Leitsatz (amtlich)

Ein Wirtschaftsgut ist neu i. S. des § 4 b InvZulG 1975, wenn es ungebraucht ist.

 

Normenkette

InvZulG 1975 § 4b

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Rechtsanwalt, Notar und Steuerberater. Im Dezember 1974 erwarb er einen Schreibautomaten. Der Kaufpreis betrug 15 900 DM zuzüglich Mehrwertsteuer, "abzüglich 8 % Nachlaß und 2 % Skonto". Laut Auftragsbestätigung der Lieferfirma handelte es sich bei dem Gerät um eine "Vorführmaschine".

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) versagte die beantragte Investitionszulage mit der Begründung, Investitionszulagen würden nur für neue Wirtschaftsgüter gewährt. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Mit der ebenfalls erfolglosen Klage hatte der Kläger geltend gemacht, er habe einen neuen Schreibautomaten erworben. Die Bezeichnung "Vorführmaschine" sei unzutreffend. Das Gerät sei lediglich etwa eine halbe Stunde im Rahmen eines Seminars vorgeführt worden und daher neuwertig gewesen. Die Garantieleistungen der Lieferfirma hätten denen für Neugeräte entsprochen. Den Preisnachlaß habe er, der Kläger, nur deshalb erhalten, weil die Lieferfirma ein Interesse daran gehabt habe, im Raum A "ins Geschäft zu kommen". Der Nachlaß wäre auch für ein anderes Gerät gewährt worden, das er ebenso, wenn auch mit längerer Lieferfrist, hätte erhalten können. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1978 S. 567 (EFG 1978, 567) abgedruckt.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung des § 4 b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1975 (BGBl I 1975, 528, BStBl I 1975, 205). Seiner Ansicht nach erfordert es die Zielsetzung des Gesetzes, die Anschaffung von Geräten zu begünstigen, die lediglich im Rahmen konkreter Verkaufsverhandlungen vorgeführt würden. Dabei sei es nicht entscheidungserheblich, daß das Gerät nicht unmittelbar nach der Vorführung, sondern erst einige Tage später gekauft worden sei.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Nach § 4 b Abs. 2 InvZulG 1975 ist zulagebegünstigt nur die Anschaffung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern. Was unter "neuen" Wirtschaftsgütern zu verstehen ist, wird im Gesetz nicht erläutert. Der Inhalt des Begriffs ist daher durch Auslegung festzustellen.

Der Senat folgt dabei der Auffassung des FG, daß der Begriff "neu" im Sinn von "ungebraucht" zu verstehen ist. Diese Auslegung ist durch den Wortsinn des § 4 b InvZulG 1975 gedeckt; denn nach allgemeinem Sprachgebrauch ist eine Sache neu, wenn sie noch ungebraucht, unbenutzt ist.

Die Wortauslegung wird bestätigt durch die Entstehungsgeschichte des § 4 b InvZulG 1975. Nach der Einzelbegründung im Bericht und Antrag des Finanzausschusses (7. Ausschuß) des Bundestages vom 19. Dezember 1974 (Drucksache 7/3010, S. 5 - zu Art. 2, zu Nr. 1, zu Abs. 2 -) ist Voraussetzung für die Gewährung der Zulagen unter anderem, "daß die Wirtschaftsgüter neu, d. h. ungebraucht sind". Der Senat ist der Ansicht, daß diese Begründung den Willen des Gesetzgebers erkennen läßt, die Anschaffung gebrauchter Wirtschaftsgüter nicht zu begünstigen. Damit kann der Begriff "neu" i. S. des § 4 b InvZulG 1975 nicht, wie der Kläger meint, mit "neuwertig" gleichgesetzt werden.

Die Anschaffung eines neuen Wirtschaftsguts liegt damit nur dann vor, wenn das Wirtschaftsgut noch nicht in Gebrauch genommen oder sonst verwendet worden ist. Ein Wirtschaftsgut ist jedoch noch nicht allein schon deshalb als gebraucht anzusehen, weil es zur Herstellung seiner Funktions- oder Verkaufsbereitschaft in Betrieb gesetzt wird. Unschädlich ist ferner auch die Erprobung des bislang ungebrauchten Wirtschaftsguts durch dessen Käufer. Anders ist es jedoch, wenn das Wirtschaftsgut zu Werbezwecken genutzt worden ist. Insoweit liegt bereits eine bestimmungsgemäße Verwendung vor. Das Wirtschaftsgut ist gebraucht.

2. Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf den Streitfall ergibt, daß das FG zu Recht einen Investitionszulageanspruch des Klägers verneint hat.

Nach den unangefochtenen und damit bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) war der vom Kläger angeschaffte Schreibautomat zuvor während eines Seminars Rechtsanwälten vorgeführt worden. Diese Vorführung erfolgte nicht zur Erprobung des Geräts durch den Käufer (Kläger), sondern allgemein zu Werbezwecken.

Das FG hat diesen Sachverhalt dahin gewürdigt, daß der Kläger einen gebrauchten Schreibautomaten angeschafft habe. Diese Würdigung ist nicht zu beanstanden. Sie ist möglich. Sie verstößt nicht gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze. Die Kaufverhandlungen des Klägers bezogen sich folglich nicht auf ein neues, sondern auf ein gebrauchtes Gerät.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73060

BStBl II 1979, 287

BFHE 1979, 117

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