Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendige Instandsetzung eines beruflich genutzten PKW

 

Leitsatz (NV)

1. Der Umstand, daß bei einem mit erheblichem Aufwand instandgesetzten beruflich genutzten PKW eine Werterhöhung und eine Verlängerung der Nutzungsdauer eingetreten ist, rechtfertigt die Annahme von Herstellungsaufwand im allgemeinen nicht.

2. Zur Berücksichtigung von geringwertigen Wirtschaftsgütern bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 2, § 9 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 Nr. 7

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), der nichtselbständig tätig ist, benutzte im Streitjahr 1977 seinen PKW Porsche, Baujahr 1965, überwiegend beruflich. In seiner Einkommensteuererklärung machte er Kfz-Kosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Darin enthalten waren als Kfz-Reparaturkosten bezeichnete Aufwendungen, die der Kläger - vor einer zwischen den Beteiligten unstreitigen Kürzung um einen Privatanteil von 25 % - mit insgesamt 13 163,44 DM angab . . .

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) ging im angefochtenen Bescheid bei der Berechnung der Werbungskosten nur von 25 % der Reparaturkosten aus. Das FA nahm eine Verlängerung der Nutzungsdauer des Fahrzeugs an und verteilte die Kosten auf vier Jahre.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit der Sprungklage, der das FA zustimmte. Er trug vor, die Nutzungsdauer sei durch die Reparaturen nicht verlängert worden. Der überwiegende Teil der Kosten sei aufgrund mangelhafter Vertragserfüllung durch zwei Kfz-Werkstätten und zwei damit zusammenhängende Zivilprozesse und schließlich aufgrund der Beseitigung von Folgeschäden durch dritte Werkstätten angefallen. Im einzelnen gliederten sich die Kosten wie folgt auf:

DM

a) Prozeßkosten inclusive Nebenkosten 1 298,77

b) Reparaturen, bei denen wegen der Schlechterfüllung der ersten

Werkstatt kein Erfolg eingetreten sei 2 052,58

c) Kosten, die zum Erwerb beweglicher, abnutzbarer

Wirtschaftsgüter führten und die deshalb mit dem Kfz

nur mittelbar zu tun hätten (Ladegerät, Autoschlüsselusw.) 378,28

d) durch den laufenden Betrieb verursachte übliche Repara-

turkosten (Ölverlust, neue Reifen, Auspuff usw.) 2 072,46

e) Umbaukosten 5 085,00

f) Folgekosten dieses Umbaus und kleinere Ausgaben, die

u. U. unter c/d fallen könnten 2 276,35

Kosten insgesamt 13 163,44

Nur die Umbaukosten in Höhe von 5 085 DM hätten zu einer Änderung der Substanz des Fahrzeugs führen können. Dabei handele es sich jedoch nur um vier neue Kotflügel mit anderen Leuchten, eine stärkere Hinterachse und eine Metallic-Ganzlackierung . . .

Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, nach seiner Überzeugung seien die für den Umbau und die zeitlich damit zusammenhängende Motorreparatur gemachten Aufwendungen im Rahmen einer Generalüberholung entstanden und deshalb als Herstellungsaufwand zu behandeln, der auf die Restnutzungsdauer zu verteilen sei. Der Umbau habe in dem Einsetzen von vier neuen Kotflügeln mit anderen Leuchten, im Einbau einer stärkeren Hinterachse und - wie dem Vertrag von 1977 sowie dem vom Kläger vorgelegten Gutachten von 1978 zu entnehmen sei - der Ausstattung mit einer neuen Karosse des Typs 911 T mit Metallic-Lackierung bestanden. Mit der zugleich durchgeführten Motorreparatur, die für sich allein Erhaltungsaufwand hätte sein können, aber zusammen mit den übrigen Arbeiten der Generalüberholung zuzurechnen sei, habe dem Kläger nunmehr ein PKW zur Verfügung gestanden, der nicht allein in seinem ursprünglichen Zustand erhalten worden sei, sondern einen erheblichen Wertzuwachs gewonnen habe. Das Gutachten habe den Wert des 14 Jahre alten Porsche nunmehr, u. a. im Hinblick auf die Umbaukosten, auf 11 000 DM beziffert. Der Kläger selbst habe ausgeführt, daß ein Aufwand von 300 DM bereits ausgereicht hätte, um den PKW betriebsfähig zu erhalten. Auch dieser Umstand spreche dafür, daß die Umbaukosten nicht als normaler Erhaltungsaufwand angesehen werden könnten.

Zu den nicht sofort abziehbaren Werbungskosten gehörten auch die sogenannten geringwertigen Wirtschaftsgüter von 378,28 DM; denn die Bewertungsfreiheit des § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bestehe nicht für die Überschußeinkünfte. Der Herstellungsaufwand berechne sich danach wie folgt:

DM

Umbau 5 085,00

Motorreparatur im zeitlichen

Zusammenhang mit dem Umbau 427,20

geringwerige Wirtschaftsgüter 378,28

Folgekosten des Umbaus 2 276,35

Herstellungsaufwand 8 166,83

Dieser Herstellungsaufwand sei aber nicht, wie das FA angenommen habe, auf vier Jahre zu verteilen; das entspreche fast der Absetzung für Abnutzung (AfA) für einen Neuwagen. Das Gericht gehe im Wege der griffweisen Schätzung von einer dreijährigen Nutzungsdauer aus, so daß im Streitjahr 2 723 DM (8 166,83 DM : 3) abzusetzen seien.

Die übrigen Aufwendungen für den PKW seien den laufenden Reparaturkosten sowie den Ersatzteilbeschaffungen zuzurechnen. Dazu gehörten auch die Prozeßkosten, die der Kläger im Zusammenhang mit den mißglückten Reparaturen und deren späterer ordnungsgemäßer Durchführung habe aufwenden müssen. Die Werbungskosten für den beruflich genutzten PKW errechneten sich danach insgesamt wie folgt:

DM

AfA 2 723,00

laufender Aufwand 8 457,76

11 180,76

./. 25 % Privat 2 795,19

8 385,57

./. vom Arbeitgeber ersetzt 990,00

7 395,57

./. vom FA bereits anerkannt 3 525,00

noch zu berücksichtigende PKW-Kosten 3 870,57

Im Wege der Saldierung seien aber dem Kläger die vom FA gemäß § 33a EStG anerkannten Unterstützungsleistungen an Angehörige in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in Höhe von 840 DM abzuerkennen, da der Kläger trotz Aufforderung des Gerichts die Bedürftigkeit der Angehörigen und damit die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen nicht nachgewiesen habe.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Er macht geltend, zu Unrecht habe das FG Herstellungsaufwand angenommen. Denn es sei weder ein Wirtschaftsgut neu geschaffen worden noch sei die Substanz eines Wirtschaftsguts vermehrt worden; auf eine Werterhöhung allein könne die Annahme von Herstellungsaufwand nicht gegründet werden. Schließlich sei auch kein vorhandenes Wirtschaftsgut durch Umschaffung derart geändert worden, daß sich seine bisherige Nutzungs- und Verwendungsmöglichkeit wesentlich geändert habe. Daß die Generalüberholung als solche die Annahme von Herstellungsaufwand nicht rechtfertige, ergebe sich auch aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 25. März 1977 V R 140/74 (BFHE 122, 176, BStBl II 1977, 577), in dem bei einer vollabgeschriebenen Lokomotive abgenutzte Teile wie Motorkupplung, Räder erneuert und gleichzeitig bisher nicht vorhandene elektrische Einrichtungen eingebaut worden seien. Im übrigen seien die Umbaukosten im Verhältnis zum Neupreis eines Ersatzfahrzeugs relativ unbedeutend. Geradezu absurd aber sei die Annahme des FG, im Zuge des Umbaus sei das Fahrzeug mit einer neuen Karosserie versehen worden. Die Anschaffungskosten einer neuen Karosserie hätten sich allein auf 12 000 DM belaufen und können deshalb in den Umbaukosten nicht enthalten sein.

Denkgesetzlich verfehlt sei auch die Einbeziehung der Folgekosten des Umbaus (2 276,35 DM) in die Herstellungskosten. Hierbei handele es sich um Kosten für Gutachten, Vermessung, TÜV-Gebühren, erfolglose Umbauten und Verschleißreparaturen (Reifen, Stoßdämpfer u. ä,). Insofern werde auch mangelhafte Sachaufklärung durch das FG und Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt . . .

Auch die geringwertigen Wirtschaftsgüter habe das FG zu Unrecht als Herstellungskosten angesehen.

Schließlich sei zu beanstanden, daß das FG die Unterstützungsaufwendungen für Angehörige in der DDR nicht anerkannt habe. Insoweit sei es zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Bedürftigkeit nachgewiesen werden müsse. Im übrigen seien die unterstützten Angehörigen aber auch tatsächlich bedürftig.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Die Feststellungen des FG tragen die Vorentscheidung nicht.

Dies gilt zunächst für die Annahme der Vorinstanz, bei den für den Porsche aufgewandten Instandsetzungskosten handele es sich in Höhe des Betrages von 8 166,83 DM um Herstellungskosten eines neuen Wirtschaftsguts und nicht um Erhaltungsaufwand. Das FG hat für seine Auffassung angeführt, der Umbau habe nicht nur im Einsetzen von vier neuen Kotflügeln mit anderen Leuchten und im Einbau einer stärkeren Hinterachse, sondern auch in der Ausstattung mit einer neuen Karosse des Typs 911 T mit Metallic-Lackierung bestanden; zusammen mit der Motorreparatur habe dem Kläger nunmehr ein PKW zur Verfügung gestanden, der nicht allein in seinem ursprünglichen Zustand erhalten worden sei, sondern einen erheblichen Wertzuwachs erhalten habe. Aus diesen Feststellungen läßt sich die Annahme einer durch Generalüberholung bewirkten Neuschaffung eines Wirtschaftsguts nicht herleiten.

Zu beanstanden ist schon, daß das FG - allein unter Bezugnahme auf einen Vertrag von 1977 und das vom Kläger vorgelegte Gutachten von 1978, dessentwegen das FG auf Bl. 46 der FG-Akten verwiesen hat - davon ausgegangen ist, das Fahrzeug habe im Rahmen der streitigen Instandsetzung eine ,,neue Karosse" erhalten. Denn das angesprochene Gutachten besagt lediglich, daß das Fahrzeug im Jahre 1977 eine neue Karosse erhalten habe, ohne daß ersichtlich ist, in welchem Zusammenhang dies geschehen sein soll und wann und wie die Bezahlung erfolgte; die im Gutachten in Bezug genommene Anlage ist der bei den FG-Akten befindlichen Kopie des Gutachtens nicht beigefügt. Auch der vom FG angesprochene ,,Vertrag von 1977", mit dem möglicherweise der auf Bl. 83a Einkommensteuerakten in Fotokopie wiedergegebene Vertrag mit der Firma X, gemeint ist, läßt nicht erkennen, wie das FG zu seiner Feststellung gelangt ist; denn abgesehen davon, daß der in diesem Vertrag genannte Preis von 5 300 DM in der Aufstellung des FG nicht auffindbar ist, ist in dem Vertrag nicht von einer ,,neuen", sondern ,,anderen" Karosserie die Rede. Im übrigen sind im Vertrag von 1977 keine Umbauarbeiten angesprochen, während der in der Aufstellung des FG auftauchende Betrag von 5 085 DM gerade dem ,,Umbau" zugeordnet wurde, der nach den weiteren Ausführungen des FG - neben der auch im vorgenannten Vertrag angesprochenen Ganzlackierung - ,,in dem Einsetzen von vier neuen Kotflügeln mit anderen Leuchten (und) im Einbau einer stärkeren Hinterachse" bestand. Schließlich scheint es dem Senat auch wenig wahrscheinlich, daß der im Vertrag von 1977 genannte Betrag von 5 300 DM neben einer Ganzlackierung auch die Kosten einer neuen Porsche-Karosserie abgedeckt haben soll. Diese Widersprüchlichkeit in der Tatsachenfeststellung hat der BFH von Amts wegen zu beachten, so daß es nicht darauf ankommt, ob der Kläger insoweit eine ordnungsgemäße Sachaufklärungsrüge erhoben hat.

Auch der vom FG weiter angeführte Gesichtspunkt eines erheblichen Wertzuwachses rechtfertigt in dieser Form nicht die Annahme von Herstellungsaufwand. Herstellungsaufwand kann - soweit hier von Interesse - nur angenommen werden, wenn eine so umfangreiche Erneuerung der Substanz vorgenommen wird, daß bei wirtschaftlicher Betrachtung ein neuer Gegenstand - wenn auch von gleicher Wesensart - entsteht; die Werterhöhung des Gegenstandes ist an sich kein entscheidender Gesichtspunkt für die Ablehnung von Erhaltungsaufwand (BFH-Urteil vom 3. Dezember 1958 I 173/58 U, BFHE 68, 240, BStBl III 1959, 95). Ähnliches gilt für die Verlängerung der Nutzungsdauer. Auch sie reicht zur Annahme von Herstellungsaufwand nicht aus, insbesondere, wenn - wie im vorliegenden Fall, in dem nach den Feststellungen des FG Aufwendungen in Höhe von 300 DM zur Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit ausgereicht hätten - noch kein Vollverschleiß des Gegenstandes eingetreten ist (BFH-Urteile vom 30. Mai 1974 IV R 56/72, BFHE 112, 277, BStBl II 1974, 520, und in BFHE 122, 176, BStBl II 1977, 577). Richtig ist allerdings, daß im Einzelfall einmal eine infolge einer Generalüberholung eingetretene ungewöhnliche Werterhöhung, verbunden mit einer wesentlichen Verlängerung der Nutzungsdauer, die Annahme von Herstellungsaufwand rechtfertigen kann. Kennzeichnend für den Maßstab, der bei der Annahme eines solchen Ausnahmefalles angelegt werden muß, ist der Fall des BFH-Urteils vom 31. Januar 1956 I 111/54 U (BFHE 62, 230, BStBl III 1956, 86), in dem ein Omnibus im Werte von 9 600 DM mit einem Aufwand von ca. 29 000 DM so weitgehend renoviert worden war, daß ein von Grund auf neues Wirtschaftsgut entstanden war. Ob im Streitfall ein ähnlich großes Mißverhältnis zwischen dem Wert des Porsche vor der ,,Generalüberholung" und den Instandsetzungskosten bestand, läßt sich den Feststellungen des FG nicht entnehmen, da über den Wert des PKW vor der Instandsetzung nichts gesagt ist. Insbesondere kann aus dem Alter des Fahrzeugs, das im Hinblick auf das vom FG festgestellte Baujahr 1965 nicht über 12 Jahren gelegen haben kann, für sich allein nicht geschlossen werden, daß der Wert des Fahrzeugs im Verhältnis zu den Instandsetzungsaufwendungen unbedeutend war. Denn es ist allgemein bekannt, daß Porsche-PKW in der Anschaffung sehr teuer sind; nach dem Vortrag des Klägers betrug der Neupreis für den seinem Fahrzeug vergleichbaren Typ 911 im Jahre 1981 bereits 60 000 DM. Unter diesen Umständen kann mangels näherer Feststellungen nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß das Fahrzeug wegen seines Alters keinen nennenswerten Vermögenswert mehr gehabt hat.

Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an das FG zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen nachholt.

Bei seiner erneuten Entscheidung wird das FG auch den anderen Einwendungen des Klägers nachzugehen haben. Wegen der dem Kläger vom FG aberkannten Unterhaltsaufwendungen für seine Verwandten in der DDR verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom 25. März 1983 VI R 275/80 (BFHE 138, 343, BStBl II 1983, 453).

Zu der Frage, ob die sofortige Abziehbarkeit der Aufwendungen für geringwertige Wirtschaftsgüter versagt werden muß, weil in § 9 Abs. 1 Nr. 7 EStG eine Verweisung auf § 6 Abs. 2 EStG fehlt, wird auf Abschn. 84a der Einkommensteuer-Richtlinien 1975 aufmerksam gemacht. Danach können Aufwendungen für Wirtschaftsgüter im Jahr ihrer Verausgabung in voller Höhe als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Aufwendungen für das einzelne Wirtschaftsgut 800 DM nicht übersteigen, was für eine Berücksichtigung derartiger Aufwendungen - jedenfalls im Billigkeitswege - sprechen könnte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61384

BFH/NV 1986, 529

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