Leitsatz (amtlich)

Hat der Eigenbetrieb einer Stadtgemeinde die Kosten für die bei ihm regelmäßig stattfindenden Rechnungsprüfungen durch das städtische Rechnungsprüfungsamt an die Stadtkasse abzuführen, handelt es sich nicht um --dem Abzugsverbot unterliegende-- Vergütungen an mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragte Personen, sondern um verdeckte Gewinnausschüttungen des Eigenbetriebs an seine Trägerkörperschaft.

 

Orientierungssatz

Auf die Beziehungen eines Eigenbetriebs zu seiner Trägerkörperschaft finden die Grundsätze über die verdeckten Gewinnausschüttungen Anwendung, wie sie zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern gelten (vgl. BFH-Urteil vom 14.3.1984 I R 223/80; Ausführungen, BFH- und RFH-Rechtsprechung zum Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung).

 

Normenkette

KStG 1968 § 6 Abs. 1 S. 2, § 12 Nr. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) --eine Stadtgemeinde-- betreibt als körperschaftsteuerpflichtigen Eigenbetrieb eine Friedhofsgärtnerei. In der Revisionsinstanz ist noch streitig, ob die Kosten für die Prüfung dieses Eigenbetriebs durch das städtische Rechnungsprüfungsamt als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte aufgrund einer Betriebsprüfung diese Kosten nicht als abzugsfähige Betriebsausgaben an. Das Ergebnis der Betriebsprüfung wurde in Bescheiden, die den vorläufigen Körperschaftsteuerbescheid für 1971 und die endgültigen Körperschaftsteuerbescheide für 1972 und 1973 änderten, ausgewertet.

Einspruch und Klage wegen des in der Revisionsinstanz noch offenen Streitpunktes hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) vertrat in seiner Entscheidung die Auffassung, die Prüfung durch das städtische Rechnungsprüfungsamt diene der Eigenkontrolle der Klägerin in ihrem Unternehmensbereich. Es könne offenbleiben, ob die Vergütungen für die Prüfung des Eigenbetriebs durch das städtische Rechnungsprüfungsamt verdeckte Gewinnausschüttungen im Sinn des § 6 Abs.1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) a.F. darstellten. Das städtische Rechnungsprüfungsamt sei ein dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft vergleichbares Organ, das mit der Überwachung der Geschäftsführung des Eigenbetriebs beauftragt sei. Zahlungen an dieses Überwachungsorgan seien daher nach § 12 Nr.3 KStG a.F. nicht abzugsfähig.

Gegen die Entscheidung des FG wendet sich die Klägerin mit der Revision. Die Klägerin rügt Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist im Ergebnis nicht begründet.

Das FG hat den in der Revisionsinstanz noch anhängigen Streit über die Abzugsfähigkeit der Kosten für die Prüfung durch das städtische Rechnungsprüfungsamt unter Hinweis auf das Abzugsverbot des § 12 Nr.3 KStG a.F. zum Nachteil der Klägerin entschieden. Das ist rechtsfehlerhaft. Diese Aufwendungen dürfen aber unter dem Gesichtspunkt der verdeckten Gewinnausschüttungen (§ 6 Abs.1 Satz 2 KStG a.F.) den steuerpflichtigen Gewinn des Eigenbetriebs nicht mindern. Die Entscheidung des FG stellt sich somit aus anderen Gründen als richtig dar, so daß die Revision gemäß § 126 Abs.4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen ist.

1. Nach § 12 Nr.3 KStG a.F. sind bei der Ermittlung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens nicht abzugsfähig die Vergütungen an Mitglieder des Aufsichtsrats, Verwaltungsrats, Grubenvorstands oder an andere mit der Überwachung der Geschäftsführung der Körperschaft beauftragte Personen. Ein derartiges Überwachungsorgan dient der Kontrolle der Geschäftsführung im Interesse der Gesellschafter und der Gläubiger der Gesellschaft. Eine vergleichbare Institution kann auch bei Betrieben gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (Eigenbetrieben) eingerichtet werden, wenn z.B. einem Werksausschuß vornehmlich die Kontrolle und Überwachung der Geschäftsführung des Eigenbetriebs übertragen wird (Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., § 10 KStG 1977, Rdnr.74). Das FG hat im Streitfall das städtische Rechnungsprüfungsamt als ein solches Überwachungsorgan angesehen. Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Einrichtung einer Gemeinde zu den in § 12 Nr.3 KStG a.F. angeführten Überwachungsorganen gehört oder ihnen gleichzusetzen ist. Denn diese Vorschrift verlangt außerdem, daß die Vergütungen an die "Mitglieder" des Aufsichtsrats oder eines vergleichbaren Aufsichts- und Kontrollorgans gezahlt werden. Das ist hier unstreitig nicht der Fall. Die einzelnen Prüfer des städtischen Rechnungsprüfungsamtes haben von dem Eigenbetrieb der Klägerin keine Vergütungen als Gegenleistung für ihre Prüfungs- und Überwachungstätigkeit erhalten. Die Vergütungen sind in die Stadtkasse und damit in den Stadthaushalt geflossen. Die Prüfer werden als städtische Bedienstete für ihre Tätigkeit unmittelbar von der Klägerin (Gemeinde) besoldet. Damit scheidet allein schon aus diesem Grunde die Anwendung des § 12 Nr.3 KStG a.F. aus (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 30.September 1975 I R 46/74, BFHE 117, 358, BStBl II 1976, 155, hinsichtlich der Abzugsfähigkeit der Vergütungen an besondere Sachverständige, die der Aufsichtsrat einer Gesellschaft zur Wahrnehmung seiner Kontrollfunktion herangezogen hat).

2. Auf die vom Eigenbetrieb an die Stadtkasse der Klägerin gezahlten Kosten für die Prüfung durch das städtische Rechnungsprüfungsamt treffen die Merkmale der verdeckten Gewinnausschüttungen zu (§ 6 Abs.1 Satz 2 KStG a.F.), die den steuerpflichtigen Gewinn des Eigenbetriebs nicht mindern dürfen. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats finden auf die Beziehungen des Eigenbetriebs zu seiner Trägerkörperschaft --hier der Klägerin als Stadtgemeinde-- die Grundsätze über die verdeckten Gewinnausschüttungen Anwendung, wie sie zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern gelten (Urteil vom 14.März 1984 I R 223/80, BFHE 140, 560, BStBl II 1984, 496 mit weiteren Nachweisen).

a) Für das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung ist entscheidend, ob Leistungen an den Gesellschafter aus betrieblichen Gründen oder mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis gewährt werden (BFH-Urteil vom 23.Mai 1984 I R 294/81, BFHE 141, 266, BStBl II 1984, 673). Vergütungen, die Gesellschafter für die ihrer Gesellschaft geleisteten Dienste erhalten, sind Betriebsausgaben, sofern die Gesellschaft die Dienste nicht entbehren kann und an einen Nichtgesellschafter für die gleichen Dienste ebensoviel zahlen müßte. Übernimmt hingegen die Gesellschaft Aufwendungen ihrer Gesellschafter, die diese im eigenen Interesse und zur Förderung ihrer Beteiligung gemacht haben und trägt die Gesellschaft somit persönliche Ausgaben ihrer Gesellschafter ohne Gegenleistung, liegt regelmäßig eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Die Gesellschafter können nicht mit steuerlicher Wirkung Unkosten, die mit ihrer Gesellschaftereigenschaft zusammenhängen, ohne weiteres auf die Gesellschaft verlagern. Nach diesen Grundsätzen sind z.B. die Teilnahme der Gesellschafter an einer Gesellschafterversammlung oder der Genossen an der Generalversammlung ihrer Genossenschaft keine von der Gesellschaft oder der Genossenschaft zu entlohnende Leistungen im Interesse der betreffenden Körperschaft (Urteil des Reichsfinanzhofs --RFH-- vom 25.Juli 1934 I A 314/33, RStBl 1934, 1363; BFH-Urteil vom 16.Dezember 1955 I 12/55 U, BFHE 62, 111, BStBl III 1956, 43). Nach der Entscheidung vom 20.März 1956 I 178/55 U (BFHE 62, 482, BStBl III 1956, 179) können verdeckte Gewinnausschüttungen vorliegen, wenn die Gesellschafter wegen ihrer widerstreitenden Interessen die Bücher ihrer Gesellschaft durch Sachverständige prüfen lassen und die Gesellschaft die Kosten dieser Prüfung übernimmt. In dieser Entscheidung ist eine schätzungsweise Zerlegung der aufgewendeten Kosten in verdeckte Gewinnausschüttungen und Betriebsausgaben zugelassen worden, wenn die Sachverständigen auch im Interesse der Gesellschaft tätig geworden sind.

b) Die Kosten für die Prüfung und Aufstellung des Jahresabschlusses eines gewerblichen Unternehmens sind Betriebsausgaben, weil diese Maßnahmen fast ausschließlich im Interesse des Unternehmens liegen. Hierfür bestehen in einer Vielzahl von Gesetzen festgelegte Verpflichtungen. Unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung ist in den BFH-Urteilen vom 20.März 1980 IV R 89/79 (BFHE 130, 165, BStBl II 1980, 297) und vom 23.Juli 1980 I R 30/78 (BFHE 131, 465, BStBl II 1981, 63) anerkannt worden, daß im Jahresabschluß Rückstellungen für die gesetzliche Verpflichtung zur Aufstellung dieses Jahresabschlusses zu bilden sind. Im Streitfall hat das FG bezüglich des Eigenbetriebs der Klägerin Rückstellungen für die Kosten von Pflichtprüfungen des Jahresabschlusses --für diese Prüfungen sind eigens damit beauftragte Wirtschaftsprüfer zuständig-- unter Hinweis auf die angeführte Rechtsprechung zugelassen.

c) Was die Prüfungen des Eigenbetriebs der Klägerin durch ihr eigenes Rechnungsprüfungsamt anbelangt, handelt es sich um Maßnahmen, die vornehmlich im Interesse der Trägerkörperschaft liegen, die in Beziehung zu ihrem Eigenbetrieb eine dem Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft vergleichbare Stellung innehat.

Eigenbetriebe von Gemeinden unterliegen nicht nur der eben erwähnten Jahresabschluß- oder Bilanzprüfung, die auf die reichsrechtliche Regelung der Notverordnung vom 6.Oktober 1931 (RGBl I 1931, 562) nebst Durchführungsverordnung vom 30.März 1933 (RGBl I 1933, 180) zurückgeht, sondern auch der Aufsichtsprüfung (in der Regel durch das Gemeindeprüfungsamt bei der Aufsichtsbehörde) und weiterhin der Prüfung durch eigene Rechnungsprüfungsämter (in der Literatur auch Eigenprüfung genannt, vgl. Zeiss, Das Eigenbetriebsrecht der gemeindlichen Betriebe, 3.Aufl., § 17 Anm. I, II 1). Eine der wesentlichen Pflichtaufgaben der gemeindlichen Rechnungsprüfungsämter ist die Prüfung der Rechnung der Gemeinde (§ 102 Abs.1 Nr.1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen --GemO NW--). In der Jahresrechnung wird das Ergebnis der Haushaltswirtschaft einschließlich des Vermögens und Schuldenstandes zu Beginn und am Ende des Haushaltsjahres nachgewiesen und durch einen Rechenschaftsbericht erläutert (Kottenberg/Rehn, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, 10.Aufl., § 102 Anm.I 1). Weiterhin obliegt dem Gemeinderechnungsprüfungsamt die laufende Prüfung aller Kassenvorgänge und Belege sowie die dauernde Überwachung aller Kassen der Gemeinde. Nach § 102 Abs.1 Nr.3 GemO NW sind auch die Kassen der Sondervermögen --wozu die Eigenbetriebe rechnen-- in die Überwachung und Prüfung miteinzubeziehen. Durch die dauernde Überwachung und Prüfung der Kassen sollen Fehlbeträge rechtzeitig erkannt und etwaigen Veruntreuungen vorgebeugt werden (Kottenberg/Rehn, a.a.O., Anm. I 3). Dem Gemeinderechnungsprüfungsamt kann außerdem die Prüfung der Wirtschaftsführung und des Rechnungswesens der Sondervermögen (Eigenbetriebe) übertragen werden (§ 102 Abs.2 Nr.4 GemO NW), wobei es möglicherweise zu Doppelprüfungen durch den eigens bestellten Wirtschaftsprüfer (Bilanzprüfer) aufgrund der erwähnten reichsrechtlichen Vorschriften über die Prüfung der Wirtschaftsführung der Gemeinden (vgl. jetzt § 103a GemO NW) und durch den gemeindlichen Rechnungsprüfer kommen kann.

Die Rechnungsprüfungsämter sind dem Rat der Gemeinde unmittelbar unterstellt und ihm in ihrer sachlichen Tätigkeit unmittelbar verantwortlich (§ 101 Abs.1 GemO NW). Der Leiter und die Prüfer werden vom Rat der Gemeinde bestellt (Abs.2 der Vorschrift). In der Beurteilung der Prüfungsvorgänge ist das Rechnungsprüfungsamt unbeschadet seiner unmittelbaren Verantwortlichkeit gegenüber dem Rat nur dem Gesetz unterworfen. Das Rechnungsprüfungsamt wird vom Rechnungsprüfungsausschuß der Gemeinde zur Durchführung seiner Aufgaben herangezogen (§ 99 Abs.4 i.V.m. Abs.1 GemO NW). In den Zuständigkeitsbereich dieses Ausschusses fällt die Prüfung, ob der Haushaltsplan eingehalten ist, ob die einzelnen Rechnungsbeträge sachlich und rechnerisch vorschriftsmäßig begründet worden sind, ob die Einnahmen und Ausgaben den einschlägigen Rechtsvorschriften entsprechen und ob schließlich die Vorschriften über die Verwaltung und den Nachweis des Vermögens eingehalten worden sind.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die gemeindlichen Rechnungsprüfungsämter Einrichtungen der kommunalen Selbstverwaltung sind. Sie dienen letztlich dazu, daß sich das entscheidende Gremium, nämlich der Rat der Gemeinde, ein zutreffendes Bild über die Haushaltswirtschaft der Gemeinde machen kann, was hinwiederum Grundlage für den Beschluß über die Jahresrechnung des abgelaufenen Rechnungsjahres und die Entlastung des Gemeindedirektors ist (§ 81 GemO NW). Soweit sich die Rechnungsprüfungsämter mit den Eigenbetrieben der Gemeinde befassen, geben sie mit ihren Prüfungsbemerkungen dem Gemeindedirektor und dem Rat der Gemeinde eine detaillierte Beschreibung der Verhältnisse des jeweiligen Eigenbetriebs. Anders als die Pflichtprüfung der Jahresabschlüsse durch eigens bestellte Bilanzprüfer geschieht die Prüfung durch die Prüfer des Gemeinderechnungsprüfungsamtes damit vornehmlich im Interesse der Haushaltsführung der Gemeinde. Die gemeindliche Rechnungsprüfung ist auch nicht, wie die Klägerin meint, mit einer innerbetrieblichen Revision vergleichbar, wie sie mitunter von größeren Unternehmen der privaten Wirtschaft eingerichtet wird, um insbesondere Unterschleife von Betriebsangehörigen aufzudecken oder zu verhindern. Eine innerbetriebliche Revision geschieht unmittelbar und hauptsächlich im Interesse des Unternehmens. Es wird nicht verkannt, daß die Prüfung der Eigenbetriebe durch die Gemeinderechnungsprüfungsämter auch Auswirkungen auf die Betriebsführung der Eigenbetriebe hat. Das sind aber mittelbare --reflexartige-- Auswirkungen, die es nicht erlauben, etwa im Schätzungswege einen Teil der Prüfungskosten als durch den Betrieb veranlaßte Aufwendungen im Sinn des § 4 Abs.4 EStG auszusondern.

Ist wie im Streitfall der Eigenbetrieb mit den Kosten der Prüfung durch das städtische Rechnungsprüfungsamt belastet worden, handelt es sich um Aufwendungen, die vorwiegend und unmittelbar im Interesse der Trägerkörperschaft (Stadtgemeinde) gelegen haben. Da der Eigenbetrieb einen angemessenen Ausgleich für diese Aufwendungen von der Trägerkörperschaft (Klägerin) nicht erhalten hat, ist der Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung gegeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413867

BStBl II 1985, 435

BFHE 143, 351

BFHE 1985, 351

BB 1985, 1314-1315 (ST)

DB 1985, 1724-1724 (S)

HFR 1985, 420-421 (ST)

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