Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Fährt ein Unternehmer, der seinen Betrieb entfernt von seiner Wohnung unterhält, zum Mittagessen nicht nach Hause, ohne daß er infolge der Eigenart und Besonderheiten seiner betrieblichen Tätigkeit hierzu gezwungen wäre, so kann er die ihm hierdurch entstehenden Mehrverpflegungskosten nicht als Betriebsausgaben abziehen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Bfin. hat bei der Ermittlung ihres Gewinns 1956 für Verpflegungsmehraufwand ihres in A. wohnhaften Komplementärs und Geschäftsführers X. 1.147 DM als Betriebsausgaben abgezogen. Der Verpflegungsmehraufwand ist dem X. nach dessen glaubhaften Angaben dadurch entstanden, daß er an 153 Tagen des Streitjahres ganztägig von seiner Wohnung in A. abwesend und am Arbeitsort in B. anwesend war. Der Berechnung liegt ein Betrag von 7,50 DM pro Tag zugrunde.

Das Finanzamt und auf die Sprungberufung der Bfin. das Finanzgericht haben das Begehren der Bfin. abgelehnt.

 

Entscheidungsgründe

Auch die Rb. der Firma ist unbegründet.

Aufwendungen für die Ernährung eines Steuerpflichtigen gehören zu den nach § 12 Ziff. 1 EStG nicht abziehbaren Aufwendungen für den Haushalt des Steuerpflichtigen, die als Betriebsausgaben oder Werbungskosten - von ganz besonders gelagerten Fällen abgesehen - nicht anerkannt werden können. Denn es ist kaum vorstellbar, daß bei den Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Ernährung Gründe der Lebenshaltung durch betriebliche oder berufliche Gründe in einer Weise in den Hintergrund gedrängt werden, daß sie keine oder so gut wie keine Rolle für das Entstehen der Aufwendungen spielen. Aufwendungen im Sinne des § 12 Ziff. 1 EStG sind wohl nicht in allen Fällen von der Berücksichtigung als Werbungskosten oder Betriebsausgaben ausgeschlossen. Als solche werden sie anerkannt - gegebenenfalls im Wege einer leicht durchführbaren Schätzung -, wenn und soweit sie ausschließlich oder weitaus überwiegend durch den Beruf oder den Betrieb des Steuerpflichtigen veranlaßt sind, Urteile des Bundesfinanzhofs IV 479/53 U vom 29. Juli 1954, BStBl 1954 III S. 264, Slg. Bd. 59 S. 144; IV 199/54 U vom 27. Januar 1955, BStBl 1955 III S. 126, Slg. Bd. 60 S. 331; IV 621/55 U vom 6. September 1956, BStBl 1956 III S. 306, Slg. Bd. 63 S. 283. Je weniger aber Aufwendungen im Sinne der § 12 Ziff. 1 EStG schon wesensmäßig für einen Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben in Betracht kommen, um so strengere Anforderungen sind an die objektiven Umstände und die Nachweise hierfür durch den Steuerpflichtigen zu stellen, daß sie ausnahmsweise als ausschließlich beruflich oder betrieblich veranlaßt anzusehen sind, vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs I 228/55 U vom 24. April 1956, BStBl 1956 III S. 195, Slg. Bd. 63 S. 3; I 63/56 U vom 4. September 1956, BStBl 1956 III S. 304, Slg. Bd. 63 S. 277. Der Bundesfinanzhof hat Mehrverpflegungskosten als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben für Arbeitnehmer anerkannt, die zwangsläufig mehr als 12 Stunden von ihrer Wohnung abwesend sein müssen (Urteile des Bundesfinanzhofs IV 119/53 U vom 17. September 1953, BStBl 1953 III S. 332, Slg. Bd. 58 S. 81; IV 393/54 U vom 3. Februar 1955, BStBl 1955 III S. 109, Slg. Bd. 60 S. 283; IV 589/54 U vom 10. Februar 1955, BStBl 1955 III S. 110, Slg. Bd. 60 S. 287; VI 44/55 U vom 12. Dezember 1956, BStBl 1957 III S. 29, Slg. Bd. 64 S. 78), sowie für selbständig Tätige (Gewerbetreibende, Angehörige freier Berufe), die infolge der Eigenart und Besonderheiten ihrer beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit zur Einnahme von Mahlzeiten außerhalb ihres Haushalts oder ihres üblichen Eßlokals gezwungen sind, Urteile des Bundesfinanzhofs IV 356/54 U vom 21. Juli 1955, BStBl 1955 III S. 305, Slg. Bd. 61 S. 278; IV 467/54 vom 25. August 1955, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Rechtsspruch 91 zu § 4 EStG. Bei dem Gesellschafter und Geschäftsführer der Bfin. liegen diese Verhältnisse jedoch nicht vor. Bei ihm handelt es sich um den Normalfall des außerhalb seines Betriebsortes wohnenden selbständigen Unternehmers, der keine Eigenart aufweist und nach Ansicht des Senats auch nach dem Willen des Gesetzgebers bei der Beurteilung der entstandenen Verpflegungskosten nach § 12 Ziff. 1 EStG zu behandeln ist. Es kommt hinzu, daß in Fällen wie im vorliegenden der Steuerbehörde und den Steuergerichten jede Nachprüfungsmöglichkeit darüber fehlt, ob einem Steuerpflichtigen tatsächlich Mehraufwendungen an Verpflegung entstanden sind, da hierfür auch die sonstigen Lebensgewohnheiten des Steuerpflichtigen und seiner Familie eine entscheidende Rolle spielen. In Fällen wie im vorliegenden kann der Steuerpflichtige den Nachweis, daß und in welcher Höhe etwa betriebsbedingte oder beruflich veranlaßte Mehrverpflegungskosten entstanden sind, nicht führen. Auch dieser Gesichtspunkt muß zur Ablehnung des Begehrens der Bfin. führen, vgl. insbesondere Urteile des Bundesfinanzhofs VI 91/57 U vom 14. November 1958, BStBl 1959 III S. 47, Slg. Bd. 68 S. 122; VI 164/59 U vom 8. April 1960, BStBl 1960 III S. 274, Slg. Bd. 71 S. 70, sowie I 256/60 U vom 24. Januar 1961, BStBl 1961 III S. 187.

Es ist dem Finanzgericht daher darin beizutreten, daß die bisher von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und des Reichsfinanzhofs gemachten Ausnahmen auf die Fälle beschränkt bleiben müssen, in denen der Steuerpflichtige zu einem Mehraufwand an Verpflegung unmittelbar durch eine bestimmte berufliche oder betriebliche Tätigkeit gezwungen ist und hierdurch bei objektiver Beurteilung der Gedanke der Lebensführung für diese Mehraufwendungen ausscheidet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410048

BStBl III 1961, 461

BFHE 1962, 535

BFHE 73, 535

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