Entscheidungsstichwort (Thema)

Anschaffungsnahe Gebäudeaufwendungen - Schönheitsreparaturen

 

Leitsatz (amtlich)

Wendet der Käufer eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks noch vor dem Bezug für Schönheitsreparaturen (Maler- und Weißbinderarbeiten) einen Betrag auf, der wertmäßig 4 v.H. des Kaufpreises ausmacht, so steht der zeitliche Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Anschaffung ihrem sofortigen Abzug als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht entgegen.

 

Normenkette

EStG 1981 § 9 Abs. 1 Sätze 1-2, § 21 Abs. 2, § 21a

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zur Einkommensteuer zusammen veranlagt werden. Sie erwarben mit Kaufvertrag vom 12.Oktober 1982 ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück zum Kaufpreis von 238 000 DM. Anschließend ließen sie in der Zeit bis zum Einzug am 18.Dezember 1982 mit einem Aufwand von 10 271 DM im wesentlichen Maler- und Weißbinderarbeiten durchführen. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1982 machten sie diese Aufwendungen als sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Dagegen vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Auffassung, daß es sich um anschaffungsnahe Herstellungsaufwendungen handele.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage nach insoweit erfolglosem Vorverfahren als unbegründet ab. Denn die Aufwendungen zählten noch zu den Anschaffungskosten des Einfamilienhauses. Nach der überwiegenden neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der sich das FG anschließe, seien nicht nur die eigentlichen Erwerbskosten, sondern auch die Aufwendungen Anschaffungskosten, die geleistet werden, um das Wirtschaftsgut erstmals in einen, dem angestrebten Zweck entsprechenden (betriebsbereiten) Zustand zu versetzen. Dasselbe gelte bei Anschaffung eines Wohngebäudes für die Aufwendungen, die der Erwerber zum Zwecke der erstmaligen Nutzbarkeit des Hauses erbracht habe. So sei es auch im Streitfall, da die Reparaturarbeiten nach dem eigenen Vorbringen der Kläger erforderlich gewesen seien, um das Haus überhaupt beziehen zu können. Versteckte Mängel hätten nicht vorgelegen.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs.1 Satz 1 und Satz 3 Nr.7, § 7, § 21 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Die Renovierungsaufwendungen stellten Werbungskosten dar, weil sie erbracht worden seien, um (fiktive) Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen. Anschaffungskosten seien nicht gegeben, da der Kaufpreis nicht um die strittigen Aufwendungen gekürzt worden sei. Denn sie hätten nur 4 v.H. der Erwerbskosten betragen. Ferner könne die Auslegung des § 21a EStG durch das FG nicht geteilt werden.

Die Kläger beantragen, unter Aufhebung des FG-Urteils und der Einspruchsentscheidung den Einkommensteuerbescheid für 1982 vom 5.Juli 1983 dahingehend zu ändern, daß die Einkommensteuer auf 7 290 DM herabgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des FG-Urteils und Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Das FG hat die strittigen Aufwendungen zu Unrecht als anschaffungsnahen Aufwand beurteilt; es handelt sich vielmehr um sofort abziehbare, vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Im Urteil vom 12.Februar 1985 IX R 114/83 (BFHE 143, 431, BStBl II 1985, 690) hat sich der Senat der ständigen BFH-Rechtsprechung zum anschaffungsnahen Aufwand im wesentlichen angeschlossen und insbesondere ausgeführt, daß hohe Instandsetzungsaufwendungen, die nach dem Erwerb eines zur Selbstnutzung bestimmten Wohngebäudes vorgenommen werden, entweder als Anschaffungsnebenkosten, wozu der Senat neige, oder --mit der bisherigen Rechtsprechung (vgl. insbesondere den Beschluß des Großen Senats vom 22.August 1966 GrS 2/66, BFHE 86, 792, BStBl III 1966, 672)-- als nachträgliche Herstellungskosten zu beurteilen sind, wenn das Gebäude durch solche Aufwendungen über seinen bisherigen Zustand hinaus erheblich verbessert wird. Hieran hält der Senat fest, wie sich im einzelnen aus seinem Urteil vom 11.August 1989 IX R 44/86 (BFHE 158, 240) ergibt.

Das FG hat jedoch die Voraussetzungen für die Annahme anschaffungsnahen Aufwands verkannt.

Nebenkosten der Anschaffung kommen nach dem Senatsurteil in BFHE 143, 431, BStBl II 1985, 690 in Betracht, wenn noch vor dem Bezug eine umfassende, intensive Modernisierung des Hauses stattgefunden hat, um es nutzbar zu machen. Davon kann im vorliegenden Fall, wie die Kläger unwidersprochen und mit Recht rügen, nicht ausgegangen werden. Die Vornahme von Maler- und Weißbinderarbeiten anläßlich des Bezugs einer Wohnung gehört zu den weitgehend üblichen Schönheitsreparaturen (vgl. zu deren Begriff § 28 Abs.4 Satz 5 der Verordnung über wohnungswirtschaftliche Berechnungen --II.BV-- i.d.F. vom 18.Juli 1979, BGBl I 1979, 1077, BStBl I 1979, 522). Das Ausstehen lediglich solcher Arbeiten ändert an der Bezugsfertigkeit einer Wohnung nach ständiger Rechtsprechung nichts (vgl. das Senatsurteil vom 7.April 1987 IX R 140/84, BFHE 150, 16, BStBl II 1987, 567). Auch bei neu errichteten Mietwohngebäuden werden z.B. Tapezierarbeiten vielfach erst unmittelbar vor dem Einzug vorgenommen, und zwar insbesondere mit Rücksicht auf die Wohnvorstellungen des Mieters (vgl. BFH-Urteil vom 19.Juli 1985 III R 139/80, BFH/NV 1986, 324). Auch die verhältnismäßig geringe Höhe des Aufwands von nur 4 v.H. der auf das Grundstück entfallenen Anschaffungskosten spricht gegen seine Berücksichtigung bei der Kaufpreisbildung.

Aus ähnlichen Gründen entfällt die Annahme anschaffungsnaher Herstellungskosten. Denn das FG hat weder festgestellt noch sind dafür Anhaltspunkte ersichtlich, daß durch die strittigen Aufwendungen der Nutzungswert des Gebäudes erheblich erhöht worden wäre. Der Senat hat im Anschluß an die ständige Praxis bereits ausgesprochen, daß laufender Erhaltungsaufwand, der jährlich üblicherweise anfällt, auch bei neu erworbenen Gebäuden sofort als Werbungskosten abziehbar ist (Beschluß vom 23.Juni 1988 IX B 178/87, BFH/NV 1989, 165). Werden Schönheitsreparaturen in einem Zuge an mehreren Räumen oder an der ganzen Wohnung vorgenommen, weil diese in diesem Zeitpunkt leersteht, ändert sich an der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung grundsätzlich nichts. Gegen die Ansicht des FG spricht auch die verhältnismäßig geringe Höhe der Aufwendungen (vgl. insoweit die seit 1984 geltende Verwaltungsanweisung in Abschn.157 Abs.5 Satz 4 (7) der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR--), wonach die Aufgreifgrenze für anschaffungsnahen Herstellungsaufwand auf 20 v.H. der auf das Gebäude entfallenden Anschaffungskosten bemessen ist. Dem Werbungskostenabzug steht auch § 21a Abs.3 EStG nicht entgegen, weil die Reparaturen in einem Zeitraum ausgeführt wurden, in dem der pauschalierte Nutzungswert noch nicht anzusetzen war (vgl. BFH-Urteil vom 24.Januar 1969 VI R 173/67, BFHE 95, 100, BStBl II 1969, 312).

Hiernach kann die Vorentscheidung keinen Bestand haben. Die Sache ist spruchreif. Der Klage war stattzugeben, weil das FA durch den angefochtenen Einkommensteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung den Klägern rechtswidrig die Berücksichtigung des Erhaltungsaufwands als sofort abziehbare Werbungskosten versagt hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62961

BFH/NV 1990, 2

BStBl II 1990, 130

BFHE 158, 326

BFHE 1990, 326

BB 1990, 475

BB 1990, 475-476 (LT)

DB 1990, 25-26 (LT)

DStR 1990, 34 (KT)

HFR 1990, 126 (LT)

StE 1990, 3 (K)

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