Entscheidungsstichwort (Thema)

"Unangemessene" Kraftfahrzeugaufwendungen?

 

Leitsatz (NV)

Anschaffungskosten für ein Kraftfahrzeug sind nicht generell ,,unangemessen" im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG, soweit gewisse absolute Betragsgrenzen überschritten werden. Für die Beurteilung der Unangemessenheit kommt es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalls an. Dabei spielt u. a. die Größe des Unternehmens und die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg eine Rolle; außerdem ist von Bedeutung, in welchem Maße die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs die private Sphäre des Steuerpflichtigen berührt.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 Nr. 7

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Sie werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.Der Kläger ist selbständig tätig. Im Streitjahr 1983 schaffte er einen PKW Marke Mercedes 500 SE zum Preise von 67 074,86 DM (zusätzlich Mehrwertsteuer) an. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer machten die Kläger im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit für den angeschafften Wagen Absetzungen für Abnutzung (AfA) geltend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hielt die Anschaffungskosten für unangemessen i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Nach Ansicht des FA sind lediglich die Anschaffungskosten für einen Mercedes 380 SE in Höhe von 50 500 DM (zusätzlich Mehrwertsteuer) angemessen. Demgemäß kürzte das FA die AfA für das Streitjahr. Auf dieser Grundlage setzte das FA die Einkommensteuer fest.

Bei der Veranlagung des Klägers zur Umsatzsteuer setzte das FA die nach seiner Ansicht unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG fallende AfA gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) als Eigenverbrauch an.

Die nach Durchführung des Einspruchsverfahrens erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

Mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragen sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung bei der Einkommensteuerveranlagung die Abschreibung auf den PKW in voller Höhe als Betriebsausgabe zum Abzug zuzulassen und bei der Umsatzsteuerveranlagung in Höhe der als unangemessen angesehenen Beträge keinen Eigenverbrauch anzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG), da der Senat ohne weitere Sachaufklärung durch das FG nicht entscheiden kann, ob die Aufwendungen des Klägers für die betriebliche Kfz-Haltung i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG unangemessen waren.

1. Der Senat hat mit Urteil vom 8. Oktober 1987 IV R 5/85 (BFHE 150, 558, BStBl II 1987, 853) entschieden, daß Anschaffungskosten für ein Kfz nicht generell ,,unangemessen" i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG sind, soweit gewisse absolute Betragsgrenzen überschritten werden. Für die Beurteilung der Unangemessenheit kommt es vielmehr auf die Umstände des Einzelfalles an. Ein Unternehmer, der in seinem Betrieb hohe Umsätze und Gewinne erzielt und häufig betrieblich veranlaßte Fahrten über größere Strecken unternehmen muß, braucht sich bei der Anschaffung eines teueren und schnellen Wagens im allgemeinen nicht entgegenhalten lassen, die Aufwendungen für diesen Wagen seien unangemessen. Die Höhe der Aufwendungen kann vielmehr nur im Rahmen der im Einzelfall zu würdigenden Tatsachen (Größe des Unternehmens, Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg usw.) eine Rolle spielen. Abgesehen von diesen betrieblich bedingten Umständen ist für die Prüfung der Angemessenheit auch von Bedeutung, in welchem Maß die Anschaffung eines PKW die private Sphäre des Steuerpflichtigen berührt (vgl. hierzu im einzelnen Urteil in BFHE 150, 558, BStBl II 1987, 853). Bei Abwägung der im Einzelfall zu würdigenden Tatsachen wird sich hiernach häufig ergeben, daß die Benutzung eines serienmäßig hergestellten Fahrzeugs selbst der obersten Preisklasse nicht als unangemessen anzusehen ist.

2. Im Streitfall hat das FG bei der Ermittlung der Betriebsausgaben den Abzug der AfA für den vom Kläger angeschafften Wagen auf den Teil der AfA beschränkt, dessen Bemessungsgrundlage 50 500 DM (ohne Mehrwertsteuer) nicht überstieg. Das FG ist dabei von anderen Kriterien für die Angemessenheitsprüfung ausgegangen als der BFH in seiner Entscheidung in BFHE 150, 558, BStBl II 1987, 853. Es hat zwar auch darauf abgestellt, daß bei der Prüfung der Unangemessenheit von Kfz-Aufwendungen alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind; es hat sich jedoch darüber hinaus zur Begründung seiner Entscheidung auch auf den vom FA in seiner Einspruchsentscheidung vertretenen Standpunkt bezogen, aufgrund dessen der Kläger für den ,,noch als angemessen anzusehenen Anschaffungspreis" von 50 500 DM (zusätzlich Mehrwertsteuer) ein repräsentatives Fahrzeug (Mercedes 380 SE) hätte erwerben können und der darüber hinausgehende Anschaffungsaufwand demgemäß unangemessen sei. Damit wird - entgegen der Auffassung des BFH - der Überschreitung einer gewissen Preisgrenze für die Beurteilung der Unangemessenheit eine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen.

Das FG wird nunmehr auf der Grundlage der im Urteil in BFHE 150, 558, BStBl II 1987, 853 entwickelten Beurteilungskriterien erneut zu prüfen haben, ob die Aufwendungen für den vom Kläger erworbenen Wagen i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG als unangemessen anzusehen sind.

Dementsprechend wird auch bei der Bemessung der Umsatzsteuer für das Streitjahr zu prüfen sein, ob der als Eigenverbrauch i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 2 c UStG angesetzte Betrag entfallen muß.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416107

BFH/NV 1989, 573

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