Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen für die Investitionszulage bei Wohnmobilen

 

Leitsatz (NV)

Für die Gewährung einer Investitionszulage nach § 4b InvZulG 1982 für die Anschaffung eines Wohnmobils ist es unschädlich, wenn die Mieter das Fahrzeug überwiegend zu privaten Urlaubsfahrten ins Ausland verwenden.

 

Normenkette

InvZulG 1982 § 4b

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine durch Gesellschaftsvertrag vom 1. Oktober 1982 gegründete KG, deren ausschließlicher Unternehmenszweck die Vermietung von Reisemobilen ist. Im Oktober 1982 erwarb sie u.a. zwei Wohnmobile zum Preis von je 93 450 DM, die ab 15. Dezember 1982 an wechselnde Kunden vermietet wurden. Die Mindestmietzeit betrug drei Tage, in Einzelfällen dauerte die Mietzeit über drei Wochen. Die Fahrzeuge wurden jeweils nach Abschluß des Mietvertrages den Mietern in gereinigtem Zustand übergeben und von diesen zu privaten Urlaubsreisen, teilweise auch ins europäische Ausland, benutzt.

Den am 11. März 1983 gestellten Antrag auf eine Investitionszulage nach § 4b des Investitionszulagengesetzes (InvZulG) 1982 lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sowohl für die Wohnmobile als auch für die sonstigen Wirtschaftsgüter (zwei Anrufbeantworter) ab. Das FA begründete die Ablehnung damit, die Wohnmobile würden zu mehr als 10 % zu privaten Zwecken und zudem im Ausland benutzt. Der Einspruch hatte lediglich bezüglich der beiden Anrufbeantworter Erfolg. Für die im Streit gebliebenen Reisemobile wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab. Es vertrat die Auffassung, daß es dahingestellt bleiben könne, ob das Erfordernis der ausschließlichen oder fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung (§ 4b Abs. 2 Satz 7 InvZulG) aus der Sicht des gewerblichen Vermieters oder aus der Sicht des privaten Nutzers zu beurteilen sei. Auf jeden Fall seien die Fahrzeuge nicht mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte im Inland verblieben, da sie in mehr als nur geringfügigem Umfang im Ausland benutzt worden seien.

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 4b Abs. 2 InvZulG 1982. Sie ist der Ansicht, daß sich die Gewährung der Investitionszulage für Wohnmobile nach den für Kraftfahrzeuge entwickelten Grundsätzen richten müsse. Nach der zu § 19 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) ergangenen Rechtsprechung sei für Fahrzeuge dann eine Investitionszulage zu gewähren, wenn diese im Verkehr von und nach Berlin, also ohne Anfangs- und Endpunkt außerhalb Berlins, eingesetzt würden. Entsprechend sei die Zulage nach § 4b InvZulG 1982 für die Wohnmobile zu gewähren, da diese auf Fahrten mit Anfangs- und Endpunkt im Bundesgebiet eingesetzt würden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. a) Gemäß § 4b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c, bb InvZulG 1982 ist die Anschaffung von neuen beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens nur dann zulagebegünstigt, wenn diese mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung in einem Betrieb oder einer Betriebstätte im Inland verbleiben. Weiter bestimmt § 4b Abs. 2 Satz 7 InvZulG 1982, daß eine Zulage nur gewährt werden kann, wenn das angeschaffte Wirtschaftsgut ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.

Hat der Investor das angeschaffte Wirtschaftsgut einem anderen zum Gebrauch überlassen, so sind die vorgenannten Voraussetzungen in der Reihenfolge zu prüfen, daß zunächst zu klären ist, wo das Wirtschaftsgut i.S. des § 4b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1982 verblieben ist. Erst wenn diese Frage geklärt ist, wird die weitere Frage bedeutsam, ob ein Wirtschaftsgut zulageschädlich verwendet wurde. Denn die Entscheidung darüber, ob eine ausschließliche oder fast ausschließliche betriebliche Nutzung vorliegt, ist nach den Verhältnissen desjenigen zu beurteilen, bei dem das Wirtschaftsgut verblieben ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Mai 1986 III R 66/85, BFHE 147, 193, BStBl II 1986, 916).

Ist das Wirtschaftsgut beim Investor verblieben, so wird es nach wie vor dort eingesetzt, und es ist unerheblich, ob der Mieter Gewerbetreibender oder Privatmann ist und zu welchem Zweck er das Wirtschaftsgut verwendet. Für die Gewährung der Investitionszulage ist dann allein maßgebend, wie der Investor den Gegenstand einsetzt. Verbleibt das angeschaffte Wirtschaftsgut hingegen beim Mieter, so kommt es auf dessen Verhältnisse an. Handelt es sich bei ihm um eine Privatperson, so kommt eine Zulage von vornherein nicht in Betracht. Ist der Mieter hingegen Gewerbetreibender, ist entscheidend, wie dieser das Wirtschaftsgut nutzt.

b. Der Senat hat in seinem Urteil in BFHE 147, 193, BStBl II 1986, 916 weiter entschieden, daß ein Wirtschaftsgut dann noch dauerhaft und räumlich mit dem Betrieb des Investors verbunden bleibt, wenn das Wirtschaftsgut kurzfristig einem anderen zur Nutzung überlassen wird. Insoweit verbleibt das Wirtschaftsgut trotz der Nutzungsüberlassung noch im Betrieb oder in der Betriebstätte des Investors und wird nach wie vor dort eingesetzt. Als kurzfristig ist dabei ein Zeitraum von bis zu drei Monaten je Vermietung anzusehen. Wird diese Frist im Einzelfall nicht überschritten, ist regelmäßig davon auszugehen, daß ein Investor die tatsächliche Gewalt über einen vermieteten Gegenstand innerhalb kurzer Zeit wiedererlangt.

2. Bei Anwendung der vorgenannten Rechtsgrundsätze war es unschädlich, daß die Klägerin die Wohnmobile an Privatpersonen für deren private Zwecke vermietet hat. Da die Fahrzeuge jeweils für weniger als drei Monate vermietet wurden, verblieben sie im räumlichen Bereich des Betriebs der Klägerin, so daß die Frage nach der ausschließlichen oder fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung aus der Sicht der Klägerin und nicht aus der Sicht der privaten Mieter zu beurteilen ist. Die Vermietung durch die Klägerin an fremde Dritte stellte sich als betriebliche Nutzung dar.

3. Allerdings liegt im vorliegenden Fall die Besonderheit vor, daß die Reisemobile, wovon ausgegangen werden kann, in nicht nur geringfügigem Umfang auch im Ausland genutzt worden sind. Der Senat hält dies jedoch für unschädlich. Denn auch insoweit ist diese Frage - bei kurzfristiger Vermietung von jeweils bis zu drei Monaten - aus der Sicht des Investors zu beurteilen. Da die Reisen mit den Wohnmobilen im Betrieb der Klägerin - also im Inland - begonnen und geendet haben, war ihr zwischenzeitlicher Aufenthalt im Ausland unschädlich. Allein dieses Ergebnis wird auch der Eigenart solcher Wohnmobile gerecht, nämlich auf Urlaubsreisen genutzt zu werden. Da heute Reisen in das Ausland nichts Außergewöhnliches sind, muß diesem Umstand bei der rechtlichen Beurteilung Rechnung getragen werden. Aus den gleichen Gründen kann auch der Gesichtspunkt nicht entscheidungserheblich sein, daß Reisemobile nicht nur zum Transport von Personen bestimmt sind, sondern gleichzeitig dem Wohnen (schlafen und kochen) dienen.

4. Das finanzgerichtliche Urteil beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Das FG hat keine Feststellungen darüber getroffen, ob und in welchem Umfang die Klägerin (in der Person ihrer Gesellschafter) neben der Vermietung an fremde Dritte die Wohnmobile auch zu privaten und damit betriebsfremden Zwecken genutzt hat. Nicht entscheidend ist in diesem Zusammenhang, daß die Klägerin, die als Personengesellschaft gemäß § 4b Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1982 selbst Berechtigte der Investitionszulage ist, nur einen betrieblichen und keinen privaten Bereich hat. Vielmehr sind in diesem Zusammenhang Gebrauchsüberlassungen an die Gesellschafter oder deren Angehörige zu privaten Zwecken als zulageschädlich anzusehen, es sei denn, daß die private Nutzung von untergeordneter Bedeutung war (BFHE 147, 193, BStBl II 1986, 916; BFH-Urteil vom 4. November 1977 III R 145/74, BFHE 124, 470, BStBl II 1978, 353).

Bei der erneuten Verhandlung wird das FG auch zu prüfen haben, ob die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Investitionszulage nach § 4b InvZulG 1982 erfüllt sind. Dabei kann insbesondere die Frage von Bedeutung sein, wann und von wem die Klägerin die Wohnmobile erworben hat. Da das Revisionsgericht an den entsprechenden Feststellungen gehindert ist, war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

 

Fundstellen

Haufe-Index 416331

BFH/NV 1989, 805

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