Entscheidungsstichwort (Thema)

Liebhaberei; landwirtschaftlicher Teilbetrieb; Mißbrauch

 

Leitsatz (NV)

1. Trotz größerer Verluste ist bei einem landwirtschaftlichen Betrieb nicht von Liebhaberei auszugehen, wenn die Verlustquellen beseitigt werden sollen und können.

2. Die für die Annahme eines forstwirtschaftlichen Teilbetriebes entwickelten Grundsätze (BFH-Urteile vom 5. November 1981 IV R 180/77, BFHE 134, 426, BStBl II 1982, 158 und vom 17. Januar 1991 IV R 12/89, BFHE 164, 24, BStBl II 1991, 566) können nicht auf eine landwirtschaftliche Betätigung übertragen werden.

3. Wird ein Teilbetrieb gemäß § 7 Abs. 1 EStDV unentgeltlich übertragen, kann nicht bereits aus dem sofortigen Verkauf durch den Übernehmer auf die Umgehungsabsicht (§ 42 AO 1977) geschlossen werden.

 

Normenkette

AO 1977 § 42; EStG § 14 Abs. 1, § 16 Abs. 1 Nr. 1; EStDV § 7 Abs. 1

 

Tatbestand

Im Jahr 1964 erbte der damals vierjährige Kläger und Revisionskläger (Kläger) von seiner Tante einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb (rd. 187 ha groß; davon 117 ha Forst und 69 ha Landwirtschaft sowie Ödland). Der Onkel des Klägers hatte diesen in den 20er Jahren erworben und mit Hilfe eines Verwalters bewirtschaftet.

Nach einer Betriebsprüfung für die Jahre 1960 bis 1964 vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) zunächst die Auffassung, der Hof habe aus einem forstwirtschaftlichen und einem landwirtschaftlichen Teilbetrieb bestanden; die Landwirtschaft sei aber seit dem 1. Juli 1954 nicht mehr als Erwerbsbetrieb zu sehen (insgesamt 180 000 DM Verluste von 1954 bis 1964). Im Einspruchsverfahren gegen die entsprechend geänderten Einkommensteuer bescheide 1962 bis 1964 machte der Testamentsvollstrecker geltend, eine Gewinnerzielungsabsicht habe vorgelegen; der Betrieb werde modernisiert. Darauf kürzte das FA lediglich die geltend gemachten Betriebsausgaben und gab im übrigen dem Einspruch statt.

Der Kläger -- vertreten durch seine Eltern -- ließ den Hof im Wirtschaftsjahr 1965/1966 durch Verwalter bewirtschaften und verpachtete ihn dann mit einem vormundschaftsgerichtlich genehmigten Vertrag zum 1. Juli 1966 an eine von seinem Vater beherrschte ... -KG. Dem FA teilte er mit, der Betrieb werde nicht aufgegeben, sondern fortgeführt. Zum 31. Dezember 1970 wurde der Pachtvertrag beendet, weil die Pächterin wegen erheblicher Verluste aufgelöst wurde. Mit Vertrag vom 23. März 1971 verpachtete der Kläger den Hof an seinen Vater bis zum 31. Dezember 1988.

In den Folgejahren erklärte der Kläger positive Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, während der Pachtbetrieb des Vaters des Klägers als Liebhabereibetrieb angesehen wurde. Am 17. März 1981 fand bei der OFD eine Besprechung über die Frage statt, welche steuerliche Belastung bei einer Veräußerung des Hofes entstehen würde. Die OFD war der Auffassung, der Hof sei entgegen der Ansicht des Klägers Betriebsvermögen. Dieser erbrachte jedoch nicht den erbetenen Nachweis, der Hof sei schon von seinen Vorbesitzern als Privatvermögen behandelt worden.

Durch notariellen Vertrag vom 15. Juni 1981 übertrug der Kläger Teilflächen von insgesamt rd. 145 ha (98 ha Forst und 47 ha Landwirtschaft) unentgeltlich auf seine Mutter. Diese verkaufte die Flächen durch Vertrag vom 15. Juni 1981/3. Juli 1981 zum Preise von ... DM. Dem Kläger verblieben rd. 25 ha Forst, rd. 16 ha Landwirtschaft sowie 1,9 ha Wasser- und Gebäudeflächen.

Da der Kläger für die Jahre 1980 und 1981 keine Steuererklärungen abgegeben hatte, nahm das FA Schätzungen vor. Ausgehend von einem Verkehrswert von ... DM sowie dem Buchwert der übertragenen Flächen und des aufstehenden Holzes ermittelte das FA zunächst einen Entnahmegewinn von ... DM, den es hälftig in den Jahren 1980 und 1981 erfaßte. Später gelangte es zu der Auffassung, bei den übertragenen Forstflächen (98 ha, und zwar Wald, Heide, Unland, Wasserflächen) handle es sich um einen Teilbetrieb, und setzte nur noch einen Entnahmegewinn von ... DM für die landwirtschaftlichen Flächen an. Der Einspruch blieb erfolglos.

Mit der Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Er machte u. a. geltend, es habe sich bei den landwirtschaftlichen Flächen um Privatvermögen gehandelt. Der Hof sei seit 1905 nur von Hobbylandwirten betrieben worden und habe seither im Bereich der Landwirtschaft nur Verluste abgeworfen. Der ererbte Gesamtbetrieb bestehe aus einem forst- und einem landwirtschaftlichen Teilbetrieb. Letzterer sei wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht als Liebhabereibetrieb zu qualifizieren. Das ergebe sich aus dem Betriebsprüfungsbericht vom 23. September 1965 sowie einem von einem Institut erstellten Gutachten. Durch die seit 1966/1967 erzielten Pachten habe er zwar bis 1980/1981 positive Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt. Das beruhe aber darauf, daß der forstwirtschaftliche Teil Gewinne abgeworfen habe, nur diese rechtfertigten die Pachteinnahmen. Die für den Gesamtbetrieb erstellten Bilanzen hätten den landwirtschaftlichen Teil zu Unrecht als Betriebsvermögen ausgewiesen. Jedenfalls handle es sich bei den übertragenen landwirtschaftlichen Flächen um einen Teilbetrieb.

Das Finanzgericht (FG) trennte die Klage hinsichtlich des Jahres 1980 ab und wies die Klage hinsichtlich des Jahres 1981 als unbegründet zurück. Es führte u. a. aus, die gewählte Gestaltung sei rechtsmißbräuchlich. Der Kläger sei so zu behandeln, als wenn er die Teilflächen von rd. 145 ha selbst veräußert habe. Sowohl der Gewinn aus der Veräußerung des forstwirtschaftlichen Teilbetriebs als auch der landwirtschaftlichen Flächen sei beim Kläger zu erfassen. Letztere seien Betriebsvermögen gewesen. Ob diese Flächen einen Teilbetrieb ausmachten, könne ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob der vom FA angesetzte Teilwert zutreffend sei.

Die Beteiligten seien zu Recht davon ausgegangen, daß die übertragenen Forstflächen (rd. 98 ha) einen Teilbetrieb darstellten. Die unentgeltliche Übertragung auf die Mutter und die anschließende unverzügliche Veräußerung durch diese seien rechtsmißbräuchlich. Der Kläger hätte die 145 ha auch direkt verkaufen können. Der Gewinn aus dem Verkauf des Forstes in Höhe von ... DM sei dem Kalenderjahr 1981 zuzurechnen (§ 4 a Abs. 2 EStG). Dabei sei von einem Wert von ... DM/qm auszugehen.

Es lasse sich nicht feststellen, ob der Kläger einen landwirtschaftlichen Liebhabereibetrieb geerbt habe.

Dagegen spreche, daß die Erträge aus dem Hof stets als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärt worden seien und gegenüber dem FA mit Nachdruck als solche verfochten worden seien. Die Verluste der Jahre 1954 bis 1964 seien nicht so erheblich gewesen, daß eine gewinnbringende Bewirtschaftung ausgeschlossen gewesen wäre. Die Unterhaltung nur aus persönlichen Gründen sei nicht ersichtlich. Im übrigen habe die Annahme einer Liebhaberei nicht automatisch den Übergang ins Privatvermögen zur Folge (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 29. Oktober 1981 IV R 138/78, BFHE 134, 339, BStBl II 1982, 381). Auch habe der Kläger den erbetenen Nachweis nicht geführt, der Hof sei Privatvermögen gewesen.

Den ererbten landwirtschaftlichen Betrieb habe der Kläger fortgeführt. Er habe anläßlich der Verpachtung ausdrücklich erklärt, daß er den Betrieb nicht aufgebe. Für den Fall, daß die landwirtschaftlichen Flächen einen Teilbetrieb darstellten, wäre der Veräußerungsgewinn im Jahr 1981 zu erfassen. Andernfalls wäre ein laufender Gewinn zur Hälfte im Jahr 1981 zu berücksichtigen, so daß sich dann jedenfalls eine höhere als die vom FA festgesetzte Steuer ergeben würde.

Mit der vom erkennenden Senat -- wegen grundsätzlicher Bedeutung -- zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht (§ 7 EStDV, § 42 AO 1977 und § 76 Abs. 1 FGO).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Zwar hat das FA im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1981 zu Recht eine Entnahme der landwirtschaftlichen Flächen (rd. 47 ha) angenommen; das FG hat aber offengelassen, ob der vom FA angenommene Entnahmewert von ... DM/qm zutrifft. Diese Frage ist entscheidungserheblich. Für die Annahme eines Rechtsmißbrauchs geben die Feststellungen des FG nichts her.

1. FA und FG sind zu Recht davon ausgegangen, daß die der Mutter übertragenen und dann veräußerten land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke Betriebsvermögen gewesen sind. Für die Forstflächen ist das nicht streitig. Gegen die Feststellung des FG, auch die landwirtschaftlich genutzten Flächen seien Betriebsvermögen gewesen, sind keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht worden (§ 118 Abs. 2 FGO).

a) Nicht zu beanstanden ist die Feststellung des FG, der landwirtschaftliche Betrieb sei im Zeitpunkt des Erbanfalls von der Tante (1964) kein Liebhabereibetrieb gewesen. Dafür spricht, daß die Tante des Klägers stets Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärt und die landwirtschaftlichen Flächen als Betriebsvermögen behandelt hat. Daß dies unrichtig gewesen sei, hat der Kläger -- wie das FG zutreffend festgestellt hat -- nicht nachweisen können.

b) Mit dem FG ist auch davon auszugehen, daß der landwirtschaftliche Betrieb auch in der Zeit bis zur Verpachtung (1966) nicht zu einem Liebhabereibetrieb geworden ist. Zwar waren in den Jahren 1954 bis 1964 Verluste von insgesamt 180 000 DM entstanden. Auch in einer derartigen Verlustsituation kann aber von einer erwerbswirtschaftlichen Betätigung ausgegangen werden, wenn die Verlustquellen beseitigt werden sollen und können (Senatsurteile vom 3. März 1988 IV R 90/85, BFH/NV 1989, 90; vom 13. Dezember 1990 IV R 1/89, BFHE 163, 418, BStBl II 1991, 452).

Hiervon sind der Testamentsvollstrecker und schließlich auch das FA im Einspruchsverfahren gegen die Einkommensteuerbescheide 1962 bis 1964 ausgegangen. Da es auf die zeitnahe Beurteilung der betrieblichen Situation ankommt, besteht kein Anlaß, hiervon nachträglich abzurücken.

c) Aus der Verpachtung des Betriebs hat der Kläger positive Einkünfte erwirtschaftet. Ob die Betriebsführung beim Pächter auf Liebhaberei hindeutet, hat dafür keine Bedeutung. Nur darauf bezieht sich aber das vom Kläger in den Prozeß eingeführte Gutachten.

Ebensowenig hat der Kläger anläßlich der Verpachtung die Aufgabe des Unternehmens oder doch des landwirtschaftlichen Teilbetriebes erklärt; vielmehr hat er sich ausdrücklich für die Fortführung des verpachteten Betriebes als land- und forstwirtschaftliches Vermögen entschieden.

2. Die Entstehung eines Entnahmegewinns kann auch nicht mit der Begründung verneint werden, die verschenkten landwirtschaftlichen Flächen hätten einen Teilbetrieb dargestellt. Zwar bildeten die Land- und Forstwirtschaft in der Hand des Klägers jeweils einen Teilbetrieb; diese Eigenschaft blieb auch erhalten, als der Kläger den Hof nach seiner Verpachtung als ruhenden Betrieb fortführte. Doch bildeten die veräußerten landwirtschaftlichen Flächen nicht einen weiteren Teilbetrieb innerhalb des landwirtschaftlichen Teilbetriebs.

Ein Teilbetrieb i. S. von § 14 Satz 1 i. V. m. § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist ein mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter, organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich allein lebensfähig ist. Lebensfähig ist ein Teil des Gesamtunternehmens dann, wenn von ihm seiner Struktur nach eine eigenständige betriebliche Tätigkeit ausgeübt werden kann. Dabei kommt es auf die Verhältnisse beim Veräußerer an (vgl. zur Landwirtschaft z. B. Senatsurteile vom 19. Februar 1976 IV R 179/72, BFHE 118, 323, BStBl II 1976, 415, und vom 26. Oktober 1989 IV R 25/88, BFHE 159, 37, BStBl II 1990, 373); bei ihm muß bereits eine Untereinheit im Sinne eines selbständigen Zweigbetriebes im Rahmen eines Gesamtunternehmens bestanden haben, die auch als eigenes Unternehmen bestehen könnte (Senatsurteile vom 29. April 1993 IV R 88/92, BFH/NV 1994, 694, und in BFHE 159, 37, BStBl II 1990, 373).

Davon, daß die übertragenen landwirtschaftlichen Flächen bereits beim Kläger eine Untereinheit mit einer gewissen Selbständigkeit gebildet haben, kann im Streitfall jedoch nicht ausgegangen werden. Denn die übertragenen 47 ha bildeten beim Kläger zusammen mit den ihm verbliebenen 16 ha einen einheitlichen Organismus mit nur einer Hofstelle. Die Flächen sind weder für unterschiedliche landwirtschaftliche Betriebszweige genutzt worden noch deutlich vom Hauptbetrieb entfernt und mit eigenem Inventar und Personal bewirtschaftet und sozusagen als Zweigbetriebe betrieben worden. Unerheblich ist, daß der Mutter eine Feldscheune mitübertragen worden ist und möglicherweise Teile der landwirtschaftlichen Flächen unterverpachtet waren.

Die vom erkennenden Senat für die Annahme eines forstwirtschaftlichen Teilbetriebes entwickelten Grundsätze (vgl. Senatsurteile vom 5. November 1981 IV R 180/77, BFHE 134, 426, BStBl II 1982, 158; vom 17. Januar 1991 IV R 12/89, BFHE 164, 24, BStBl II 1991, 566) können nicht auf die landwirtschaftliche Betätigung übertragen werden. Denn hier kommt es auf die nachhaltige planmäßige Bearbeitung des Grund und Bodens an, die ohne entsprechende Betriebsvorrichtungen und Betriebsmittel nicht möglich ist, während bei einem forstwirtschaftlichen Betrieb das Forstareal mit seinem Baumbestand den Betrieb verkörpert (Senatsurteile in BFHE 134, 426, BStBl II 1982, 158, und in BFHE 164, 24, BStBl II 1991, 566).

3. Die Sache ist nicht spruchreif.

Das FG ist auf eine Entnahme der landwirtschaftlichen Flächen und die Bemessung des Entnahmegewinns nicht eingegangen, weil es die Übertragung dieser Flächen mitsamt Forstflächen als rechtsmißbräuchlich angesehen hat; durch die Übertragung der Forstflächen als Teilbetrieb und ihre anschließende Verwertung habe nämlich die Gewinnrealisierung auf die Mutter des Klägers verlagert werden sollen, damit bei ihrer Zusammenveranlagung mit dem Ehemann bestehende Verlustabzugsmöglichkeiten ausgenutzt würden.

Der Senat geht mit den Beteiligten davon aus, daß die der Mutter des Klägers übertragenen Forstflächen (rd. 98 ha) in der Tat einen forstwirtschaftlichen Teilbetrieb bilden konnten (vgl. Senatsurteil in BFHE 164, 24, BStBl II 1991, 566, m. w. N.). Ein Teilbetrieb kann grundsätzlich ohne Gewinnrealisierung gemäß § 7 Abs. 1 EStDV unentgeltlich übertragen werden. Wird ein so übertragener Teilbetrieb vom Rechtsnachfolger veräußert oder sonst verwertet, tritt die Gewinnrealisierung bei ihm ein. Diese Möglichkeit schließt § 7 Abs. 1 EStDV seinem Wortlaut nach nicht aus, so daß entgegen der Annahme des FG nicht allein aufgrund der gewählten Gestaltung und des sofortigen Weiterverkaufs durch die Mutter auf die Umgehungsabsicht geschlossen werden kann. Dem Kläger konnte nicht versagt werden, seinen Betrieb ganz oder teilweise zu verschenken.

Das FG hat -- nach seiner Rechtauffassung zu Recht -- offengelassen, ob der vom FA angenommene Entnahmewert von ... DM/qm für die landwirtschaftlichen Flächen zutrifft. Diese Feststellung hat das FG somit noch zu treffen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421093

BFH/NV 1996, 316

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