Entscheidungsstichwort (Thema)

Veräußerung landwirtschaftlich genutzter Grundstücke - Reinvestition

 

Leitsatz (NV)

1. Veräußert ein Landwirt einen in seinem Alleineigentum stehenden Hof und errichtet er gemeinsam mit seiner Ehefrau auf einem beiden Ehegatten gehörenden Hof ein Wirtschaftsgebäude, so kann der Landwirt den von ihm bei der Veräußerung des Hofes erzielten Buchgewinn gemäß § 6 b Abs. 1 EStG nur auf den Hälfteanteil der Gebäudeherstellungskosten übertragen, der auf ihn entfällt.

2. In einem derartigen Fall ist über die Höhe des Gewinns aus der Hofveräußerung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung der Ehegatten zu befinden. Über den Umfang, in dem der Gewinn gemäß § 6 b Abs. 1 Satz 2 EStG auf das Reinvestitionsobjekt übertragen werden kann, wird im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung der von den Ehegatten als Mitunternehmer gemeinsam erzielten Einkünfte entschieden.

 

Normenkette

EStG § 6b Abs. 1 S. 2; AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2a

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) bewirtschafteten in den Streitjahren 1983 und 1984 einen Hof, den die Klägerin von ihren Eltern gepachtet hatte; er umfaßte ca. 16,7 ha Eigenland und ca. 13,6 ha Pachtland. Im Jahre 1985 erwarb sie den Hof zu Alleineigentum. Ursprünglich hatte auch der Kläger den Hof seiner Eltern gepachtet. Er erwarb ihn am 1. Januar 1983 im Wege vorweggenommener Erbfolge. Noch im gleichen Jahr veräußerte er den Hof und erwarb Ersatzland von 5,6 ha. Diese Fläche wurde in die gemeinsame Bewirtschaftung einbezogen. Außerdem bewirtschafteten die Eheleute auch einzelne Grundstücke, die in ihrem Miteigentum standen. Sie ermittelten ihren Gewinn durch Bestandsvergleich.

Seit 1979 waren die Kläger an einem Flurbereinigungsverfahren beteiligt, in das sie ein in ihrem Miteigentum stehendes Grundstück von 1,2 ha eingebracht hatten; sie erhielten dafür ein anderes Grundstück, in dessen Besitz sie am 30. Juli 1981 eingewiesen wurden. Seit dem Wirtschaftsjahr 1981/82 nutzten die Kläger dieses Grundstück gemeinsam. Sie errichteten auf ihm auch Wirtschaftsgebäude und ein Wohnhaus als Hofstelle; von hier aus bewirtschafteten sie ihre Ländereien. Das Wohngebäude wurde im Jahre 1984 fertiggestellt; bis zum 30. Juni 1984 entstanden Herstellungskosten von . . . DM, im Wirtschaftsjahr 1984/85 weitere Kosten von . . . DM. Der Kläger hatte aus dem Verkauf des ihm übertragenen Hofes einen Veräußerungsgewinn erzielt. Er hat diesen Gewinn gemäß § 6 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf die Herstellungskosten des Neubaus übertragen. Nach einer Betriebsprüfung kürzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) diesen Betrag, weil die Übertragung nur hinsichtlich des auf den Kläger entfallenden Hälfteanteils der in den Wirtschaftsjahren 1983/84 und 1984/85 angefallenen Herstellungskosten zulässig sei. Einen Restbetrag von . . . DM erfaßte das FA als Gewinn des Jahres 1983/84 und rechnete ihn in den einheitlichen Gewinnfeststellungen 1983 und 1984 den Klägern zu.

Vor Abschluß der Betriebsprüfung verzichtete die Klägerin im Flurbereinigungsverfahren (im Oktober 1986) zugunsten ihres Ehemanns auf ihren Hälfteanteil am zugewiesenen Grundstück; im Abfindungsnachweis vom Dezember 1986 war der Kläger als Alleineigentümer des zugewiesenen Grundstücks angegeben.

Gegenüber den Gewinnfeststellungen 1983 und 1984 machten die Kläger geltend, daß die gesamten Herstellungskosten vom Kläger gezahlt worden seien und deshalb auch für ihn aktiviert werden müßten; er könne deswegen seinen Veräußerungsgewinn in voller Höhe übertragen. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage jedoch ab.

Gegen dieses Urteil haben die Kläger die vom FG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügen die Verletzung materiellen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Revision der Kläger muß das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen werden.

1. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen aus der Veräußerung des vormals elterlichen Hofes entstandenen Gewinn versteuern muß, oder ob er den Gewinn auf ein Reinvestitionsobjekt übertragen kann. Über die Höhe des Gewinns aus der Hofsveräußerung und seine Versteuerung ist in der Einkommensteuerveranlagung der Eheleute zu befinden. In den angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheiden wird demgegenüber über das wirtschaftliche Ergebnis der gemeinsamen Betätigung der Ehegatten in der Land- und Forstwirtschaft in den Jahren 1983 und 1984 befunden. In diese Feststellungen geht der vom Kläger in eigener Person erzielte Veräußerungsgewinn nicht ein. Das Veranlagungsverfahren und die Gewinnfeststellungsbescheide sind allerdings voneinander abhängig. Soweit nämlich der Kläger den Gewinn aus der Hofsveräußerung gemäß § 6 b Abs. 1 Satz 2 EStG auf ein im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung zu erfassendes Reinvestitionsobjekt übertragen konnte, mindert sich sein im Veranlagungsverfahren zu erfassender Gewinn. Über den Umfang der Übertragungsmöglichkeit wird im Gewinnfeststellungsverfahren entschieden; die Übertragung des Veräußerungsgewinns führt zu einer Minderung der Anschaffungs- und Herstellungskosten des Reinvestitionsobjekts und damit zu einer Minderung der Absetzungen für Abnutzung (AfA). Erstrebt der Kläger eine höhere Gewinnübertragung, müßte er dementsprechend eine Erhöhung des festzustellenden Gewinns beantragen.

Diesen verfahrensrechtlichen Besonderheiten haben das FA und das FG nicht Rechnung getragen; sie haben vielmehr den Veräußerungsgewinn des Klägers in das Gewinnfeststellungsverfahren über die gemeinschaftlichen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft einbezogen. Das ist nicht zulässig. Soweit der Kläger eine höhere Gewinnübertragung auf das in das Feststellungsverfahren einbezogene Gebäude begehrt, muß er, wie beschrieben, die Feststellung eines höheren Gewinns beanspruchen. Das FG wird ihm hierzu gemäß § 76 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gelegenheit geben müssen.

2. Aus prozeßökonomischen Gründen bemerkt der Senat jedoch, daß im Streitfall eine erweiterte Gewinnübertragung kaum in Betracht kommt.

a) Im Streitfall will der Kläger den erzielten Veräußerungsgewinn auf die Herstellungskosten eines Gebäudes übertragen, das auf einem im Flurbereinigungsverfahren befindlichen Grundstück errichtet wurde. Dieses Grundstück war dem Kläger und seiner Ehefrau als Ersatz für ein in das Flurbereinigungsverfahren eingebrachtes Grundstück zugewiesen worden, das beiden Eheleuten zu Miteigentum zustand. Beide Eheleute waren bereits im Jahre 1981 vorläufig in den Besitz dieses Grundstücks eingewiesen worden, das bürgerlich-rechtlich noch Eigentum einer anderen am Flurbereinigungsverfahren beteiligten Person war. Nach § 66 des Flurbereinigungsgesetzes (FlurbG) hat die vorläufige Besitzeinweisung zur Folge, daß Besitz, Verwaltung und Nutzung des neuen Grundstücks auf den in der neuen Feldeinteilung bezeichneten Empfänger übergehen und dieser auch Eigentümer der Grundstückserzeugnisse wird. Der Empfänger ist danach als wirtschaftlicher Eigentümer des Ersatzgrundstücks i. S. von § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) anzusehen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 22. April 1980 VIII R 120/76, BFHE 130, 451, BStBl II 1980, 570, zur vorläufigen Besitzeinweisung im Enteignungsverfahren). Demgemäß waren im Wirtschaftsjahr 1983/84 die Eheleute als wirtschaftliche Miteigentümer des Grundstücks anzusehen. Ob hierin im Wirtschaftsjahr 1986/87 eine Änderung eingetreten ist, weil als Eigentümer des Ersatzgrundstücks nunmehr allein der Kläger ausgewiesen wurde, hat für die Streitjahre keine Bedeutung.

b) Nur der Hälfteanteil des Klägers am Grundstück bildete bei ihm Betriebsvermögen.

Nach den Feststellungen des FG bewirtschaftete der Kläger in den Streitjahren einen Hof, den seine Ehefrau zu dieser Zeit noch von ihren Eltern gepachtet hatte. Den Urteilsausführungen läßt sich nicht entnehmen, ob der Kläger oder seine Ehefrau den Betrieb im eigenen Namen führten oder ob beide Eheleute als Träger des landwirtschaftlichen Betriebes auftraten. Dies hat für die Entscheidung jedoch keine Bedeutung.

Traten beide Eheleute als Betriebsinhaber auf, würde dies für die Eingehung eines Gesellschaftsverhältnisses sprechen, so daß Forderungen und Verbindlichkeiten aus den laufenden Geschäftsvorfällen Gesamthandsvermögen wären und die Eheleute demgemäß entsprechend den §§ 13 Abs. 5, 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG als Mitunternehmer anzusehen wären. Das dem gemeinsamen Unternehmen gewidmete Vermögen der Eheleute wäre in diesem Fall Sonderbetriebsvermögen, darunter auch der Hälfteanteil des Klägers am fraglichen Grundstück.

Die Eheleute wären aber auch Mitunternehmer, wenn der Betrieb nach außen durch einen von ihnen geführt worden wäre. Das besagt noch nicht, daß er von diesem Ehegatten auf eigene Rechnung und Gefahr unterhalten wurde und er damit Alleinunternehmer war. Das FG hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß beide Ehegatten den Betrieb bewirtschafteten, also in der einen oder anderen Form mitgearbeitet haben, daß der Kläger eigenes Kapital eingesetzt hat und daß insbesondere beide Ehegatten landwirtschaftliche Nutzflächen für die gemeinsame Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt haben. Dem kommt deshalb besondere Bedeutung zu, weil der Ertrag eines landwirtschaftlichen Betriebes von den Früchten der landwirtschaftlichen Flächen abhängt. Der BFH hat mehrfach entschieden, daß Eheleute durch den gemeinsamen Einsatz und die gemeinsame Bearbeitung ihres jeweiligen landwirtschaftlichen Besitzes zum Zwecke der gemeinschaftlichen Erzielung von Gewinn sich zu einer Innengesellschaft zusammenschließen, wenn nur einer von ihnen als Inhaber des Betriebes auftritt und die Umstände deutlich ergeben, daß der andere Ehegatte seinen Grundbesitz unentgeltlich zur Nutzung überlassen will (BFH-Urteile vom 30. Juni 1983 IV R 206/80, BFHE 138, 561, BStBl II 1983, 636; vom 6. Februar 1986 IV R 311/84, BFHE 146, 83, BStBl II 1986, 455; vom 14. August 1986 IV R 248/84, BFHE 147, 438, BStBl II 1987, 17). Eines ausdrücklichen Vertragsabschlusses bedarf es danach nicht; er kann sich auch aus den erwähnten Umständen ergeben, die auf einen gesellschaftsrechtlichen Zusammenschluß der Eheleute hindeuten.

Hiervon ist das FG zu Recht auch im Streitfall ausgegangen. Die Rechtsprechung setzt allerdings voraus, daß die Ehegatten in erheblichem Umfang Grundbesitz zur gemeinsamen Bewirtschaftung zur Verfügung gestellt haben; als Untergrenze sind 20 v. H. des gemeinen Wertes des Hofes genannt worden (BFH-Urteil vom 27. Februar 1962 I 140/61 U, BFHE 74, 574, BStBl III 1962, 214). Diese Grenze würde der Kläger mit seinem Eigenland und dem Hälfteanteil am gemeinsamen Grundstück im Vergleich mit dem Hofeswert der Ehefrau erreichen, hätte sie ihn im Wirtschaftsjahr 1983/84 schon zu Eigentum besessen. Auch vorher stellte die Ehefrau mit dem gepachteten Betrieb aber eine wesentliche Betriebsgrundlage, nämlich den Kern der gemeinsam betriebenen Landwirtschaft zur Verfügung.

c) Nichts anderes als für den Grund und Boden gilt auch für das auf diesem errichtete Wohngebäude, das bilanzrechtlich ein eigenes Wirtschaftsgut darstellt, nach dem Rechtszustand im Wirtschaftsjahr 1983/84 ebenso wie die zugehörige Flurfläche aber zum Betriebsvermögen eines landwirtschaftlichen Unternehmens gehörte (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Die Folgen der vorläufigen Besitzeinweisung erstreckten sich auch auf das vom Empfänger des Grundstücks mit Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde (§ 34 Abs. 1 Nr. 2 FlurbG) errichtete Grundstück.

d) Dies hat zur Folge, daß nur ein ideeller Hälfteanteil des Gebäudes für den Kläger als Reinvestitionsobjekt in Betracht kommt und demgemäß die Herstellungskosten nur berücksichtigt werden können, soweit sie auf diesen Hälfteanteil entfallen. Anhaltspunkte dafür, daß der Kläger willens und rechtlich in der Lage gewesen wäre, seine Ehefrau von der Mitbenutzung des Wohngebäudes auszuschließen und dadurch wirtschaftliches Eigentum am gesamten Bauwerk zu erlangen, bestehen nicht; im Gegenteil ist das Gebäude auch von seiner Ehefrau für die gemeinsamen Wohnzwecke genutzt worden.

Dem Kläger ist einzuräumen, daß nach ständiger Rechtsprechung Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für Bauten auf einem fremden Grundstück, an dem kein wirtschaftliches Eigentum besteht, wie Herstellungskosten auf ein materielles Wirtschaftsgut zu aktivieren sind, wenn das mit Einwilligung des Eigentümers errichtete Gebäude unmittelbar den betrieblichen Zwecken des Steuerpflichtigen dient (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 1975 I R 32/73, BFHE 150, 238, BStBl II 1975, 443). Dies gilt auch, wenn ein Steuerpflichtiger ein Gebäude auf einem im Miteigentum seines Ehegatten stehenden Grundstück errichtet und dieser mit der betrieblichen Nutzung des Gebäudes durch den Ehegatten einverstanden ist (vgl. BFH-Urteil vom 11. Dezember 1987 III R 188/81, BFHE 152, 125, BStBl II 1988, 493, mit weiteren Nachweisen). Zu Recht hat das FG jedoch angenommen, daß diese Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt sind; sie verlangen nämlich, daß dem Ehemann das alleinige Nutzungsrecht am Gebäude zustehen soll und daß die Aufwendungen für das Bauvorhaben dieser Nutzung gelten. Dem ist nicht genügt, wenn die Eheleute ein in ihrem Miteigentum stehendes Grundstück gemeinsam für die Zwecke ihres Unternehmens nutzen wollen; in einem solchen Fall steht dem Ehegatten nicht das alleinige Nutzungsrecht am Grundstücksanteil des Partners zu, so daß er das Bauwerk auch nicht in Ausübung dieses Nutzungsrechts errichtet. Vielmehr errichtet er das Gebäude als Miteigentümer des Grundstücks mit Einwilligung und zugleich auch im Interesse des Ehegatten. Damit entstehen für beide Ehegatten Herstellungskosten, und zwar unabhängig davon, ob in der Übernahme der Kosten durch einen Partner eine vermögensrechtliche Zuwendung liegt oder insoweit ein Rückforderungsrecht bestehen soll.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417219

BFH/NV 1991, 599

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