Entscheidungsstichwort (Thema)

Schuldzinsen für ein zum Zwecke des Zugewinnausgleichs aufgenommenes Darlehen nicht als Werbungskosten abziehbar

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Eigentümer eines Mietwohngrundstücks kann Schuldzinsen für ein Darlehen, das er zur Erfüllung seiner auf dem Wert des Grundstücks beruhenden Verpflichtung zum Zugewinnausgleich aufgenommen hat, mangels eines wirtschaftlichen Zusammenhangs mit seiner Einkünfteerzielung nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen (Anschluß an BFH-Urteil vom 8.Dezember 1992 IX R 68/89, BFHE 170, 134, BStBl II 1993, 434).

2. Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang der Schuldzinsen besteht auch dann nicht, wenn im Falle der Nichterfüllung der Schuld ein Vollstreckungszugriff des geschiedenen Ehegatten auf das Mietwohngrundstück gedroht hätte.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 25.11.1987; Aktenzeichen XIII K 37/87)

 

Tatbestand

Die Ehe des im Jahre 1988 verstorbenen Vaters der Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurde im Jahre 1983 geschieden. Der verstorbene Vater verpflichtete sich in einem Scheidungsfolgenvergleich, seiner früheren Ehefrau den Zugewinnausgleich zu zahlen. Bemessungsgrundlage hierfür war u.a. ein ihm gehörendes Mietwohngrundstück. Er machte bei seiner Veranlagung zur Einkommensteuer für das Streitjahr 1984 Schuldzinsen auf ein zur Erfüllung der Zugewinnausgleichsverpflichtung aufgenommenes Darlehen vergeblich als Werbungskosten geltend.

Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage mit dem in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1988, 231 veröffentlichten Urteil statt.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) rügt mit seiner Revision Verletzung von § 9 Abs.1 Satz 1 und Satz 3 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Entscheidung in der Sache selbst (§ 126 Abs.3 Nr.1 FGO).

Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, weil das FG die strittigen Schuldzinsen für ein Darlehen zur Bezahlung des Zugewinnausgleichs rechtsfehlerhaft als Werbungskosten i.S. von § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 EStG beurteilt hat.

1. Nach § 9 Abs.1 Satz 3 Nr.1 EStG sind Schuldzinsen als Werbungskosten abziehbar, soweit sie mit einer bestimmten Einkunftsart im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Das Vorliegen eines wirtschaftlichen Zusammenhangs ist danach zu beurteilen, ob die Schuldzinsen für eine Verbindlichkeit geleistet worden sind, die durch die Einkunftserzielung veranlaßt ist. Maßgeblich hierfür ist, ob die Darlehensvaluta zur Erzielung von Einkünften --im vorliegenden Falle aus Vermietung und Verpachtung-- aufgenommen und tatsächlich verwendet worden ist (Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4.Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817).

Ein bloßer rechtlicher Zusammenhang --wie im vorliegenden Falle eine Belastung des Grundstücks mit einer Grundschuld-- reicht nicht aus (Beschluß des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817).

2. a) Ein wirtschaftlicher Zusammenhang im vorstehenden Sinne besteht nicht zwischen den strittigen Schuldzinsen und der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Die Zugewinnausgleichsverpflichtung des Vaters, zu deren Erfüllung er das Darlehen aufgenommen hatte, ist nicht durch seine Einkunftserzielung, sondern durch die Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft infolge der Scheidung seiner Ehe veranlaßt. Die Verpflichtung des Vaters zum Zugewinnausgleich hat als Folge der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung mit seiner früheren Ehefrau ihren Rechtsgrund in seiner Vermögenssphäre, die für die Ermittlung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unerheblich ist.

b) Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den strittigen Schuldzinsen und den Vermietungseinkünften des Vaters der Kläger läßt sich auch nicht damit begründen, daß die Ausgleichsverpflichtung u.a. auf den Wert des dem Vater zur Einkunftserzielung dienenden Grundvermögens zurückzuführen ist. Mit dieser Begründung hatte der erkennende Senat allerdings Schuldzinsen für ein zum Zwecke des Zugewinnausgleichs aufgenommenen Darlehens insoweit als bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbare Werbungskosten beurteilt, als der Wert des der Einkunftserzielung dienenden Vermögens Bemessungsgrundlage für den Zugewinnausgleich war (Senatsentscheidung vom 24.Januar 1989 IX R 111/84, BFHE 156, 131, BStBl II 1989, 706). Der Senat hat diese Rechtsprechung jedoch mit Urteil vom 8.Dezember 1992 IX R 68/89 (Der Betrieb 1993, 965) aufgegeben. Denn bei der Ermittlung von Überschußeinkünften ist zu unterscheiden zwischen der Sphäre der Einkunftserzielung durch Überlassung zur Nutzung und der nicht steuerbaren Vermögenssphäre. Regelungen über den Zugewinnausgleich betreffen nur das Vermögen, nicht aber die Einkunftserzielung von Eheleuten.

c) Ein wirtschaftlicher Zusammenhang der strittigen Schuldzinsen mit der Einkunftserzielung läßt sich schließlich --entgegen der Auffassung des FG-- auch nicht damit begründen, daß der Vater der Kläger das Darlehen aufnahm, um sein Mietwohngrundstück nicht zur Erfüllung seiner Zugewinnausgleichsverpflichtung verwerten zu müssen. Das gleiche gilt für den Hinweis des FG, ohne eine Erfüllung der Zugewinnausgleichsverpflichtung mit Darlehensmitteln hätte dem Vater der Kläger eine Klage und Vollstreckung seiner früheren Ehefrau aufgrund ihrer Ausgleichsforderung in sein Mietwohngrundstück oder gar ein Antrag nach § 1383 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf Übertragung des Eigentums auf sie gedroht.

Aufwendungen zur Abwehr von Gefahren für das der Einkunftserzielung dienende Vermögen sind nicht allgemein als Werbungskosten "Zur Sicherung und Erhaltung der Einnahmen" i.S. von § 9 Abs.1 Satz 1 EStG abziehbar. Ein Veranlassungszusammenhang mit der Einkunftserzielung ist dann grundsätzlich zu verneinen, wenn die Zugehörigkeit eines der Einkunftserzielung dienenden Wirtschaftsgutes zum Vermögen des Steuerpflichtigen bedroht ist. Denn in einem solchen Falle steht nicht die Absicht der Einkunftserzielung, sondern die Beeinträchtigung des Vermögens des Steuerpflichtigen im Vordergrund (BFH-Urteil vom 11.Oktober 1956 IV 135/55 U, BFHE 63, 488, BStBl III 1956, 383: Prozeßkosten eines Erbschaftsstreits; von Bornhaupt, in: Kirchhof/ Söhn, Einkommensteuergesetz, § 9 Rdnr.B 142 f. m.w.N.). Ein Veranlassungszusammenhang von Abwehrkosten mit einer Einkunftserzielung kommt hingegen dann in Betracht, wenn die abzuwehrende Gefahr durch die Einkunftserzielung begründet ist, wie z.B. durch die Verwendung eines Wirtschaftsgutes zur Einkunftserzielung (vgl. BFH-Urteil vom 4.Juli 1986 VI R 227/83, BFHE 147, 161, BStBl II 1986, 771 u.a. zum Diebstahl eines Gegenstandes anläßlich seiner Verwendung für berufliche Zwecke; Urteil vom 25.Mai 1992 VI R 171/88, BFHE 168, 542, BStBl II 1993, 44 zum Diebstahl eines zu einer Dienstreise verwendeten privaten PKW eines Arbeitnehmers).

Wenn im vorliegenden Falle die Entstehung der Zugewinnausgleichsverpflichtung des Vaters der Kläger nicht durch seine Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, sondern durch die vermögensrechtliche Auseinandersetzung mit seiner früheren Ehefrau veranlaßt ist, so muß entsprechendes für die Aufwendungen des Vaters der Kläger zur Erfüllung der Schuld und ebenso auch für die Risiken gelten, die ihre Nichterfüllung zur Folge gehabt hätte. Die Zugewinnausgleichsverpflichtung des Vaters ist ebenso dem für die Ermittlung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unerheblichen Vermögensbereich zuzuordnen wie die Gefahren, die ihm für sein Eigentum an dem Mietwohngrundstück im Falle der Nichterfüllung der Ausgleichsverpflichtung von Seiten seiner geschiedenen Ehefrau gedroht haben könnten.

3. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist nach den vorstehenden Ausführungen abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64904

BFH/NV 1993, 62

BStBl II 1993, 751

BFHE 171, 445

BFHE 1994, 445

BB 1993, 1795 (L)

DB 1993, 1855-1856 (LT)

DStZ 1993, 633 (KT)

HFR 1993, 703 (LT)

StE 1993, 486 (K)

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