Leitsatz (amtlich)

Zur Ordnungsmäßigkeit einer computergestützten Fernbuchhaltung, wenn der Steuerberater im Folgemonat die Geschäftsvorfälle mittels Datenerfassungsgeräts durch Erstellung von Lochstreifen und Primanota erfaßt, die Lochstreifen aber erst nach einigen Monaten an die DATEV weiterleitet.

 

Normenkette

EStG § 5; UStG 1967 § 30

 

Tatbestand

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) hat den Kläger bei der Umsatzsteuerveranlagung 1968 auch wegen der Zuführung von geringwertigen Wirtschaftsgütern zum Anlagevermögen (mit den Anschaffungskosten in Höhe von 40 000 DM als Bemessungsgrundlage) zur Selbstverbrauchsteuer in Höhe von 3 200 DM herangezogen. Nach Auffassung des FA ist die nach § 30 Abs. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1967 (UStG 1967) i. V. m. § 6 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erforderliche Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht gegeben; der Kläger habe weder die Eingangsrechnungen vor Verlust gesichert, noch habe er für eine zeitgerechte Erfassung der Geschäftsvorfälle in den Grundbüchern gesorgt. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.

Auf die Klage hat das Finanzgericht (FG) antragsgemäß die Umsatzsteuerzahlungsschuld 1968 um den streitigen Betrag von 3 200 DM herabgesetzt. Das Urteil des FG ist in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1973 S. 135 (EFG 1973, 135) veröffentlicht. Nach den Feststellungen des FG hat der Kläger, der seinen Gewinn nach Maßgabe des § 5 EStG durch Bestandsvergleich ermittelt, eine doppelte Buchführung eingerichtet. Die Geschäftsvorfälle des Jahres 1968 ließ er unter Einschaltung seines steuerlichen Beraters durch die DATEV eGmbH (DATEV) buchen. Er selbst führte ein Kassenbuch, in das er die baren Geschäftsvorfälle täglich eintrug. Die Bewegungen auf den Bankkonten hielt er durch fortlaufendes Abheften der mit Hinweisen versehenen Bankauszüge und Belege fest. Die Belege über die Ein- und Ausgangsrechnungen versah er mit Kontierungsvermerken. Danach wurden die Ausgangsrechnungen fortlaufend numeriert, die geprüften Eingangsrechnungen - in den Monaten April mit Juni 1968 im Durchschnitt 200 bis 300 Rechnungen - hingegen unnumeriert, aber alphabetisch geordnet und für jeden Monat getrennt (in einer besonderen Mappe) abgeheftet. Die so vorbereiteten Unterlagen übergab der Kläger zusammen mit einem Streifen, auf dem die vorbezeichneten Rechnungen entweder betrags- oder stückmäßig addiert waren, nach Ablauf eines jeden Monats seinem steuerlichen Berater. Dieser ließ den Buchungsstoff in seinem Büro einmal im Monat mit Hilfe eines Datenerfassungsgeräts - nach Buchungskreisen geordnet - auf Lochstreifen übertragen. Die eingegebenen Buchungssätze wurden hierbei gleichzeitig zu Kontrollzwecken in Klartext auf einem besonderen Blatt, der Primanota, niedergeschrieben; diese verblieb als Beleg bis zur Fertigstellung der Bilanz beim Berater. Der Berater gab danach die Buchungsunterlagen an den Kläger zurück und leitete die Lochstreifen an die DATEV weiter.

Für die ersten drei Monate des Jahres 1968 übersandte der Berater die Lochstreifen jeweils monatlich gesondert. Den Buchungsstoff für die restlichen neun Monate übermittelte er der DATEV im Wege von nur noch zwei Sendungen, und zwar einmal die Daten für die Monate April mit September 1968 im Oktober 1968 und zweitens die Daten für die Monate Oktober mit Dezember 1968 im Januar 1969. Die DATEV setzte die vom steuerlichen Berater auf den Lochstreifen übertragenen Daten auf Magnetband um und gab dieses, da sie im Jahre 1968 noch nicht mit einer eigenen automatischen Datenverarbeitungsanlage arbeitete, an die Firma IBM weiter, welche die Daten in einem Arbeitsgang prüfte, sortierte, auf Konten verbuchte und ausdruckte. Auf diese Weise erstellte die DATEV dem Kläger das Journal, die Sach- und Personenkonten sowie die Summen- und Saldenlisten. Zu damaliger Zeit war es nicht möglich, die Konten für einen gewissen Zeitraum zwischenspeichern zu lassen (Wartebuchhaltung), um so zwecks Begrenzung der Zahl der Kontenblätter statt des monatlichen Ausdrucks einen Ausdruck in größeren Zeitabständen zu erreichen (Äußerung der DATEV gegenüber dem FG).

Das FG hält aufgrund dieser Feststellungen die Buchführung 1968 für ordnungsmäßig. Es sieht die zeitnahe grundbuchmäßige Erfassung der Geschäftsvorfälle und ihre Aufgliederung auf die Sachkonten wegen der monatlichen Erstellung der Lochstreifen durch den steuerlichen Berater mit der Erwägung als gegeben an, daß die Belege, insbesondere die Eingangs- und Ausgangsrechnungen, bis zur Erfassung der Kreditgeschäfte ausreichend vor Verlust geschützt gewesen seien und die Verarbeitung und der Ausdruck der Geschäftsvorfälle durch die DATEV (unter Einsatz der Firma IBM) jederzeit in angemessener Frist hätten erfolgen können. Deshalb komme es nur auf die zeitnahe Erfassung der Daten auf Lochstreifen, nicht aber auf den Zeitpunkt der Absendung des Lochstreifens an die DATEV an.

Mit der gegen dieses Urteil gerichteten Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 30 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967, § 6 Abs. 2 EStG, §§ 161 Abs. 1 und 162 der Reichsabgabenordnung - AO -, §§ 38, 39 HGB). Unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BdF) vom 26. Januar 1973 IV B 2 - S 2130 - 1/73 (Die steuerliche Betriebsprüfung 1973 S. 90 - Bp. 1973, 90 -, Finanz-Rundschau 1973 S. 113 - FR 1973, 113 -) und den gleichlautenden Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 15. Februar 1973 S 2160 - 10 - VB 1 (Der Betrieb 1973 S. 500 - DB 1973, 500 -) führt das FA zur Begründung seiner Revision aus: Die Erfassung der Geschäftsvorfälle auf dem Lochstreifen als einem bloßen Datenzwischenträger sei grundsätzlich keine ausreichende grundbuchmäßige Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle. Selbst wenn man die Grundbuchfunktion durch die Ausfertigung der Primanota als erfüllt ansehe, fehle es an der zeitnahen und wirksamen Speicherung der Geschäftvorfälle auch auf den Sach- und Personenkonten, weil der Begriff des Buchens zumindest die Verarbeitung und kontenmäßige Aufbereitung der Daten voraussetze. Ohne eine solche fortlaufende Speicherung könnten insbesondere Unternehmen, die über eine eigene Datenverarbeitungsanlage verfügten, die spätere sachkontenmäßige Aufarbeitung der nur chronologisch gespeicherten Daten ohne weiteres noch beeinflussen.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Nach seiner Auffassung ist eine Buchführung, die mit Hilfe von Datenverarbeitungsanlagen erstellt wird, jedenfalls dann ordnungsmäßig, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Geschäftsvorfälle sowohl im Grundbuch als auch auf den Sach- und Personenkonten innerhalb der Frist des Abschn. 29 Abs. 2 Nr. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1969 grundbuchmäßig erfaßt sind. Denn das Erfordernis, daß der systematisierte Buchungsstoff in angemessener Frist verarbeitet und ausgedruckt werden könne (Abschn. 29 Abs. 6 Satz 3 EStR 1967), sei bereits ab dem Zeitpunkt der Übertragung der kontierten Daten auf Lochstreifen sichergestellt. Es sei sachlich nicht gerechtfertigt, den Lochstreifen lediglich als Datenzwischenträger anzusehen und deshalb wegen der nicht vorliegenden Übertragung auf Magnetband die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung zu verneinen. Die Möglichkeit einer nachträglichen Manipulation sei nach der Übergabe der Buchungsunterlagen an den steuerlichen Berater, der Übertragung der Daten auf Lochstreifen und der gleichzeitigen Erstellung der Primanota so gut wie ausgeschlossen.

Der BdF und der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen sind dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). In seiner Stellungnahme vertritt der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen unter Bezug auf seinen oben angegeben Erlaß vom 15. Februar 1973 im wesentlichen folgende Auffassung: Eine zeitnahe journalistische Buchung der Geschäftsvorfälle auf Datenträger sei nach den in Abschn. 29 Abs. 2 und Abs. 6 EStR niedergelegten Grundsätzen nur dann anzuerkennen, wenn der Lochstreifen mit den gespeicherten Daten eines Monats bis zum Ablauf des folgenden Monats der DATEV übersandt werde, so daß nach Ablauf der in Abschn. 29 Abs. 2 Nr. 2 EStR bestimmten Frist die Sach- und Personenkonten jederzeit mit Hilfe der Datenverarbeitungsanlage erstellt werden könnten. Bei einer durch Einsatz einer Datenverarbeitungsanlage erstellten Buchführung sei diese jederzeitige Zugriffsmöglichkeit und Verarbeitungsbereitschaft des Datenverarbeiters erst gegeben, wenn der Lochstreifen aus dem Zugriffsbereich des Steuerpflichtigen in den Zugriffsbereich desjenigen gelange, der über die Zentraleinheit verfüge. Bis zu diesem Zeitpunkt sei der vom steuerlichen Berater erstellte Lochstreifen lediglich eine Zusammenfassung kontierter Belege in einer für die Verarbeitung durch Datenverarbeitungsanlagen geeigneten Form und entbehre der Buchfunktion. Die Ersetzung eines Lochstreifens durch einen anderen Lochstreifen mit geänderten Daten könne nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden. Erst ab dem Zugang des Lochstreifens bei der DATEV ändere sich seine bisherige Funktion. Er erfülle erst dann die Funktion, die Geschäftsvorfälle ausreichend sicher festzuhalten und zu dokumentieren. Eine ordnungsgemäße Datenspeicherung i. S. des Abschn. 29 Abs. 6 EStR sei deshalb nur gegeben, wenn der Lochstreifen mit den gespeicherten Daten zum Ablauf des Folgemonats der DATEV zugehe. An dieser Beurteilung ändere auch nichts der Umstand, daß gleichzeitig mit dem Lochstreifen eine Primanota gefertigt worden sei, da diese zwar die Erfassung der Daten auf Lochstreifen beweise, jedoch nicht die Weiterverarbeitung nach Sach- und Personenkonten ermögliche. Der BdF hat sich dieser Stellungnahme angeschlossen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Die vom FG vertretene Auffassung, daß die Buchführung des Klägers ordnungsgemäß und deshalb der Tatbestand des Selbstverbrauchs i. S. des § 30 Abs. 2 Satz 1 UStG 1967 nicht erfüllt ist, hält nach den bisher vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Der Kläger bedient sich einer Fernbuchführung vermittels EDV-Anlage. Für sie gelten die anerkannten Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung gleichermaßen. Zu ihnen gehört das Erfordernis einer zeitnahen Verbuchung aller Geschäftsvorfälle (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 16. September 1964 IV 42/61 U, BFHE 80, 500, BStBl III 1964, 654). Der Kläger hat zwar dem Erfordernis der zeitnahen Verbuchung genügt, soweit er Buchungen vorgenommen hat; jedoch ist im Bereich der unbaren Geschäftsvorfälle mangels tatsächlicher Feststellungen des FG nicht ersichtlich, ob im Kontokorrent-Bereich den Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung genügt ist.

1. Entscheidend für die Beurteilung ist, wann der einzelne Geschäftsvorfall in den Grundbüchern aufgezeichnet ist (vgl. BFH-Urteile IV 42/61 U und vom 26. März 1968 IV 63/63, BFHE 92, 264, BStBl II 1968, 527). Diesem gedanklichen Ausgangspunkt entspricht im Grundsatz die vom BdF in Abschn. 29 Abs. 2 Nr. 2 EStR 1969 vertretene Auffassung, daß die grundbuchmäßige Erfassung der unbaren Geschäftsvorfälle eines Monats bis zum Ablauf des Folgemonats nicht zu beanstanden sei, sofern organisatorische Vorkehrungen sicherstellten, daß Buchführungsunterlagen bis zu ihrer grundbuchmäßigen Erfassung nicht verlorengehen, z. B. (wie vom Kläger gehandhabt) durch Abheften der Rechnungen in besonderen Mappen oder Ordnern. Die dieser Auffassung entsprechende Handhabung soll den Verhältnissen, wie sie bei computergestützten Fernbuchhaltungen (mit periodenweiser Verbuchung) vorliegen, Rechnung tragen.

Die journalmäßige Erfassung der unbaren Geschäftsvorfälle des Klägers erfolgte innerhalb der vorbezeichneten Frist. Denn nach den Feststellungen des FG - an die der Senat gebunden ist (§ 118 FGO) - übergab der Kläger die Geschäftsvorfälle eines Monats nach ablagemäßiger Vorbereitung seinem steuerlichen Berater, der sie bis zum Ablauf des Folgemonats nach Buchungskreisen geordnet auf Lochstreifen übertrug und - gleichzeitig - dazu eine Primanota (d. h. das Protokoll mit den Einzelheiten des erfaßten Buchungsstoffes) erstellte. Die Primanota hat bereits Grundbuchfunktion; denn sie hält die Geschäftsvorfälle der zeitlichen Reihenfolge nach fest, sichert deren Unverlierbarkeit und stellt darüber hinaus aufgrund der Abstimmung des Buchungsstoffes durch den steuerlichen Berater bei der Datenerfassung eine Verbindung zwischen Beleg und Konto her (vgl. hierzu die Stellungnahme des Fachausschusses für moderne Abrechnungssysteme - FAMA - 1/75 "Zur Auslegung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beim Einsatz von EDV-Anlagen im Rechnungswesen", abgedruckt in: Die Wirtschaftsprüfung 1975 S. 555, 558, Bp. 1976, 63, und Peter/von Bornhaupt/Körner, Ordnungsmäßigkeit der Buchführung - Anforderungen an Buchführung und Aufzeichnungen, 7. Aufl., Tz. 602 ff.; Zimmermann, Buchführungsbestandteile und ihre Funktionen bei automatisierter Datenverarbeitung, Bp. 1969, 161; derselbe in Lindemann/Nagel, Der Einfluß der EDV auf die Rechnungslegung, IBM-Beiträge zur Datenverarbeitung, 1973 S. 7; Rau, Bp. 1973, 90; Minz, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei elektronischer Datenverarbeitung, BBK Fach 8 S. 769, 777; Merkblatt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Finanzen 1972 für die Prüfung von Rechnungswerken, die mit ADV erstellt sind, unter 4.3.4.2 h). Die Grundbuchfunktion der Primanota greift bis zur Verarbeitung der auf dem Lochstreifen erfaßten Daten durch die EDV-Anlage ein.

Die vom FA unter Hinweis auf den oben angegebenen BdF-Erlaß vom 26. Januar 1973 vertretene Auffassung, der vom Kläger verwendete Lochstreifen sei lediglich ein (unzureichender) Datenzwischenträger und eine datenmäßige Aufzeichnung auf jederzeit zugriffsbereiten Datenträgern fehle, trifft nicht zu. Der Begriff des Speicherns im vorbezeichneten Erlaß wird in einem ganz bestimmten Zusammenhang verwendet und erhält dadurch einen ganz bestimmten konkreten Inhalt. Es ist davon auszugehen, daß Speichern definiert wird als eine über einen beliebigen Zeitraum hin bleibende Unterbringung von Daten auf einem Speichermedium (Datenträger). In diesem Sinne ist unter Speichern ebenso das Niederschreiben von Daten auf Papier (so auch auf Lochstreifen) zu verstehen wie das Aufzeichnen von Daten im Speicher einer EDV-Anlage. Ob das Speichern von Daten in dem einen oder anderen Sinne Aufzeichnung im Grundbuch oder deren Funktionserfüllung ist, hängt vom Wesen der jeweiligen Buchführungsart ab. Der BdF-Erlaß vom 26. Januar 1973 betrifft ersichtlich die sogenannte Speicherbuchführung (so auch Rau, a. a. O.), bei der der gesamte Buchungsstoff auf Zeit gespeichert und (erst) nach Abschluß des Wirtschaftsjahres (verarbeitet und) ausgedruckt wird. Für diese Buchführungsart bedeutet "Speichern" eine datenmäßige Erfassung, die es ermöglicht, verarbeitungsfähige Daten jederzeit aus dem Arbeitsspeicher zur Verarbeitung, d. h. letztlich zum Ausdrucken und Lesbarmachen der Buchführungsunterlagen, abzurufen. Nur im vorstehenden Sinne verarbeitungsfähige Daten werden bei der sogenannten Speicherbuchführung als gespeichert und damit als grundbuchmäßig erfaßt betrachtet (vgl. neuerdings BdF-Schreiben vom 5. Juli 1978, BStBl I 1978, 250, betr. Grundsätze ordnungsmäßiger Speicherbuchführung).

Bei der computergestützten Fernbuchhaltung liegen die Dinge jedoch gänzlich anders. Sie folgt in den Grundzügen der traditionellen Buchführungstechnik und hat lediglich bestimmte Arbeitsgänge durch Computereinsatz (auf höherem technischen Niveau) mechanisiert. Vom Wesen dieser Buchhaltungsform her gesehen, muß der Lochstreifen durchaus als Datenträger angesehen werden. Jedenfalls vermag er die hinreichende Grundbuchfunktion der Primanota nicht - wie das FA meint - in Frage zu stellen.

2. Gegen die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung kann auch nicht mit Erfolg eingewendet werden, die Systematisierung des grundbuchmäßig festgehaltenen Buchungsstoffes (Kreditgeschäfte) sie allzulange hinausgeschoben worden; zur zeitnahen Verbuchung gehöre die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit und Verarbeitungsbereitschaft des Datenverarbeiters. Zwar hat der BFH im Urteil IV 42/61 U (anläßlich der Beurteilung einer Fernbuchführung ohne Einsatz von EDV-Anlagen) darauf hingewiesen, daß eine zu starke Verzögerung der Systematisierung bei umfangreichen Buchführungen die Feststellung der jeweiligen Vermögens- und Ertragslage auch für einen Sachkundigen außerordentlich erschwert. Er hat die monatliche Systematisierung des in den Grundbüchern erfaßten Buchungsstoffes als genügend angesehen mit dem Argument, daß eine andere Auffassung der sich aus den Notwendigkeiten der Rationalisierung der Buchführungsarbeit ergebenden Praxis bei den Fernbuchführungen nicht gerecht werde.

Diese Überlegungen beziehen jedoch die solchen Bedenken weit weniger ausgesetzten Besonderheiten einer computergestützten Fernbuchführung der vorliegenden Art noch nicht mit ein. Es kann hier dahingestellt bleiben, in welchem Umfang der Auffassung der Verwaltung zuzustimmen wäre. Für den vorliegenden Fall vermag der Senat jedenfalls nicht der Auffassung zu folgen, es fehle im vorliegenden Fall an der Voraussetzung, daß die durch Lochstreifen und Primanota mit Grundbuchfunktion erfaßten Daten nach Ablauf der in Abschn. 29 Abs. 2 Nr. 2 EStR 1969 vorgesehenen Frist (Ablauf des Folgemonats) jederzeit in angemessener Zeit auf Konten ausgedruckt werden können. Die Finanzverwaltung geht selbst - zutreffend - davon aus, daß der vom steuerlichen Berater gefertigte Lochstreifen zur Weiterverarbeitung durch EDV-Anlagen geeignet ist (u. a. durch vorgesehene Steuerungsmerkmale für eine sach- und personenkontenmäßige Zuordnung) und inhaltlich auf die zur Verarbeitung in der Zentraleinheit vorgesehenen Datenträger (Magnetbänder) übernommen wird. Nach Auffassung des Senats kann - jedenfalls im vorliegenden Fall - die Anerkennung der Ausdruckbereitschaft des Lochstreifens nicht von der weiteren Voraussetzung abhängig gemacht werden, daß der Lochstreifen vom steuerlichen Berater der DATEV übergeben wird, d. h. in den Zugriffsbereich desjenigen gelangt, der über die Zentraleinheit verfügt. Denn dadurch wird der Lochstreifen weder seiner Art noch seinem Inhalt nach Verändert. Im vorliegenden Fall verlangt der Gesichtspunkt der ständigen Verarbeitungs- und Ausdruckbereitschaft nicht den Zugang des Lochstreifens bei der DATEV innerhalb der Frist des Abschn. 29 Abs. 2 Nr. 2 EStR 1969. Denn die Datenverarbeitung durch die DATEV, die nach den Feststellungen des FG im Regelfall eine Woche in Anspruch nimmt, würde sich nur um die Postlaufzeit verlängern. Hierin kann keine wesentliche Beeinträchtigung gesehen werden. Auch war der Buchungsstoff seinem Umfang nach so unbedeutend, daß, jedenfalls wegen der im Jahre 1968 nicht vorhandenen Möglichkeit, den verarbeiteten Buchungsstoff zur Einsparung von Kontenblättern bei der DATEV zwischenspeichern zu lassen (Wartebuchhaltung), die Ansammlung der Eingabedaten für einen Zeitraum von einem Vierteljahr sachlich vertretbar erscheint. Soweit die Finanzverwaltung die Sicherung der auf dem Lochstreifen enthaltenen Daten erst im Zugriffsbereich des Datenverarbeiters für gewährleistet hält, läßt sie zu Unrecht außer acht, daß mit der Erfassung des Buchungsstoffes durch den steuerlichen Berater der Kläger den Zugriff zu diesen Daten verloren hat. Sie läßt insbesondere auch außer acht, daß die mit Grundbuchfunktion erstellte Primanota die erforderliche Datensicherung gewährleistet, weil dem Wesen des Grundbuchs (Sicherungsfunktion gegen Verlust) hinreichend Rechnung getragen ist.

3. Die Sache ist jedoch nicht spruchreif.

Die finanzgerichtlichen Feststellungen lassen nicht erkennen, ob der Kläger die grundbuchmäßigen Aufzeichnungen unbarer Geschäftsvorfälle auf Kontokorrent-Sachkonto oder an anderer Stelle vorgenommen hat. Im übrigen ist unklar, ob die Behandlung der Eingangs- und Ausgangsrechnungen den Anforderungen an die Führung eines Kontokorrent-Personenkontos genügt (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 26. August 1975 VIII R 109/70, BFHE 117, 224, BStBl II 1976, 210).

 

Fundstellen

Haufe-Index 72944

BStBl II 1979, 20

BFHE 1979, 28

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