Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Gesellschafterin einer GmbH im Sinne von § 6 Abs. 2 KVStG ist eine KG, die die Geschäftsanteile der GmbH erworben hat; dagegen sind die Gesellschafter der KG, die Gesamthandseigentümer an den GmbH-Anteilen werden, nicht auch Gesellschafter der GmbH im Sinne der genannten Vorschrift.

 

Normenkette

KVStG § 3 Abs. 2 S. 1, § 6 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein gesellschafterverbürgter Kredit vorliegt. Die Steuerpflichtige - Stpfl. - (Klägerin und Revisionsbeklagte, im folgenden kurz auch GmbH) erhielt im Jahre 1958 von ihrer Bank ein Darlehen von 250.000 DM, das - wenigstens ursprünglich - dazu dienen sollte, die übernahme von GmbH-Anteilen der Stpfl. auf die A- KG (kurz KG) zu finanzieren.

Zur Zeit der Darlehnshingabe waren Anteilseigner der Geschäftsanteile der Stpfl., die KG zu 96,75 % und der minderjährige C zu 3,25 %, Sohn der (wiederverheirateten) persönlich haftenden Gesellschafterin der KG, Frau B (kurz auch: persönlich haftende Gesellschafterin). Frau B ist auch die alleinvertretungsberechtigte Gesellschafterin der KG.

Mit Bürgschaftsvertrag vom 27. März 1958 übernahm Frau B die selbstschuldnerische Bürgschaft bis zum Betrage von 200.000 DM für einen Kredit des Bankgeschäfts X an die Stpfl. Im Vertrage vom 19. Juni 1958 wurde der Kredit auf 250.000 DM erhöht. Es ist bisher unstreitig, daß die Bürgschaft auch den Erhöhungsbetrag von 50.000 DM mitumfaßt.

Das Finanzamt - FA - (Beklagter und Revisionskläger) forderte mit Steuerbescheid vom 26. März 1962 eine Gesellschaftsteuer von 3 % von 250.000 DM. Der Einspruch der Stpfl. blieb erfolglos. Ihre Berufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus: Frau B sei nicht Gesellschafterin der Stpfl. gewesen und könne auch nicht im Sinne des KVStG als Gesellschafterin behandelt werden. Nach § 6 Abs. 2 KVStG seien Gesellschafter die Personen, denen die in Abs. 1 bezeichneten Gesellschaftsrechte zuständen. Zugestanden hätten aber die Gesellschaftsrechte (die GmbH-Anteile der Stpfl.) nicht der Frau B, sondern der KG.

Auf die Zurechnungsvorschrift des § 11 Ziff. 5 StAnpG könne die Gesellschaftsteuerpflicht nicht gestützt werden. Es sei ausschließlich die bürgerlich-rechtliche Rechtslage maßgebend. Gesamthandsverhältnisse seien gesellschaftsteuerrechtlich unterschiedlich zu beurteilen; z. B. seien bei Miterbengemeinschaften und Gesellschaften bürgerlichen Rechts die die Gesamthand bildenden Personen selbst die Rechtsträger. Diesen Personen ständen daher auch im Sinne des § 6 Abs. 2 KVStG die Gesellschaftsrecht zu. Wenn aber die Gesamthand als solche Trägerin der Rechte sei, wie bei der offenen Handelsgesellschaft und der Kommanditgesellschaft, dann sei die OHG oder KG als Gesellschafterin im Sinne des Kapitalverkehrsteuerrechts anzusehen.

Das FA hält in seiner Rb. § 11 Ziff. 5 StAnpG auch für das Gesellschaftsteuerrecht für anwendbar mit der Folge, daß Frau B als Anteilseigentümerin der GmbH-Anteile zu behandeln sei.

Vom Rechtsstandpunkt des FG aus hätte das FG weiter prüfen müssen, ob Frau B die Bürgschaft für sich als Privatperson oder als Geschäftsführerin und alleinvertretungsberechtigte Gesellschafterin der KG abgegeben habe.

In den Wirtschaftsjahren 1958/1959 und 1959/1960 sei 1 Million DM investiert worden; ohne das Darlehen sei diese Investition nicht möglich gewesen. Mit der Darlehnshingabe sei nicht nur die Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters bezweckt gewesen, sondern es sollte mit dem Darlehen auch rationalisiert und investiert werden.

 

Entscheidungsgründe

Die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandelnde Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Voraussetzung für die Gesellschaftsteuerpflicht ist, daß Frau B als "Gesellschafterin" der GmbH Sicherheit in der Form der Bürgschaft für das Darlehen gegeben hat (§§ 3 Abs. 2 Satz 1, 6 Abs. 2 KVStG). Dem FG ist darin beizutreten, daß nur die KG, nicht aber auch Frau B als Gesellschafterin der GmbH im Sinne von § 6 Abs. 2 KVStG gilt.

Die persönlich haftende Gesellschafterin ist zwar nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts gesamthänderische Anteilseigentümerin der GmbH-Anteile geworden (§§ 718 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 161 Abs. 2 und 105 Abs. 2 HGB), ohne daß es hierzu der gerichtlichen oder notariellen Form bedurfte, die § 15 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) für die Abtretung von Geschäftsanteilen vorschreibt. Das Gesamthandseigentum der persönlich haftenden Gesellschafterin genügt nicht, um sie als Gesellschafterin der GmbH im Sinne von § 6 Abs. 2 KVStG auszuweisen. Ein Geschäftsanteil kann mehreren Mitberechtigten ungeteilt (nach Bruchteilen oder gesamthänderisch) zustehen; die Mitberechtigten können dann ihre Rechte nur gemeinschaftlich ausüben (§ 18 Abs. 1 GmbHG). Diese Bestimmung findet jedoch keine Anwendung, wenn der Geschäftsanteil zum Gesellschaftsvermögen einer OHG oder KG gehört (Baumbach-Hueck, GmbHG, 12. Aufl., Anm. 1 zu § 18; Schilling in Hachenburg, Kommentar zum GmbHG, 6. Aufl., Anm. 7 zu § 18); der Geschäftsanteil steht nur der OHG oder der KG zu. Der bloße treuhänderische Miteigentumsanteil an den GmbH-Anteilen beinhaltet also keine Gesellschaftsrechte, die für Frau B die Gesellschaftereigenschaft im Sinne von § 6 Abs. 2 KVStG begründen könnten.

Die GmbH-Anteile stehen auch im Sinne von § 6 Abs. 2 KVStG allein der KG zu, die sie gemäß § 15 Abs. 3 GmbHG erworben hatte. Die KG allein ist berechtigt, die mit ihren Geschäftsanteilen verbundenen Mitgliedsrechte geltend zu machen (§§ 29, 45 ff. GmbHG); die KG hat die aus der Mitgliedschaft sich ergebenden Pflichten zu erfüllen (§ 26 GmbHG). In diese Rechtsstellung der KG kann Frau B in ihrer Eigenschaft als gesamthänderische Anteilseigentümerin der Anteile nicht eingreifen; sie kann nicht einmal über ihren gesamthänderischen Anteilsbesitz verfügen (§ 719 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 2 HGB).

Steuerrechtlich ist eine andere Beurteilung nicht deshalb geboten, weil nach § 11 Ziff. 5 StAnpG der gesamthänderische Anteil Frau B so zugerechnet wird, als wäre sie nach Bruchteilen Miteigentümerin der GmbH-Anteile. § 11 Ziff. 5 StAnpG geht auf § 80 Abs. 2 AO 1919 zurück, der lautet: "Steht ein Gegenstand mehreren zur gesamten Hand zu, so sind die Beteiligten so zu besteuern, wie wenn sie nach Bruchteilen berechtigt wären." Nach Becker (Reichsabgabenordnung, 7. Aufl. 1930, Anm. 1 zu § 80 AO) ist damit eine vornehmlich auf praktischen Erwägungen beruhende Regelung der steuerrechtlichen Behandlung von Gesamthandsberechtigungen getroffen worden. Die Regelung scheide aus, wenn die Gesamthandsgemeinschaft als solche steuerpflichtig sei.

Es muß von Fall zu Fall geprüft werden, inwieweit § 11 StAnpG im Gesellschaftsteuerrecht anwendbar ist. So hat der Senat in übereinstimmung mit § 11 Ziff. 3 StAnpG den Treugeber als Gesellschafter einer GmbH behandelt und nicht den Treuhänder, der die Gesellschaftsanteile einer GmbH für den Treugeber erworben hatte (II 68/59 U vom 26. Oktober 1962, BFH 76, 59, BStBl III 1963, 22). Diese Ansicht begründet der Senat u. a. mit der Erwägung, daß auch bürgerlich-rechtlich in vielen Beziehungen wenigstens im Endergebnis der Treugeber als der eigentlich Berechtigte behandelt wird (Hinweis auf Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 159 S. 272, 281/282).

§ 11 Ziff. 5 StAnpG greift in die Mitgliedschaftsrechte der KG an der GmbH nicht ein. Die KG - und nicht Frau B - ist auch steuerrechtlich die vertretungsberechtigte Gesellschafterin der GmbH, die die mit ihren GmbH-Anteilen verbundenen Rechte wahrzunehmen und die damit verbundenen Pflichten zu erfüllen hat. In der gesellschaftsrechtlichen Stellung der Frau B tritt durch § 11 Ziff. 5 StAnpG keine änderung ein. Daher ist es gerechtfertigt, § 11 Ziff. 5 StAnpG für die Auslegung des § 6 Abs. 2 KVStG keine Bedeutung beizumessen.

Das FG hat mit Schreiben vom 21. Februar 1963 die Stpfl. aufgefordert, Abschriften der Bürgschaftserklärung beizubringen. Eine Abschrift dieser Aufforderung hat das FA erhalten. Eine Bürgschaftserklärung in Ablichtung bis zum Höchstbetrage von 200.000 DM wurde als Anlage mit Schreiben vom 12. Mai 1964 eingereicht. Gleichzeitig beantragte der jetzige Prozeßbevollmächtigte mündliche Verhandlung. Das FG hat in der Sitzung vom 2. Juli 1964 den Antrag auf mündliche Verhandlung einstimmig zurückgewiesen und zur Sache entschieden.

Bei dieser Aktenlage ist die Rüge des FA begründet, das FG habe dazu Stellung nehmen müssen, ob Frau B als alleinvertretungsberechtigte Gesellschafterin der KG in ihrem eigenen Namen die Bürgschaftserklärung abgegeben habe. Aus diesem Grunde muß die Vorentscheidung aufgehoben werden. Die Sache wird an das FG zurückverwiesen.

Diesem wird gemäß § 143 Abs. 2 FGO die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Das FG hat die weitere Bürgschaftserklärung über 50.000 DM anzufordern und dem FA zur Stellungnahme vorzulegen. Ergibt sich, daß die KG aus den Bürgschaften verpflichtet ist, so bleibt die Mittelfristigkeit des Darlehens und seine Verwendung für Anlagezwecke zu überprüfen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412547

BStBl III 1967, 539

BFHE 1967, 74

BFHE 89, 74

StRK, KVStG:6 R 8

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