Leitsatz (amtlich)

War ein nach § 3 Absatz 1 KapVStG der Gesellschaftsteuer unterliegendes Darlehen in der Zeit gegeben, während welcher die Erhebung der Kapitalverkehrsteuern ausgesetzt war, und wird es nach dieser Zeit in Gesellschaftskapital umgewandelt, so unterliegt der letzte Vorgang der Gesellschaftsteuer nach § 2 Ziffer 1 KapVStG.

 

Normenkette

KapVStG § 2 Ziff. 1; KapVStG § 2 Ziff. 3 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beschwerdegegnerin (Bgin.), eine GmbH, erhöhte vor der Währungsumstellung ihr Stammkapital um 200 000 RM. Jeder der beiden Gesellschafter übernahm 100 000 RM; der Gesellschafter A verpflichtete sich zur Einzahlung von 100 000 RM in Geld, der Gesellschafter B erklärte:

"Auf das erhöhte Stammkapital sind nicht in Geld zu leisten Einlagen von zusammen RM 100 000.--. Diese werden von mir übernommen. Ich habe als Gläubiger der Gesellschaft fällige, liquide und vollwertige, in den Büchern der Gesellschaft verbuchte Geldforderungen aus Darlehen, mit denen vereinbarungsgemäß gegen die Einlageverpflichtung aufgerechnet wird."

Die Kapitalerhöhung wurde 1949 in das Handelsregister eingetragen. Das Finanzamt erhob Gesellschaftsteuer in Höhe von 3300 DM. Mit dem Einspruch wurde die Berechnung der Gesellschaftsteuer bezüglich des Gesellschafters B bemängelt. Der Einspruch blieb erfolglos. Mit der Berufung wurde Steuerfreiheit bezüglich der Einlage des Gesellschafters B begehrt. Das Finanzgericht setzte die Gesellschaftsteuer auf 300 DM fest, nämlich nur auf den Erwerb von Gesellschaftsrechten durch den Gesellschafter A.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts. Er beantragt Festsetzung der Gesellschaftsteuer für die gesamte Kapitalerhöhung auf 3300 DM.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. hat teilweise Erfolg.

1. Die Gesellschaftsteuer für den Erwerb von Gesellschaftsrechten durch den Gesellschafter A gegen eine Geldleistung ist vom Geldbetrag zu berechnen.

2. Wegen des Erwerbs von Gesellschaftsrechten durch den Gesellschafter B hat das Finanzgericht freigestellt. Es hat ohne Rechtsirrtum angenommen, daß die Gewährung von Darlehen durch den Gesellschafter B im Frühling 1948 eine durch die Sachlage gebotene Kapitalzuführung ersetzen sollte. Die Voraussetzungen des § 3 Absatz 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (Kap VStG) seien also im Zeitpunkt der Darlehensgewährung gegeben gewesen. Durch die Kapitalerhöhung seien der Gesellschaft keine neuen Mittel zugeführt worden. Da bereits der Ersatztatbestand der Gesellschaftsteuer unterlegen habe, so sei für eine nochmalige Besteuerung der Kapitalerhöhung (Haupttatbestand) kein Raum.

Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden für diejenigen Fälle, in denen der Ersatztatbestand nicht nur der Gesellschaftsteuer unterlag, sondern auch besteuert wurde. Dagegen kann der weiteren Ausführung des Finanzgerichts nicht gefolgt werden, wonach es ohne Bedeutung sein soll, daß beim Ersatztatbestand aus kriegsbedingten Vereinfachungsgründen von einer Erhebung der Steuer Abstand genommen worden ist. Es ist vielmehr, wie schon in dem nicht zur Veröffentlichung bestimmten Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs II 31/50 vom 12. Juli 1950, an der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs festzuhalten. Danach ist, wenn die Besteuerung des Ersatztatbestandes unterblieben ist, nunmehr der später verwirklichte Haupttatbestand des § 2 Nr 1 KapVStG zu besteuern (Entscheidung des Reichsfinanzhofs II A 544/29 vom 5. August 1930, Slg. Bd. 27 S. 99). Das KapVStG war durch § 14 der Steuervereinfachungsverordnung (StVV) nicht aufgehoben worden; es war nur die Erhebung der Kapitalverkehrsteuer ausgesetzt. Die nichtbesteuerte Darlehensgewährung steht der Besteuerung des späteren Erwerbs der Gesellschaftsrechte nicht entgegen (siehe auch Urteil des Reichsfinanzhofs II 3/43 S vom 11. März 1943, Slg. Bd. 53 S. 78).

3. Die Einlage des Gesellschafters B ist als eine Sacheinlage anzusehen. Sie ist in der notariellen Urkunde ausdrücklich als eine nicht in Geld zu leistende Einlage bezeichnet worden (§ 56 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung -- GmbHG --). Die Steuer ist daher gemäß § 8 Ziffer 1 b vom Wert der Gegenleistung zu berechnen, als welcher mindestens der Wert der Gesellschaftsrechte gilt. Stichtag für die Bewertung der Gesellschaftsrechte ist der Tag ihrer Entstehung, d. h. der Eintragung ins Handelsregister. Die Einspruchsentscheidung hat ohne Rechtsirrtum den Wert des Gesellschaftsvermögens für diesen Stichtag auf 165 000 DM festgestellt. Bei einem Stammkapital von 300 000 DM führt dies zu einem Wert der Anteile von 55 v. H. des Nennwertes. Ein Anhalt dafür, daß der Wert der Sacheinlage höher gewesen wäre als der der gewährten Gesellschaftsrechte, liegt nicht vor. Die Gesellschaftsteuer für den Erwerb von Gesellschaftsrechten durch den Gesellschafter B war also auf 3 % von 55 000 DM = 1650 DM festzusetzen, die Gesellschaftsteuer auf die gesamte Kapitalerhöhung, also auf 1950 DM.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407213

BStBl III 1951, 84

BFHE 1952, 223

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