Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Mietvorauszahlungen, die mit Teilen ihres Nennbetrags auf die künftig fällig werdenden laufenden Mietzahlungen angerechnet werden, dürfen nicht deshalb, weil bei der Verrechnung Zinsen nicht berücksichtigt sind, mit einem um die Abzinsung niedrigeren Betrag aktiviert werden.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 2

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) verlegte im Jahre 1951 ihre Geschäftsräume, die sie im September 1952 durch Anmietung weiterer Räume erweiterte. Sie leistete an die Vermieter in den Jahren 1951 bis 1953 sogenannte Baukostenzuschüsse, deren Verrechnung in den Mietverträgen mit der laufenden Miete der folgenden 10 oder 12 Jahre vorgesehen war.

Die Ende des Jahres 1953 noch nicht verrechneten Baukostenzuschüsse zinste die Bfin. zu Lasten des Ertrags 1953 wegen Unverzinslichkeit ab. Streitig ist die Zulässigkeit der Abzinsung. Die Bfin. bestreitet zwar nicht, daß die mit den künftigen Mietzahlungen zu verrechnenden Baukostenzuschüsse aktiviert und der Verrechnungszeit entsprechend abgeschrieben werden müssen, ist aber der Auffassung, daß der damit geschaffene transitorische Aktivposten als Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens im Sinn des § 6 Abs. 1 Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem Teilwert bewertet werden müsse und daß dieser Teilwert um den Abzinsungsbetrag niedriger als der Nennbetrag der Mietvorauszahlungen sei.

Das Finanzgericht ließ die Abzinsung aus folgenden Gründen nicht zu. Ob die Abzinsung der Mietvorauszahlungen als Aufwendungen für ein aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut "Mietrecht" anzusehen sei, das innerhalb des vereinbarten Zeitraums abgeschrieben werden müsse, könne dahingestellt bleiben, weil eine Abschreibung auf Baukostenzuschüsse aus anderen Gründen nicht zulässig sei. Die Baukostenzuschüsse könnten nicht losgelöst von den Mietverträgen als zinslose Darlehen und demnach als für sich bestehende Wirtschaftsgüter behandelt werden. Denn ohne die Zuschüsse hätte die Bfin. den Abschluß der Mietverträge nicht erreichen können. Die Zuschüsse stellten innerhalb der Mietverträge typische Abgrenzungsposten dar und müßten nach den Grundsätzen der dynamischen Bilanzauffassung denjenigen Jahren belastet werden, zu denen sie gehörten. Die Abzinsung würde zu dem betriebswirtschaftlich falschen Ergebnis führen, daß der Aufwand für die Mieträume im Jahre der Hingabe erheblich höher wäre als in den späteren Jahren, obwohl der Mietzins für alle Jahre bei gleichem Gebrauch der Mieträume derselbe bleibe.

Da in dem vor dem Finanzgericht schwebenden Rechtsmittelverfahren außer der Behandlung der Mietvorauszahlungen noch Abschreibungsfragen streitig waren, erließ das Finanzgericht im Einvernehmen mit der Bfin. ein Zwischenurteil des Inhalts, daß die am 31. Dezember 1953 noch nicht verrechneten Baukostenzuschüsse in vollem Umfange zu aktivieren seien und nicht abgezinst werden dürften.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde der Bfin. ist unbegründet.

Es ist unter den Parteien unstreitig und kann auch keinem Zweifel unterliegen, daß die Bfin. das durch die Mietvorauszahlungen geschaffene Wirtschaftsgut aktivieren und der Anrechnungszeit der Mietvorauszahlungen entsprechend abschreiben darf. Ob man dieses Wirtschaftsgut als Rechnungsabgrenzungsposten oder als transitorischen Posten bezeichnet, ist für seine steuerliche Behandlung ohne Bedeutung. Denn der Bfin. ist darin zuzustimmen, daß der ein Wirtschaftsgut im Sinne des § 6 Abs. 1 Ziff. 2 EStG darstellende Rechnungsabgrenzungsposten oder transitorische Posten jeweils nur mit dem Betrage in den Schlußbilanzen anzusetzen ist, der sich bei Anwendung der Bewertungsgrundsätze des § 6 Abs. 1 EStG ergibt. Die Abzinsungsmöglichkeit des Aktivpostens "Mietvorauszahlungen" hängt demnach davon ab, ob der Teilwert dieses Postens am 31. Dezember 1953 niedriger war als der Nennbetrag der Mietvorauszahlungen. Diese Frage ist zu verneinen.

Gewährt der Unternehmer als Mieter dem Vermieter im Rahmen des auf eine bestimmte Zeit abgeschlossenen Mietvertrages für die von ihm gewerblich genutzten Räume eine Mietvorauszahlung, die in bestimmten Teilen des Nennbetrags ohne Berücksichtigung von Zinsen auf die künftigen Mietzahlungen anzurechnen ist, so bestehen die von ihm im Rahmen des Mietvertrags zu erbringenden Leistungen sowohl im Nennbetrag der Mietvorauszahlungen als auch darin, daß der Mieter diese Teile der künftig fällig werdenden Mieten im voraus entrichtet. Der Wert dieser Vorausentrichtung ist gleich dem Betrage, der dem Mieter durch die Unverzinslichkeit der Vorauszahlungen an Zinsen entgeht. Je größer der Zeitraum ist, der zwischen der laufenden, in der überlassung der Mieträume liegenden Leistung des Vermieters und der vorzeitigen Entrichtung der Mietzinsen durch den Mieter liegt, um so mehr übersteigt der Wert der Leistung des Vermieters den Nennbetrag der Mietzinsen. Da bei gegenseitigen Verträgen grundsätzlich davon auszugehen ist, daß sich die Leistungen der beiden Vertragsteile innerhalb des Wirtschaftsjahrs ausgleichen, besteht der Wert der Leistung des Vermieters nicht nur in dem bei verrechnungsmäßiger Verteilung auf die einzelnen Jahre entfallenden Teil des Nennbetrags der Mietvorauszahlungen und der laufenden Mietzahlung, sondern auch in dem Betrag, der auf das einzelne Wirtschaftsjahr dadurch entfällt, daß der Mieter den vollen Mietzins im voraus, das heißt vor der Leistung des Vermieters entrichten mußte.

Geht man von diesen Grundsätzen aus, so kann nicht angenommen werden, daß der Erwerber des Betriebs der Bfin. am 31. Dezember 1953 für die Mietvorauszahlungen nicht den Betrag gezahlt hätte, den die Bfin. tatsächlich aufwandte, und daß die Bfin. sich mit einer Abzinsung einverstanden erklärt hätte. Denn die Leistungen der Vermieter in den auf den 31. Dezember 1953 folgenden Jahren, die dem Betrieb in Zukunft zugute kommen werden, übersteigen den Nennbetrag der auf die einzelnen Jahre entfallenden Mietzinsen deshalb, weil ein Teil der Mietzinsen im voraus entrichtet wurde. Wäre die Miete nicht im voraus entrichtet worden, so muß angenommen werden, daß die von der Bfin. zu entrichtende laufende Miete um Zinsbeträge höher gewesen wäre. Es besteht deshalb keine Veranlassung zu der Annahme, daß der Teilwert des durch die Mietvorauszahlung geschaffenen Wirtschaftsguts unter den tatsächlichen Anschaffungskosten, das heißt unter dem Nennbetrag der Mietvorauszahlungen liegt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409381

BStBl III 1959, 268

BFHE 1960, 20

BFHE 69, 20

BB 1959, 842

DB 1959, 751

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge