Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verbleibregelung in § 4 b InvZulG 1982

 

Leitsatz (NV)

1. Für ein abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut kann nur dann eine Zulage nach § 4 b InvZulG 1982 gewährt werden, wenn es u. a. drei Jahre lang ununterbrochen zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Inland gehört. Es darf während dieses Drei-Jahres-Zeitraumes auch nicht für eine verhältnismäßig kurze Zwischenzeit Gegenstand des Umlaufvermögens eines Händlers sein.

2. Das vorzeitige Ausscheiden aus dem Anlagevermögen kann nur unter solchen Umständen -- ausnahmsweise -- zulagenunschädlich sein, die im Wirtschaftsgut selbst begründet sind.

 

Normenkette

InvZulG 1982 § 4b Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. c, Doppelbuchst. bb

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, ist Organgesellschaft der Z.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist das Verleasen und Vermieten von elektronischen ... und ... -maschinen aller Art. Unternehmenszweck der Z ist der Groß- und Einzelhandel mit den oben genannten Geräten.

Die Klägerin kaufte in den Jahren 1982 und 1983 (Streitjahre) von der Z ... und ... -maschinen im Werte von ... DM (1982) und ... DM (1983).

Das damals zuständige Finanzamt A gewährte der Klägerin für diese Anschaffungen zunächst antragsgemäß -- unter Berücksichtigung der jeweiligen Vergleichsvolumina -- Investitionszulagen nach § 4 b des Investitionszulagengesetzes 1982 (InvZulG 1982).

Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der (ab 1. Januar 1986 für die Klägerin zuständige) Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) fest, daß die Klägerin 21 der im Jahre 1982 und 16 der im Jahre 1983 angeschafften (und zwischenzeitlich an Dritte verleasten) ... und ... -maschinen vor Ablauf der dreijährigen Verbleibensfrist des § 4 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c, Doppelbuchst. bb InvZulG 1982 an die Z zurückveräußert hatte. Die Klägerin hatte zuvor die betreffenden Leasingverträge vorzeitig, vor Ablauf der jeweiligen Grundmietzeiten, aufgelöst, weil die Leasingnehmer in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren. Die Z veräußerte ihrerseits die (nunmehr gebrauchten) Geräte an andere inländische Betriebe weiter, zum Teil aber auch wieder an die Klägerin zurück.

Das FA ging aufgrund dieser Feststellungen davon aus, daß die betreffenden 21 bzw. 16 Geräte bei der Z zum Umlaufvermögen -- und damit nicht, wie vom Gesetz verlangt, drei Jahre lang ununterbrochen zu einem inländischen Anlagevermögen -- gehört hätten. Es setzte die ursprünglich gewährten Zulagen mit Änderungsbescheiden vom 15. August 1986 entsprechend herab.

Mit der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage machte die Klägerin u. a. geltend, die Verkäufe der Geräte durch die Z an fremde Dritte seien -- wegen des bestehenden Organschaftsverhältnisses -- ihr, der Klägerin, zuzurechnen. Selbst wenn man jedoch davon ausgehe, daß die Geräte bei der Z Umlaufvermögen geworden seien, so sei dies im Streitfall zulagenunschädlich. Es sei ihr, der Klägerin, nicht zuzumuten gewesen, die Geräte bis zum Ablauf der dreijährigen Verbleibensfrist zu behalten. Allein die Veräußerung habe vernünftigen wirtschaftlichen Überlegungen entsprochen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es hat im wesentlichen ausgeführt:

Der Begriff des Verbleibens in § 4 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c, Doppelbuchst. bb InvZulG 1982 verlange eine dreijährige ununterbrochene Zugehörigkeit zum Anlagevermögen (umfangreicher Hinweis auf Rechtsprechung und Fachliteratur). Im Streitfall seien die von der Klägerin an die Z zurückveräußerten ... und ... -maschinen jedoch Umlaufvermögen der Z geworden. Deren Gesellschaftszweck sei gerade der Groß- und Einzelhandel gewesen.

An der Umwidmung zum Umlaufvermögen ändere die organschaftliche Verbindung zwischen der Klägerin und der Z nichts. Organgesellschaft und Organträger bildeten im Investitionszulagenrecht zwei rechtlich selbständige Unternehmen (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 20. Mai 1988 III R 86/83, BFHE 153, 481, BStBl II 1988, 739). Mit der Veräußerung der Geräte an die Z seien diese aus dem Betriebsvermögen der Klägerin ausgeschieden und Betriebsvermögen der Z -- allerdings in der Form von Umlaufvermögen -- geworden.

Das vorzeitige Ausscheiden der ... und ... -maschinen aus dem Anlagevermögen der Klägerin könne im Streitfall auch nicht ausnahmsweise als zulagenunschädlich angesehen werden. Die Drei-Jahres-Frist sei Ausdruck einer typisierten Regelung, die nur in ganz seltenen Fällen Ausnahmen zulasse. Betriebswirtschaftliche Überlegungen, wie sie die Klägerin vorgetragen habe, rechtfertigten jedenfalls eine derartige Ausnahme nicht (Hinweis u. a. auf das BFH-Urteil vom 5. Mai 1988 III R 181/83, BFH/NV 1988, 741).

Mit der vom FG zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, daß in ihrem Fall das vorzeitige Ausscheiden der Geräte aus dem Anlagevermögen -- entgegen der Auffassung des FG -- ausnahmsweise zulagenunschädlich gewesen sei.

Sie führt dazu im wesentlichen aus: Sie sei eine kleine Leasing-Gesellschaft, deren Ertragslage seit ihrer Gründung im Jahre 1980 schlecht gewesen sei. Die Liquiditätslage sei als äußerst bedenklich zu bezeichnen; sie habe dazu geführt, daß sie, die Klägerin, ständig "dicht vor dem Konkurs" stehe. Das FG habe die Lage der Gesellschaft verkannt, wenn es davon ausgehe, die Geräte seien ausschließlich aus Rentabilitätsgründen verkauft worden. Der Verkauf sei für das Überleben des Unternehmens zwingend notwendig gewesen. Es könne von einem Steuerpflichtigen nicht verlangt werden, sich wirtschaftlich unsinnig zu verhalten oder gar den Betrieb aufzugeben, nur um dem Wortlaut des Gesetzes zu genügen; d. h. hier, die Verbleibensfrist einzuhalten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die streitigen Geräte -- entgegen § 4 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c, Doppelbuchst. bb InvZulG 1982 -- nicht drei Jahre lang ununterbrochen zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Inland gehörten und daß ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Anlagevermögen im Streitfall nicht ausnahmsweise zulagenunschädlich war.

1. Der BFH hat bereits im Urteil vom 24. Mai 1968 VI R 46/68 (BFHE 92, 396, BStBl II 1968, 573) für die Zulagengewährung in Berlin zur Verbleibregelung in § 21 Abs. 2 des Berlinhilfegesetzes (BHG) 1962 entschieden, daß ein abnutzbares bewegliches Wirtschaftsgut während des -- auch dort vorgeschriebenen -- Drei-Jahres- Zeitraumes ununterbrochen zum Anlagevermögen gehören muß und während dieser Zeit auch nicht für eine verhältnismäßig kurze Zwischenzeit Gegenstand des Umlaufvermögens eines Händlers sein darf. Von den gleichen Grundsätzen ist der BFH auch später im Urteil vom 8. Februar 1972 VIII R 9/67 (BFHE 105, 227, BStBl II 1972, 528) zur Inanspruchnahme der Bewertungsfreiheit nach § 14 BHG 1959 ausgegangen.

Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung -- wie zuvor auch schon das FG -- für die Auslegung des § 4 b InvZulG 1982 an. Auch hier ist die Fassung des Gesetzes eindeutig. Das begünstigte Wirtschaftsgut muß zwar nicht während des gesamten Drei-Jahres-Zeitraums zum Anlagevermögen desselben Betriebs oder derselben Betriebsstätte gehören. Doch spricht nichts dafür, daß der Gesetzgeber auch darauf verzichten wollte, daß der begünstigte Gegenstand während dieses Zeitraumes ununterbrochen zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Inland gehören muß.

2. Die von der Klägerin an die Z zurückveräußerten ... und ... -maschinen sind bei dieser auch unstreitig Umlaufvermögen geworden. Sie wurden zum Zwecke der Weiterveräußerung erworben und sind anschließend auch tatsächlich weiterveräußert worden (vgl. hierzu z. B. das Urteil des erkennenden Senats vom 2. Februar 1990 III R 165/85, BFHE 160, 361, BStBl II 1990, 706).

Dieser Beurteilung steht -- worauf auch das FG hingewiesen hat -- nicht entgegen, daß die Z und die Klägerin organschaftlich verbundene Unternehmen waren. Körperschaftsteuer- und investitionszulagenrechtlich blieben sie rechtlich selbständige Unternehmen (s. insbesondere das Urteil in BFHE 153, 481, BStBl II 1988, 739; vgl. auch den Beschluß des erkennenden Senats vom 26. März 1993 III S 42/92, BFHE 171, 164, BStBl II 1993, 723).

3. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich auch, daß das FG das zeitweilige Ausscheiden der Gegenstände aus dem Anlagevermögen nicht als zulagenunschädliche Ausnahme von der gesetzlichen Verbleibregelung angesehen hat.

a) Nach bisheriger Rechtsprechung ist das vorzeitige Ausscheiden von Wirtschaftsgütern nur unter solchen Umständen als zulagenundschädlich angesehen worden, die im Wirtschaftsgut selbst begründet waren (vgl. die Hinweise im Senatsurteil vom 2. Mai 1980 III R 12/79, BFHE 131, 419, BStBl II 1980, 758; s. auch die Zusammenstellung von Dankmeyer in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 14. Aufl., § 4 b InvZulG 1982 Rdnrn. 65 f.). Der erkennende Senat hat Gründe, die ihre Ursache in der Betriebsstätte oder im Betrieb hatten, bisher nicht als ausreichend angesehen, eine Ausnahme vom Erfordernis der dreijährigen Verbleibdauer zu rechtfertigen (s. dazu das oben genannte Urteil in BFHE 131, 419, BStBl II 1980, 758, zu einer wegen eines Brandes erforderlich gewordenen Betriebsumstellung, sowie das Urteil in BFH/NV 1988, 741, zu Veräußerungen aus Rentabilitätsgründen).

Von dieser Rechtsprechung abzurücken, bietet der Streitfall keinen Anlaß. Dies gilt um so mehr, als die Klägerin auf ihre (möglicherweise) besonders schwierige finanzielle Situation erstmals im Revisionsverfahren hingewiesen hat und der Senat diese Umstände deswegen gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) im Streitfall ohnedies nicht berücksichtigen darf.

b) Der Senat sieht keine Bedenken, die oben dargestellten Grundsätze auch auf die Fälle zu übertragen, in denen -- wie hier -- die Wirtschaftsgüter nur zeitweilig aus dem Anlagevermögen ausgeschieden sind. Denn auch in solchen Fällen wird die jeder Investitionszulage innewohnende Zielsetzung einer Stärkung der Wirtschaftskraft mit all ihren Auswirkungen, wie insbesondere Arbeitsplatzschaffung und -sicherung (s. hierzu allgemein das Urteil des Senats vom 28. Juni 1991 III R 74/89, BFHE 165, 432, BStBl II 1991, 932, sowie speziell zu § 4 b InvZulG 1982 BTDrucks: 9/1400, S. 10 und 16), nicht während des gesamten Bindungszeitraumes (von drei Jahren) verwirklicht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 838507

BFH/NV 1995, 66

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