetzung für die Erstattung mit der Folge, daß der Erstattungszusage zu entnehmen ist, wie die ausgeführten Waren beschaffen sein mußten, um einen Erstattungsanspruch zu rechtfertigen (BFHE 138, 121, m.w.N.). Maßgebend ist der Inhalt der Erstattungszusage, wie er nach seinem Wortlaut und Sinnzusammenhang zu verstehen ist (Urteil des erkennenden Senats vom 13.Januar 1970 VII R 74/67, BFHE 98, 105, 111).

b) Die Klägerin hat die Erstattungszusage beantragt für „Flocken von Sorghum … der Tarifst. des Gebrauchsabschöpfungstarifs 11.02 C I h l”. In der auf derselben Seite des Vordrucks auf den Antrag hin erteilten Zusage ist zwar nur von „Flocken von Sorghum” die Rede. Bei dem engen Zusammenhang zwischen Antrag und Zusage für die Frage, von welcher Beschaffenheit die Ware sein muß, für die die Zusage gilt, kann für die Auslegung der Zusage auch auf den Antrag zurückgegriffen werden. Der Klägerin war also die Erstattung für die Ausfuhr von Flocken von Sorghum der Tarifst. 11.02 C I h l des Gebrauchs-Abschöpfungstarifs (GebrAbT) gewährt worden. Dieser Tarif beruht letztlich auf dem entsprechenden Gemeinschaftsrecht (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 17.Oktober 1978 VII R 122/75, BFHE 126, 485, 488 f.), insbesondere auf der Anlage zur Verordnung (EWG) Nr.19/82 (VO Nr.19/82) des Rates vom 4.April 1962 (ABlEG 1962, 933) und auf Art.5 VO Nr.141/64. Dem Gemeinschaftsrecht ist daher auch zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen eine Ware als „Flocken von Sorghum” im Sinne der entsprechenden Erstattungszusagen anzusehen ist (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. zuletzt BFHE 138, 121).

c) Der EuGH hat durch die von der Vorinstanz eingeholte Vorabentscheidung (EuGHE 1981, 2161, 2179) entschieden, daß nach Art.5 VO Nr.141/64 „Flocken von Sorghum aus geschälten Sorghumkörnern hergestellt” sind; „die Körner sind dann geschält, wenn das Perikarp ganz oder teilweise derart entfernt ist, daß der Mehlkörper in der Mehrzahl der Fälle auf einem Teil der Außenseite des Korns sichtbar wird”. Die Vorentscheidung hat sich ohne Rechtsirrtum auf diese Entscheidung gestützt. Die Einwendungen der Revision dagegen sind unbegründet. Die Klägerin hat diese Einwendungen im wesentlichen bereits im Verfahren vor dem EuGH vorgetragen; der EuGH hat sich damit auseinandergesetzt und sie zurückgewiesen.

Der EuGH hat seine Entscheidung im wesentlichen auf die ErlNRZZ gestützt. Er hat sich dabei auf seine ständige Rechtsprechung bezogen, daß für die Bestimmung der Begriffe, die aus der genannten Nomenklatur in das Gemeinschaftsrecht übernommen worden sind, diese Erläuterungen heranzuziehen sind. Der EuGH hat damit den ErlNRZZ nicht etwa die Qualität einer Rechtsnorm zuerkannt, die diese, wie die Klägerin mit Recht vorträgt, nicht haben. Die ErlNRZZ sind nach der Rechtsprechung des EuGH für die Auslegung von Gemeinschaftsrecht vielmehr lediglich Erkenntnismittel, also Hilfsmittel bei der Auslegung gemeinschaftsrechtlicher Rechtsnormen, wie dies auch andere Unterlagen ohne Rechtsnormcharakter sein können (z.B. Äußerungen in Rechtsprechung und Schrifttum).

Das verkennt die Klägerin. Zu Unrecht meint sie daher auch, der EuGH wende die ErlNRZZ in unzulässiger Weise rückwirkend an. Da sie nur Erkenntnismittel und keine Rechtsnormen sind, kommt es –ebenso wie etwa bei Meinungen aus dem Schrifttum, welche die Gerichte bei ihrer Rechtsfindung heranziehen– auf den Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung nicht an. Überdies lagen die hier maßgebenden Teile der ErlNRZZ bereits im entscheidungserheblichen Zeitraum vor. Mit dem Einwand der Klägerin, die Erläuterungen seien damals nicht veröffentlicht gewesen, hat sich bereits der EuGH in seiner Vorabentscheidung befaßt und entschieden, dem Gericht stehe ein Zurückgreifen auf diese Erläuterungen frei; im übrigen seien die Erläuterungen veröffentlicht und den betroffenen Verkehrskreisen zugänglich gewesen (Absatz 13 der Gründe).

Die Richtigkeit der Vorabentscheidung des EuGH wird auch durch das Vorbringen der Klägerin nicht erschüttert, damals hätten alle Mitgliedstaaten der EWG ihre Zolltarifhoheit beibehalten und eigene Erläuterungen aufgestellt. Der erkennende Senat hat sich mit diesem Einwand bereits in seinem Urteil in BFHE 138, 121 befaßt. Er verweist auf dessen Gründe.

Die Klägerin trägt erneut vor, die Erstattungs-Umrechnungssätze (bei Sorghumflocken nach der VO Nr.141/64 180: 100) gäben für die Auslegung des Begriffs „Flocken” nichts her. Der EuGH hat sich in der Vorabentscheidung mit diesem Einwand bereits auseinandergesetzt. Er hat in Absatz 26 seiner Gründe aus diesem hohen Verarbeitungskoeffizienten gefolgert, daß dieser nicht für Sorghumkörner gelten könne, die lediglich mit Dampf behandelt und ausgerollt seien. An der Richtigkeit dieser Auslegung des EuGH hat der erkennende Senat keinen Zweifel. Sie entspricht dem objektivierten Willen des Normgebers der VO Nr.141/64. Auch für die Auslegung von Gemeinschaftsrecht gilt, daß der subjektiven Vorstellung der am Gesetzgebungsverfahren Beteiligten und der Entstehungsgeschichte dieser Verordnung für die Auslegung nur insofern Bedeutung zukommt, als sie die Richtigkeit einer nach dem genannten Grundsatz ermittelten Auslegung bestätigt oder Zweifel behebt, die durch Erforschung des objektiven Willens des Gesetzgebers allein nicht ausgeräumt werden können (vgl. Kutscher, Thesen zu den Methoden der Auslegung des Gemeinschaftsrechts, Luxemburg, 1976 S.22 f., m.w.N.; für das innerstaatliche Recht: Leibholz/Rinck, Grundgesetz, Kommentar, 6.Aufl., Einführung Anm.1 und 2, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG–). Der Anregung der Klägerin, die Kommission aufzufordern, die Gesetzesmaterialien vorzulegen, folgt der erkennende Senat daher nicht.

Auch mit dem Hinweis der Klägerin, Sorghumflocken seien ausschließlich Futtermittel, und es sei unsinnig, Futterflocken zu schälen, hat sich der EuGH bereits in seiner Vorabentscheidung befaßt. Er hat ausdrücklich festgestellt (Absatz 21 der Gründe), daß es im Falle der Getreideverarbeitungserzeugnisse der Tarifnr. 11.02 GZT auf die Funktion der Ware als Nahrungsmittel tariflich nicht ankomme, die Tarifierung vielmehr nach dem Wortlaut dieser Tarifnummer und den ErlNRZZ durch die Grundprodukte und deren technische Behandlung bestimmt werde.

Soweit sich die Klägerin gegen die Bindungswirkung der Vorabentscheidung des EuGH mit dem Vorbringen wendet, die Entscheidung beruhe auf unrichtigen Tatsachen, auf der Nichtberücksichtigung wesentlicher Tatsachen sowie auf einem Verstoß gegen die Denkgesetze, verkennt sie, daß die Vorabentscheidung nicht der revisionsrichterlichen Überprüfung des erkennenden Senats unterliegt. Überdies ist die Auffassung der Klägerin unrichtig. Die Feststellung des EuGH, daß die ErlNRZZ den betroffenen Verkehrskreisen zugänglich waren, trifft zu. Sie wurden und werden vom Rat für die Zusammenarbeit auf dem Gebiete des Zollwesens herausgegeben. Die Behauptung der Klägerin, sie seien in deutscher Sprache nicht bekannt gewesen, besagt, selbst wenn sie zuträfe, nicht das Gegenteil. Die Ausführungen des EuGH zur Schälung der streitbefangenen Ware waren ersichtlich ohne Bedeutung für seine Entscheidung. Die Tatsache, daß Sorghumflocken Futterflocken sind, hat der EuGH nicht unterdrückt, sondern, wie im Vorabsatz ausgeführt, für rechtlich bedeutungslos gehalten. Schließlich verstößt auch die Annahme nicht gegen die Denkgesetze, daß Futterflocken geschält sein können; das belegt schon der Umstand, daß die Klägerin selbst behauptet, die von ihr ausgeführten Futterflocken seien geschält gewesen. Der erkennende Senat sieht danach keinen Anlaß für eine erneute Vorlage an den EuGH.

d) Unrichtig ist schließlich die Auslegung der Vorabentscheidung durch die Klägerin. Das Urteil ist nicht dahin zu verstehen, daß die Sorghumkörner nur zu etwa 51 % geschält sein müssen. „In der Mehrzahl der Fälle” muß die Schälung das in der Vorabentscheidung beschriebene Ausmaß haben. Das bedeutet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, daß der übrige Teil der Körner überhaupt nicht geschält zu sein bräuchte und daß dieser Teil 49 % der Gesamtpartie betragen könne. Vielmehr muß der Anteil der als genügend geschält angesehenen Körner den Anteil der diesen Anforderungen nicht entsprechenden Körner weit übersteigen.

Diese Auffassung ergibt sich aus der Vorabentscheidung. In Nummer 2 ihres Tenors heißt es, Flocken aus Sorghum müßten aus „geschälten” Sorghumkörnern hergestellt sein. Das spricht dafür, daß alle geschält sein müssen. Der nächste Satz im Tenor der Entscheidung enthält insofern eine Einschränkung, als danach eine Schälung dann vorliegt, wenn „in der Mehrzahl von Fällen” der Mehlkörper sichtbar wird. Was er unter einer Mehrzahl von Fällen versteht, hat der EuGH zwar nicht weiter erläutert, aber in einer weiteren Entscheidung deutlich gemacht. In seinem Urteil vom 17.Juni 1982 Rs.3/81 (EuGHE 1982, 2319) hat er entschieden, daß 1966 als Partien perlförmig geschliffener Gerste nur solche behandelt werden durften, bei denen der Anteil an perlförmig geschliffenen Körnern 50 Gewichtshundertteile (GHT) der Trockenmasse „weit” überstieg. Dieser Fall entspricht dem vorliegenden Fall, wie die Absätze 13 bis 16 der Gründe deutlich machen. Auf den Fall der Sorghumflocken bezogen schadet also eine ungenügende Schälung einzelner Körner nur dann nicht, wenn nur ein Prozentsatz betroffen ist, der weit unter 50 GHT liegt.

Nach der Vorabentscheidung muß, um von einer Schälung sprechen zu können, das Perikarp –einschließlich der inneren Haut (Testa) und der Aleuronzellen (vgl. die Ausführungen im nächsten Absatz)– „ganz oder teilweise” entfernt werden. Der EuGH hat zwar nichts dazu gesagt, zu welchem Prozentsatz diese Entfernung mindestens stattgefunden haben muß. Aus dem Umstand, daß es „ganz oder teilweise” heißt, und aus den Ausführungen im Vorabsatz ergibt sich jedoch, daß die Auffassung der Klägerin, es genüge im einzelnen eine Freilegung des Mehlkörpers von nur 20 bis 30 %, nicht zutrifft.

Eine genügende Schälung liegt nach der Vorabentscheidung nur vor, wenn das Perikarp so entfernt ist, daß der Mehlkörper auf der Außenseite des Korns sichtbar wird. Da der Mehlkörper u.a. auch von der inneren Haut (Testa) und den Aleuronzellen umschlossen wird, wird der Mehlkörper nur sichtbar, wenn auch diese entfernt sind. Das bestätigt Absatz 23 der Gründe der Vorabentscheidung (EuGHE 1981, 2177), wonach die Entfernung des Perikarps auch die Entfernung der Testa und der Aleuronzellen umfassen muß.

e) Auf die nicht veröffentlichte isolierte Kostenentscheidung des erkennenden Senats vom 28.Juni 1983 VII K 15/82 kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen. Dieser Beschluß ist keine materiell-rechtliche Entscheidung zu einer Tarifierungsfrage. Sie ist, wie sich aus ihrer Begründung ergibt, ausdrücklich ohne eingehende Prüfung der Rechtslage ergangen, da es sich nur um eine Kostenentscheidung nach § 138 FGO handelte. Sie befaßt sich außerdem nur mit der derzeitigen Rechtslage, während es im vorliegenden Fall um jene des Jahres 1965 geht.

3. Nach den vorstehenden Ausführungen ist der von der Revision der Klägerin betroffene Widerrufsbescheid –da schutzwürdige Interessen der Klägerin dem Bescheid nicht entgegenstehen (vgl. unten Nr.4)– rechtmäßig, da die tatsächlich ausgeführten Waren keine Flocken von Sorghum im Sinne der Vorabentscheidung des EuGH waren. Das FG hat, soweit es die Klage abgewiesen hat, ohne Verkennung der Rechtslage festgestellt, daß die betreffenden Waren nicht im erforderlichen Ausmaß geschält waren. An diese Feststellungen ist der erkennende Senat gebunden, da die dagegen erhobenen Rügen der Klägerin nicht begründet sind (§ 118 Abs.2 FGO). Insoweit sieht er nach Art.1 Nr.8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs –BFHEntlG–) von einer Begründung ab.

Die Rüge der Klägerin, das FG habe ihr das rechtliche Gehör dadurch versagt, daß es sie nicht auf die angeblich gerichtsbekannte Tatsache der Sorgfalt der ZPLA hingewiesen habe, kann keinen Erfolg haben. Zu den formellen Voraussetzungen für eine solche Rüge gehört, daß auch vorgetragen wird, was bei der Gewährung rechtlichen Gehörs geltend gemacht worden wäre (Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 119 Anm.6 E, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung und Literatur, insbesondere BVerfG-Beschluß vom 17.Februar 1970 2 BvR 608/69, BVerfGE 28, 17).

4. Zu Recht hat das FG ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Aufrechterhaltung des fraglichen Erstattungsbescheids verneint. Wie bereits oben ausgeführt (Abschn.B.I.1.), sind nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats Ausfuhrerstattungen in der Regel schon dann zu widerrufen, wenn sie zu Unrecht gewährt worden sind; denn das öffentliche Interesse daran, daß die zu Unrecht erlangte Erstattung zurückgewährt wird, überwiegt gegenüber dem schutzwürdigen Interesse in der Regel schon deshalb, weil der Begünstigte durch die Erstattung einen ungerechtfertigten Wettbewerbs- oder Marktvorteil gegenüber anderen Marktteilnehmern erlangt hat. Ein Ausnahmefall, der ein Abgehen von dieser Regel rechtfertigte, liegt hier nicht vor.

a) Das Vertrauen der Klägerin darauf, daß es für die Erlangung der Erstattung genüge, wenn die ausgeführte Ware geringeren Anforderungen an den Grad der Schälung entsprach, als nach der Vorabentscheidung des EuGH erforderlich, ist –falls es gegeben war, was hier dahingestellt bleiben kann– nicht schutzwürdig. Die Klägerin selbst hat sich wiederholt darauf berufen, daß die Begriffsbestimmungen des Zolltarifs (ZT) nicht klar und deutlich gewesen seien. Richtig ist jedenfalls, daß es eine gesetzliche Definition des Begriffs Flocken von Sorghum nicht gab. Zumindest ein Ausführer von Getreideerzeugnissen wie die Klägerin mußte daraus den Schluß ziehen, daß es Auffassungsunterschiede hinsichtlich der Anforderungen an diesen Begriff geben konnte. Sie konnte sich nicht darauf verlassen, daß allein die Auslegung, die sie für richtig hielt, auch diejenige sein würde, die dem Recht entsprach.

Das gilt um so mehr, als die damals gültigen Anweisungen des BMF zum AbT ausdrücklich Getreideflocken i.S. der Tarifst. 11.02 AbT als „geschälte, durch Dämpfen usw. aufgeschlossene und aufgerollte Getreidekörner” bezeichnet hatten (vgl. BZBl 1964, 997, 1000). Diese Erläuterung widersprach und widerspricht der Auffassung, die die Klägerin damals und heute vertritt. Sie hätte für die Klägerin also Anlaß sein müssen, in diese ihre Auffassung nicht das Vertrauen zu setzen, das sie nach ihrem Vorbringen hatte. Zumindest ist dieses Vertrauen nicht schutzwürdig.

Der Einwand der Klägerin, diese Anweisungen seien nicht verbindlich, trifft zwar zu, ist aber im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Auch eine Erläuterung ohne Rechtsnormcharakter konnte und mußte das Vertrauen der Klägerin in die Richtigkeit ihrer eigenen Auslegung erschüttern. Unzutreffend ist überdies deren Einwand, diese Erläuterung sei unrichtig gewesen. Soweit sie als Merkmal von Getreideflocken die Schälung voraussetzt, entspricht sie der Auffassung des EuGH in der Vorabentscheidung, wobei es im vorliegenden Zusammenhang ohne Belang ist, ob über das Ausmaß der Schälung Auffassungsunterschiede bestanden.

Unrichtig ist der Einwand der Klägerin, daß die Anweisungen zum AbT nicht für das Erstattungsrecht gegolten hätten. Die Erstattungszusage bezieht sich gerade –wie oben ausgeführt (vgl. I.2.b)– auf Flocken von Sorghum im Sinne des GebrAbT. Die Klägerin mußte daher damit rechnen, daß auf sie die Anweisungen des BMF zum AbT grundsätzlich Anwendung fanden. Der Einwand der Klägerin, das FG hätte dann, wenn es die Anweisungen des BMF zum AbT so wertete, ihrem Beweisantrag vom 11.Juli 1979 folgen und Herrn E von der EVSt als Zeugen darüber vernehmen sollen, daß die EVSt 1965 und 1966 nach außen den Standpunkt vertreten habe, daß die genannten Anweisungen im Erstattungsrecht keine Anwendung fänden, ist unbegründet. Das FG konnte die Richtigkeit dieser unter Beweis gestellten Tatsache unterstellen; denn sie ist nicht rechtserheblich. Allenfalls wenn sich die EVSt der Klägerin selbst gegenüber in diesem Sinne geäußert hätte, ergäbe sich daraus u.U. eine Rechtfertigung für die Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Daß Herr E der Klägerin gegenüber eine solche Äußerung getan habe, hat sie aber nicht behauptet.

Auf den BMF-Erlaß vom 23.Januar 1967 kann sich die Klägerin nicht berufen. Auch wenn sie mit diesem Hinweis in der Revisionsinstanz gehört werden könnte, obwohl sich aus der Vorentscheidung nichts über Existenz und Inhalt dieses Erlasses ergibt, ist ihr entgegenzuhalten, daß sich diesem Erlaß des Jahres 1967 nichts darüber entnehmen läßt, ob im Jahre 1965 das Vertrauen der Klägerin in die Richtigkeit ihrer Tarifauffassung schutzwürdig war. Der Erlaß von 1967 konnte nicht rückwirkend eine Vertrauensgrundlage schaffen.

b) Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Verwaltung habe eine „Fürsorgepflicht” des Inhalts gehabt, ihr, der Klägerin, eine vollständige, richtige und unmißverständliche Auskunft zu erteilen und ihr rechtzeitig das Bestehen etwaiger Bedenken wegen der Erstattungsfähigkeit der ausgeführten Waren mitzuteilen. Die Klägerin trägt im Zusammenhang damit Tatsachen vor, die ihr damals nicht bekannt waren und die daher auch nicht Grundlage ihres –zu schützenden– Vertrauens sein konnten. Das gilt auch für die angeblichen heimlichen Probeentnahmen der Verwaltung.

Allein die Tatsache der etwa einjährigen Untätigkeit der Verwaltung zwischen der Gewährung der Erstattung und deren Widerruf kann schon deswegen keine Basis für ein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin sein, weil diesem Untätigsein die Nachhaltigkeit fehlte, die nach ständiger Rechtsprechung des BFH vorliegen muß, um eine Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben zu rechtfertigen (vgl. Urteil vom 19.Dezember 1979 I R 23/79, BFHE 129, 462, BStBl II 1980, 368, m.w.N. zur Frage der Verwirkung). Daran vermag auch der Hinweis der Klägerin nichts zu ändern, sie habe der Behörde mit den Erstattungsanträgen stets Proben aus den ausgeführten Partien vorgelegt. Bei der objektiven Schwierigkeit der Entscheidung, ob diese Proben dem Begriff Flocken von Sorghum genügten, konnte die Klägerin nicht erwarten, daß bereits mit der Gewährung der Erstattung diese Prüfung der Verwaltung endgültig abgeschlossen sein würde, daß also der Umstand des Stillschweigens der Verwaltung eine genügende Basis für ihr Vertrauen abgab, die Verwaltung habe die Waren als erstattungsfähig „anerkannt”. Auch insoweit fehlt im übrigen dem Verhalten der Verwaltung mindestens die erforderliche Nachhaltigkeit.

Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin steht der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht der Anwendung der Vorabentscheidung des EuGH entgegen. In diesem Urteil aus dem Jahre 1981 hat der EuGH entschieden, daß es ihm freistehe, auch hinsichtlich der Ausfuhren des Jahres 1965 auf die ErlNRZZ zurückzugreifen. Überdies hat der EuGH durch Urteil vom 27.März 1980 Rs.66, 127 und 128/79 (EuGHE 1980, 1237) erkannt, daß die nationalen Gerichte das Gemeinschaftsrecht in der Auslegung des EuGH auch auf Rechtsverhältnisse anwenden könnten und müßten, die vor Erlaß der entsprechenden Vorabentscheidung entstanden sind.

Auch der Umstand, daß die Bundesrepublik damals noch –wie der EuGH später entschieden hat: entgegen dem Gemeinschaftsrecht– für sich die autonome Zolltarifhoheit in Anspruch nahm, begründete für die Klägerin keinen Vertrauensschutz im vorliegenden Fall. Selbst wenn die Klägerin damals darauf vertraut haben sollte und auch konnte, daß diese Rechtsauffassung der Bundesrepublik richtig sei, ergibt sich daraus noch nicht, daß ihr angebliches Vertrauen in ihre eigene (unrichtige) Tarifauslegung Schutz verdiene. Und nur darauf kommt es an. Daß dieses letztgenannte Vertrauen schon deswegen nicht schutzwürdig ist, weil dem die nationalen Anweisungen zum AbT entgegenstanden, ist bereits dargelegt worden.

c) Der Klägerin kann Vertrauensschutz schließlich auch deswegen nicht zugestanden werden, weil sich ihr bereits aufgrund des hohen Verarbeitungskoeffizienten des Art.5 VO Nr.141/64 von 180: 100 (vgl. Absatz 26 der Vorabentscheidung des EuGH) Zweifel daran aufdrängen mußten, ob ihre Auffassung von dem Ausmaß der erforderlichen Bearbeitung der Sorghumkörner richtig war. Aus ihrer eigenen Darstellung ergibt sich, daß die Ausbeute bei der Herstellung der ausgeführten Waren wesentlich höher lag, als dem genannten Verarbeitungskoeffizienten entsprochen hätte. Die mangelnde wirtschaftliche Rechtfertigung einer so hohen Erstattung für eine solche Ware lag auf der Hand. Vertraute die Klägerin trotzdem darauf, daß diese Waren die Voraussetzung für die hohe Erstattung erfüllten, so ist dieses Vertrauen zumindest nicht schutzwürdig.

d) Aus dem Urteil des EuGH vom 21.September 1983 Rs.205-215/82 ergibt sich schließlich nichts für die Auffassung der Klägerin. Aus ihm ist lediglich zu entnehmen, daß die Frage der Rechtmäßigkeit der Rückforderung nach nationalem Recht zu entscheiden ist und die nationalen Rechtsvorschriften über den Vertrauensschutz grundsätzlich Anwendung finden. Davon geht auch der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem FG und den Beteiligten aus. Dagegen ergibt sich aus dem genannten EuGH-Urteil nichts für die Frage, ob der nationale Grundsatz des Vertrauensschutzes im vorliegenden Fall der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts entgegensteht.

II. Die Revision der BALM führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG, soweit dieses die angefochtenen Bescheide aufgehoben hat.

1. Das FG hat ohne Rechtsirrtum entschieden, daß die BALM die objektive Beweislast (Feststellungslast) für den Fall zu tragen hat, daß sich die tatsächliche Beschaffenheit der ausgeführten Waren nicht mehr zur Überzeugung des Gerichts aufklären läßt. Die Behörde hat die Feststellungslast zu tragen, wenn sie einen begünstigenden Verwaltungsakt durch einen anderen Verwaltungsakt zurückgenommen oder geändert hat und dieser Verwaltungsakt Gegenstand des Rechtsstreit ist. Dieser Grundsatz gilt allerdings nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht ausnahmslos. Die Feststellungslast kehrt sich um, wenn der Begünstigte den Verwaltungsakt durch unrichtige oder unvollständige Angaben erwirkt hat (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 2.Dezember 1975 VII R 59/73, BFHE 118, 115, sowie Urteile in BFHE 107, 482, und BFHE 130, 209). Dabei genügt es, wenn die Angaben des Begünstigten objektiv unrichtig oder unvollständig waren; ein unlauteres Verhalten des Begünstigten ist nicht Voraussetzung (vgl. auch Urteil des Bundesverwaltungsgerichts –BVerwG– vom 23.April 1970 II C 142.67, Die Öffentliche Verwaltung –DÖV– 1970, 783).

Die Ausführungen des FG, es fehle im vorliegenden Fall an objektiv unrichtigen (oder unvollständigen) Angaben der Klägerin in diesem Sinn, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Sie sind, soweit sie tatsächliche Feststellungen enthalten, für den Senat bindend (§ 118 Abs.2 FGO). Die Klägerin hat bei der Ausfuhr jeweils Flocken von Sorghum angemeldet, sie hat Atteste vorgelegt, in denen die Waren so bezeichnet waren, und sie hat jeweils amtlich gezogene Proben der ausgeführten Waren beigefügt. Diese Angaben wären sicherlich dann objektiv unrichtig gewesen, wenn festgestellt worden wäre, die ausgeführten Waren seien nicht ausreichend geschält gewesen. Darauf aber bezieht sich gerade die Nichterweislichkeit, von der das FG ausgegangen ist. Für die Frage, wie die Feststellungslast zu verteilen ist, führt diese Erwägung also nicht weiter. Die genannten Angaben sind auch nicht objektiv unvollständig, da –worauf das FG zu Recht hingewiesen hat– die Klägerin nicht verpflichtet war, Angaben zur Frage der Schälung der ausgeführten Waren zu machen.

Die BALM beruft sich darauf, die von der Klägerin vorgelegten Gutachten hätten den (falschen) Eindruck erweckt, sie seien von dem Flockenbegriff ausgegangen, der den Anweisungen des BMF zum AbT zugrunde lag (BZBl 1964, 997, 1000). Richtig ist der Ausgangspunkt dieses Vorbringens. Es kommt für die Verteilung der Feststellungslast in der Tat darauf an, wie zum Zeitpunkt der Stellung der Erstattungsanträge das Vorbringen des Begünstigten zu beurteilen war; denn nur danach kann entschieden werden, ob der Begünstigte durch die Gewährung der Erstattung eine die Feststellungslast zu Recht umkehrende schutzwürdige Rechtsposition erlangt hat (vgl. Urteil des BVerwG vom 25.März 1964 VI C 150.62, BVerwGE 18, 168).

Es trifft aber nicht zu, daß die EVSt damals bei objektiver Betrachtungsweise davon ausgehen konnte, die Klägerin habe mit Vorlage der Unterlagen die Schälung im Sinne der Anweisungen zum AbT bestätigt. Dem widerspricht schon der Umstand, daß die EVSt in ihren damals gültigen Nachweisrichtlinien (vgl. BAnz Nr.222 vom 27.November 1964, Nr.56 vom 23.März 1965 und Nr.156 vom 21.August 1965) im wesentlichen nur vorgeschrieben hat, bei Getreideflocken sollten die Untersuchungsatteste die Angabe der Grunderzeugnisse und die Feststellung der Warenart enthalten. Erst in den nach dem entscheidungserheblichen Zeitraum erlassenen Richtlinien (BAnz Nr.18 vom 27.Januar 1966) hatte die EVSt auch ausdrücklich vorgeschrieben, daß bei Getreideflocken die Anweisungen zu Nr.11.02 AbT zu beachten seien.

Hinzu kommt, daß die Klägerin der EVSt jeweils aus den Ausfuhrpartien amtlich gezogene Proben vorgelegt hatte. Hatte die EVSt Zweifel, ob diese Waren genügend geschält waren, oder sah sie sich wegen der Kürze der bis zur Erstattung zur Verfügung stehenden Zeit außerstande, diese Prüfung vorzunehmen, so hätte sie –wollte sie die Umkehrung der Beweislast durch Gewährung der Erstattung vermeiden– die Erstattung unter Vorbehalt oder mit einem entsprechenden Hinweis erteilen müssen. Die BALM hat nicht vorgetragen, daß die EVSt entsprechend vorgegangen sei.

Auf Art.5, 15 VO Nr.141/64, Art.16 VO Nr.55/62 und §§ 5, 6 Abs.1 ErstVOGetrReis i.d.F. der Änderungsverordnung vom 19.März 1965 beruft sich die BALM in diesem Zusammenhang zu Unrecht. Für die Verteilung der Feststellungslast im Falle eines Rückforderungsbescheids bzw. für die Frage, ob die Klägerin objektiv unrichtige oder unvollständige Angaben im Sinne der Rechtsprechung des Senats zur Frage der Verteilung der Feststellungslast gemacht hat, ergibt sich aus diesen Bestimmungen nichts.

2. Die Revision der BALM führt jedoch aus anderen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung.

a) Die Rüge der BALM, das FG habe die ihm nach § 76 Abs.1 FGO obliegende amtliche Ermittlungspflicht verletzt, weil es nicht die sachverständigen Zeugen Dr. F und Dr. G von der Bufo zur Frage der Schälung der Proben gehört habe, hat Erfolg. Die BALM hat in ihrer Revisionsbegründung die Nichtvernehmung dieser sachverständigen Zeugen unter Hinweis auf ihre Beweisantritte im Schriftsatz vom 4.Juli 1979 und in der mündlichen Verhandlung vom 11.Juli 1979 ordnungsgemäß gerügt. Unzutreffend ist der Einwand der Klägerin, die BALM könne sich auf diesen Beweisantritt nicht berufen, weil sie ihn in der mündlichen Verhandlung modifiziert habe; sie habe dort neben der Vernehmung der beiden Zeugen „hilfsweise” die Vernehmung anderer Sachverständiger beantragt, welchem Beweisantritt das FG durch die Bestellung des Sachverständigen Dr. D nachgekommen sei. Der Beweisantritt der BALM kann nur dahin verstanden werden, daß sie in erster Linie die beiden sachverständigen Zeugen vernommen wissen wollte, die –im Gegensatz zum Sachverständigen Dr. D– als Zeugen über ihre Wahrnehmungen bei der Untersuchung jener Proben gehört werden sollten, die Gegenstand des Gutachtens der Bufo vom 30.Mai 1978 waren. Es kann also nicht die Rede davon sein, daß die Einschaltung des Sachverständigen Dr. D durch das FG den Beweisantritt der BALM erschöpft hätte.

Die Verfahrensrüge der BALM ist auch begründet. Das FG hätte den Beweisantritt nur dann unberücksichtigt lassen können, wenn die Zeugen unerreichbar oder die unter Beweis gestellte Tatsache rechtlich unerheblich gewesen wäre oder wenn das FG die Richtigkeit dieser Tatsache unterstellt hätte. Unerreichbar waren die Zeugen offensichtlich nicht. Die unter Beweis gestellte Tatsache, die untersuchten Proben seien geschält gewesen, ist auch rechtlich erheblich. Ob das FG diese Tatsache als richtig unterstellt hat, läßt sich aus der Vorentscheidung nicht entnehmen, da das FG das Übergehen des Beweisantritts der BALM nicht begründet hat. In diesem Falle liegt zwar möglicherweise keine Verletzung des § 76 Abs.1 FGO vor, aber eine solche des § 96 Abs.1 Satz 3 FGO, wonach im Urteil die Gründe anzugeben sind, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Ohne eine solche nähere Begründung ist es für das Revisionsgericht nicht nachprüfbar, ob das FG ohne Rechtsirrtum zu seiner Überzeugung gelangen konnte, hinsichtlich der Beschaffenheit der ausgeführten Waren habe die Beweisaufnahme trotz der als richtig unterstellten Tatsache, daß die den beiden genannten Zeugen vorgelegten Proben nicht ausreichend geschält waren, kein eindeutiges Ergebnis erbracht. Hat aber das FG die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache nicht unterstellt, so hat es mit der Nichtvornahme der beantragten Beweisaufnahme seine Pflicht aus § 76 Abs.1 FGO verletzt (vgl. auch Gräber, a.a.O., § 76 Anm.2, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

b) Eine Rechtsverletzung stellt die Entscheidung der Vorinstanz auch insoweit dar, als diese sämtliche Gutachten der ZPLA mit der Begründung für unverwertbar gehalten hat, diese Gutachten seien zum Teil in sich widersprüchlich. Nur mit dem Hinweis auf diesen Widerspruch hat das FG die Unverwertbarkeit der Gutachten der ZPLA begründet. Eine weitere Begründung enthält die Vorentscheidung nicht. Darin liegt ebenfalls ein Verstoß gegen § 96 Abs.1 Satz 3 FGO. Es fehlt insoweit an der Überprüfbarkeit des finanzgerichtlichen Urteils.

Es ergibt sich aus der Vorentscheidung, daß in der ZPLA die Frage, ob die Warenproben geschälte Sorghumkörner aufwiesen, durch den Zeugen H visuell geprüft wurde, während der Aschegehalt, wie nicht anders denkbar, durch eine Laboruntersuchung festgestellt wurde. Es ist nicht ohne weiteres ersichtlich, weshalb die bei der Aschegehaltsfeststellung möglicherweise vorgekommenen Fehler Rückschlüsse auf Fehler bei der Feststellung des Schälgrades zulassen. Sollte das FG der Meinung gewesen sein, wegen den fehlerhaften Aschegehaltsfeststellungen sei die Sorgfalt aller Tätigkeiten sämtlicher Bediensteten der ZPLA dergestalt in Zweifel zu ziehen, daß die Ergebnisse ihrer Arbeit in einem gerichtlichen Verfahren unverwertbar seien, so hätte es diese Folgerung begründen müssen. Ebenfalls einer Begründung hätte es bedurft, wenn das FG aus dem Umstand, daß der Zeuge H den (möglichen) Widerspruch zwischen seinen visuellen Feststellungen und den festgestellten Aschegehalten nicht bemerkt hat, gefolgert hätte, dies spreche für die Unzuverlässigkeit aller visuellen Feststellungen des Zeugen in allen Fällen auch dort, wo dieser Widerspruch nicht bestand. Überdies hätte es bei dieser Annahme einer Feststellung des FG hinsichtlich des Mindestaschegehalts, den Sorghum aufweisen kann, bedurft, da nur Aschewerte, die unter diesem Mindestaschegehalt lagen, den Schluß nahelegten, daß die Ware entgegen dem Ergebnis der visuellen Prüfung geschält war. Das FG hat jedoch in seiner Entscheidung eine solche Feststellung nicht getroffen.

Da es bereits an einer den Anforderungen des § 96 Abs.1 Satz 3 FGO genügenden Begründung des FG fehlt, bedarf es keines Eingehens auf die Frage, ob, falls das FG die im Vorabsatz geschilderten Überlegungen tatsächlich angestellt haben sollte, diese die rechtlichen Anforderungen erfüllten, die an die Beweiswürdigung zu stellen sind. Die Folgerungen des FG dürfen nämlich nicht durch Denkfehler oder Verstöße gegen allgemeine Erfahrungssätze beeinflußt sein (vgl. Gräber, a.a.O., § 118 Anm.10).

c) Da die Vorentscheidung bereits wegen der vorgenannten Verfahrensmängel aufzuheben ist, braucht auf die übrigen Verfahrensrügen der BALM nicht mehr eingegangen zu werden.

III. Die Vorentscheidung ist aus den angegebenen Gründen in dem bezeichneten Umfang aufzuheben. Die Sache wird, da sie nicht spruchreif ist, insoweit an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO).

Der Senat hält es für zweckmäßig, das FG auf folgendes hinzuweisen: Falls die erneute Prüfung wiederum zu einem non liquet führen sollte, wäre es zweckmäßig, wenn sich das FG in den Entscheidungsgründen auch mit den Hinweisen der BALM auf die möglicherweise gleichmäßige Beschaffenheit aller Ausfuhrwaren und auf den niedrigen Ausbeutesatz bei der Herstellung auseinandersetzte.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1875064

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