Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrechtliche Auswirkungen eines im Revisionsverfahren gestellten Antrags nach § 68 FGO

 

Leitsatz (NV)

Ergeht während des Revisionsverfahrens ein Änderungsbescheid und wird dieser auf Antrag des Klägers nach § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens, hat der BFH die Sache an das FG zurückzuverweisen, wenn der Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht nicht ausreichend geklärt ist.

 

Normenkette

FGO §§ 68, 123 S. 2, § 127

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gewinnerhöhend aufzulösen ist, weil nicht rechtzeitig ein Reinvestitionsobjekt angeschafft worden ist.

Die Klägerin ist Inhaberin eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, dessen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt wird. Durch notariellen Vertrag vom 22. März 1978 hatte sie ein zu ihrem Betriebsvermögen gehörendes Waldstück veräußert. Aus diesem Veräußerungsgewinn hatte sie im Wirtschaftsjahr 1977/78 eine Rücklage nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG gebildet.

Mit notariellem Vertrag vom 14. Mai 1980 kaufte die Klägerin ein Grundstück. Die Eintragung der Klägerin erfolgte am 13. April 1981. Die Übergabe des Grundstücks war jedoch schon für den 1. Juli 1980 vorgesehen. Von diesem Zeitpunkt ab sollten auch sämtliche Rechte und Pflichten an dem Grundstück auf die Klägerin übergehen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ließ bei den Einkommensteuerveranlagungen der Klägerin 1979 und 1980 die Verminderung der Anschaffungskosten des von der Klägerin erworbenen Grundstücks gemäß § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG um den zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Betrag der Rücklage von 83 331 DM nicht zu, sondern erhöhte ihren Gewinn um diesen Betrag mit der Begründung, das Grundstück sei nicht bis zum Schluß des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres (30. Juni 1980), sondern erst im Wirtschaftsjahr 1980/81, nämlich am 1. Juli 1980, angeschafft worden.

Einspruch und Klage mit dem Antrag, den Gewinn für das Wirtschaftsjahr 1979/80 um 83 331 DM niedriger festzusetzen, blieben erfolglos.

Nach Revisionseinlegung erließ das FA für die Streitjahre berichtigte Einkommensteuerbescheide vom 21. Mai 1985, gegen welche die Kläger mit Schreiben vom 3. Juni 1985 Einspruch einlegten. Die Kläger beantragten mit Schreiben vom 26. August 1985, diese Bescheide gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Revisionsverfahrens zu machen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2, § 127 FGO).

Nachdem die Kläger den auch im Revisionsverfahren zulässigen Antrag nach § 68 FGO (§ 123 Satz 2 FGO) gestellt haben, sind Gegenstand des Revisionsverfahrens die Einkommensteuerfestsetzungen 1979 und 1980 in der Form, die sie durch die Änderungsbescheide gefunden haben. Wegen der neuen Streitpunkte, die die Änderungsbescheide enthalten, muß die Sache an das FG zurückverwiesen werden, da insofern noch keine gerichtliche Prüfung des Sachverhalts erfolgt ist und der Bundesfinanzhof (BFH) als Revisionsgericht hierfür nicht zuständig ist (§ 127 FGO; BFH-Urteil vom 26. Oktober 1973 VI R 144-145/70, BFHE 110, 401, BStBl II 1974, 34, m.w.N.). Erst nachdem die für eine Sachentscheidung erforderlichen Feststellungen getroffen sind, ist insoweit eine abschließende Beurteilung möglich.

Wegen der Auswirkungen des Antrags nach § 68 FGO auf den zuvor gegen die Änderungsbescheide erhobenen Einspruch - er gilt als konkludent zurückgenommen - wird auf das - in Abschrift beigefügte - BFH-Urteil vom 8. Oktober 1985 VIII R 78/82, BFHE 145, 106; BStBl II 1986, 302 hingewiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414306

BFH/NV 1986, 291

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