Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsrecht Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Der Bundesfinanzhof hält entsprechend seiner neueren ständigen Rechtsprechung daran fest, daß der Erwerb von Kommanditanteilen an einer GmbH & Co. KG wegen der Nichtigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 4 und insoweit des § 6 Abs. 2 KVStG nicht der Gesellschaftsteuer unterliegt.

 

Normenkette

GG Art. 3; KVStG § 2/1, § 6 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2

 

Tatbestand

Nach der unstreitigen tatsächlichen Feststellung des Finanzgerichts wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 22. März 1961 mit Wirkung vom 1. April 1961 die KG "X.-GmbH & Co. KG" in A. errichtet. Einziger Gründungskomplementär der KG (GmbH & Co. KG) war die Bgin., die X.-GmbH. Einziger Gründungskommanditist war Herr X. aus A. mit einer Kommanditeinlage von 150.000 DM. Alleinige Gesellschafterin der Bgin. ist die Y.-OHG.

Das Finanzamt setzte mit an die Bgin. gerichtetem Steuerbescheid vom 18. Juli 1961 für die Kommanditeinlage des Herrn X. bei der GmbH & Co. KG unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den § 2 Ziff. 1, richtig: Nr. 1, und den § 6 Abs. 1 Ziff. 4, richtig: Nr. 4, KVStG (1959) vorläufig eine Gesellschaftsteuer von (2,5 v. H. von 150.000 DM =) 3.750 DM fest.

Schon im Einspruchs- und im Berufungsverfahren begehrte die Bgin. Freistellung von der Gesellschaftsteuer unter Hinweis darauf, daß Herr S. der Bgin. (der X.-GmbH) bereits am Tage der Gründung der GmbH & Co. KG (dem 22. März 1961) verbindlich die Abtretung seines Kommanditanteils (von 150.000 DM) angeboten hatte. Mit der Annahme des Vertragsangebots durch die Bgin. am 30. September 1961 sei entsprechend den getroffenen Vereinbarungen, die eine Rückwirkung von vornherein vorgesehen hätten, Identität des Komplementärs und des Kommanditisten eingetreten und die Kommanditgesellschaft rückwirkend in Wegfall gekommen. Da zivilrechtlich der Abschluß eines Vertrags über die Gründung einer Gesellschaft (KG) auflösend bedingt möglich sei, müsse auch die Gesellschaftsteuerpflicht entfallen. Während das Finanzamt den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 1961 als unbegründet zurückwies, schloß sich das Finanzgericht in dem mit der Rb. angefochtenen Urteil im Ergebnis der Rechtsansicht der Bgin. an. Es vertrat die Auffassung, daß unter den besonderen Verhältnissen des Streitfalles der Rückdatierung der vertraglichen Abmachungen Rechnung zu tragen und deshalb der Erwerb der Gesellschaftsrechte an der GmbH & Co. KG durch die Annahme des Vertragsangebots auflösend bedingt gewesen sei. Danach sei die Steuerfestsetzung vom 18. Juli 1961 gemäß § 4 Abs. 2 StAnpG wegen Eintritts der auflösenden Bedingung unter entsprechender änderung auch der Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 1961 aufzuheben und die Bgin. von der Gesellschaftsteuer freizustellen.

Mit der Rb. hat sich der Vorsteher des Finanzamts (der Bf.) in ausführlichen Rechtsdarlegungen gegen die Rechtsansicht des Finanzgerichts gewandt und beantragt, die Einspruchsentscheidung wiederherzustellen sowie die Kosten des Rechtsmittelverfahrens der Bgin. aufzuerlegen. Die Bgin. hat u. a. unter Bezugnahme auf die Rechtsausführungen des Finanzgerichts begehrt, die Rb. des Bf. als unbegründet zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 1. Februar 1965 hat die Bgin. unter Bezugnahme auf die Grundsatzentscheidung des erkennenden Senats II 12/61 S vom 3. Dezember 1964 (BStBl 1965 III S. 19) auch beantragt, die Rb. wegen Nichtigkeit der der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Vorschrift (des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG) zurückzuweisen.

Der Bf. hat mit Schriftsatz vom 23. Februar 1965 gebeten, die Entscheidung über das vorliegende Rechtsmittel bis auf weiteres zurückzustellen, da "die sich aus diesem Urteil ergebenden Fragen im Interesse einer einheitlichen Sachbehandlung bei den Finanzämtern von den Verkehrsteuerreferenten der Länder in einer ... Besprechung erörtert werden sollen".

 

Entscheidungsgründe

Diesem Aussetzungsantrag vermochte der Senat nicht zu entsprechen. Die erwähnten beabsichtigten Erörterungen über die aus einem Grundsatzurteil des Bundesfinanzhofs gezogenen Schlußfolgerungen können dem obersten Steuergericht der Bundesrepublik keine Veranlassung geben, zum Nachteil der beteiligten anderen Prozeßpartei die Entscheidung in einer spruchreifen Sache zurückzustellen, noch dazu in einem Streitfall, in dem die 1961 festgesetzte Steuer schon im Jahre 1961 bezahlt worden ist. Daran konnte auch der Umstand nichts ändern, daß die Verkehrsteuerreferenten der Länder auch die Frage erörtern wollen, ob gegen das Urteil II 12/61 S ein Normenkontrollverfahren eingeleitet werden soll (vgl. FinMin. Nordrhein-Westfalen, Erlaß vom 2. Februar 1965 - S 5230 - 7 - VC 2 in "Der Betrieb" - DB - 1965 S. 238, "Der Betriebs-Berater" - BB - 1965 S. 197), zumal der Senat inzwischen in seiner neueren Rechtsprechung ständig die Verfassungswidrigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 4 (ß 6 Abs. 2) KVStG festgestellt hat. Für die Rechtsauffassung des erkennenden Senats ist auch mitbestimmend gewesen, daß - wie der Senat in dem Urteil II 12/61 S schon angedeutet hat - die jetzige Fassung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 auf das KVStG 1934 zurückgeht, das sich in seiner Begründung ausdrücklich auf die "nationalsozialistische Wirtschaftsauffassung" beruft, und gerade die inhaltliche Beibehaltung des § 5 Abs. 2 KVStG 1922 (1931) im Jahre 1934 trotz inzwischen allgemein erfolgter Anerkennung der GmbH & Co. KG als zulässiger Personengesellschaft der gekennzeichneten Wirtschaftsauffassung Rechnung trug.

Die Rb. des Bf. hat keinen Erfolg, da der streitbefangene Rechtsvorgang keiner Gesellschaftsteuer unterworfen werden darf.

Die streitige Steuerforderung ist vom Finanzamt auf die Vorschriften des § 2 Nr. 1 und des § 6 Abs. 1 Nr. 4 KVStG 1959 gestützt. Sie könnte daher im Ergebnis rechtlichen Bestand nur haben, wenn gegen die Anwendung der Vorschriften verfassungsmäßige Bedenken nicht bestehen würden. Diese Voraussetzung ist hinsichtlich der Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 (und insoweit des § 6 Abs. 2) KVStG, wie schon ausgeführt ist, nicht gegeben. Im einzelnen wird auf die Rechtssätze und die Begründung des angeführten Urteils II 12/61 S vom 3. Dezember 1964 Bezug genommen.

Da die Besteuerung des streitbefangenen Anteilserwerbs auf jeden Fall von der Rechtsgültigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 KVStG abhängt, kann sie nach der vorgenannten Grundsatzentscheidung des Bundesfinanzhofs, an welcher der Senat - entsprechend der erwähnten neueren ständigen Rechtsprechung - auch für den Streitfall festhält, nicht durch Wiederherstellung der Einspruchsentscheidung aufrechterhalten werden (vgl. auch neuerdings die zustimmenden Stellungnahmen zu dem Urteil II 12/61 S von Hesselmann in "Finanz-Rundschau" 1965 S. 33 f., besonders S. 34 linke Spalte unten, rechte Spalte oben, und in "GmbH-Rundschau" 1965 S. 40; Conrad Böttcher in "Rechts- und Wirtschaftspraxis", 14 Steuer-R D GmbH & Co. II 3 Einzelfragen, Lieferung 605 S. 25; ferner "Der Steuerberater" 1965 S. 8 sowie "Deutsche Steuer-Zeitung" Ausgabe A 1965 S. 60 f., vor allem S. 61 Ziff. 6; siehe auch "Neue Wirtschaftsbriefe" Fach 8 a S. 79).

Danach war die Rb. des Bf. gegen das angefochtene Urteil des Finanzgerichts als unbegründet zurückzuweisen und damit im Ergebnis die Vorentscheidung zu bestätigen, durch welche die Einspruchsentscheidung und der vorläufige Steuerbescheid des Finanzamts aufgehoben wurden und die Bgin. von der festgesetzten Gesellschaftsteuer endgültig freigestellt worden ist.

Ein Eingehen auf die vom Finanzgericht und den Prozeßbeteiligten erörterten Fragen eines Wegfalles der Steuerfestsetzung wegen Eintritts einer auflösenden Bedingung ist daher nicht mehr erforderlich.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411570

BStBl III 1965, 201

BFHE 1965, 556

BFHE 81, 556

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