Leitsatz (amtlich)

Der Umstand, daß eine Betriebstätte mit einer verhältnismäßig geringen Zahl von Arbeitnehmern wegen einer betrieblich bedingten Sicherheitszone ein verhältnismäßig großes Gemeindegebiet beansprucht, rechtfertigt nicht eine vom Regelmaßstab abweichende Zerlegung nach § 33 GewStG.

 

Normenkette

GewStG 1962 §§ 28, 29 Abs. 1 Nr. 2, § 33

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Streitig ist primär, inwieweit die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Gemeinde, einen Zerlegungsanteil am einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag der beigeladenen KG beanspruchen kann.

Die Klägerin, auf deren Gebiet die X-GmbH, die zum Konzernbereich der KG gehört, eine Fabrik betreibt, die eine erhebliche Sicherheitszone erfordert, wandte sich im Rechtsmittelverfahren gegen die vom Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) durchgeführte Zerlegung des Gewerbesteuermeßbetrages der KG nach dem Regelmaßstab des § 29 Abs. 1 Nr. 2 des Gewerbesteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (GewStG 1962), durch die ihr für 1962 ein Zerlegungsanteil von 46 090 DM zugewiesen worden war. Sie bestritt einmal, daß zwischen der GmbH und der KG ein Organschaftsverhältnis bestanden habe, so daß die GmbH nicht als bloße Betriebstätte der KG hätte behandelt werden dürfen. Zum anderen müsse aber, auch wenn die GmbH als Organ der KG anzusehen sei, die Zerlegung abweichend von § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG 1962 durchgeführt werden, um ein offenbar unbilliges Ergebnis zu vermeiden (§ 33 Abs. 1 GewStG). Die Zerlegung nach dem Regelmaßstab sei für die Klägerin deshalb untragbar, weil die GmbH wegen der erforderlichen Sicherheitszone zwar 325 ha eines für Industrieansiedlungen hervorragend geeigneten Geländes beanspruche, dort aber nur 180 Arbeitnehmer beschäftige. Darüber hinaus sei sie, die Klägerin, gezwungen gewesen, einen in der Sicherheitszone gelegenen Sportplatz mit einem Kostenaufwand von rd. 261 000 DM zu verlegen. Die besonderen Umstände des Falles müßten gemäß § 33 GewStG in der Form berücksichtigt werden, daß der Klägerin ein Zerlegungsanteil am Gewerbesteuermeßbetrag der KG zugewiesen werde, der dem Verhältnis der von der GmbH im Gemeindegebiet der Klägerin genutzten Grundstücksfläche zur gesamten von der KG genutzten Grundstücksfläche entspreche, allerdings begrenzt auf 147 000 DM, d. h. den Betrag, der als Gewerbesteuermeßbetrag hätte festgesetzt werden müssen, wenn die GmbH als selbständiger Betrieb angesehen worden wäre.

Mit ihrem Begehren hatte die Klägerin auch beim FG keinen Erfolg.

Auf die Revision hob der erkennende Senat durch sein Urteil vom 24. Juni 1971 IV R 219/68 (BFHE 102, 460, BStBl II 1971, 714) die Vorentscheidung aus formellen Gründen auf und verwies die Sache an die Vorinstanz zurück, weil das FG die vom Zerlegungsverfahren Betroffenen (§ 384 AO) nicht nach § 60 Abs. 3 FGO zum Verfahren beigeladen hatte.

Die nach Durchführung der Beiladungen ergangene Entscheidung des FG im zweiten Rechtsgang wies die Klage erneut ab. Das FG geht zunächst davon aus, daß über die Frage, ob zwischen der GmbH und der KG ein Organschaftsverhältnis bestehe, nur im Verfahren über die Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrages entschieden werden dürfe, und daß deshalb die Klägerin die in diesem Verfahren festgestellte Organschaft im Zerlegungsverfahren nicht bestreiten könne. Im übrigen komme eine Zerlegung nach § 33 Abs. 1 GewStG abweichend von dem Regelmaßstab des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG 1962 nicht in Betracht. Der Umstand, daß die GmbH einen ungewöhnlich großen Teil des zur Verfügung stehenden Industriegeländes in Anspruch nehme, dadurch die weitere Ansiedlung von Gewerbebetrieben erschwert werde und für die Klägerin die Möglichkeit, zusätzliche Gewerbesteuer zu bekommen, vermindert sei, rechtfertige keine abweichende Zerlegung. Das Entgehen möglicher Gewerbesteuereinnahmen könne nicht gleichgesetzt werden der Belastung durch bestehende Gewerbebetriebe, der im Rahmen der Zerlegung Rechnung zu tragen sei. Es sei nicht Sinn und Zweck der Zerlegungsvorschriften, der Gemeinde Mittel für den nicht mit Industrieansiedlungen zusammenhängenden Finanzbedarf zur Verfügung zu stellen oder einen Ausgleich dafür zu bieten, daß sie durch entgegenstehende Umstände in der Förderung des örtlichen Gewerbes behindert sei. Die verhältnismäßig geringe Zahl von Beschäftigten der GmbH habe letzten Endes auch entsprechend niedrigere Belastungen der Gemeinde zur Folge. Der von der Klägerin vorgeschlagene Zerlegungsmaßstab stoße wegen der Vielfalt der dem Konzern der KG angehörenden Betriebe und wegen der Eigenarten und Wertunterschiede der von diesen Betrieben genutzten Grundstücke auf Bedenken. Endlich könne auch der Umstand, daß die GmbH Organ der KG geworden sei, dadurch ihre wirtschaftliche Selbständigkeit eingebüßt habe und deshalb der Klägerin Gewerbesteuereinnahmen verloren gegangen seien, nicht zu einer von der Regel abweichenden Zerlegung führen (Hinweis auf das Urteil des BFH vom 1. März 1967 I B 240, 241/62, BFHE 88, 214, BStBl III 1967, 324).

Mit der Revision wiederholt die Klägerin ihre Einwendungen gegen die Annahme eines Organschaftsverhältnisses zwischen der GmbH und der KG und gegen die Anwendung des Regelmaßstabes nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG 1962. Sie rügt Verletzung des § 33 GewStG, des § 33 FGO und Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG. - Die GmbH als Organ der Y-AG und damit mittelbar als Organ der KG anzusehen, gehe - wie schon bisher vorgetragen - deshalb nicht an, weil GmbH und AG sich gegenüber dem Land und der Klägerin verpflichtet hätten, daß der Verwaltungssitz und damit die volle Gewerbesteuer der GmbH im Bereich der Klägerin verbleiben solle. Im übrigen sei die GmbH auch nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien einer Organschaft keine Organgesellschaft der AG, wovon das FG zu Unrecht und ohne entsprechende Aufklärung des Sachverhaltes ausgegangen sei. Die unzutreffende Behandlung als Organ, also als bloße Betriebstätte, könne entgegen der Meinung des FG auch im vorliegenden Zerlegungsverfahren gerügt werden. Die Streitfrage habe im Verfahren über die Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrages der KG, in dem nach Auffassung des FG verbindlich über die Organschaft entschieden worden sei, nicht geklärt werden können. Einmal seien die Möglichkeiten der Gemeinden in diesem Verfahren überhaupt sehr gering (vgl. § 36 Abs. 2 bis 4, § 100 Abs. 3 AO), zum anderen sei - wie allgemein üblich - der Klägerin auch nicht der Gewerbesteuermeßbescheid, sondern nur der Zerlegungsbescheid bekanntgegeben worden. Selbst dabei habe das FA noch § 385 Abs. 2 AO verletzt, indem es eine vorherige Anhörung der Klägerin verabsäumt habe. Ihr durch die Unterstellung einer Organschaft verletztes Interesse an einer zutreffenden Gewerbesteuerzuteilung könne die Klägerin daher nur im vorliegenden Verfahren geltend machen. Diese Möglichkeit folge zwingend aus Art. 19 Abs. 4 GG. Soweit dies früher verneint worden sei (BFH-Beschluß vom 13. September 1955 I B 151/54, StRK, Gewerbesteuergesetz, § 28, Rechtsspruch 8) oder überhaupt bestritten worden sei, daß Gemeinden bei der Festsetzung von Gewerbesteuermeßbeträgen durch die öffentliche Gewalt in ihren Rechten verletzt werden könnten, sei diese Meinung jedenfalls in Anbetracht der Generalklausel des § 33 FGO nicht mehr vertretbar. - Die Regelzerlegung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG 1962 führe aus den schon bisher genannten Gründen zu einem offenbar unbilligen Ergebnis i. S. von § 33 GewStG. Das Mißverhältnis zwischen der von der GmbH beanspruchten enormen Fläche und der geringen Zahl der von ihr beschäftigten Arbeitnehmer sei einmalig. Entsprechend hoch seien die der Klägerin dadurch entstehenden Lasten, unter denen nicht nur durch den Betrieb bedingte Ausgaben, sondern auch durch den Betrieb geschmälerte Einnahmen der Gemeinde zu verstehen seien. Wirtschaftlich unterscheide sich der durch das Vorhandensein des Betriebes aufgezwungene Verzicht auf Einnahmen nicht von dem Zwang zu entsprechenden Ausgaben. Im Streitfalle handle es sich geradezu um einen Musterfall des § 33 GewStG.

Die Klägerin beantragt Aufhebung der Vorentscheidung und gemäß § 33 GewStG Zuweisung eines Zerlegungsanteiles am Gewerbesteuermeßbetrag der KG, der dem Anteil der durch die GmbH genutzten Grundstücksflächen an der Grundstücksfläche des gesamten Konzerns der KG entspricht, höchstens jedoch 147 000 DM. Hilfsweise beantragt die Klägerin,

a) nach § 33 GewStG Zuweisung eines Zerlegungsanteils am Gewerbesteuermeßbetrag der KG in Höhe von 147 000 DM, um damit die Klägerin so zu stellen, als ob die GmbH selbständig zur Gewerbesteuer veranlagt würde; ferner hilfsweise

b) selbständige Veranlagung der GmbH zur Gewerbesteuer (Meßbetrag 147 000 DM) unter Berichtigung des Gewerbesteuermeßbetrages der KG.

Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.

Soweit beteiligte Gemeinden sich zur Sache geäußert haben, halten sie die Vorentscheidung für zutreffend. Die beteiligte KG hat von einer Stellungnahme abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Der Einwand der Klägerin, die GmbH dürfe nicht zum Organkreis der KG gerechnet werden, sei es, weil dahingehende Versprechungen gemacht worden seien, sei es, weil die Organschaftskriterien nicht erfüllt seien, kann keinen Erfolg haben. Zunächst würde eine Beteiligung der Klägerin am Zerlegungsverfahren des Gewerbesteuermeßbetrages der KG überhaupt ausscheiden, wenn die GmbH, wie die Klägerin behauptet, kein Organ, also keine Betriebstätte der KG i. S. von § 28 GewStG wäre. Sie könnte daher nicht nur keinen höheren, sondern überhaupt keinen Zerlegungsanteil am Gewerbesteuermeßbetrag der KG beanspruchen. Ihr hilfsweise verfolgtes Ziel, daß die GmbH selbständig zur Gewerbesteuer herangezogen werde (Hilfsantrag b), kann sie mit Erfolg nicht im Gewerbesteuerzerlegungsverfahren der KG verfolgen. Im übrigen ist, wie die Vorinstanz mit Recht betont hat, über die Frage, ob die Voraussetzungen einer gewerbesteuerrechtlichen Organschaft vorliegen, im Verfahren über die Festsetzung des Gewerbesteuermeßbetrages zu entscheiden (BFH-Beschluß I B 151/54; Blümich/Boyens/Steinbring/Klein/Hübl, Gewerbesteuergesetz, 8 Aufl., § 28 Anm. 3; Lenski/Steinberg/Stäuber, Kommentar zum Gewerbesteuergesetz, 4. Aufl., § 28 Anm. 6). Diese Frage betrifft die richtige oder unrichtige Meßbetragsfestsetzung, die für das Zerlegungsverfahren verbindlich ist (vgl. § 232 Abs. 4 AO n. F., § 388 Abs. 3 AO a. F., § 42 Abs. 4 FGO). Im übrigen kann aber die Klägerin nicht mit Erfolg versuchen, Einwendungen im Zerlegungsverfahren zu erheben, die ihr im zuständigen Festsetzungsverfahren abgeschnitten sind. Eine Rechtsbehelfsmöglichkeit bestand nämlich für die Klägerin auch im Festsetzungsverfahren nicht, weil die Gemeinden in diesem Verfahren nach ständiger Rechtsprechung des BFH, an der der Senat festhält, nicht rechtsmittelbefugt sind (vgl. die Entscheidungen vom 25. Mai 1962 I 129/59 S, BFHE 75, 632, BStBl III 1962, 497; vom 2. Oktober 1962 I 196/60 S, BFHE 76, 594, BStBl III 1963, 216, und vom 21. Oktober 1970 I R 81, 82, 92-94/68, BFHE 100, 295, BStBl II 1971, 30). Deshalb wurden der Klägerin auch die Gewerbesteuermeßbescheide der KG nicht gekanntgegeben. Eine etwa zu Unrecht unterlassene Beteiligung der Klägerin am Festsetzungs- oder Zerlegungsverfahren nach § 36 Abs. 2 AO oder § 385 Abs. 2 AO kann, da es sich insoweit um bloße Sollvorschriften handelt, ebenfalls keine Rechtsverletzung beinhalten (vgl. BFH-Urteil I 129/59 S). Darüber hinaus handelt es sich im Streitfall weder um eine Änderung der Beteiligungsverhältnisse i. S. von § 385 Abs. 2 AO, noch ist die Klägerin eine zum Bezirk des FA gehörende Gemeinde i. S. von § 36 Abs. 2 Satz 2 AO (vgl. hierzu Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 36 AO Tz. 6).

Auch wenn man davon absehen würde, daß nur im Festsetzungsverfahren und nicht im Zerlegungsverfahren über die Frage des Organschaftsverhältnisses der GmbH zur KG zu entscheiden ist, kann jedenfalls die Klägerin hier wie dort ein Recht auf Anfechtung der das Organschaftsverhältnis bejahenden Verwaltungsentscheidung mit der Begründung, dadurch werde sie, die Klägerin, in ihren Rechten verletzt, weder aus Art. 19 Abs. 4 GG noch aus den Bestimmungen der Finanzgerichtsordnung herleiten. Der BFH hat schon in der Entscheidung vom 22. November 1955 I B 43/55 U (BFHE 62, 115, BStBl III 1956, 44) unter Hinweis auf die Rechtsstellung der Gemeinden als gegenüber dem FA gleichgeordnete Hoheitsträger die Möglichkeit einer Rechtsverletzung i. S. von Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich ausgeschlossen. Die Richtigkeit dieser in der Folgezeit von der Rechtsprechung ständig bestätigten Auffassung ist durch die Einführung der Finanzgerichtsordnung entgegen der Meinung der Klägerin nicht nur nicht in Zweifel gezogen, sondern im Gegenteil ausdrücklich bestätigt worden. Das ergibt sich einmal aus der amtlichen Begründung des Entwurfs zu § 39 (jetzt § 40) FGO (Bundestags-Drucksache IV/1446, zu § 39, S. 46, abgedruckt bei Tipke/Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 40 FGO Anm. 16), zum anderen aus der ebenfalls auf der bisherigen Rechtsprechung beruhenden Regelung des § 40 Abs. 3 FGO, die mit ihrer besonderen Normierung der Klagebefugnis der Gemeinden in bestimmten Fällen krasser Interessenkollisionen überflüssig wäre, wenn die Gemeinden schon ohnehin bei jeder tatsächlichen oder vermeintlichen Beeinträchtigung ihrer Interessen klagebefugt wären (vgl. auch das BFH-Urteil I R 81, 82, 92-94/68, ferner Hübschmann/Hepp/Spitaler, a. a. O., FGO § 40 Tz. 82).

2. Die Klägerin ist somit im vorliegenden Verfahren auf Einwendungen beschränkt, die die Zerlegung selbst betreffen. Dabei kann jedoch ihrem Einwand, die Zerlegung nach dem Regelmaßstab des § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG 1962, also nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne, würde im Streitfall zu einem offenbar unbilligen Ergebnis i. S. von § 33 Abs. 1 GewStG führen, nicht gefolgt werden. Nach unbestrittener und einhelliger Auffassung hat der Gesetzgeber mit der Regelzerlegung in § 29 GewStG bewußt und gewollt ein einfaches und rohes Verfahren gewählt und damit Unstimmigkeiten und Unbilligkeiten im Einzelfall in Kauf genommen. Die Vorschrift des § 33 GewStG über die Zulassung eines von der Regelzerlegung abweichenden Zerlegungsmaßstabes zur Vermeidung von offenbar unbilligen Ergebnissen ist daher eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift (vgl. u. a. die Entscheidungen des BFH I B 240, 241/62; vom 24. Januar 1968 I B 87/64, BFHE 91, 52, BStBl II 1968, 185; vom 24. Juli 1969 IV B 125/64, BFHE 96, 483, BStBl II 1969, 688; Müthling, Gewerbesteuergesetz, Kommentar, 2. Aufl., § 33 Anm. 1; Lenski/Steinberg/Stäuber, a. a. O., § 33 Anm. 1; Blümich u. a. , a. a. O., § 33 Anm. 3).

a) Aus dem Zwang zu einer engen Auslegung der Vorschrift folgt einmal, daß sie kein Instrument dafür bietet, das für die Klägerin verbindlich festgestellte Organschaftsverhältnis (vgl. oben Ziff. 1 der Begründung) zwischen der GmbH und der KG und die hierdurch sich ergebenden zwingenden Folgen durch eine abweichende Zerlegung (Hilfsantrag a) wieder rückgängig zu machen (Entscheidung des RFH vom 12. Dezember 1939 I 94/39, RStBl 1940, 264, und Entscheidung des BFH I B 240, 241/62; Müthling, a. a. O.; Blümich u. a. , a. a. O., § 33 Anm. 4).

b) Auch die von der Klägerin vorgetragenen und vom FG festgestellten besonderen Umstände des Streitfalles rechtfertigen nicht die Anwendung eines anderen als des Regelmaßstabes bei der Zerlegung. Die klare, einfache und insofern auch gewollt rohe Regelzerlegung nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne verzichtet bewußt auf die Berücksichtigung von Besonderheiten, durch die sich der Einzelfall vom Normalfall unterscheidet (Lenski/Steinberg/Stäuber, a. a. O., § 29 Anm. 5). Nur wenn an diesem Ausgangspunkt, daß die Summe der in einer Betriebstätte gezahlten Arbeitslöhne der Gradmesser für die der Betriebstättengemeinde entstehenden Belastungen ist, festgehalten wird, ist das Zerlegungsverfahren überhaupt praktikabel. Das hat der Gesetzgeber neuerdings noch dadurch unterstrichen, daß er den Sonderzerlegungsmaßstab für Versicherungs-, Bank- und Kreditunternehmen (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG a. F.) mit Wirkung vom 1. Januar 1974 gestrichen hat (vgl. Art. 3 Nr. 15 a des Vermögensteuerreformgesetzes vom 17. April 1974, BGBl I 1974, 949, BStBl I 1974, 233, 246, 248), so daß für die bisher sogar vom Gesetz selbst berücksichtigten Sonderverhältnisse jetzt ebenfalls der Regelmaßstab gilt.

Das von der Klägerin als zwingender Anlaß für die Anwendung eines abweichenden Zerlegungsmaßstabes angesehene "Mißverhältnis" zwischen der Summe der Arbeitslöhne und der von der Betriebstätte unmittelbar oder (in Form von Sicherheitszonen) mittelbar beanspruchten Gemeindefläche rechtfertigt die Anwendung des § 33 GewStG nicht. Die Gewerbesteuerzerlegung soll, wie die Vorinstanz mit Recht betont hat, keinen Finanzausgleich ersetzen. Sie soll vielmehr der Gemeinde einen Ausgleich für die Belastungen bieten, die ihr durch das Vorhandensein der Betriebstätte entstehen. Es geht also nicht um die Deckung des Finanzbedarfs der Gemeinde an sich, sondern um eine Gegenleistung für die Lasten, die der Gemeinde wegen der Betriebstätte entstehen. Dieser auch als Äquivalenzprinzip bezeichnete Grundsatz (vgl. Blümich u. a. , a. a. O., § 1 Anm. 5 und § 29 Anm. 1) läßt erkennen, daß effektive Belastungen durch vorhandene Gewerbebetriebe nicht gleichgesetzt werden können mit entgehenden Einnahmen aufgrund der eingeschränkten Möglichkeit, weitere Gewerbebetriebe im Gemeindegebiet neu anzusiedeln. Denn diese eingeschränkte Möglichkeit hat, was die Klägerin verkennt, nicht nur den Verzicht auf Einnahmen, sondern auch die Ersparung entsprechender Lasten zur Folge. Wollte man der Klägerin gleichwohl einen höheren Zerlegungsanteil zuweisen, so würde das zu erneuten Unbilligkeiten führen, da der Klägerin ein höherer Zerlegungsanteil nur auf Kosten anderer Gemeinden zugewiesen werden könnte, bei denen aber nun effektiv die entsprechenden, vom Gesetzgeber für maßgeblich erachteten Belastungen aufgrund der Zahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer gegeben sind. Im übrigen hebt ein Teil der im Streitfall beigeladenen Gemeinden noch hervor, daß auch bei ihnen die Verhältnisse ähnlich wie bei der Klägerin gelagert seien, ohne daß sie hierfür einen höheren Zerlegungsanteil beanspruchten.

Die bei der Klägerin gegebenen Verhältnisse lassen, auch wenn man noch die durch die Sportplatzverlegung entstandenen Kosten mit berücksichtigt, nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen, wie sie in der Entscheidung I B 240, 241/62 zusammenfassend dargestellt sind, die Zerlegung nach dem Regelmaßstab nicht als in einem solchen Maße offensichtlich unbillig erscheinen, daß die nur für ganz besondere Ausnahmefälle gedachte Zerlegung nach einem anderen Zerlegungsmaßstab gemäß § 33 GewStG geboten wäre.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71712

BStBl II 1976, 123

BFHE 1976, 384

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge