Leitsatz (amtlich)

Geht ein Landwirt mit dem Eintritt in die Buchführungspflicht von der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen gemäß § 13a EStG zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs.1 EStG über, so hat er die in die Übergangsbilanz einzustellenden Buchwerte der abnutzbaren Anlagegüter zu schätzen. Dazu sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten beweglicher Anlagegüter um die üblichen Absetzungen zu mindern, die den amtlichen AfA-Tabellen zu entnehmen sind. Das Wesen der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen schließt Abweichungen von den sich hiernach ergebenden AfA-Sätzen aus.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, §§ 7, 13a

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für das Streitjahr 1979 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.

Der Kläger (Ehemann) betreibt eine Landwirtschaft mit einer Fläche von 30,74 ha. Bis zum Wirtschaftsjahr 1974/75 ermittelte er seinen Gewinn gemäß § 12 des Gesetzes über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittsätzen (GDL) und § 13a des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. Nach Aufforderung durch den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) ging der Kläger zum 1.Juli 1975 zur Buchführung über und ermittelte seinen Gewinn für das Wirtschaftsjahr vom 1.Juli bis zum 30.Juni durch Bestandsvergleich.

Bei einer die Wirtschaftsjahre 1976/77 bis 1979/80 umfassenden Außenprüfung stellte das FA u.a. fest, daß der Kläger die vorhandenen Maschinen und Geräte in der Anfangsbilanz zum 1.Juli 1975 mit den um die Absetzungen für Abnutzung (AfA) gekürzten Anschaffungskosten angesetzt hatte; bis auf drei Ausnahmen war der Kläger dabei von einer längeren Nutzungsdauer ausgegangen, als sie sich aus den amtlichen AfA-Tabellen ergab. Ausgehend von der den AfA-Tabellen zu entnehmenden betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer entwickelte der Prüfer die Bilanzwerte der einzelnen Wirtschaftsgüter zum 1.Juli 1975 neu, so daß sich durchweg geringere Anfangswerte ergaben; die Beibehaltung der den amtlichen AfA-Tabellen entnommenen höheren Abschreibungssätze führte darauf in den ersten Jahren des Bestandsvergleichs zu Gewinnminderungen und erst im letzten Wirtschaftsjahr des Prüfungszeitraums, dem Wirtschaftsjahr 1979/80, zu einer Gewinnerhöhung.

Das FA folgte dem Prüfer und änderte die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 1975 bis 1979. Darauf wandte sich der Kläger mit dem Einspruch nur gegen den Einkommensteuerbescheid 1979. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, beim Übergang von der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen gemäß § 13a EStG zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs.1 EStG sei die Aufstellung einer Eröffnungsbilanz erforderlich. Dabei seien die für die Zeit der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen fiktiv zu berücksichtigenden Abschreibungen grundsätzlich aus den amtlichen AfA-Tabellen abzuleiten. Im übrigen habe der Kläger keine nachprüfbaren Umstände dargetan, die bei Anschaffung der Wirtschaftsgüter die Schätzung einer längeren betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer gerechtfertigt hätten.

Mit seiner wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision rügt der Kläger mangelnde Sachaufklärung und die Verletzung der §§ 6 und 7 EStG. Er trägt vor, das FG habe es unterlassen, sich durch ein Gutachten, die Einnahme des Augenscheins und die Vernehmung des Prüfers davon zu überzeugen, daß die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer tatsächlich die sich aus den amtlichen Tabellen ergebenden Zeiträume übersteige. Entsprechende Beweisanträge habe das FG übergangen. Weder der Umstand, daß der landwirtschaftliche Betrieb eine Überkapazität an Maschinen aufgewiesen habe noch die Darlegung technischer Einzelheiten, aus denen sich der geringere Nutzungsgrad ergebe, seien in der mündlichen Verhandlung im notwendigen Umfang gewürdigt worden.

Im übrigen sei die Gleichsetzung des bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen unterstellten durchschnittlichen Aufwands mit einer durchschnittlichen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer unzutreffend. Die amtlichen AfA-Tabellen gingen von einer Vielzahl von Bedingungen aus, die im Einzelfall aufgrund besonderer Verhältnisse die Annahme einer abweichenden Nutzungsdauer rechtfertigen könnten. Auch der Bundesminister der Finanzen (BMF) habe die amtlichen AfA-Tabellen ausdrücklich als rechtlich unverbindlich bezeichnet (BTDrucks 10/1453), so daß Abweichungen dann möglich seien, wenn der Steuerpflichtige eine andere betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer glaubhaft mache.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 1979 die Einkommensteuer auf ... DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. a) Geht ein Landwirt mit dem Eintritt in die Buchführungspflicht von der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen gemäß § 13a EStG zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs.1 EStG über, so ist bei Beginn des ersten Wirtschaftsjahres mit Bestandsvergleich eine Anfangsbilanz (Übergangsbilanz) aufzustellen, die das im Zeitpunkt des Übergangs vorhandene Betriebsvermögen ausweist. Dabei sind die der Abnutzung unterliegenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nach § 6 Abs.1 Nr.1 Satz 1 EStG mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um die AfA nach § 7 EStG, anzusetzen. Da für die Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen --soweit es nicht die Ermittlung der Gewinne aus Sondernutzungen und anderen Betriebsvorgängen nach § 13a Abs.6 EStG a.F. (*= § 13a Abs.8 EStG) betrifft-- tatsächlich keine AfA vorzunehmen waren, sind die in die Übergangsbilanz einzustellenden Buchwerte der abnutzbaren Anlagegüter im Schätzungswege zu ermitteln. Zu diesem Zweck sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten ebenso wie bei dem fiktiven Bestandsvergleich zur Berechnung eines Veräußerungsgewinns bei vorangegangener Gewinnermittlung nach § 4 Abs.3 oder § 13a EStG (BFH-Urteil vom 3.Juni 1965 IV 180/61 U, BFHE 83, 213, BStBl III 1965, 579) um die üblichen AfA zu mindern. Als übliche AfA in diesem Sinne ist bei beweglichen Anlagegütern eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs die AfA in gleichen Jahresbeträgen anzusehen, wobei die betriebliche Nutzungsdauer den einschlägigen von der Finanzverwaltung unter Mitwirkung der jeweiligen Fachverbände aufgestellten AfA-Tabellen zu entnehmen ist.

b) Für den Senat folgt dies aus dem Wesen der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen, bei der es sich um eine eigenständige typisierende Ermittlung des nachhaltig erzielbaren Reinertrags handelt (BFH-Urteile vom 21.August 1952 IV 92/52 U, BFHE 56, 676, BStBl III 1952, 259, und vom 3.Juni 1965 IV 351/64 U, BFHE 83, 207, BStBl III 1965, 576). Da mit dem jährlich gleichbleibenden, auf der land- und forstwirtschaftlichen Einheitsbewertung aufbauenden fiktiven Gewinn alle normalen Aufwendungen eines Landwirts abgegolten sind (BFHE 83, 213, BStBl III 1965, 579), ist es dem Steuerpflichtigen auch verwehrt, für den Zeitraum der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen Abweichungen von der amtlichen AfA-Tabelle geltend zu machen. Zwar können nach den Vorbemerkungen zu den amtlichen AfA-Tabellen für die Land- und Forstwirtschaft besondere Verhältnisse zu einer kürzeren oder längeren Nutzungsdauer führen, wobei dem Steuerpflichtigen insbesondere dann gefolgt wird, wenn er die in den Tabellen angegebene Nutzungsdauer nicht unterschreitet (Ziff.5 und 7 der allgemeinen Vorbemerkungen zur amtlichen AfA-Tabelle; BMF-Erlaß vom 15.August 1957 IV A/5 - S 1479-229/57, Die Information 1957, 339 ff.); für die fiktive Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen ist die Geltendmachung derartiger Besonderheiten jedoch ausgeschlossen, so daß weder der Steuerpflichtige noch die Finanzverwaltung aufgrund besonderer Verhältnisse eine längere oder kürzere Nutzungsdauer annehmen können. Betrieblichen Besonderheiten kann daher bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen nur insoweit Rechnung getragen werden, als sie bereits bei der Einheitsbewertung des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs Berücksichtigung gefunden haben.

2. a) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das FA bei Überprüfung der Übergangsbilanz des Klägers zum 1.Juli 1975 unter Anwendung der amtlichen AfA-Tabellen zutreffend für die meisten Wirtschaftsgüter jeweils eine kürzere Nutzungsdauer und damit einen geringeren Buchwert als der Kläger ermittelt. Der Kläger kann demgegenüber nicht mit Erfolg einwenden, tatsächlich sei von einer längeren Nutzungsdauer und damit von höheren Buchwerten für die einzelnen Wirtschaftsgüter in der Übergangsbilanz auszugehen. Die vom Kläger mit der Revision geltend gemachten betrieblichen Besonderheiten sind für den Zeitraum der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen unerheblich, so daß sich damit auch die Rüge mangelnder Sachaufklärung als unbegründet erweist. Nach den dargelegten Grundsätzen konnte die Vorinstanz auch ohne gutachtliche Stellungnahme, Einnahme des Augenscheins und Vernehmung des Prüfers zur Klageabweisung gelangen.

b) Auch der Hinweis des Klägers auf die rechtliche Unverbindlichkeit der AfA-Tabellen vermag den Senat nicht zu überzeugen. Im Streitfall kann es dahinstehen, ob diese Bewertung der amtlichen AfA-Tabellen der Bedeutung gerecht wird, die diesen Tabellen in der Praxis zukommt, weil es sich ersichtlich um die Anwendung der AfA-Tabellen bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs.1 oder § 4 Abs.3 EStG handelt. Im Rahmen der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen, nach der nicht die tatsächlich erzielten, sondern nur unterstellte Einkünfte ermittelt werden, ist bei der Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter zwingend von durchschnittlichen Absetzungen auszugehen, weil diese auch der landwirtschaftlichen Einheitsbewertung zugrunde liegen, auf der die Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen aufbaut.

3. Zwar hätte der Kläger nach Eintritt in die Buchführungspflicht unter Beibehaltung der vom FA ermittelten Übergangsbuchwerte von einer längeren Nutzungsdauer ausgehen und so noch im Streitjahr Absetzungen vornehmen können. Selbst wenn man jedoch das Begehren des Klägers in dieser Weise auslegen würde, könnte die Revision keinen Erfolg haben. Da der Kläger die Steuerfestsetzungen 1975 bis 1978 nicht angefochten hat, wären die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren zu Unrecht beanspruchten überhöhten AfA-Beträge im Streitjahr erfolgswirksam hinzuzurechnen, so daß sich in keinem Fall Gewinnminderungen in den für das Streitjahr maßgebenden Wirtschaftsjahren 1978/79 und 1979/80 ergeben könnten.

Schließlich bleibt der Revision auch insoweit der Erfolg versagt, als die Kläger in der mündlichen Verhandlung einer Änderung der Steuerfestsetzungen 1975 bis 1978 ausdrücklich zugestimmt haben. Da die Einkommensteuerbescheide 1975 bis 1978 nicht Gegenstand des Verfahrens sind, ist dem Senat eine Änderung dieser Steuerfestsetzungen verwehrt.

4. Da die vom FA geänderte Anfangsbilanz zum 1.Juli 1975 hinsichtlich der Bewertung der abnutzbaren Anlagegüter den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Befolgung der Vorschriften des EStG entspricht, waren insoweit auch die Voraussetzungen für eine Bilanzberichtigung zum 30.Juni 1979 nicht gegeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60693

BStBl II 1986, 392

BFHE 145, 533

BFHE 1986, 533

HFR 1986, 350-352 (ST)

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