Entscheidungsstichwort (Thema)

Adressierung des Zusammenveranlagungsbescheids - Anschaffungsnaher Aufwand für Wärmeschutz als Modernisierungsaufwand

 

Leitsatz (NV)

1. Ein an Eheleute unter Angabe des Vor- und Nachnamens des Ehemanns adressierter Zusammenveranlagungsbescheid ist hinreichend bestimmt (ständige Rechtsprechung).

2. Wendet der Käufer eines für 66 000 DM erworbenen Mietwohngebäudes 2 Jahre später zum Wärmeschutz, vor allem Ersatz der Einfachfenster durch Isolierverglasung, rund 21 500 DM auf, so handelt es sich nicht um sofort abziehbaren Erhaltungsaufwand, sondern Herstellungsaufwand (Anschluß an BFH-Urteil v. 11. 8. 1989 IX R 44/86, BFHE 158, 240, BStBl II 1990, 53).

3. Die erhöhten Absetzungen für Maßnahmen, die ausschließlich zum Zwecke des Wärme- oder Lärmschutzes vorgenommen werden, können sowohl für den Ersatz von Einfachfenstern durch Isolierverglasung als auch für den Einbau einer Haustür aus Aluminium anstelle der bisherigen Holztür vorgenommen werden.

 

Normenkette

AO 1977 § 122 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 155 Abs. 3; EStG 1979 § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 7, §§ 21, 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. q; EStDV 1979 § 82a Abs. 1 Nr. 2

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb gemeinsam mit seiner Ehefrau im Mai 1979 ein 1950 bebautes Mietwohngrundstück zum Kaufpreis von 77 000 DM, wovon unstreitig rund 66 000 DM auf das drei vermietete Wohnungen enthaltende Gebäude entfielen. Im Streitjahr 1981 ließ er die bisherigen einfachverglasten Fenster durch Kunststoffenster mit Isolierverglasung für 19 908 DM und die bisherige Haustür aus Holz durch eine Aluminiumtür für 1 690,48 DM ersetzen. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte er im wesentlichen diese Aufwendungen als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hielt dagegen insoweit sog. anschaffungsnahen Aufwand für gegeben, der lediglich im Rahmen der Absetzungen für Abnutzung (AfA) für das Gebäude gemäß § 7 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sei. Der Einkommensteuerbescheid wurde dem Kläger unter der Anschrift: ,,Herrn und Frau (Vorname) . . . (Nachname)" z. Hd. des mit Namen und Anschrift bezeichneten Prozeßbevollmächtigten bekanntgegeben. Die im Einspruchsverfahren vom Kläger hilfsweise geltend gemachten erhöhten Absetzungen nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. q EStG i. V. m. § 82 a der EinkommensteuerDurchführungsverordnung (EStDV) zu gewähren, lehnte das FA ebenfalls ab, weil dies nur für Herstellungskosten, nicht aber die hier gegebenen größeren Erhaltungsaufwendungen in Betracht komme.

Die Klage wurde vom Finanzgericht (FG) insoweit als unbegründet abgewiesen. Das FG führte im wesentlichen aus: Die strittigen Aufwendungen gehörten wirtschaftlich zu den Anschaffungskosten des Gebäudes, weil sie in zeitlicher Nähe zum Erwerb in Höhe von rd. 36 v. H. des auf das Gebäude entfallenden Kaufpreises erbracht worden seien, um das Haus zeitgemäßen Wohnbedürfnissen anzupassen. Eine Berücksichtigung im Rahmen des § 82 a EStDV sei nicht möglich, da diese Vorschrift nur Herstellungskosten, nicht aber Anschaffungskosten begünstige.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts. Mangels hinreichender Bezeichnung seiner Ehefrau sei der Einkommensteuerbescheid nicht wirksam bekanntgegeben worden. Die Annahme anschaffungsnahen Aufwands durch die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) unterliege erheblichen Bedenken (vgl. Urteil des Hessischen FG vom 12. Dezember 1985 III 440/82, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1986, 279). Soweit das FG zu dem Ergebnis gelangt sei, daß sich der Nutzungswert des Gebäudes durch die Modernisierungsaufwendungen erheblich erhöht habe, fehle es hierfür an einer hinreichenden Begründung. Außerdem habe das FG gegen die ihm obliegende Sachaufklärungspflicht verstoßen, da es durch geeignete Maßnahmen wie Ortsbesichtigung oder Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte ermitteln müssen, ob sich der Nutzungswert des Gebäudes tatsächlich erhöht habe. Hinsichtlich der hilfsweise begehrten erhöhten Absetzungen für Modernisierungsaufwand sei das FG von der ständigen BFH-Rechtsprechung abgewichen.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung den Einkommensteuerbescheid für 1981 aufzuheben, hilfsweise diesen Bescheid dahingehend zu ändern, daß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung weiterer Erhaltungsaufwand in Höhe von 21 598,56 DM gemäß § 82 b EStDV zur Hälfte berücksichtigt, wiederum hilfsweise ein Betrag von 2 160 DM gemäß § 82 a EStDV zum Abzug zugelassen wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zu Recht den sofortigen Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten abgelehnt, jedoch zu Unrecht die erhöhten Absetzungen nach § 82 a EStDV versagt.

Der Revision muß der Erfolg versagt bleiben, soweit sie die Wirksamkeit der Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids bestreitet. Denn aus der vom FA verwendeten Adressierung des Bescheids an die Eheleute unter Angabe des Vor- und Nachnamens des Klägers läßt sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH hinreichend deutlich entnehmen, daß der Zusammenveranlagungsbescheid sowohl für den Kläger als auch für die Ehefrau des Klägers bestimmt war (vgl. die Urteile vom 25. Oktober 1985 VI R 279/80, BFH / NV 1986, 191, und vom 25. November 1986 VIII R 200/82, BFH / NV 1987, 281, m. w. N.). Der Antrag des Klägers, insoweit eine Auskunft über die Verkehrsauffassung einzuholen, geht demgegenüber ins Leere. In der Sache selbst hält der Senat an der entgegen der Ansicht des Klägers mit § 255 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches (HGB) in Einklang stehenden ständigen BFH-Rechtsprechung fest, daß ein sofortiger Werbungskostenabzug für erhebliche Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen ausscheidet, wenn diese in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem entgeltlichen Erwerb eines bebauten Grundstücks erbracht werden und dadurch das Wesen des Gebäudes verändert oder dessen Mietwert oder dessen Nutzungsdauer wesentlich erhöht wird. Der Senat nimmt, um Wiederholungen zu vermeiden, auf sein Urteil vom 11. August 1989 IX R 44/86 (BFHE 158, 240, BStBl II 1990, 53) Bezug. Aus dem vom Kläger angeführten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30. März 1978 VII ZR 48/77 (Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1978, 1522, Der Betrieb - DB - 1978, 2261) ergibt sich nichts anderes, da der BGH dort lediglich entschieden hat, daß Ansprüche wegen einer mangelhaften Heizungsumstellung als ,,Arbeiten bei einem Bauwerk" gemäß § 638 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) einer Verjährungsfrist von fünf Jahren unterliegen.

Allerdings kann dem FG nicht in der Annahme von Nebenkosten der Anschaffung gefolgt werden. Da es sich um ein bereits vermietetes Gebäude handelt, kommen Aufwendungen, um ein Mietwohngrundstück erstmals in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, nicht in Betracht.

Anhand der rechtsfehlerfreien Sachverhaltswürdigung durch das FG ist von anschaffungsnahem Herstellungsaufwand auszugehen. Denn der Kläger hat nach der Vorentscheidung durch die strittigen, im Vergleich zum Kaufpreis hohen Aufwendungen innerhalb von zwei Jahren seit dem Grundstückserwerb das Gebäude wesentlich modernisiert und damit dessen Mietwert erheblich erhöht. Diese Sachverhaltswürdigung ist mindestens möglich und damit für den BFH als Revisionsgericht bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Daß die Vornahme wärmedämmender und lärmschützender Maßnahmen zu einer Mietwerterhöhung führen kann, hält der Senat für offenkundig; dies ergibt sich bereits aus der zivilrechtlichen Regelung des § 3 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHRG). Für die vom Kläger insoweit beantragten Beweiserhebungen ist im Revisionsverfahren kein Raum (vgl. die Senatsurteile vom 29. Oktober 1985 IX R 14/81, BFH / NV 1986, 403, und vom 29. März 1988 IX R 55/83, BFH / NV 1988, 636).

Die Verfahrensrüge des Klägers greift nicht durch; gemäß Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs sieht der Senat von einer Begründung ab.

Hinsichtlich der Versagung der erhöhten Absetzungen für Modernisierungsaufwand nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. q EStG i. V. m. § 82 a EStDV kann das FG-Urteil keinen Bestand haben. Nach § 82 a EStDV kann der Steuerpflichtige bei einem vor dem 1. Januar 1961 errichteten Gebäude von den Herstellungskosten für die in Anlage 7 zu dieser Vorschrift genannten Maßnahmen sowie für Maßnahmen, die ausschließlich zum Zwecke des Wärme- oder Lärmschutzes vorgenommen werden, anstelle der nach § 7 Abs. 4 oder 5, § 7 b oder § 54 EStG zu bemessenden AfA im Jahr der Herstellung und in den folgenden neun Jahren jeweils bis zu 10 v. H. absetzen. Das Vorliegen der Voraussetzungen für diese Begünstigung hat das FG mit der, wie ausgeführt, unzutreffenden Begründung verneint, daß hier Anschaffungskosten gegeben seien. Die Auffassung des FA, daß keine Herstellungskosten, sondern Erhaltungsaufwendungen vorlägen, widerspricht seinem eigenen Ausgangspunkt.

Die Sache ist spruchreif, da die Voraussetzungen des § 82 a EStDV erfüllt sind. Denn es handelt sich, wovon bereits das FG ausgegangen ist, um ausschließlich zum Zwecke des Wärme- oder Lärmschutzes vorgenommene Maßnahmen. Das ergibt sich hinsichtlich des Ersatzes der Einfachverglasung durch Isolierfenster aus dem Senatsurteil vom 30. August 1988 IX R 134/85 (BFHE 154, 519, BStBl II 1989, 828; vgl. auch Abschn. 158 Abs. 2 Nr. 1 b der Einkommensteuer-Richtlinien 1981). Der Einbau der Aluminiumhaustür anstelle der Holztür ist ebenso zu werten. Denn eine Maßnahme i. S. von § 82 a EStDV kann auch dann ausschließlich zum Zwecke des Wärmeschutzes dienen, wenn hierdurch zugleich eine notwendige Reparatur ausgeführt wird (Senatsurteil vom 30. August 1988 IX R 115/85, BFHE 155, 74, BStBl II 1989, 827). Der Senat geht mit der Vorinstanz und den Beteiligten davon aus, daß auch hier die wesentliche Verbesserung des Wärmeschutzes der alleinige Zweck der Maßnahme war.

Der Klage war daher unter Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung insoweit stattzugeben, als das FA den Abzug erhöhter Absetzungen für Modernisierungsaufwand in Höhe von 2 160 DM zu Unrecht versagt hat.

Die bisher vom FA angesetzte Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 4 EStG war dementsprechend um 387 DM zu kürzen. Die nach der Entscheidung des Senats zusätzlich zu berücksichtigenden Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erhöhen sich daher um 1 773 DM.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417017

BFH/NV 1990, 778

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