Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für Fahrten zu ständig wechselnden Einsatzstellen

 

Leitsatz (NV)

Aufwendungen für Fahrten zu ständig wechselnden Einsatzstellen sind nur mit dem Pauschbetrag von 0,36 DM je Entfernungskilometer zu berücksichtigen, wenn der Arbeitnehmer an verschiedenen Einsatzorten in einer Entfernung zu seiner Wohnung tätig ist, wie sie auch von vielen anderen Arbeitnehmern mit einer festen Arbeitsstätte zurückgelegt wird (Anschluß an BFH, Urteil vom 10. Mai 1985 VI R 157/81, BFHE 144, 46, BStBl II 1985, 595).

 

Normenkette

EStG 1980 § 9 Abs. 1 Nr. 4 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr 1980 in Berlin als Baufachwerker nichtselbständig tätig. In seinem Antrag auf Lohnsteuer-Jahresausgleich 1980 machte er als Werbungskosten 0,72 DM je Entfernungskilometer für seine Fahrten zu folgenden ständig wechselnden Einsatzstellen geltend. Der Gesamtbetrag der insoweit geltend gemachten Werbungskosten betrug 2 275 DM (= 3 159 km x 0,72 DM).

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte im Lohnsteuer-Jahresausgleich 1980 nur einen Teilbetrag von 1 384 DM entsprechend der nachfolgenden, dem Bescheid beigefügten Erläuterungen:

vom 6. 2. - 22. 2. 1980 13 Tage à 12 km à 0,36 DM 56,16 DM

vom 25. 2. - 22. 5. 1980 60 Tage à 14 km à 0,72 DM 604,80 DM

vom 23. 5. - 23. 5. 1980 1 Tage à 6 km à 0,72 DM 4,32 DM

vom 24. 5. - 11. 6. 1980 11 Tage à 6 km à 0,36 DM 23,76 DM

vom 12. 6. - 24. 6. 1980 8 Tage à 6 km à 0,36 DM 17,28 DM

vom 25. 6. - 2. 7. 1980 6 Tage à 13 km à 0,36 DM 28,08 DM

vom 3. 7. - 7. 7. 1980 3 Tage à 5 km à 0,36 DM 5,40 DM

vom 8. 7. - 15. 9. 1980 50 Tage à 14 km à 0,36 DM 252,00 DM

vom 16. 9. - 10. 10. 1980 19 Tage à 19 km à 0,36 DM 129,96 DM

vom 13. 10. - 24. 12. 1980 52 Tage à 14 km à 0,36 DM 262,08 DM

1 383,84 DM

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage auf Berücksichtigung weiterer Fahrtkosten von 891 DM als Werbungskosten statt. Es führte u.a. aus:

Sei ein Arbeitnehmer auf ständig wechselnden Einsatzstellen tätig, könne er die tatsächlichen Fahrtaufwendungen mit den für Dienstreisen geltenden Kilometersätzen des Abschn. 25 Abs. 8 Satz 3 der Lohnsteuer-Richtlinien 1978 (LStR) als Werbungskosten geltend machen. Sei er allerdings länger als drei Monate auf der Einsatzstelle tätig, so lägen für die Folgezeit Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vor, die nur mit einem Pauschbetrag von 0,36 DM je Entfernungskilometer berücksichtigt werden könnten. Es käme nicht darauf an, ob spätere Einsatzstellen mindestens 15 km von der Wohnung und mindestens 15 km von der bisherigen Einsatzstelle entfernt lägen. Die Anweisungen in Abschn. 24 Abs. 4 Nr. 3 Satz 5 i.V.m. Abschn. 25 Abs. 3 Nr. 2 LStR 1981 seien für das Streitjahr 1980 noch nicht anwendbar.

Gegen diese Entscheidung legte das FA Revision ein. Es ist der Ansicht, die Vorentscheidung verletze § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien Aufwendungen für Fahrten zu ständig wechselnden Einsatzstellen den Aufwendungen bei Dienstreisen gleichzustellen. Sie könnten daher nicht in einem größeren Umfang als dort steuerlich berücksichtigt werden. Dementsprechend beginne bei einem mehrfachen Wechsel der Einsatzstellen in ununterbrochener Reihenfolge die Dreimonatsfrist jeweils neu zu laufen, wenn die neue Einsatzstelle 15 km von der regelmäßigen Arbeitsstätte und gleichzeitig mindestens 15 km von derjenigen Einsatzstelle entfernt liege, die zuletzt Ausgangspunkt für die Berechnung der Dreimonatsfrist gewesen sei. Entsprechend der Regelung in Abschn. 25 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 LStR beginne bei vorübergehendem Einsatz an einer weiteren Tätigkeitsstätte oder bei vorübergehender Rückkehr in den Betrieb die Dreimonatsfrist neu zu laufen, wenn die Unterbrechung mindestens vier Wochen betrage. Gemäß diesen Grundsätzen habe es, das FA, die Aufwendungen des Klägers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte im angefochtenen Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheid mit 1 384 DM als Werbungskosten berücksichtigt.

Das FA beantragt,

die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG können Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit dem eigenen Kfz für jeden Arbeitstag, an dem das Kfz benutzt wird, nur in Höhe eines Pauschsatzes von 0,36 DM für jeden Kilometer berücksichtigt werden, den die Wohnung von der Arbeitsstätte entfernt liegt. Der Senat hat allerdings Fahrtaufwendungen nach Dienstreisegrundsätzen zum Abzug zugelassen, wenn ein Arbeitnehmer auf ständig wechselnden Bau- und Montagestellen (Einsatzstellen) tätig ist (vgl. Urteil vom 2. November 1984 VI R 38/83, BFHE 142, 389, BStBl II 1985, 139, und die dort erwähnte Rechtsprechung).

Wie der Senat nach Erlaß der Vorentscheidung durch Urteil vom 10. Mai 1985 VI R 157/81 (BFHE 144, 46, BStBl II 1985, 595) entschieden hat, sind Aufwendungen für Fahrten mit dem eigenen PKW von der Wohnung zu den verschiedenen Einsatzorten und zurück nur mit den Pauschsätzen des § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG als Werbungskosten abziehbar, wenn ein Arbeitnehmer an verschiedenen Einsatzorten in einer Entfernung von seiner Wohnung tätig ist, wie sie auch von vielen anderen Arbeitnehmern mit einer festen Arbeitsstätte täglich zurückgelegt wird. Der BFH hat deshalb in jener Entscheidung Fahrtaufwendungen eines Bauarbeiters nur mit 0,36 DM je Entfernungskilometer und nicht mit den tatsächlich entstandenen Kosten berücksichtigt, weil die wechselnden Einsatzstellen arbeitstäglich nur zwischen 12 bis 25 km von seiner Wohnung entfernt lagen.

Der Senat hält an den Grundsätzen dieser Entscheidung fest. Sie sind auch auf den Streitfall anzuwenden. Da die Entfernung zwischen der Wohnung des Klägers und den jeweiligen Einsatzstellen im Streitjahr 1980 zwischen 5 und 19 km gelegen haben, standen ihm für alle Fahrten zu den Einsatzstellen nur die Pauschbeträge nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG von 0,36 DM je Entfernungskilometer zu.

Die Vorentscheidung ist aufzuheben, da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist. Die Klage ist abzuweisen, da das FA in dem angefochtenen Bescheid über den Lohnsteuer-Jahresausgleich die Fahrten des Klägers zu den jeweiligen Einsatzstellen im Ergebnis zutreffend grundsätzlich als Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG gewürdigt hat. Es hat in diesem Bescheid zwar für Fahrten zu zwei Einsatzstellen in der Zeit vom 25. Februar bis 23. Mai 1980 dem Kläger zu Unrecht einen Pauschbetrag von 0,72 DM je Entfernungskilometer gewährt. Dies führt jedoch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheids 1980, da dem Senat eine Entscheidung zu Lasten des Klägers verwehrt ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415315

BFH/NV 1988, 227

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