Entscheidungsstichwort (Thema)

Begleichung der zivilrechtlich von den Gesellschaftern zu tragende Gründungskosten durch die Kapitalgesellschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Keine Betriebsausgabe, sondern eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 ist gegeben, wenn eine Kapitalgesellschaft die eigenen Gründungskosten begleicht, die zivilrechtlich von den Gesellschaftern zu tragen sind.

 

Orientierungssatz

Die sich aus § 9a Abs. 1 GmbHG für die Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH ergebende Verpflichtung, der GmbH Vergütungen zu ersetzen, die nicht unter dem Gründungsaufwand aufgenommen worden sind, setzt voraus, daß die Gesellschaft für diesen Aufwand nur dann aufzukommen hat, soweit die Satzung das vorsieht. Die Gesetzeslücke ist in entsprechender Anwendung des § 26 Abs. 2 AktG zu schließen (vgl. BGH-Beschluß vom 20.2.1989 II ZB 10/88, Literatur).

 

Normenkette

KStG 1977 § 27 Abs. 1, 3 S. 2; AktG § 26 Abs. 2 Fassung: 1965-09-06; GmbHG § 9a Abs. 1; KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine durch Gesellschaftsvertrag vom 19.August 1983 gegründete GmbH, an der L mit 99,5 v.H. der Anteile und D mit 0,5 v.H. der Anteile beteiligt waren.

Durch den Abschluß des Gesellschaftsvertrages entstanden Notarkosten in Höhe von 1 239 DM, die die Klägerin übernahm, obwohl der Gesellschaftsvertrag keine Bestimmung darüber enthielt, wer die Kosten zu tragen hatte. Die Klägerin behandelte den Aufwand als Betriebsausgaben. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) nahm seinerseits sowohl eine verdeckte Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs.3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 als auch eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 an. Die verdeckte Gewinnausschüttung wirkte sich auf die tarifliche Körperschaftsteuer nicht aus, weil das Einkommen 1983 negativ war. Die andere Ausschüttung löste jedoch eine Körperschaftsteuererhöhung von 9/16 von 1 239 DM = 696 DM aus.

Der Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1983 vom 11.November 1985 blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Mit ihrer vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977.

Sie beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben, den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1983 zu ändern und die Körperschaftsteuer auf 0 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Nach § 27 Abs.1 KStG 1977 mindert oder erhöht sich die Körperschaftsteuer einer unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft, wenn diese Gewinn ausschüttet, um den Unterschiedsbetrag zwischen der bei ihr eingetretenen Belastung des Eigenkapitals (Tarifbelastung), das nach § 28 KStG 1977 als für die Ausschüttung verwendet gilt, und der Belastung, die sich hierfür bei Anwendung eines Steuersatzes von 36 v.H. des Gewinns vor Abzug der Körperschaftsteuer ergibt (Ausschüttungsbelastung). Dazu folgt aus § 27 Abs.3 KStG 1977, daß unter einer Gewinnausschüttung sowohl diejenige zu verstehen ist, die auf einem den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entsprechenden Beschluß beruht, als auch sog. andere Ausschüttungen i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977. Eine andere Ausschüttung im Sinne der Vorschrift ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, nicht im Zusammenhang mit einer Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 1 KStG 1977 steht und sich in der Form des Mittelabflusses konkretisiert hat.

2. Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und in einer den erkennenden Senat bindenden Weise festgestellt (§ 118 Abs.2 FGO), daß die Klägerin die aus Anlaß ihrer Gründung angefallenen Notarkosten in Höhe von 1 239 DM beglich. Dadurch entstand bei ihr ein Aufwand, der sich in der Form eines tatsächlichen Mittelabflusses konkretisierte. Ein solcher Aufwand ist für die Klägerin eine Vermögensminderung.

3. Die Vermögensminderung ist dann durch die Beziehung der Klägerin zu ihren beiden Gesellschaftern veranlaßt, wenn sie nicht durch betriebliche Gründe, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis ausgelöst ist. Dazu hat der erkennende Senat in der Mehrzahl der Fälle darauf abgestellt, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Vermögensminderung in Kauf genommen hätte oder nicht (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10.Juni 1987 I R 149/83, BFHE 150, 524, BStBl II 1988, 25). Korrespondiert allerdings die Vermögensminderung bei der Kapitalgesellschaft mit einem Vermögensvorteil bei dem beherrschenden Gesellschafter, so kommt die Annahme einer anderen Ausschüttung auch dann in Betracht, wenn nicht von vornherein eindeutig und klar bestimmt ist, ob und in welcher Höhe ein Entgelt bezahlt werden soll (vgl. BFH in BFHE 150, 524, BStBl II 1988, 25, m.w.N.).

Dazu hat das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt (§ 118 Abs.2 FGO), daß die Gesellschafterin L 99,5 v.H. der Anteile an der Klägerin hielt. L war deshalb beherrschende Gesellschafterin. D hielt dagegen nur 0,5 v.H. der Anteile an der Klägerin. Er war deshalb unter Beteiligungsgesichtspunkten nicht beherrschender Gesellschafter. Ob er nicht dennoch zusammen mit L gleichgerichtete Interessen verfolgte, ist vom FG nicht festgestellt. Darauf kommt es letztlich aber nicht an.

4. Die tatsächliche Übernahme der Notarkosten durch die Klägerin bedeutete für die Gesellschafter L und D eine Vorteilszuwendung, für die es einerseits an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung und andererseits an einer betrieblichen Veranlassung fehlt.

a) Die Notarkosten entstanden dadurch, daß die Gesellschafter der Klägerin den Notar beauftragten, die Gründung der Klägerin notariell zu beurkunden. Die Kosten stellten deshalb für die Gesellschafter Anschaffungskosten auf die neu entstandenen Beteiligungen dar. Die Veranlassung für ihre Entstehung ist in der Person der Gesellschafter zu suchen. Eine Veranlassung auch in der Person der Klägerin könnte nur dann angenommen werden, wenn ihre Übernahme zu Lasten der Klägerin im Gesellschaftsvertrag festgesetzt worden wäre. Daran fehlt es jedoch im Streitfall.

Zwar enthält das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) anders als § 26 des Aktiengesetzes (AktG) keine ausdrückliche Vorschrift darüber, ob die Übernahme des Gründungsaufwandes zu Lasten der Gesellschaft der statutarischen Festsetzung bedarf. Jedoch sah der Regierungsentwurf zum GmbHG 1980 eine entsprechende Regelung in § 5a vor (BTDrucks 8/1347, S.4). Die Regelung wurde zwar nicht in das GmbHG 1980 aufgenommen (BTDrucks 8/3908, S.70). Die sich aus § 9a Abs.1 GmbHG ergebende Verpflichtung, Vergütungen zu ersetzen, die nicht unter dem Gründungsaufwand aufgenommen worden sind, setzt jedoch als selbstverständlich voraus, daß die Gesellschaft für diesen Aufwand nur dann aufzukommen hat, soweit die Satzung das vorsieht. Deshalb ist in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs --BGH-- (vgl. Beschluß vom 20.Februar 1989 II ZB 10/88, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 1989, 250) und der im Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Rechtsauffassung (vgl. Scholz/Winter, GmbHGes, 7.Aufl., § 5 Rdnr.112 m.w.N.) die Gesetzeslücke in entsprechender Anwendung des § 26 Abs.2 AktG zu schließen. Die Vorschrift ist insoweit Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, der für alle Kapitalgesellschaften und damit auch für die GmbH verbindlich ist. Sie soll im Interesse der Gläubiger und der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft sicherstellen, daß in der Satzung offengelegt wird, wie weit das gezeichnete Kapital durch Gründungsaufwand vorbelastet ist. Soweit die Offenlegung unterbleibt, entfällt auch die Vorbelastung. In diesem Fall ist der Aufwand im Innenverhältnis von den Gesellschaftern als den Gründern zu tragen (vgl. Barz, Großkommentar zum Aktiengesetz, 3.Aufl., § 23 Anm.28, § 26 Anm.10, § 36 Anm.15; Kraft in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 2.Aufl., § 26 Rdnr.24, § 36 Rdnr.29). Dem steht die Regelung der §§ 677, 683 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nicht entgegen, weil es nicht im mutmaßlichen Interesse einer Gesellschaft liegt, Kosten zu übernehmen, die das Gesetz den Gesellschaftern aufbürdet.

b) Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs.2 FGO) fehlt es für den Streitfall an einer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag der Klägerin, die den Anforderungen des § 26 Abs.2 AktG genügt. Damit waren die Notarkosten von den Gesellschaftern L und D zu tragen. Soweit die Klägerin die Notarkosten übernahm, die im Innenverhältnis zwischen L und D von L hätten getragen werden müssen, fehlt es an jeder von vornherein abgeschlossenen Übernahmevereinbarung zwischen der Klägerin und L, weshalb eine Veranlassung durch die Gesellschafterposition der L schon aus diesem Grunde anzunehmen ist. Soweit es sich um die Übernahme der Notarkosten handelt, die von D zu tragen gewesen wären, würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der Übernahme gerade mit Rücksicht auf die Schutzfunktion des § 26 Abs.2 AktG nicht zugestimmt haben. Daraus ergibt sich die Veranlassung der Vermögensminderung durch die Gesellschafterposition des D. Der Senat hat insoweit keine Bedenken, auf das Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters als Beurteilungsmaßstab zurückzugreifen. Die Übernahme von Aufwand, der zivilrechtlich gesehen nicht von der Kapitalgesellschaft zu tragen ist, ist auch im Verhältnis zu Nichtgesellschaftern denkbar, weshalb der Vergleich mit dem Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters möglich ist.

5. Zwar hat das FG in tatsächlicher Hinsicht die übrigen Voraussetzungen einer Körperschaftsteuererhöhung gemäß § 27 Abs.1 KStG 1977 nicht festgestellt. Die Beteiligten streiten jedoch nur darüber, ob eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs.3 Satz 2 KStG 1977 dem Grunde nach anzunehmen ist oder nicht. Der Senat versteht dies dahin, daß die übrigen Voraussetzungen einer Körperschaftsteuererhöhung zwischen den Beteiligten unstreitig sind und es aus diesem Grunde keiner Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG bedarf.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62976

BFH/NV 1990, 5

BStBl II 1990, 89

BFHE 158, 390

BFHE 1990, 390

BB 1990, 480

BB 1990, 480-481 (LT)

DB 1990, 459-460 (ST)

DStR 1990, 38 (KT)

HFR 1990, 263 (LT)

StE 1990, 5 (K)

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