Leitsatz (amtlich)

1. Aufwendungen für Mittagsheimfahrten können auch bei Körperbehinderten weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.

2. Zum Nachweis der Voraussetzungen, unter denen bei Körperbehinderten als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigende private Kraftfahrzeugkosten auf Grund der Verwaltungsanweisungen der Länderfinanzministerien geschätzt werden können.

2. Der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus kann bei Wohnungen, die nach Teil IV des II. WoBauG vom 27. Juni 1956 (BGBl I 1956 S. 523) steuerbegünstigt sind, mit der nach § 85 Abs. 2 des II. WoBauG in Verbindung mit § 29 Abs. 2 der Neubaumietenverordnung 1962 vom 19. Dezember 1962 (BGBl I 1962 S. 759) erzwingbaren Kostenmiete angesetzt werden.

 

Normenkette

EStG 1961 § 9 Nr. 4, § 21 Abs. 2, § 33; II. WoBauG § 85

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtiger) ist als Sachgebietsleiter beim FA tätig. Seine Erwerbsfähigkeit ist wegen eines chronischen Gelenkrheumatismus und einer inaktiven Tuberkulose um 70 v. H. gemindert. Für die Zurücklegung der zwischen seiner Wohnung und seiner Arbeitsstätte bestehenden Wegstrecke von 7 km benutzt er einen eigenen Pkw. Der Steuerpflichtige fährt auch mittags zur Einnahme des Mittagessens zu seiner Wohnung. Er verweist auf ein ärztliches Zeugnis, nach dem er eine tägliche Mittagspaus von 2 1/2 Stunden zur Durchführung einer Liegekur benötige, weil dies zur Erhaltung seiner Arbeitsfähigkeit unbedingt erforderlich sei. Am 29. November 1962 hat er auf einer solchen Mittagsheimfahrt einen Unfall erlitten, der bei ihm zusätzliche Kosten und den Totalverlust des Pkw verursacht hat.

Bei der Einkommensteuer-Veranlagung 1963 beantragte der Steuerpflichtige unter Hinweis auf Abschn. 25 Abs. 2 LStR 1963, seine tatsächlichen Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte einschließlich der Mittagsheimfahrten als Werbungskosten zu berücksichtigen. Das FA erkannte im Einspruchsverfahren als Werbungskosten nur den Betrag von 787 DM an, der sich aus der Anwendung des in § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV 1962 festgesetzten Pauschsatzes für 7 km einfacher Wegstrecke und 225 Arbeitstage ergab. Es wies darauf hin, daß die Regelung in Abschn. 25 Abs. 2 LStR sich nur auf dienstliche Fahrten beziehe und daß nach der Rechtsprechung des BFH Mittagsheimfahrten keine beruflichen Fahrten seien. Die tatsächlichen Aufwendungen seien, wenn die Mittagsheimfahrten außer Betracht blieben, niedriger. Die Unfallkosten in Höhe von 354 DM erkannte das FA nicht als Werbungskosten an. Da die mittäglichen Heimfahrten keine dienstlichen Fahrten seien, könnten auch die Kosten eines Unfalls, der sich auf einer solchen Fahrt ereignete, nicht als Werbungskosten anerkannt werden. Das FA lehnte auch die Berücksichtigung des Zeitwerts des total zerstörten Pkw von 1 500 DM als Werbungskosten ab. Ausweislich der Lohnsteuer-Akten habe der Steuerpflichtige in den Jahren 1956 bis 1958 je 20 v. H. der Anschaffungskosten als Werbungskosten geltend gemacht, während er in den folgenden Veranlagungszeiträumen keine Absetzung für Abnutzung (AfA) mehr ansetzte. Es müsse daher angenommen werden, daß der total zerstörte Pkw am Unfalltage abgeschrieben war, so daß der Zeitwert nicht noch einmal als Werbungskosten berücksichtigt werden könne.

Das FG schloß sich hinsichtlich der Kraftfahrzeugaufwendungen und der Unfallkosten der Beurteilung des FA unter Berufung auf die Rechtsprechung des BFH an (BFH-Urteile IV 10/61 S vom 13. Dezember 1962, BFH 76, 255, BStBl III 1963, 91; VI 98/61 S vom 7. Dezember 1962, BFH 76, 363, BStBl III 1963, 134; VI 66/65 vom 28. Januar 1966, BFH 85, 224, BStBl III 1966, 291; VI 275/64 U vom 30. Juli 1965, BFH 83, 322, BStBl III 1965, 617). Auch eine Berücksichtigung der Aufwendungen für Mittagsheimfahrten und der Unfallkosten unter dem Gesichtspunkt der außergewöhnlichen Belastung lehnte es ab. Es entsprach ferner nicht dem Antrag des Steuerpflichtigen, für Privatfahrten einen Betrag von 750 DM als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen.

Das FG wies auch das erst mit der Klage vorgebrachte Begehren des Steuerpflichtigen zurück, den vom FA mit 3 200 DM angesetzten Nutzungswert der eigengenutzten Räume seines Hauses auf 2 104,50 DM herabzusetzen. Es stimmte mit dem Steuerpflichtigen darin überein, daß es entsprechend dem BFH-Urteil VI 21/63 U vom 3. Mai 1963, BFH 77, 45, BStBl III 1963, 334 zwar nicht angehe, den Nutzungswert der Wohnung des Hauseigentümers ohne weiteres in Anlehnung an die bei Fremdvermietung erzielbare Miete zu ermitteln, da bei Fremdvermietung besondere Verhältnisse eine höhere Miete rechtfertigen könnten. Es trat aber auch den weiteren Ausführungen dieses Urteils bei, nach denen der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus in sinngemäßer Anwendung des § 8 Abs. 2 EStG mit der ortsüblichen mittleren Miete für Wohnungen vergleichbarer Lage und Ausstattung anzusetzen ist. Im Falle des Steuerpflichtigen könne jedoch nicht, wie dieser unter Berufung auf das vorgenannte BFH-Urteil begehre, der Nutzungswert mit der nach § 45 Abs. 2 des Ersten Wohnungsbaugesetzes vom 24. April 1950 i. d. F. vom 25. August 1953 (I. WoBauG) erzwingbaren Kostenmiete von 150 v. H. des Mietrichtsatzes = 1,65 DM je qm angesetzt werden, weil für den Streitfall das Zweite Wohnungsbaugesetz vom 27. Juni 1956 i. d. F. vom 1. August 1961 (II. WoBauG) anzuwenden sei. Dieses weiche vom I. WoBauG insofern ab, als es die Möglichkeit der Berufung auf die Richtsatzmiete als Korrektiv einer vereinbarten Miete fallengelassen habe. Das FA habe die Kostenmiete des gesamten Hauses entsprechend dem maßgeblichen § 85 des II. WoBauG zutreffend auf 6 700 DM berechnet. Daraus ergebe sich ein Anteil für die Wohnung des Steuerpflichtigen (ohne Garage) von 3 650 DM. Wenn statt dessen das FA für die Wohnung (einschließlich Garage) nur einen Nutzungswert von 3 200 DM angesetzt habe, um den der Berechnung der Kostenmiete anhaftenden Unsicherheiten Rechnung zu tragen, so könne dieser Betrag nicht weiter herabgesetzt werden.

Mit der Revision wiederholt der Steuerpflichtige sein früheres Vorbringen. Einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten sieht er darin, daß das FG die Behandlung der Kraftfahrzeugkosten durch das FA in den Jahren 1954 bis 1958 nicht berücksichtigt habe, obwohl ihm damals der Abzug der tatsächlichen Kraftfahrzeugkosten für vier Fahrten am Tage einschließlich der Reparaturkosten usw. als Werbungskosten zugestanden worden sei. Er verweist auf die BFH-Urteile VI 33/65 vom 15. Dezember 1967 (BFH 90, 493, BStBl II 1968, 150) und VI R 182/67 vom 22. November 1968 (BFH 94, 325, BStBl II 1969, 160). Aus der letzteren Entscheidung ergebe sich, daß es bei der Berücksichtigung von Unfallkosten als Werbungskosten keine Rolle spiele, zu welchem Zeitpunkt sich der Unfall ereignet habe. Der Auffassung des BFH, daß auch die Fahrtkosten anläßlich einer ärztlich verordneten Mittagspause steuerlich nicht berücksichtigt werden könnten, müsse widersprochen werden.

Nach der Rundverfügung der OFD Freiburg vom 29. April 1969 - S 2522 A - St 31/1, Tz. 5 - dürfe in Fällen der Mietpreisbindung auch bei der Einheitsbewertung des Grundvermögens nur die preisrechtlich zulässige Miete als übliche Miete angesetzt werden. Der Nutzungswert der Eigentümerwohnung dürfe daher in solchen Fällen auch dann nicht heraufgesetzt werden, wenn alle anderen Wohnungen zu höheren (preisrechtlich nicht zulässigen) Mieten vermietet sind.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision des Steuerpflichtigen ist nur zum Teil begründet.

1. Kraftfahrzeug - und Unfallkosten

a) FA und FG haben dem Steuerpflichtigen wegen seiner Fahrten mit dem Pkw zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zutreffend als Werbungskosten nur den Pauschalbetrag zugebilligt, der sich aus der Anwendung des § 20 Abs. 2 Nr. 2 LStDV 1962 ergibt. In dem Pauschalbetrag wird arbeitstäglich nur die einfache Wegstrecke berücksichtigt.

Kosten für Mittagsheimfahrten sind grundsätzlich keine Werbungskosten. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß Kosten einer mittäglichen Heimfahrt grundsätzlich Kosten der privaten Lebensgestaltung sind (z. B. Urteil VI 66/65 vom 28. Januar 1966, BFH 85, 224, BStBl III 1966, 291). Das gilt entgegen der Ansicht des Steuerpflichtigen für Arbeitnehmer gleicherweise wie für gewerblich oder freiberuflich tätige Personen (Urteil IV 10/61 S vom 13. Dezember 1962, BFH 76, 255, BStBl III 1963, 91). Der Senat hat diese Auffassung im Urteil VI R 236/69 vom 13. Februar 1970 (BFH 98, 350, BStBl II 1970, 391), auf das Bezug genommen wird, erneut bestätigt. Eine Ausnahme, wie sie der Senat bei einer Unterbrechung der Arbeitszeit, die wesentlich länger als eine Arbeitspause bei geteilter Arbeitszeit und auf mindestens vier Stunden bemessen ist, für möglich hält, liegt im Streitfall nicht vor. Die Arbeitszeitregelung des Steuerpflichtigen weicht von den typischen Arbeitsverhältnissen mit geteilter Arbeitszeit nicht ab.

Auf die Regelung in Abschn. 25 Abs. 2 LStR 1962 kann sich der Steuerpflichtige nicht berufen. Nach dieser Regelung können bei schwer Körperbehinderten (Erwerbsminderung mindestens 45 v. H.), die wegen ihrer Behinderung ein Kraftfahrzeug benutzen müssen, als Werbungskosten die tatsächlichen Aufwendungen für alle aus dienstlichen Gründen ausgeführten Fahrten berücksichtigt werden, auch wenn es sich nur um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte handelt. Bei den Mittagsheimfahrten handelt es sich aber nicht um dienstliche, sondern um private Fahrten. Der Senat kann es deshalb in diesem Zusammenhang dahingestellt lassen, inwieweit die Gerichte überhaupt an diese Verwaltungsregelung gebunden sind.

Die neuen Vorschriften in § 9 Abs. 2 EStG, auf die sich der Steuerpflichtige ebenfalls beruft, sind nach § 52 Abs. 2 EStG 1967 erstmals für Fahrten anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1966 angetreten werden. Sie haben für den Streitfall daher noch keine Bedeutung. Der Senat sieht deshalb davon ab, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob etwa diese neuen Vorschriften die bisherige Beurteilung der Mittagsheimfahrten beeinflussen oder ändern könnten.

Auch auf eine abweichende Beurteilung durch das FA in früheren Veranlagungszeiträumen kann sich der Steuerpflichtige nicht berufen, weil die Entscheidung im Streitfall hieran nicht gebunden und selbständig zu treffen ist.

In der Entscheidung VI R 182/67, a. a. O., auf die der Steuerpflichtige sich bezieht, lag - anders als im Streitfall - unzweifelhaft eine Dienstfahrt vor, so daß ein Vergleich mit dem Streitfall nicht möglich ist.

Der Steuerpflichtige kann hiernach die Aufwendungen für seine Mittagsheimfahrten nicht als Werbungskosten geltend machen. Da schon die Mittagsheimfahrten als solche dem privaten Lebensbereich zuzurechnen sind, kommt eine Berücksichtigung als Werbungskosten auch für die Kosten des Unfalls, der sich auf einer dieser Heimfahrten ereignete, nicht in Betracht.

b) Die Kosten der Mittagsheimfahrten und des Unfalls, der sich während einer dieser Heimfahrten ereignete, können auch nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG abgezogen werden. Der Senat verbleibt insoweit bei seiner in den Urteilen VI 98/61 S vom 7. Dezember 1962 (BFH 76, 363, BStBl III 1963, 134) und VI 28/64 U vom 13. März 1964 (BFH 79, 306, BStBl III 1964, 342) dargestellten Auffassung. Es ist nicht außergewöhnlich, sondern üblich, daß Steuerpflichtige während einer zweioder zweieinhalbstündigen Mittagspause nach Hause fahren und dort das Mittagessen einnehmen und sich ausruhen. Die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen hierfür sind auch nicht etwa deswegen anders zu beurteilen, weil die Heimfahrten wegen seines Gesundheitszustandes angebracht oder erforderlich sind. Es gelten hier ähnliche Grundsätze wie sie auch bei einer üblichen Erholungsreise eines gesundheitlich beeinträchtigten Steuerpflichtigen die Anerkennung der Aufwendungen hierfür als außergewöhnliche Belastung ausschließen (Urteil VI 155/55 U vom 26. Juli 1957, BFH 65, 298, BStBl III 1957, 347).

c) Mit der Geltendmachung eines Betrages von 750 DM für private Pkw-Fahrten beruft sich der Steuerpflichtige auf einen übereinstimmenden Erlaß (z. B. "Der Betrieb" 1964, 1572), den die obersten Finanzbehörden der Länder im Anschluß an die Rechtsprechung des Senats (vgl. z. B. die Urteile VI R 260/67 und VI R 292/67 vom 23. Februar 1968, BStBl II 1968, 408 und 415) herausgegeben haben. Nach dieser Rechtsprechung können Aufwendungen besonderer Art neben den Pauschbeträgen des § 26 LStDV als außergewöhnliche Belastung nach § 25 LStDV (§ 33 EStG) berücksichtigt werden. Als solche besonderen Aufwendungen hat der Senat Kraftfahrzeug-Kosten bei Körperbehinderten angesehen, die zu ihrer Fortbewegung auf einen Pkw angewiesen sind. Nach den Erlassen soll die Voraussetzung, daß ein Körperbehinderter nach Art und Grad der Behinderung zu seiner Fortbewegung auf das Kraftfahrzeug angewiesen ist, allgemein anerkannt werden, wenn die Geh- und Stehbehinderung die Erwerbsfähigkeit um mindestens 70 v. H. mindert. In diesen Fällen soll ohne Einzelnachweis ein Aufwand von jährlich (3 000 km X 0,25 DM =) 750 DM neben dem Pauschbetrag aus § 26 LStDV anerkannt werden. In den Urteilen VI R 325/67 und VI R 317/67 vom 16. Februar 1970 (BFH 98, 353, 251, BStBl II 1970, 380, 452), hat der Senat ausgeführt, daß er an seiner bisherigen Rechtsprechung, nach der die in den gleichlautenden Erlassen der Länder-Finanzministerien enthaltene Verwaltungsregelung eine vertretbare Schätzung nach § 217 AO darstellt, festhält. Auf die Begründung zu diesen Urteilen wird Bezug genommen.

Das FG hat dem im Rahmen eines Hilfsantrages gestellten Begehren des Steuerpflichtigen, ihm den Betrag von 750 DM als außergewöhnliche Belastung für private Pkw-Fahrten zuzubilligen, nicht entsprochen. Eine Begründung hierfür hat es nicht gegeben. Der Senat ist auch nicht in der Lage, in dieser Frage selbst zu entscheiden, weil die Feststellungen des FG für eine solche Entscheidung nicht ausreichen. Das Urteil des FG war daher aufzuheben und an das FG zurückzuverweisen.

Bei der erneuten Entscheidung muß das FG folgendes beachten: Die in den Ländererlassen vorgesehene Schätzung von Aufwendungen, die neben dem Pauschbetrag nach § 26 LStDV als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden können, erscheint nur dann vertretbar und gerechtfertigt, wenn die Geh- und Stehbehinderung für sich allein zu einer Erwerbsminderung von mindestens 70 v. H. geführt hat. Nach der Bescheinigung vom 10. Dezember 1964 sind bei dem Steuerpflichtigen als Wehrdienstbeschädigung anerkannt: eine inaktive Lungentuberkulose und ein chronischer Gelenkrheumatismus. Außerdem leidet der Steuerpflichtige an Myocarditis. Es bedarf der Klärung, welche dieser Leiden zu einer Gehoder Stehbehinderung führen und wie hoch die Minderung der Erwerbsfähigkeit ist, zu denen diese Leiden für sich allein geführt haben. Soweit diese Feststellungen sich nicht aus dem Bescheid des Versorgungsamtes ergeben, wird hierzu eine Auskunft der zuständigen Behörde einzuholen sein. Nur diese Behörden sind auf Grund ihrer Erfahrung in der Lage, derartige Feststellungen in einer für alle Steuerpflichtigen gleichmäßigen Weise zu treffen. Die vom Steuerpflichtigen vorgelegte Bescheinigung vom 10. Dezember 1964 ist von einem Privatarzt ausgestellt und genügt diesen Anforderungen nicht. Erfüllt der Steuerpflichtige die zu stellenden Voraussetzungen, so kann der um die zumutbare Eigenbelastung (§ 64 EStDV 1961) gekürzte Betrag von 750 DM als außergewöhnliche Belastung zusätzlich vom Einkommen abgezogen werden. Erfüllt der Steuerpflichtige die Voraussetzungen nicht, so kann eine außergewöhnliche Belastung wegen privater Pkw-Fahrten auf Grund der Ländererlasse neben den Pauschbeträgen nach § 65 EStDV 1961 nicht anerkannt werden. In diesem Falle könnten private Pkw-Aufwendungen nur dann berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige im einzelnen nachweisen würde, daß seine Pkw-Aufwendungen auf Grund seiner Körperbehinderung höher sind als diejenigen der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes. Die Angabe der insgesamt angefallenen Kraftfahrzeugkosten würde als Darlegung in diesem Sinne nicht ausreichen.

2. Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus

Bei der Berechnung des Nutzungswerts der eigengenutzten Räume in dem Wohngebäude des Steuerpflichtigen ist das FG von zutreffenden rechtlichen Erwägungen ausgegangen. Danach ist der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus in sinngemäßer Anwendung des § 8 Abs. 2 EStG mit der ortsüblichen mittleren Miete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung anzusetzen (zuletzt Urteil VI R 17/67 vom 17. Oktober 1969, BFH 97, 117, BStBl II 1970, 60). Dies ist im Falle des Steuerpflichtigen die erzwingbare Kostenmiete. In dem Urteil VI 21/63 U, a. a. O., hatte der Senat bereits bei einer nach § 45 Abs. 2 des I. WoBauG erzwingbaren Kostenmiete die gleiche Auffassung vertreten. Auf das im Jahre 1959 errichtete Haus des Steuerpflichtigen ist allerdings nicht das I. WoBauG, sondern das II. WoBauG anzuwenden (§§ 82, 85 des II. WoBauG, BGBl I 1956, 523, BStBl I 1956, 388).

Nach § 85 des II. WoBauG ist (unter bestimmten weiteren Voraussetzungen) die Mietvereinbarung insoweit und solange unwirksam, als die vereinbarte Miete die Kostenmiete übersteigt. Dies gilt nicht, soweit die vereinbarte Miete einen Betrag nicht übersteigt, der von der Bundesregierung durch Rechtsverordnung bestimmt ist. In § 29 Abs. 2 der Neubaumietenverordnung 1962 vom 19. Februar 1962 (BGBl I 1962, 753), die nach ihrem § 40 für das Streitjahr 1963 anzuwenden ist, wird hierzu vorgeschrieben, daß eine Berufung auf die Kostenmiete nur insoweit wirksam ist, als die vereinbarte Miete (ohne die in den §§ 4 und 5 genannten Umlagen, Zuschläge und Vergütungen) je qm Wohnfläche den Mietrichtsatz um mehr als 80 v. H. übersteigt, der nach § 29 Abs. 1 des I. WoBauG für öffentlich geförderte Wohnungen am 1. Oktober 1954 für die Gemeinde oder den Gemeindeteil bestimmt war. Nach dieser Regelung stellt die nach dem Mietrichtsatz errechnete Miete nur eine Mindestmiete dar, die auch durch die Berufung auf die Kostenmiete nicht unterschritten werden darf. Ist also die nach dem Mietrichtsatz errechnete Miete niedriger als die Kostenmiete, so kann der Mieter eine Herabsetzung der vereinbarten Miete nur bis zur Kostenmiete verlangen (vgl. hierzu Wohnungsbaurecht, Kommentar von Fischer-Dieskau, Pergande, Schwender, II. Wohnungsbaugesetz, § 85 Anm. 4, 13. Lieferung - August 1963). Der Steuerpflichtige irrt deshalb, wenn er die Kostenmiete in jedem Fall unter Zugrundelegung des Mietrichtsatzes errechnen will.

Wenn sich ein Mieter nach § 85 Abs. 2 des II. WoBauG auf die Kostenmiete beruft, so hat nach § 29 Abs. 1 der Neubaumietenverordnung 1962 der Vermieter in einer Wirtschaftlichkeitsberechnung für die steuerbegünstigten Wohnungen des Gebäudes die Durchschnittsmiete zu ermitteln und die Einzelmiete nach § 3 zu berechnen. Diese Berechnung hat das FA durchgeführt. Der Steuerpflichtige hat gegen dessen Berechnung keine Einwendungen erhoben. Da die auf der Grundlage des Mietrichtsatzes errechnete Miete niedriger ist als die vom FA errechnete Kostenmiete, ist nach § 85 Abs. 2 des II. WoBauG, wie dargelegt, die Kostenmiete maßgeblich. Dabei ist es ohne Auswirkung, ob die auf der Grundlage des Mietrichtsatzes errechnete Mindestmiete den Mietrichtsatz um 50 v. H., wie der Steuerpflichtige meint, oder um 80 v. H. überschreiten darf, wie es in § 29 Abs. 2 der Neubaumietenverordnung 1962 vorgesehen ist. Auch bei einem Erhöhungssatz von 80 v. H. ist die auf der Grundlage des Mietrichtsatzes errechnete Miete niedriger als die Kostenmiete, so daß die Kostenmiete maßgeblich bleibt. Da der vom FA angesetzte Nutzungswert noch unter der Kostenmiete bleibt, ist der Steuerpflichtige insoweit nicht beschwert.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69090

BStBl II 1970, 680

BFHE 1970, 359

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