Entscheidungsstichwort (Thema)

Kraftfahrzeugsteuererhöhung 1986 verfassungsgemäß

 

Leitsatz (NV)

Gegen die Kraftfahrzeugsteuererhöhung für das Halten nicht schadstoffarmer Pkw bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Normenkette

KraftStG 1979 § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, aa, § 12 Abs. 2 Nr. 1; Ges. über steuerliche Maßnahmen zur Förderung des schadstoffarmen Personenkraftwagens vom 22. Mai 1985; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1

 

Tatbestand

Für das Halten eines für den Kläger zugelassenen Pkw mit 2 274 ccm Hubraum setzte das Finanzamt - FA - Kraftfahrzeugsteuer nach dem Satz von 14,40 DM/100 ccm Hubraum fest. Mit Bescheid vom . . . wurde die Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) 1979 in der Fassung des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung des schadstoffarmen Personenkraftwagens vom 22. Mai 1985 (BGBl I 1985, 784, BStBl I 1985, 211) für die Zeit ab 1. Januar 1986 nach einem Satz von 18,80 DM/100 ccm Hubraum neu festgesetzt (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, aa KraftStG 1979 in der Fassung des Gesetzes vom 22. Mai 1985).

Die nach erfolglos gebliebenem Einspruch erhobene Klage, mit der der Kläger die Verfassungswidrigkeit der der Neufestsetzung zugrundegelegten Vorschriften rügte, wurde abgewiesen. Das Finanzgericht (FG) hielt diese Vorschriften nicht für verfassungswidrig. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) sei nicht verletzt. Es sei sachgerecht, wenn zum Schutze der Umwelt das Halten nicht schadstoffarmer Pkw höher besteuert werde, um damit auf eine beschleunigte Umstellung auf (steuerbegünstigte) schadstoffarme Fahrzeuge hinzuwirken und die durch die Steuerbegünstigung eintretenden Haushaltsausfälle auszugleichen. Ein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot liege auch nicht darin, daß die Steuererhöhung auch die Halter nicht umrüstbarer älterer Pkw betreffe. Dies halte sich im Rahmen der dem Gesetzgeber zukommenden Gestaltungsfreiheit. Die Neuregelung zwinge - selbst in wirtschaftlicher Hinsicht - nicht zum Verkauf älterer, nicht schadstoffarmer und nicht umrüstbarer Pkw. Sie habe auch keine erdrosselnde Wirkung. Eine echte Rückwirkung liege nicht vor, eine unechte Rückwirkung sei grundsätzlich zulässig; Gründe für eine ausnahmsweise anzunehmende Unzulässigkeit dieser Rückwirkung seien nicht gegeben.

Mit der Revision gegen dieses Urteil macht der Kläger geltend, die Steuererhöhung greife in das Eigentum ein, weil sie die Veräußerung der betroffenen Fahrzeuge erschwere. Es werde auch eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vorgenommen. Zum Ausgleich finanzieller Nachteile durch die Steuerbefreiung für das Halten schadstoffarmer Pkw hätte es ausgereicht, neu zugelassene Fahrzeuge höher zu besteuern. Umweltgesichtspunkten werde nicht über die Kraftfahrzeugsteuer, sondern insbesondere über die Mineralölsteuer entsprochen. Die hier gegebene Lenkungssteuer sei verfehlt, da einer allgemeinen Nachfrage nach schadstoffarmen Pkw kein genügendes Angebot gegenüberstehe. Im Widerspruch zum Sozialstaatsprinzip treffe die Steuerregelung vor allem einkommensschwache Bevölkerungsschichten, die sich steuerbegünstigte Fahrzeuge nicht leisten könnten. Sie sei darüber hinaus familienfeindlich.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Der Senat verweist auf sein in einem gleichgelagerten Fall ergangenes Urteil VII R 12/88 vom heutigen Tage, BFHE 162, 141, BStBl II 1990, 929. Soweit der Kläger weitere, nicht in dieser Entscheidung behandelte Einwendungen gegen die Verfassungsmäßigkeit der der angegriffenen Steuerfestsetzung zugrundeliegenden Vorschriften erhebt, können diese Einwendungen nicht durchgreifen.

Die Höherbesteuerung auch des Haltens bereits zugelassener nicht schadstoffarmer Pkw liegt im Rahmen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, die auch typisierende Gestaltungen erlaubt. Es ist im Hinblick auf den mit dem Gesetz verfolgten Zweck - nicht Erzielung von Mehreinnahmen ,,für Umweltzwecke", sondern Ausgleich von Steuermindereinnahmen aufgrund der Steuerbefreiung und Anreiz zum Erwerb schadstoffarmer Pkw - nicht willkürlich, die Höherbesteuerung auch auf schon zugelassene Fahrzeuge zu erstrecken. Die Kraftfahrzeugsteuererhöhung konnte der Gesetzgeber als taugliches Mittel zur Erreichung seiner Ziele ansehen, unbeschadet der Möglichkeit, auch die Mineralölsteuer als Lenkungsmittel einzusetzen (z. B. mineralölsteuerliche Begünstigung unverbleiten Otto-Kraftstoffs; vgl. Klein/Olbertz, KraftStG, 2. Aufl. 1987, § 3 b Anm. 1). Inwieweit tatsächlich ein genügendes Angebot schadstoffarmer Pkw bestanden hat, ist unmaßgeblich, da es nur auf die (begründeten) Erwartungen ankam, von denen der Gesetzgeber ausgehen durfte. Das Sozialstaatsprinzip verbietet nicht, Steuern zu erheben, wenn diese im Rahmen eines Steuersystems erhoben werden, das der persönlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen Rechnung trägt (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 14. Oktober 1987 II R 11/85, BFHE 151, 285, 288, BStBl II 1988, 73, mit Nachweis). Bei einer Steuererhöhung um 4,40 DM/100 ccm Hubraum - im Falle des Klägers 101 DM jährlich - kann das Vorliegen dieser Voraussetzung nicht in Zweifel gezogen werden. Für eine ,,familienfeindliche" Wirkung der Steuerregelung, die in keiner Weise auf den Personenstand des Halters abstellt, gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417213

BFH/NV 1991, 417

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