Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilbetriebsveräußerung und -aufgabe in Zusammenhang mit der Beendigung einer Betriebsaufspaltung

 

Leitsatz (NV)

Eine Grundstücksvermietung kann als Teilbetrieb ausgeübt werden, wenn sie (wie im Fall der Betriebsaufspaltung) für sich gesehen die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs erfüllt und wenn sie sich als gesonderter Verwaltungskomplex aus dem Gesamtbetrieb des Besitzunternehmens heraushebt.

Im Fall einer Teilbetriebsaufgabe müssen alle wesentlichen Betriebsgrundlagen einzeln veräußert und/oder in das Privatvermögen überführt werden.

 

Normenkette

EStG § 16 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) verpachtete -- in Teilen -- das ihm gehörende Grundstück nebst Gebäuden im Wege der Betriebsaufspaltung an drei von ihm beherrschte Kapitalgesellschaften, und zwar an die S-GmbH (Kfz-Vertretung), die Motorrad-und Freizeitfahrzeuge Handels-GmbH -- Handels-GmbH -- (Motorradvertretung) sowie an die A-GmbH (Handel mit Kfz und Reparaturen). Der Kläger veräußerte im August 1993 (nur) die von ihm in seinem Besitzunternehmen gehaltenen Anteile an der Motorradvertretungs-GmbH (Buchwert ... DM) zu einem Preis von ... DM an seinen Mitgesellschafter. Das an die GmbH verpachtete Grundstück wurde nach Auffassung des Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) insoweit entnommen. Die für den Betrieb der Motorradvertretung erforderliche Ausstellungshalle einschließlich der dazugehörigen Sozialräume verpachtete der Kläger weiterhin an die Handels-GmbH. Der Kläger erklärte einen Veräußerungsgewinn in Höhe von ... DM, den das FA -- entgegen der Ansicht des Klägers -- als laufenden Gewinn erfaßte. Der Kläger meint, es liege eine Teilbetriebsveräußerung vor.

Das Finanzgericht (FG) wies -- nach erfolglosem Einspruchsverfahren -- die Klage ab; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 1996, 1030 veröffentlicht. Bei der Beurteilung der Veräußerung komme es auf die Tätigkeit der Besitzgesellschaft an; im Streitfall stünden einem Besitzunternehmen drei Betriebsunternehmen gegenüber. Nur einzelne voneinander abgrenzbare Verwaltungskomplexe könnten im Rahmen der Besitzgesellschaft Teilbetriebe darstellen. Für die Verpachtung des Grundstücks und des Anlagevermögens an die drei Betriebsgesellschaften hätten keine voneinander abgrenzbaren Verwaltungskomplexe bestanden.

Die Voraussetzungen einer Teilbetriebsveräußerung lägen auch deshalb nicht vor, weil nicht alle wesentlichen, dem "Teilbetrieb" gewidmeten Betriebsgrundlagen veräußert worden seien.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts und führt im wesentlichen aus:

Mit der Veräußerung der in seinem Besitzunternehmen gehaltenen Anteile an der Handels-GmbH sowie durch Überführung des an die GmbH vermieteten Grundstücksteils in das Privatvermögen habe er -- der Kläger -- einen Teilbetrieb aufgegeben bzw. veräußert.

Der Grundstücksteil sei mit einem separaten Mietvertrag an die Handels-GmbH vermietet worden. Der einzige Zusammenhang zwischen den drei Teilbetrieben habe in dem örtlichen Zusammenhang und der gemeinsamen Buchführung bestanden. Die weiteren Teilbetriebe seien auf anderen Teilflächen desselben Betriebsgrundstücks betrieben worden. Unerheblich sei, daß er -- der Kläger -- für seine Teilbetriebe keine gesonderte Buchführung unterhalten habe; eine getrennte Gewinnermittlung sei nicht unabdingbar; entscheidend sei das Gesamtbild der Verhältnisse. Der Teilbetrieb habe alle Merkmale eines Betriebs im Sinne des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit eigener betrieblicher Lebensfähigkeit enthalten. Es seien alle wesentlichen Betriebsgrundlagen des Teilbetriebs in einem einheitlichen Vorgang veräußert bzw. -- was einer Veräußerung gleichstehe -- in das Privatvermögen übernommen worden. Der vermietete Grundstücksteil sei nicht gewillkürtes Betriebsvermögen des verbliebenen (Rest-)Besitzunternehmens geblieben. Das reine Unterlassen der Ausbuchung in der laufenden Buchführung im Kalenderjahr 1993 sei kein Indiz für eine Willkürung. Entsprechend sei dann auch bei Aufstellung des Jahresabschlusses für 1993 das Grundstück aus dem Betriebsvermögen ausgebucht worden. Hinsichtlich des Teilbetriebs sei die gewerbliche Tätigkeit endgültig eingestellt worden.

Das FG tue so, als ob ein Übergang des Grundstücks in das Privatvermögen nicht festzustellen sei. Das FG hätte im Rahmen seiner Sachaufklärungspflicht zunächst prüfen müssen, ob eine Entnahme des betreffenden Grundstücksteils möglich gewesen sei.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 18. Juni 1996 einen Betrag von ... DM gemäß §34 Abs. 2 Nr. 1 EStG ermäßigt zu besteuern.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.§

16 Abs. 1 Nr. 1 EStG sei bereits deshalb nicht anwendbar, weil nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert worden seien. Der Kläger verkenne die Voraussetzungen einer steuerbegünstigten Teilbetriebsveräußerung insoweit, als er die Entnahme des Grundstücksteils einer Veräußerung gleichstelle.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet; sie führt gemäß §126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Die vom FG getroffenen Feststellungen tragen nicht dessen Entscheidung, daß der Kläger keinen Teilbetrieb veräußert habe.

1. Ein Teilbetrieb i. S. des §16 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist ein mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebs, der -- für sich betrachtet -- alle Merkmale eines Betriebs im Sinne des EStG aufweist und als solcher lebensfähig ist (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 13. Februar 1996 VIII R 39/92, BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409, m. w. N.). Eine völlig selbständige Organisation mit eigener Buchführung kann nicht gefordert werden; denn diese Merkmale kennzeichnen bereits den eigenständigen Gesamtbetrieb im Gegensatz zum bloßen Teilbetrieb (BFH-Urteil vom 24. April 1969 IV R 202/68, BFHE 95, 323, BStBl II 1969, 397).

Eine Grundstücksvermietung kann in Gestalt eines Teilbetriebs ausgeübt werden, wenn sie (wie im Fall der Betriebsaufspaltung) für sich gesehen die Voraussetzungen eines Gewerbebetriebs erfüllt und wenn sie sich als gesonderter Verwaltungskomplex aus dem Gesamtbetrieb des Besitzunternehmens heraushebt (vgl. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1972 I R 213/69, BFHE 107, 418, BStBl II 1973, 209, 211; Reiß in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, §16 Rdnr. B 371 "Grundstücksverwaltung"). In dem Beschluß vom 27. September 1993 IV B 125/92 (BFH/NV 1994, 617) führt der IV. Senat als ein Beispiel für Teilbetriebe in Gestalt voneinander abgrenzbarer Verwaltungskomplexe gerade -- unter Berufung auf das BFH-Urteil in BFHE 95, 323, BStBl II 1969, 397 und Schmidt, Einkommensteuergesetz (nunmehr 16. Aufl., 1997), §16, Anm. 23 (nunmehr Rz. 160) "Besitzunternehmen" -- die Verpachtung an mehrere Betriebsgesellschaften an (vgl. auch Schmidt, a.a.O., §15 Rz. 864). In dem Urteilsfall in BFHE 95, 323, BStBl II 1969, 397 waren Grundstücke sowohl im Rahmen einer Betriebsaufspaltung als auch "schlicht" als gewillkürtes Betriebsvermögen verpachtet worden; die "schlicht" verpachteten Grundstücke, um deren Veräußerung es allein ging, bildeten keinen Teilbetrieb.

Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Im Fall der Betriebsaufspaltung zwischen einem Besitzunternehmen und mehreren Betriebsgesellschaften kann danach durch die Vermietung ein Teilbetrieb gegeben sein, wenn an eine Betriebsgesellschaft räumlich abgrenzbare Grundstücksteile, die ausschließlich dieser Gesellschaft zuzuordnen sind, durch gesonderten Vertrag vermietet werden. Wird dagegen ein Grundstück beispielsweise als Ganzes an die Betriebsgesellschaften vermietet, liegen selbständige Verwaltungskomplexe nicht vor.

Im Streitfall läßt sich auf der Grundlage der vom FG getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Um diese Frage beantworten zu können, bedarf es genauerer Feststellungen, aus denen die Einzelheiten der Vermietung hervorgehen.

2. Sollte die Vermietung an die Handels- GmbH einen selbständigen Teilbetrieb dargestellt haben, ist weitere Voraussetzung eines begünstigten Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns, daß die wesentlichen Grundlagen dieses Betriebs aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind (vgl. Schmidt, a.a.O., §16 Rz. 173).

Die (begünstigte) Betriebsveräußerung verlangt -- so auch die zutreffende Auffassung der Beteiligten -- die Veräußerung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang (vgl. BFH-Urteil in BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409, unter 2.). Anstelle einer Betriebsveräußerung kann aber auch eine begünstigte Teilbetriebsaufgabe gegeben sein (Schmidt, a.a.O., §16 Rz. 205); in diesem Fall müssen alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang entweder einzeln veräußert und/oder in das Privatvermögen überführt werden (zu den Voraussetzungen im einzelnen vgl. Schmidt, a.a.O., §16 Rz. 173 f., 188, m. w. N.). Die Betriebsaufgabe steht der Betriebsveräußerung gleich (§16 Abs. 3 Satz 1 EStG). Ein begünstigter Vorgang würde daher nur dann nicht vorliegen, wenn -- wie im Fall des VIII. Senats (in BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409) -- ein Betriebsgrundstück, das zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehört, im Betriebsvermögen zurückbehalten wird.

Nach diesen Grundsätzen wird das FG ggf. zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen einer Teilbetriebsaufgabe im Streitfall gegeben sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66507

BFH/NV 1998, 690

DStRE 1998, 262

DStZ 1998, 555

HFR 1998, 456

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