Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Sonstiges Umsatzsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zahlungen, die der Erwerber eines Güterkraftverkehrsunternehmens dem Veräußerer im Hinblick darauf macht, daß ihm die Genehmigung zum Betrieb des Güterkraftverkehrs im Sinne des § 3 GüKG nach Maßgabe des § 9 Abs. 2 Satz 2 GüKG erteilt wird, sind als firmenwertähnliches Wirtschaftsgut zu aktivieren. EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 2, § 7; GüKG § 3, § 9 Abs. 2 Satz 2; PBefG § 5 Abs. 2 Satz 2, § 10.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Ziff. 2, § 7; GüKG §§ 3, 9 Abs. 2 S. 2; PBefG § 5 Abs. 2 S. 2, § 10

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der beschwerdeführende Ehemann (Bf.) den von ihm in seiner Bilanz 1955 noch eingesetzten, aus der übernahme eines Autotransportgeschäftes herrührenden Bilanzposten "übernahme P" zu Lasten des Betriebsergebnisses abschreiben kann. Der Bf. hatte im Jahre 1954 das Ferntransportunternehmen P zum Gesamtpreis von 19 500 DM gekauft. Hiervon hatte er 16 500 DM auf den Fuhrpark und 3 000 DM als auf "übernahme P" entfallend aktiviert. Unter Vorlage des Geschäftsübernahmevertrags P wurde dem Bf. auf seinen Antrag am 13. Januar 1955 durch die zuständige Genehmigungsbehörde die Genehmigung zum Betreiben des Güterfernverkehrs bis zum Ablauf der bisherigen Genehmigung P, nämlich bis zum 28. Februar 1959 erteilt. Der Bf. begehrt Abschreibung des Postens von 3 000 DM "übernahme P" laufend in drei Jahren mit je 33 1/3 %. Für 1954 erkannte das Finanzamt diese Abschreibung an. Für 1955 versagte es sie und erhöhte den Gewinn deswegen um 1 000 DM. Es ließ die Auffassung des Bf., die Konzession P sei ihm für deren Restlaufzeit nach den gesetzlichen Bestimmungen übertragen worden, im übrigen bestehe kein Rechtsanspruch auf eine Neuerteilung einer Fernverkehrsgenehmigung nach dem Güterkraftverkehrsgesetz (GüKG), sofern nicht alle vom Gesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen sachlicher und personeller Art vorlägen und das für das Land vorgesehene Kontingent noch nicht erschöpft sei, nicht gelten. Es sah in der Fernverkehrsgenehmigung ein firmenwertähnliches Wirtschaftsgut, das nicht einem zeitlich befristeten Wertverzehr unterliege.

Der Einspruch und die Berufung des Bf. waren erfolglos. Das Finanzgericht führte im wesentlichen aus, der Bf. habe dem Veräußerer P wirtschaftlich ein Entgelt dafür bezahlt, daß dieser mit der Geschäftsveräußerung die Rechtsstellung aus der ihm erteilten Genehmigung aufgegeben und damit dem Bf. den Weg freigegeben habe, diese Genehmigung für sich neu erteilen zu lassen. Bei dem Erwerb durch den Bf. handele es sich nicht um den Erwerb der eigentlichen Fernverkehrsgenehmigung als solcher, sondern um die Schaffung der wirtschaftlichen Möglichkeit für den Bf., durch die Geschäftsübernahme trotz bestehender überschreitung des Kontingents eine weitere Fernverkehrsgenehmigung nach § 9 Abs. 2 Satz 2 GüKG, und bei unveränderter sachlicher und persönlicher Voraussetzung auch die Wiedererteilung der Genehmigung zu einem späteren Zeitpunkt zu erhalten. Auf Anfrage habe der Regierungspräsident bestätigt, daß ein solcher Anspruch bestehe. Sämtliche dem Bf. erteilten Fernverkehrsgenehmigungen überhaupt, darunter auch die durch die Geschäftsübernahme P erlangte, seien bei Ablauf ihrer Gültigkeit in den Jahren 1958 und 1959 auf weitere acht Jahre neu erteilt worden. Was der Bf. erworben habe, sei also nicht die befristete Genehmigung als solche, sondern die wirtschaftliche Position, die sich aus dem Vorhandensein der Genehmigung und der späteren Möglichkeit, diese Genehmigung erneut erteilt zu bekommen, ergebe. Aus alledem folge, daß, falls hierfür dem Veräußerer vom Erwerber ein Entgelt gezahlt worden sei, dieses als Zahlung für ein immaterielles firmenwertähnliches Wirtschaftsgut im Sinne des § 6 Abs. 1 Ziff. 2 EStG zu aktivieren sei (vgl. Urteil des Finanzgerichts Karlsruhe I 225/58 vom 17. Februar 1959, Entscheidungen der Finanzgerichte 1959 S. 255 Nr. 305; Urteil des Bundesfinanzhofs I 209/55 U vom 13. März 1956, BStBl 1956 III S. 149, Slg. Bd. 62 S. 401, das einen ähnlichen Fall betroffen habe).

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist unbegründet.

Der Senat tritt den Ausführungen des Finanzgerichts in vollem Umfange bei. Entscheidend für die Beurteilung der Streitfrage ist, daß der Bf. beim Erwerb des Unternehmens nicht in eine befristete Rechtsbeziehung des Veräußerers P entgeltlich eingetreten sei, sondern diesem ein besonderes Entgelt dafür bezahlt hat, daß er beim Vorliegen aller übrigen Voraussetzungen damit rechnen konnte, daß ihm nach § 9 Abs. 2 Satz 2 GüKG die dort bezeichnete Genehmigung zum Betrieb des Güterfernverkehrs im Sinne des § 3 GüKG erteilt werde. Die Aussicht, alsbald in den Genuß einer Güterkraftverkehrsgenehmigung zu gelangen und damit den offenbar lukrativen Güterfernverkehr ausüben zu können, bestand für den Bf. nur über den Erwerb des Unternehmens P. Außerhalb des Erwerbs eines bestehenden Güterfernverkehrsunternehmens mit entsprechender Genehmigung konnte zu der damaligen Zeit der Bf. mit Rücksicht auf die Genehmigungskontingentierung nicht mit einer Erweiterung seines bereits bestehenden eigenen Fernverkehrsunternehmens rechnen. Diese Aussicht hat sich der Bf. etwas kosten lassen. Sie und nicht die zeitlich befristete Genehmigung als solche ist das Wirtschaftsgut, das der Bf. mit den aufgewendeten 3 000 DM erworben hat. Dieses Wirtschaftsgut aber ist nicht abnutzbar. Es ist zwar richtig, daß nach Ablauf der befristeten Genehmigung der Bf. das Fernverkehrsunternehmen nicht weiter ausüben kann. Das allein aber besagt noch nichts darüber, ob sich das erworbene Wirtschaftsgut bis zum Ablauf der Genehmigungsfrist tatsächlich voll abgenutzt hat. Entscheidend für diese Frage ist vielmehr, ob der Bf. nach den tatsächlichen Verhältnissen gerade mit Rücksicht darauf, daß er diese Fernverkehrsgenehmigung bereits besitzt, trotz fortbestehender Kontingentierung nach Ablauf der Genehmigungsfrist mit der Neuerteilung einer Fernverkehrsgenehmigung rechnen konnte. Wenn auch bei streng rechtlicher Anwendung der Vorschrift des GüKG eine solche Genehmigung während des überschreitens der Höchstzahlen an einen bisherigen Genehmigungsinhaber, dessen Genehmigung mit Zeitablauf erloschen ist, wohl nicht bevorzugt vor anderen Bewerbern erteilt werden dürfte, so verläuft die Praxis in der Genehmigungserteilung in diesen Fällen jedoch anders. Es ist unwidersprochen vom Finanzgericht festgestellt, daß in aller Regel ein Genehmigungsinhaber trotz überschreitung des Kontingents nach Ablauf seiner bisherigen Genehmigung bei Erfüllung aller übrigen Voraussetzungen mit höchster Wahrscheinlichkeit mit der Wiedererteilung einer Genehmigung rechnen kann. Beim Bf. ist dieser Sachverhalt auch tatsächlich eingetreten. Ein Steuerpflichtiger, der einem Fernverkehrsunternehmer bei Erwerb von dessen Unternehmen mit Rücksicht darauf, daß ihm durch die nach § 9 Abs. 2 Satz 2 GüKG zu erteilende Genehmigung damit gleichzeitig eine tatsächliche Anwartschaft auf Neuerteilung der Genehmigung auch bei überschreitung des Kontingents nach Ablauf der bisherigen Genehmigung entsteht, ein Entgelt bezahlt, bezahlt damit diese wirtschaftliche Situation, deren Wert von der lediglich formellen Genehmigungsdauer unabhängig ist. Mit Recht stützt das Finanzgericht seine Auffassung auch auf die Ausführungen des Urteils des Bundesfinanzhofs I 209/55 U (a. a. O.). Es trifft wohl zu, daß die Genehmigung nach dem Gesetz über die Beförderung von Personen zu Lande vom 4. Dezember 1934 (PBefG) zum Betrieb einer Omnibuslinie im Fall der Veräußerung an einen Dritten mit ihren Rechten und Pflichten auf diesen Dritten übergeht (vgl. auch § 5 Abs. 2 Ziff. 2 PBefG). Gleichwohl bedarf der Dritte einer zusätzlichen Genehmigung nach der gleichen Vorschrift, um die Rechte und Pflichten aus dieser "Konzession" ausüben zu können. Im übrigen werden auch die Genehmigungen nach dem PBefG zum Betrieb einer Omnibuslinie befristet erteilt (§ 10 PBefG). Sie erlöschen nach Ablauf der Frist ebenso wie die Genehmigungen nach dem GüKG. Im Falle des PBefG könnte man annehmen, daß der Erwerber einer Omnibuslinienkonzession das Entgelt an den Veräußerer für den Erwerb der Rechte und Pflichten aus der weiterbestehenden Konzession entrichtet. Auch in diesem Fall ist das Urteil des Bundesfinanzhofs I 209/55 U indes zutreffend davon ausgegangen, daß es dem Erwerber auf die wirtschaftlichen Möglichkeiten ankommt, die sich für ihn dadurch ergeben, daß er nunmehr die Genehmigung zum Betreiben einer Omnibuslinie von der Genehmigungsbehörde erhält und nicht damit zu rechnen braucht, daß ihm diese Genehmigung nach Ablauf der festgesetzten Frist nicht erneut erteilt werde. Die wirtschaftliche Beurteilung, die auf dem Gebiete des Bilanzsteuerrechts angebracht ist, ist für beide Fälle die gleiche. Die für diese wirtschaftliche Beurteilung nicht ins Gewicht fallenden rechtlichen Unterschiede in der Ausgestaltung und Erteilung der Genehmigung nach dem PBefG einerseits und dem GüKG andererseits haben keine Bedeutung. Es ist nach den tatsächlichen Verhältnissen jedenfalls nicht so, daß ein Erwerber bei der Bemessung des Entgelts für die durch die Genehmigung nach § 9 Abs. 2 Satz 2 GüKG zu erlangende wirtschaftliche Vorzugsstellung etwa eher damit rechnet, daß ihm die Genehmigung später nicht erneut erteilt werde, als umgekehrt. Das genügt, um Anschaffungskosten für ein nicht laufend nach § 7 EStG abschreibbares Wirtschaftsgut anzunehmen.

Die Rb. war nach alledem als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410874

BStBl III 1963, 501

BFHE 1964, 492

BFHE 77, 492

DB 1963, 1664

DStR 1962/63, 662

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