Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilwert einer Pensionsrückstellung bei Betriebsübernahme - Dienstverhältnis i.S. des § 6a Abs. 3 EStG 1983

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Berechnung des Teilwertes einer Pensionsrückstellung gemäß § 6a Abs. 3 EStG darf der Steuerpflichtige die Vordienstzeit des Pensionsberechtigten in einem Betrieb eines anderen Arbeitgebers berücksichtigen, wenn der Betrieb durch Rechtsgeschäft auf den Steuerpflichtigen übergegangen ist und der Steuerpflichtige in die Rechte und Pflichten aus dem zwischen dem anderen Arbeitgeber und dem Pensionsberechtigten im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten ist.

2. Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis beim Betriebsübernehmer nur als Dienstverhältnis fortgeführt werden kann, weil der Pensionsberechtigte Organ des Steuerpflichtigen ist.

 

Orientierungssatz

Unter Dienstverhältnis i.S. des § 6a Abs. 3 EStG 1983 ist ein durch Dienstvertrag (§ 611 BGB) begründetes Dauerschuldverhältnis zu verstehen, während dessen Bestehen der Dienstverpflichtete zur Leistung der versprochenen Dienste und der Dienstberechtigte zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet ist. Zu den Dienstverhältnissen gehören die Arbeitsverhältnisse i.S. des § 622 BGB und die Rechtsverhältnisse, die zwischen einer GmbH und ihren Geschäftsführer durch den Anstellungsvertrag begründet werden. Begonnen i.S. des § 6a Abs. 3 Nr. 1 Sätze 2 und 3 EStG 1983 hat ein Dienstverhältnis grundsätzlich erst mit dem tatsächlichen Dienstantritt des Dienstverpflichteten beim Dienstberechtigten, nicht bereits mit dem Abschluß des Dienstvertrages.

 

Normenkette

EStG 1983 § 6a Abs. 3 Nr. 1 Sätze 2-3; BGB §§ 611, 622; KStG 1984 § 8 Abs. 1; BGB § 613a Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine am 14. Juni 1982 gegründete GmbH. Alleingesellschafterin war zunächst die zum Konzern X-AG gehörende Y-GmbH. Am 5. Juli 1982 veräußerte die Y-GmbH ihre Beteiligung an der Klägerin je zur Hälfte an A und B, die ab Gründung der Klägerin bereits deren Geschäftsführer waren. Gleichzeitig schloß die Y-GmbH mit der Klägerin Betriebs- und Personalübernahmeverträge ab, durch die die Y-GmbH mit Wirkung vom 1. Juli 1982 ihren Druckereibetrieb zum Zwecke der Fortführung auf die Klägerin übertrug und die Klägerin u.a. nach Maßgabe des § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Rechte und Pflichten aus den meisten der am Stichtag bestehenden Arbeitsverhältnisse eintrat. Die Klägerin trat auch in Verpflichtungen der Y-GmbH aus Altersversorgungszusagen und Direktversicherungen zugunsten aktiver und früherer Arbeitnehmer ein. Zu den von der Klägerin übernommenen Pensionszusagen gehörten auch Zusagen an A und B. Beide waren seit vielen Jahren --A seit 1. August 1964 und B seit 1. Oktober 1971-- bei Konzernunternehmen der X-AG tätig, zuletzt als leitende Angestellte der Y-GmbH, jedoch nicht als deren Geschäftsführer.

Den Verträgen vom 5. Juli 1982 liegt eine Vereinbarung vom 23. Juni 1982 zwischen A, B, der X-AG und der Y-GmbH, zugrunde. In ihr war festgelegt, daß --wie später auch geschehen-- die Klägerin mit einem Kapital von 1,9 Mio DM auszustatten sei, die Geschäftsanteile im Nominalbetrag von insgesamt 1,9 Mio DM zum symbolischen Kaufpreis von 2 DM an A und B veräußert werden sollten und die Klägerin den Druckereibetrieb der Y-GmbH übernehmen und fortführen sollte. Zweck der Gründung der Klägerin sowie der Vereinbarung vom 23. Juni 1982 und der ihr folgenden Verträge war es, den unrentabel gewordenen Druckereibetrieb der Y-GmbH aus dem Konzernverbund der X-AG zu lösen und zur Rettung der ca. 80 Arbeitsplätze im Wege der Einzelrechtsnachfolge nach einem sog. Arbeitnehmer-Modell auf A und B zu übertragen. Der von der Klägerin für den Druckereibetrieb zu zahlende Kaufpreis bemaß sich nach dem Buchwert der übernommenen Aktiva abzüglich der Buchwerte der übernommenen Verbindlichkeiten. Die von der Klägerin übernommenen Pensionszusagen wurden mit dem versicherungsmathematischen Sollwert angesetzt, der den von der Y-GmbH auf die Klägerin übertragenen Pensionsrückstellungen entsprach.

Die Klägerin schloß am 15. Juli 1982 mit A und B schriftliche Geschäftsführerverträge ab, durch die sie sich u.a. zu Gehaltszahlungen an A und B und zum Abschluß betrieblicher Direktversicherungen zu deren Gunsten verpflichtete. Am 24. November 1984 erhöhte sie die A und B von Konzernunternehmen der X-AG erteilten und aufgrund der Verträge vom 5. Juli 1982 übernommenen Pensionszusagen (sog. Altzusagen) erheblich. Aufgrund der erhöhten Pensionszusagen passivierte sie in der Bilanz auf den Schluß des Jahres 1984 (Streitjahr) Pensionsrückstellungen nach § 6a des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1983 in Höhe von insgesamt 119 669 DM. Davon entfielen auf die Altzusagen insgesamt 3 371 DM und auf die Erhöhungen insgesamt 116 298 DM. Bei Berechnung der Teilwerte der Rückstellungen ging die Klägerin davon aus, daß sie nach § 613a BGB in die Pflichten der Y-GmbH aus den mit A bzw. B bestehenden Arbeitsverhältnisse eingetreten sei und daher Dienstzeiten des A und des B bei der Y-GmbH (sog. Vordienstzeiten) wie Dienstzeiten bei der Klägerin zu berücksichtigen seien.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat dagegen bei der Veranlagung der Klägerin zur Körperschaftsteuer 1984 die Ansicht, die Vordienstzeiten dürften nicht berücksichtigt werden. Er kürzte die Pensionsrückstellungen um insgesamt 78 389 DM, stellte das Einkommen der Klägerin für das Streitjahr mit ./. 9 901 DM und die Tarifbelastung mit 0 DM fest; die Körperschaftsteuer 1984 setzte er auf 0 DM fest (Bescheid vom 27. November 1985). Einspruch und Klage waren erfolglos.

Die vom Finanzgericht (FG) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision wird auf Verletzung des § 6a Abs. 3 Nr. 1 EStG 1983 i.V.m. § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1984 und § 613a BGB sowie auf Verletzung von Verfahrensrecht gestützt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung vom 23. Juli 1986, soweit sie die Körperschaftsteuer 1984 betrifft, aufzuheben und unter Abänderung des Körperschaftsteuerbescheides für 1984 vom 27. November 1985 das Einkommen der Klägerin auf ./. 88 290 DM festzustellen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führte zur Aufhebung des FG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des FG läßt sich nicht entscheiden, ob bei der Berechnung der Teilwerte der wegen der Pensionszusagen an A und B gebildeten Pensionsrückstellungen die Dienstzeiten des A und des B bei der Y-GmbH wie Dienstzeiten bei der Klägerin berücksichtigt werden dürfen oder nicht.

1. Für die Berechnung der das Einkommen der Klägerin mindernden Pensionsrückstellungen aufgrund der Pensionszusagen an A und B gilt § 6a Abs. 3 EStG 1983 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG 1984. Nach § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG 1983 dürfen Pensionsrückstellungen steuerrechtlich höchstens mit dem Teilwert angesetzt werden.

a) Ist das Dienstverhältnis des Pensionsberechtigten am Bilanzstichtag noch nicht beendet, gilt als Teilwert der Barwert der künftigen Pensionsleistungen am Schluß des Wirtschaftsjahrs abzüglich des sich auf denselben Zeitpunkt ergebenden Barwerts betragsmäßig gleichbleibender Jahresbeträge (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 EStG 1983). Die Jahresbeträge sind so zu bemessen, daß am Beginn des Wirtschaftsjahrs, in dem das Dienstverhältnis begonnen hat, ihr Barwert gleich dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen ist; es sind die Jahresbeträge zugrunde zu legen, die vom Beginn des Wirtschaftsjahrs, in dem das Dienstverhältnis begonnen hat, bis zu dem in der Pensionszusage vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls rechnungsmäßig aufzubringen sind (§ 6a Abs. 3 Nr. 1 Sätze 2 und 3 EStG 1983). Hat das Dienstverhältnis schon vor der Vollendung des 30. Lebensjahrs des Pensionsberechtigten bestanden, so gilt es nach § 6a Abs. 3 Nr. 1 Satz 6 EStG 1983 als zu Beginn des Wirtschaftsjahrs begonnen, bis zu dessen Mitte der Pensionsberechtigte das 30. Lebensjahr vollendet.

b) Unter Dienstverhältnis i.S. des § 6a Abs. 3 EStG 1983 ist ein durch Dienstvertrag (§ 611 BGB) begründetes Dauerschuldverhältnis zu verstehen, während dessen Bestehen der Dienstverpflichtete zur Leistung der versprochenen Dienste und der Dienstberechtigte zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet ist (s. Senatsurteil vom 25. Mai 1988 I R 10/84, BFHE 153, 381, BStBl II 1988, 720). Zu den Dienstverhältnissen gehören die Arbeitsverhältnisse i.S. des § 622 BGB und die Rechtsverhältnisse, die zwischen einer GmbH und ihrem Geschäftsführer durch den Anstellungsvertrag begründet werden.

c) Begonnen i.S. des § 6a Abs. 3 Nr. 1 Sätze 2 und 3 EStG 1983 hat ein Dienstverhältnis grundsätzlich erst mit dem tatsächlichen Dienstantritt des Dienstverpflichteten beim Dienstberechtigten, nicht bereits mit Abschluß des Dienstvertrages. Eine zivilrechtliche Vereinbarung, durch die ein vor dem tatsächlichen Dienstantritt liegender Zeitpunkt als Beginn des Dienstverhältnisses festgelegt wird und nach der somit Zeiten als Dienstzeiten gelten, in denen der Dienstverpflichtete aufgrund des Vertrages noch keine Dienste erbracht hat, ist für die Berechnung des Teilwertes der Pensionsrückstellung unbeachtlich (s. Urteil in BFHE 153, 381, BStBl II 1988, 720; Schmidt/Seeger, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 13. Aufl., 1994, § 6a Anm. 13; Ahrend/Förster/Rößler in Blümich, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 14. Aufl., § 6a EStG Rz. 373 f.; Stuhrmann, Betriebs-Berater --BB-- 1988, 2348, und in Hartmann/Böttcher/Nissen/ Bordewin, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 6a Rz. 176 f.; a.A. z.B. Höfer in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, 15. Aufl., § 6a EStG Rn.67 f. m.w.N.; zu der von der Finanzverwaltung zugelassenen Ausnahme in Fällen der Übernahme einer Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten s. R 41 Abs. 15 und H 41 (H 15) der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR-- 1993).

d) Von fiktiven Dienstzeiten zu unterscheiden sind die Zeiten, in denen der Pensionsberechtigte aufgrund eines Arbeitsverhältnisses in einem Betrieb tätig war, der auf den die Pensionszusage erteilenden oder übernehmenden Steuerpflichtigen übergegangen ist.

Geht ein Betrieb durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, handelt es sich also um eine Betriebsübernahme i.S. des § 613a BGB, dann tritt der neue Betriebsinhaber kraft Gesetzes in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein, es sei denn, der Arbeitnehmer widerspricht. Das bedeutet, die Arbeitsverhältnisse enden nicht mit dem Betriebsübergang, sondern bleiben bestehen und gehen mit dem Betrieb auf dessen neuen Inhaber über (s. z.B. Staudinger/Richardi, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., 1993, § 613a Rz. 136 f.; Palandt/Putzo, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, 52. Aufl., 1993, § 613a Rn.17 f.). Der neue Betriebsinhaber muß arbeitsrechtlich die beim früheren Betriebsinhaber zurückgelegten Zeiten der Betriebszugehörigkeit gegen sich gelten lassen (s. Höfer/Reiners/Wüst, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Kommentar, 3. Aufl., 1992, ART Rdnr.883 f. und § 1 Rdnr.1481; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl. 1992, S.908 m.w.N.).

e) Aufgrund dieser gesetzlichen Regelung sieht die Finanzverwaltung das vor und nach dem Wechsel des Betriebsinhabers bestehende Dienstverhältnis als ein einheitliches nicht unterbrochenes Dienstverhältnis an, das nicht nur arbeitsrechtlich, sondern auch i.S. des § 6a Abs. 3 Nr. 1 EStG bereits im Zeitpunkt des tatsächlichen Dienstantritts beim früheren Betriebsinhaber begonnen hat (s. R 41 Abs. 12 Sätze 2 und 3 EStR 1993; gl.A. h.M. z.B. Schmidt/Seeger, a.a.O., § 6a Anm. 13; Höfer/ Abt, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, Kommentar, 2. Aufl., 1984, § 6a EStG, Rdnr.109; Ahrend/ Förster/Rößler, a.a.O., § 6a EStG, Rz. 380). Der erkennende Senat hält dies für eine zutreffende Auslegung des Gesetzes.

Ziel der Pensionsrückstellung ist die Verteilung des Aufwands der Pensionsleistungen auf die Zeit der aktiven Tätigkeit der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer und die Verrechnung des Aufwands mit dem Ertrag der entsprechenden Arbeitsleistung (vgl. BTDrucks VII/1281 S.37; Höfer/Abt, a.a.O., § 6a Rdnr.91 f.). Es entspricht diesem Ziel, beim Übergang eines Betriebs auf einen anderen Rechtsträger die von dem versorgungsberechtigten Arbeitnehmer während seiner Betriebszugehörigkeit erbrachte Arbeitsleistung unabhängig von dem Wechsel des Betriebsinhabers als Einheit anzusehen und daher bei der Ermittlung des Teilwerts der Pensionsrückstellung von einem Dienstverhältnis auszugehen, das durch den Wechsel des Dienstberechtigten nicht unterbrochen wurde.

2. Dazu hat das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß der Betrieb der Y-GmbH durch Rechtsgeschäfte --die Verträge vom 5. Juli 1982-- mit Wirkung zum 1. Juli 1982 auf die Klägerin übergegangen ist. Somit ist die Klägerin kraft Gesetzes (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB) in die zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse eingetreten.

Für die Schlußfolgerung des FG, die Arbeitsverhältnisse zwischen der Y-GmbH und A bzw. B seien spätestens zum 30. Juni 1982 aufgelöst worden und hätten daher im Zeitpunkt des Betriebsübergangs nicht mehr bestanden, fehlen bisher jedoch ausreichende tatsächliche Feststellungen.

Die Verträge, die das FG erwähnt und deren tatsächlichen Inhalt es damit festgestellt hat (s. Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 17. Juli 1967 GrS 3/66, BFHE 91, 213, BStBl II 1968, 285) sprechen vielmehr gegen diese Schlußfolgerung.

a) Weder die Vereinbarung vom 23. Juni 1982 noch die Verträge vom 5. Juli 1982 enthalten Erklärungen, die nach § 133 BGB als stillschweigende übereinstimmende Auflösung der Arbeitsverhältnisse zwischen der Y-GmbH und A bzw. B ausgelegt werden können.

Bereits vor Abschluß der Vereinbarung vom 23. Juni 1982 hatten A, B, die X-AG und die Y-GmbH den Inhalt der am 5. Juli 1982 abgeschlossenen Verträge abgestimmt (siehe Nr. 2 Abs. 2 der Vereinbarung vom 23. Juni 1982). Die Vertragsentwürfe waren Anlagen der Vereinbarung. In ihnen war genau geregelt, welche Arbeitsverhältnisse die Y-GmbH noch im Juni 1982 kündigen sollte und welche Dienstverhältnisse nicht auf die Klägerin übergeleitet werden sollten. Die Arbeitsverhältnisse mit A und B gehörten nicht zu diesen Rechtsverhältnissen.

Der Vereinbarung und den Folgeverträgen läßt sich auch nicht entnehmen, daß A, B und die Y-GmbH den Willen hatten, die Rechtsfolge des § 613a BGB hinsichtlich der Arbeitsverhältnisse des A und des B auszuschließen, und daß sie sich daher konkludent darauf geeinigt haben, die Arbeitsverhältnisse aufzulösen. Eine Auflösung der Arbeitsverhältnisse hätte vielmehr --soweit bisher erkennbar-- dem Willen des A und des B widersprochen. Die Vereinbarung vom 23. Juni 1982 wurde unter dem Vorbehalt geschlossen, daß die Finanzbehörden die Übertragung der Geschäftsanteile an der Klägerin auf A und B zum Preis von insgesamt 2 DM nicht als Schenkung werten (Absatz 3 des Vorwortes der Vereinbarung). A und B hätten sich somit mit der Auflösung des Schutzes des § 613a BGB begeben, ohne sicher zu sein, daß sie zu den vereinbarten Bedingungen Gesellschafter der Klägerin werden.

Es spricht bisher nichts dafür, daß sie dieses Risiko eingehen wollten.

b) Eine Auflösung der Arbeitsverhältnisse läßt sich entgegen der Auffassung des FG auch nicht aus der Tatsache herleiten, daß A und B schon vor dem Übergang des Betriebs Geschäftsführer und somit Organe der Klägerin waren.

§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB betrifft zwar nur Arbeitsverhältnisse und somit nicht Dienstverhältnisse der Organe juristischer Personen (s. Staudinger/Richardi, a.a.O., § 613a Rz. 24 und 25, Palandt/Putzo, a.a.O., § 613a Rn.2; Schaub, a.a.O., S.899). Daraus ergibt sich aber nicht, daß die Rechtsfolge der Vorschrift nur eintritt, wenn das Dienstverhältnis auch nach dem Betriebsübergang als Arbeitsverhältnis fortgeführt wird. Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) an, daß es für den Eintritt des Betriebsübernehmers in ein Arbeitsverhältnis nicht darauf ankommt, was später mit dem Arbeitsverhältnis geschieht (BAG-Urteil vom 19. Januar 1988 3 AZR 263/86, Der Betrieb --DB-- 1988, 1166, Arbeitsrechtliche Praxis --AP-- Nr. 70 zu § 613a BGB). Entscheidend ist in diesem Zusammenhang für den Streitfall daher nur, ob die zwischen der Y-GmbH und A bzw. B vor dem Betriebsübergang bestehenden Dienstverhältnisse Arbeitsverhältnisse waren. Dies ist aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des FG zu bejahen.

Den Einwand des FA, das BAG-Urteil in DB 1988, 1166, AP Nr. 70 zu § 613a BGB sei nicht einschlägig, hält der erkennende Senat für unzutreffend. Die Ausführungen des BAG beziehen sich erkennbar auf die Fälle, in denen das Arbeitsverhältnis beim Betriebsübernehmer nur als Dienstverhältnis fortgeführt werden kann (so auch Blank in einer Anmerkung zu dem Urteil, AP Nr. 70 zu § 613a BGB). Es wäre nach Ansicht des erkennenden Senats willkürlich und würde dem Urteil des BAG widersprechen, den arbeitsrechtlichen Schutz gemäß § 613a BGB in Fällen wie dem Streitfall mit der formalen Begründung zu versagen, der Betriebsübernehmer habe in das Arbeitsverhältnis nicht eintreten können, da zwischen ihm und dem Arbeitnehmer schon vor dem Betriebsübergang ein nicht als Arbeitsverhältnis zu qualifizierendes Dienstverhältnis bestanden habe, das auch nach der Betriebsübernahme habe fortgeführt werden sollen.

3. Die Sache wird an das FG zurückverwiesen, damit das FG klärt, ob A und B auch für die Zeit vom 14. bis 30. Juni 1982 von der Y-GmbH noch ein Gehalt erhielten. Sollte die Y-GmbH die Gehaltszahlungen bereits für einen Zeitraum vor dem 30. Juni 1982 eingestellt haben, wäre dies nach Ansicht des erkennenden Senats ein gewichtiger Grund für die Annahme, daß das betreffende Arbeitsverhältnis am 30. Juni 1982 nicht mehr bestand und die Klägerin somit nicht gemäß § 613a BGB in das Arbeitsverhältnis eingetreten ist.

Gelangt das FG zu dem Ergebnis, daß die Klägerin gemäß § 613a BGB in das Arbeitsverhältnis zwischen der Y-GmbH und A eingetreten ist, dann ist zusätzlich zu klären, wann dieses Arbeitsverhältnis begonnen hat. Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG dazu sind unklar. Das FG hat festgestellt, die Klägerin sei bei der Berechnung des Teilwerts der aufgrund der Pensionszusage an A gebildeten Pensionsrückstellung davon ausgegangen, daß das Dienstverhältnis des A am 15. August 1964 bzw. 6. Juni 1969 begonnen habe. Da A am 6. Juni 1969 das 30. Lebensjahr vollendete, wertet der erkennende Senat die Feststellung des FG dahingehend, daß die Klägerin entsprechend § 6a Abs. 3 Nr. 1 Satz 6 EStG 1983 bei der Berechnung der Pensionsrückstellung nur den 6. Juni 1969 als Beginn des Dienstverhältnisses angesetzt hat. Ob A jedoch tatsächlich bereits im Jahr 1969 Angestellter der Y-GmbH war, ist ungeklärt. Der von der Klägerin vorgelegte Arbeitsvertrag zwischen A und der damals noch als V-GmbH firmierenden Y-GmbH ist undatiert. Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 14. Oktober 1991 (Blätter 56 bis 60 der FG-Akte) vortragen lassen, der Vertrag sei "vermutlich" 1969 abgeschlossen worden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 65335

BFH/NV 1995, 19

BStBl II 1995, 250

BFHE 175, 535

BFHE 1995, 525

BB 1995, 246

BB 1995, 246-248 (LT)

DB 1995, 453-454 (LT)

DStR 1995, 176-177 (KT)

DStZ 1995, 247-248 (KT)

HFR 1995, 260-262 (LT)

StE 1994, 98-99 (K)

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