Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkung des negativen Progressionsvorbehalts durch § 2 a EStG

 

Leitsatz (NV)

1. Aufwendungen für ein vom Steuerpflichtigen im Ausland unterhaltenes Haus können auch dann nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend gemacht werden, wenn die Selbstnutzung des Hauses aus beruflichem Anlaß aufgegeben wurde und die Fremdvermietung Verluste verursacht.

2. § 2 a EStG beschränkt den steuermindernden Ausgleich der von der Vorschrift erfaßten negativen ausländischen Einkünfte auch mit Wirkung für den negativen Progressionsvorbehalt. Die Vorschrift ist nicht verfassungswidrig.

 

Normenkette

EStG §§ 2a, 9 Abs. 1 S. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 32b; DBA USA Art. 15 Abs. 1b Nr. 1; GG Art. 3, 20

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) arbeitete seit dem 16. Juni 1984 als Arbeitnehmer bei einem inländischen Unternehmen. Zuvor wohnte er mit seiner Familie in den USA im eigenen Haus. Am 16. September 1984 zog seine Familie in die Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) nach.

Für die Zeit seines inländischen Aufenthaltes vermietete der Kläger sein Haus in den USA. Nach seinen Angaben wollte er es nach seiner Rückkehr wieder selbst bewohnen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers war im Inland auf drei Jahre befristet. Danach sollte er wieder in den USA bei einer amerikanischen Tochtergesellschaft des inländischen Unternehmens arbeiten.

Die Vermietung des Hauses in den USA war nicht kostendeckend. Der Kläger errechnete daraus für das Streitjahr (1984) einen Verlust. Das inländische Unternehmen gewährte dem Kläger deshalb zusätzlich zum vereinbarten Gehalt als ,,Aufwandsersatz" eine pauschale Aufwandsentschädigung von jährlich . . . $. Im Streitjahr zahlte sie dem Kläger eine Aufwandsentschädigung von umgerechnet . . DM.

Bei der Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer behandelte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) diese Aufwandsentschädigung in vollem Umfang als steuerpflichtige Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit, ohne einen entsprechenden Aufwand einkommensmindernd zu berücksichtigen. Lediglich für die Zeit vom 16. Juni bis 15. September 1984 erkannte das FA die geltend gemachten Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten an. Den steuermindernden Abzug des geltend gemachten Verlustes aus der Vermietung des Hauses in den USA versagte das FA unter Hinweis auf § 2 a Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Mit seiner vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung der §§ 2 a, 19 Abs. 1 Nr. 1 und 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb mit der Maßgabe zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), daß das FG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen wird.

Der erkennende Senat entscheidet aufgrund seiner Befugnis aus den §§ 121 und 100 FGO in der Sache selbst. Die Klage ist abzuweisen. Sie ist hinsichtlich des Klagebegehrens unbegründet. Über die Höhe der Kinderfreibeträge entscheidet der Senat im Einvernehmen mit den Beteiligten nicht. Der Steuerbescheid ist insoweit vorläufig.

I. 1. FA und FG haben zutreffend den vom Arbeitgeber des Klägers zur Deckung von dessen Kosten in den USA gewährten ,,Aufwandsersatz" als Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit behandelt. Gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG (in der im Streitjahr geltenden Fassung) gehören dazu Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung u. a. im privaten Dienst gewährt werden. Der ,,Aufwandsersatz" wurde dem Kläger ,,für eine Beschäftigung" in diesem Sinne gewährt, da er durch sein individuelles Dienstverhältnis veranlaßt ist. Der Vorteil wurde dem Kläger nur deshalb gewährt, weil er Arbeitnehmer des inländischen Unternehmens war (vgl. Schmidt / Drenseck, Einkommensteuergesetz, 9. Aufl., 1990, § 19 Anm. 7 c). Es ist nicht ersichtlich, daß diese Geldzuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber gewährt wurde (vgl. BFH-Urteile vom 7. Dezember 1984 VI R 164/79, BFHE 142, 483, BStBl II 1985, 164, und vom 22. März 1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529). Es ist insbesondere weder festgestellt, noch vom Kläger vorgetragen, daß sein Arbeitgeber die Wohnung zur eigenen Verwendung angemietet hätte.

Da ein wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang zwischen der Gewährung des ,,Aufwandsersatzes" und dem Arbeitsverhältnis des Klägers besteht, ist es unerheblich, wie der Arbeitgeber die Zahlung bezeichnete und aus welchem Motiv er sich dazu verpflichtete.

2. Der dem Kläger von seinem Arbeitgeber zugesagte und gezahlte ,,Aufwandsersatz" in Form einer Barentschädigung ist weder als Auslagenersatz (§ 3 Nr. 50 EStG) noch als Aufwandsentschädigung (§ 3 Nr. 12 EStG) steuerfrei, wobei die Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 EStG im Streitfall offensichtlich nicht gegeben sind. Nach der Rechtsprechung des VI. Senats des BFH wird ein Auslagenersatz grundsätzlich nicht als steuerfrei anerkannt, wenn über die Aufwendungen nicht abgerechnet zu werden braucht (Urteil vom 28. Februar 1975 VI R 28/73, BFHE 115, 342, BStBl II 1976, 134; Schmidt / Heinicke, Einkommensteuergesetz, 9. Aufl., 1990, § 3 ,,Durchlaufende Gelder und Auslagenersatz"). Da der streitige ,,Aufwandsersatz" der pauschalen Abgeltung von Auslagen dient, die zudem für Rechnung des Arbeitnehmers geleistet werden, sind sie zum steuerpflichtigen Arbeitslohn zu rechnen. Es handelt sich dabei auch nicht um kleinere Beträge, die erfahrungsgemäß die Höhe des entstandenen Aufwands nicht übersteigen (vgl. BFH in BFHE 115, 342, BStBl II 1976, 134). Die Geltendmachung der Aufwendungen als Werbungskosten im einzelnen bleibt deshalb dem Arbeitnehmer überlassen.

3. Solche Werbungskosten machte der Kläger mit Ausnahme der Aufwendungen für den Unterhalt seines in den USA gelegenen Hauses nicht geltend. Diese sind aber - wie das FG zutreffend erkannt hat - keine Werbungskosten i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bei den inländischen Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit.

Werbungskosten sind alle Aufwendungen, die durch die Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen veranlaßt sind (Schmidt / Drenseck, a. a. O., § 9 Anm. 2 d m. w. N.). Im Streitfall könnten die Ausgaben für den Unterhalt dieses Hauses allenfalls mit der später beabsichtigten nichtselbständigen Tätigkeit des Klägers in den USA zusammenhängen. Da die Vergütungen für diese Arbeit in der Bundesrepublik steuerbefreit sind (Art. X des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und einiger anderer Steuern vom 22. Juli 1954/17. September 1965, BGBl II 1966, 746 - DBA-USA -), dürfen die damit zusammenhängenden Ausgaben nicht als Werbungskosten abgezogen werden (§ 3 c EStG).

Überdies stehen die Ausgaben für das in den USA belegene Haus in engerer wirtschaftlicher Beziehung zu den daraus sich ergebenden Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und sind somit diesen Einkünften zuzuordnen (§ 9 Abs. 1 Satz 2 EStG und Schmidt / Drenseck, a. a. O., § 9 Anm. 2 d). Im übrigen gehören die Kosten für den Unterhalt eines als Wohnung des Steuerpflichtigen bestimmten Hauses - bezogen auf seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit - zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung (vgl. im einzelnen BFH-Urteil vom 29. März 1979 IV R 137/77, BFHE 128, 196, BStBl II 1979, 700, 702).

II. Die Verluste des Klägers aus der Vermietung seines in den USA belegenen Hausgrundstücks sind aufgrund des Art. XV Abs. 1 b Nr. 1 aa i. V. m. Art. IX Abs. 1 DBA-USA im Inland steuerfrei und dürfen deshalb bei der Ermittlung der Einkommensteuer-Bemessungsgrundlage nicht zum Ausgleich steuerpflichtiger Einkünfte verwendet werden (ständige Rechtsprechung, z. B. BFH-Urteil vom 25. Februar 1976 I R 150/73, BFHE 118, 334, BStBl II 1976, 454).

Die negativen ausländischen Einkünfte des Klägers können ebensowenig bei der Berechnung des zu versteuernden Einkommens abgesetzt werden, aufgrund dessen der ,,besondere Steuersatz" i. S. des § 32 b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 EStG bzw. der Steuersatz i. S. des Art. XV Abs. 1 b Nr. 1 aa Satz 2 des DBA-USA festzusetzen ist (im folgenden ,,Steuersatz-Einkommen"). Dem steht § 2 a Abs. 1 (Nr. 4) EStG - eingefügt durch das Haushaltsbegleitgesetz vom 20. Dezember 1982 - HBeglG 1983 - (BGBl I, 1957, BStBl I, 972) - entgegen, der im Streitfall den sog. negativen Progressionsvorbehalt ausschließt . . .

 

Fundstellen

Haufe-Index 417509

BFH/NV 1991, 820

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