Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Eine "Einliegerwohnung" im Sinne des § 10 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (WGGDV) vom 23. Juli 1940 (Reichsgesetzblatt 1940 I S. 1012, RStBl 1940 S. 685) liegt vor, wenn außer den technischen Voraussetzungen die Benutzung durch eine selbständige Haushaltsgemeinschaft gegeben ist.

 

Normenkette

EStG § 7c/e; WGGDV §§ 10-11; LStDV § 6 Ziff. 11

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein dem Beschwerdegegner (Bg.) von seiner Arbeitgeberin im Streitjahr 1950 zugewandter Betrag von 50.000 DM als § 7c-Zuschuß steuerfrei zu behandeln ist oder als Arbeitslohn der Steuer unterliegt.

Der bei der Gewerkschaft X. als Bergwerksdirektor tätige Bg. erhielt im Jahre 1950 einen Zuschuß zum Bau eines Einfamilienhauses in Höhe von 50.000 DM.

Durch Berichtigungsbescheid vom 30. August 1954 setzte das Finanzamt den erhaltenen Betrag von 50.000 DM als steuerpflichtigen Arbeitslohn an, weil der § 7c des Einkommensteuergesetzes (EStG) wegen überschreitung der Wohnflächenhöchstgrenze - 120 qm - nicht anwendbar sei.

Der Einspruch blieb erfolglos. Die Berufung, die damit begründet wurde, daß die Wohnflächenhöchstgrenze nicht überschritten sei, weil das erstellte Einfamilienhaus eine Einliegerwohnung enthalte, die an die beiden volljährigen Söhne des Bg. vermietet sei, und daher eine Wohnfläche bis 150 qm zulässig sei, führte zur Freistellung des Zuschusses von der Steuer, denn die Gesamtwohnfläche betrug unbestritten 141,61 qm.

Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts. Sie ist begründet.

 

Entscheidungsgründe

Eine Steuerfreiheit des an den Bg. von seiner Arbeitgeberin gezahlten Zuschusses von 50.000 DM ist nur gegeben, wenn dadurch der Bau von Wohnungen gefördert wurde, die hinsichtlich der Größe den Bestimmungen der §§ 10 und 11 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 23. Juli 1940 - WGGDV - (RGBl 1940 I S. 1012, RStBl 1940 S. 685) entsprechen. Danach beträgt die höchstzulässige Wohnfläche bei einem Einfamilienhaus mit zwei Wohngeschossen 120 qm, bei Einfamilienhäusern mit Einliegerwohnung 150 qm.

Das Finanzgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß eine Einliegerwohnung im Sinne der Vorschrift des § 10 WGGDV nur gegeben ist, wenn die technischen Voraussetzungen einer Einliegerwohnung vorliegen und diese auch in der in Frage stehenden Zeit als unabhängige Wohnung genutzt wurde. Das Finanzgericht kommt zu der tatsächlichen Feststellung, daß diese beiden Voraussetzungen gegeben seien. An diese tatsächliche Feststellung ist der Senat jedoch nicht gebunden, denn sie widerstreitet, wie das beschwerdeführende Finanzamt mit Recht hervorhebt, der allgemeinen Lebenserfahrung. Der Bg. hat ausgeführt, und das Finanzgericht ist ihm darin gefolgt, daß die Räume im Obergeschoß an seine Söhne als deren Wohnung vermietet worden seien. Gleichzeitig steht aber unbestritten fest, daß einer der Räume der Hausgehilfin des Bg. als Unterkunft zur Verfügung stand. Es steht ferner fest, daß die Söhne des Bg. im Streitjahr noch gar nicht selbständig waren. Zwar waren sie volljährig, jedoch befanden sie sich noch beide in der Ausbildung, der eine in der kaufmännischen Lehre, der andere war noch Schüler. Es steht endlich fest, daß der Bg. von seinen Söhnen auch keine Mietzahlungen gefordert und erhalten hat. Angesichts dieses Gesamtbildes kann nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht davon die Rede sein, daß die Söhne des Bg. in den Räumen des Obergeschosses eine zweite selbständige Haushaltsgemeinschaft gebildet hätten. Wenn man bei den Räumen des Obergeschosses schon zur Annahme einer Einliegerwohnung auf das Merkmal der Abgeschlossenheit gegenüber den anderen Räumen des Einfamilienhauses verzichten will, dann muß sich aus anderen Umständen die Selbständigkeit und der Umfang der Einliegerwohnung erkennen lassen. Die Söhne des Bg., die die Räume des Obergeschosses benutzten, waren völlig in den Haushalt ihrer Eltern eingegliedert, sie bildeten keine eigene Haushaltsgemeinschaft. Bei dieser Sachlage ist das Vorliegen einer Einliegerwohnung nicht gegeben. Die Räume des Obergeschosses bildeten vielmehr einen Teil der Einfamilienhauswohnung des Bg.; ihre Wohnflächen waren der Wohnfläche des Untergeschosses hinzuzurechnen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 185/55 vom 23. Oktober 1956 bzw. 27. März 1956, Der Betrieb 1957 S. 1060; Steuerrechtsprechung in Karteiform, § 7c EStG, Rechtsspruch 60). Damit ergab sich eine Gesamtwohnfläche von unbestritten 141,61 qm; die höchstzulässige Wohnfläche von 120 qm war mithin überschritten. Eine Steuerfreiheit des vom Bg. bezogenen Zuschusses von 50.000 DM muß entfallen. Der Betrag ist vom Finanzamt mit Recht als Arbeitslohn der Besteuerung unterworfen worden.

Die angefochtene Entscheidung, die zu der der Lebenserfahrung widersprechenden Feststellung kam, muß aufgehoben werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409400

BStBl III 1959, 307

BFHE 1960, 119

BFHE 69, 119

StRK, EStG:7c R 74

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