Entscheidungsstichwort (Thema)

Spezialprogramm für Bäckereien nicht zulagebegünstigt

 

Leitsatz (NV)

Ein der Steuerung der Produktion von Backwaren dienendes Spezialprogramm für Bäckereien ist als anwendungsorientiertes Standardprogramm ein immaterielles Wirtschaftsgut, für das eine Berlinzulage nicht gewährt wird.

 

Normenkette

BerlinFG § 19

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt in Berlin (West) eine Bäckerei. Im Streitjahr 1981 schaffte er u. a. ein Computerprogramm zum Preis von 4 880,- DM. Das Programm dient der Steuerung der Produktion von Backwaren nach den jeweiligen Kundenwünschen. Es handelt sich um ein Spezialprogramm für Bäckereien, das sowohl in Berlin als auch in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) im Einsatz ist (sog. anwendungsorientiertes Standardprogramm).

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) hat in dem geänderten Bescheid vom 17. März 1983 die Berlinzulage auf . . . DM festgesetzt, ohne dabei das Programm zu berücksichtigen. Nach Auffassung des FA handelt es sich dabei um eine immaterielles Wirtschaftsgut, das nach der herkömmlichen Terminologie kein bewegliches Wirtschaftsgut sei, so daß eine Investitionszulage nach § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) nicht in Betracht komme.

Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Es hat auf der Grundlage des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 3. Dezember 1982 III R 132/81 (BFHE 138, 126, BStBl II 1983, 647) ermittelt, daß der Kläger über das Programm einen Kaufvertrag abgeschlossen hat. Daraus sei zu schließen, daß der Kläger eine uneingeschränkte Verfügungsbefugnis (Eigentum) und nicht nur ein Nutzungsrecht erworben habe. Im übrigen bezieht sich das FG auf seine eigene frühere Rechtsprechung (insbesondere das Urteil vom 8. Juli 1981 II 154/80, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1982, 59). Danach sei ein Computerprogramm ein materielles Wirtschaftsgut, wenn die Speicherung der Information auf dem betreffenden Datenträger und die so gewonnene Materialisierung eine eigene wirtschaftliche Bedeutung erlangt habe, die selbständig neben die Information trete. Diese Voraussetzung sei immer dann erfüllt, wenn es sich um ein Programm handle, das nicht individuell für einen bestimmten Auftraggeber hergestellt, sondern in Erwartung eines hohen Absatzes für eine unbestimmte Zahl von Erwerbern entwickelt und dann in einer standardisierten Form serienmäßig hergestellt und über allgemeine Vertriebswege verkauft werde.

Dagegen wendet sich das FA mit der Revision. Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Der Senat hat inzwischen über die hier streitige Frage in seinem Grundsatzurteil vom 3. Juli 1987 III R 7/86 (BFHE 150, 259, BStBl II 1987, 728) entschieden. Er sieht in anwendungsorientierten Computerprogrammen auch dann immaterielle Wirtschaftsgüter, wenn sie nicht für einen speziellen Zweck entwickelt (sog. Individualprogramme), sondern wenn sie dank einer gleichgerichteten Aufgabenstellung bei Anwendern in einer Vielzahl von Fällen kopiert und vertrieben werden (sog. Standardprogramme). Für den Senat stand dabei der Gedanke im Vordergrund, daß der Anwender eines solchen Programms bei seinem Erwerb in erster Linie an dem geistigen Gehalt des Programms interessiert ist, mit dem er in seinem Betrieb oder Büro vielfältige Aufgaben lösen kann, und daß dem Datenträger nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Der Senat hat in seinem Urteil außerdem, und zwar insbesondere unter Heranziehung von Rechtsprechung zum Zivilrecht dargelegt, daß es für die Beurteilung von Computerprogrammen nicht darauf ankommt, ob der Erwerbsvorgang zivilrechtlich als Kauf oder als Nutzungsübertragung zu beurteilen ist. An seiner entgegengesetzten Auffassung in dem Urteil in BFHE 138, 126, BStBl II 1983, 647 hat der Senat nicht festgehalten.

Der vorliegende Fall bietet keine Besonderheiten und keinen Anlaß zu ergänzenden Ausführungen. Der Senat kann deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil in BFHE 150, 259, BStBl II 1987, 728 verweisen.

In einer weiteren Entscheidung (vgl. BFH-Urteil vom 5. Februar 1988 III R 49/83, BFHE 153, 269) hat der Senat angedeutet, daß abweichend von den vorstehend dargelegten Grundsätzen ein anwendungsorientiertes Computerprogramm ausnahmsweise dann ein materielles Wirtschaftsgut sein könne, wenn es selbst keine Befehlstruktur aufweist, sondern wenn auf ihm lediglich allgemein bekannte und jedermann zugängliche Bestände von Daten (z. B. von Zahlen oder Buchstaben) gespeichert sind, die im Bedarfsfall in den Computer eingelesen werden. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch offensichtlich nicht vor.

Da die Vorentscheidung diesen Grundsätzen nicht entspricht, war sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage wird abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

 

Fundstellen

Haufe-Index 415947

BFH/NV 1990, 62

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