Entscheidungsstichwort (Thema)

Sonstiges Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die durch den Ausgang des Kriegs eingetretenen allgemeinen änderungen der politischen, wirtschaftlichen und Verkehrsverhältnisse Berlins fallen unter den Begriff der Wertverhältnisse im Sinne der oben bezeichneten Bestimmungen und rechtfertigen für sich allein keine Fortschreibung des Einheitswerts eines in Berlin gelegenen Grundstücks.

Die nicht auf dieser allgemeinen änderung der Verhältnisse, sondern auf besonderen Umständen beruhende änderung der wesentlichen Verkehrslage eines Berliner Grundstücks stellt eine bei einer Wertfortschreibung zu berücksichtigende änderung im tatsächlichen Zustand des Grundstücks dar.

Erstes Gesetz über die Neuordnung der Vermögensbesteuerung in Berlin vom 29. Dezember 1950

 

Normenkette

VBestG 4/2/2; BewDV § 3a/1; BewG § 22/4

 

Tatbestand

Es ist mündliche Verhandlung beantragt. Dem Senat erschien es zweckmäßig, zunächst ohne eine solche durch Vorbescheid zu erkennen (ß 294 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung - AO -). Streitig ist die Fortschreibung des Einheitswertes für das Grundstück (Holzlagerplatz) der Beschwerdeführer (Bf.) in Berlin auf den 1. Januar 1949. Das Grundstück ist 1935 als sonstiges bebautes Grundstück nach dem Sachwert bewertet worden, wobei 4.433 qm Grund und Boden mit 16 RM je qm, demnach mit 70.928 RM bewertet wurden. Unter Hinzurechnung eines auf dem Grundstück stehenden Bürohäuschens und eines offenen Lagerschuppens ergab sich der Einheitswert für den 1. Januar 1935 für das Grundstück in Höhe von 72.300 RM. Auf den 1. Januar 1938 erfolgte eine Wertfortschreibung auf 76.100 RM, auf den 1. Januar 1939 wegen Errichtung von Garagen eine weitere Wertfortschreibung auf 98.400 RM. Nach Zerstörung der Bauten im Kriege nahm das Finanzamt auf Antrag der Grundstückseigentümer auf den 1. Januar 1946 erneut Wertfortschreibung vor, wobei das Grundstück mit dem Mindestwert des Grund und Bodens von 70.900 RM (4433 qm zu 16 RM je qm) bewertet wurde. Im September 1949 beantragten die Bf. Wertfortschreibung des Grundstücks mit der Begründung, daß der ehemalige Treuhänder das Grundstück durch Vertrag vom 17. September 1947 an den Bezirksverband der Kleingärtner zu gärtnerischer Nutzung für 150 RM jährlich verpachtet habe und außerdem nur noch eine kleine Fläche an einen Unternehmer für 300 RM jährlich überlassen worden sei. Der Antrag auf Wertfortschreibung wurde vom Finanzamt abgelehnt, weil das Grundstück bereits mit seinem Mindestwert bewertet worden sei. Auf den Einspruch der Bf. ermäßigte das Finanzamt den Einheitswert des Grundstücks im Hinblick auf die durch die Verpachtung als Kleingartenland eingetretene Eigentumsbeschränkung der Bf. auf 54.500 DM. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Bf. Sie verlangen Bewertung des Grundstücks mit höchstens 6 DM je qm, da sich die Verkehrslage des Grundstücks und die wirtschaftlichen Verhältnisse seit 1935 völlig verändert hätten. Das Grundstück sei als Holzlagerplatz mit Wasseranschluß erworben und jahrelang mit bestem geschäftlichen Erfolg genutzt worden. Es sei günstiger Wasserumschlageplatz für Schnittholz aus der Mark, dem deutschen Osten und Polen gewesen sowie für Schnittmaterialien, die mit Motorseglern über Stettin aus den nordischen Staaten gekommen wären. Die Grundstücke am Kanal hätten deshalb für diese Zwecke äußerst günstig gelegen und der Holzhandel eine besondere Rentabilität gehabt. Soweit sei auch der Wert von 16 RM je qm 1935 gerechtfertigt gewesen. Durch den Kriegsausgang, die Abschnürung Berlins und seine Zerreißung in Sektoren hätten sich die Verhältnisse von Grund auf geändert. Die Sektorengrenze zum sowjetischen Sektor verlaufe wenige hundert Meter hinter dem Grundstück. Das für den Holzhandel erforderliche Hinterland sei verlorengegangen. Auch die Tatsache, daß Berlin eine politische Insel und wirtschaftliches Notstandsgebiet geworden sei, dürfe nicht außer Betracht bleiben. Mit § 3 a der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewDV) könne die unter ganz anderen Umständen erfolgte Bewertung auf den 1. Januar 1935 mit 16 RM je qm Grund und Boden nicht begründet werden. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht führt aus, daß für die Wertfortschreibung gemäß Art. IV § 2 (2) des 1. Gesetzes über die Neuordnung der Vermögensbesteuerung in Berlin vom 29. Dezember 1950 - 1. VermBestG - (Verordnungsblatt für Berlin 1951 Teil I S. 26 ff.), der dem § 3 a BewDV entspreche, der tatsächliche Zustand des Grundstücks am Wertfortschreibungszeitpunkt und die Wertverhältnisse vom 1. Januar 1935 maßgebend seien. Diese Bestimmung müsse eng ausgelegt werden. Eine Veränderung im tatsächlichen Zustand des Grundstücks sei nur insoweit eingetreten, als das Bürohäuschen und der Lagerschuppen zerstört worden seien. änderungen der Lage, der Verkehrsverhältnisse und verminderte wirtschaftliche Ausnutzbarkeit könnten erst bei der nächsten Hauptfeststellung der Einheitswerte für Grundbesitz berücksichtigt werden. Darauf weise schon der Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 15. April 1937 (Reichssteuerblatt - RStBl. - 1937 S. 529) hin. Würden derartige, die Allgemeinheit treffenden Umstände als Veränderungen im tatsächlichen Zustand eines Grundstücks angesehen und danach bei der Wertfortschreibung berücksichtigt, so würde die Wertfortschreibung im praktischen Ergebnis zu einer Hauptfeststellung der Einheitswerte für alle Grundstücke. Die Bewertung mit 16 DM je qm, wie bei der Einheitsbewertung 1935 (16 RM), sei daher zutreffend. Im übrigen ist das Verwaltungsgericht der Auffassung, daß die in der Einspruchentscheidung vorgenommene Ermäßigung des Grundstückswerts wegen Verpachtung als Kleingartenland nicht begründet, eine Verböserung jedoch nicht am Platze sei, weil sich die gesetzlichen Bestimmungen über die Maßgeblichkeit der Werte von 1935 im Streitfall besonders hart auswirkten und überdies § 243 Abs. 3 AO die Verböserung nur zulasse, aber nicht bindend vorschreibe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) der Grundstückseigentümer.

Sie rügen recht irrige Anwendung des Art. IV § 2 (2) des Gesetzes vom 29. Dezember 1950 bzw. der gleichlautenden Bestimmung des § 3a BewDV, insbesondere hinsichtlich des Begriffs des "tatsächlichen Zustands" des Grundstücks. Der Erlaß vom 15. April 1937 gestatte niedrigere Bewertung von Grundstücken bei änderung der Verkehrsverhältnisse. Im übrigen sei zu beachten, daß die Lageverschlechterung ihres Grundstücks an der Rückfront des Eisernen Vorhangs so erheblich sei, daß sie selbst unter Zugrundelegung der Berliner Verhältnisse einen Sonderfall darstelle Demgegenüber vertritt das Landesfinanzamt als Vertreter des zuständigen Finanzamts die Ansicht, daß Art. IV § 2 (2) a. a. O. bzw. § 3 a BewDV von der Vorinstanz richtig ausgelegt worden sei. änderungen in der Lage, den Verkehrsverhältnissen oder der wirtschaftlichen Ausnutzbarkeit eines Grundstücks müßten bei der Wertfortschreibung außer Betracht bleiben (Steuer- und Zollblatt - StuZBl. - für Berlin 1952 S. 238). Im übrigen werde die änderung der Verkehrslage des Grundstücks bestritten. Denn es habe sich bestandsmäßig bis heute an dem Grundstück nichts geändert. Die Bf. verweisen noch auf das Urteil des Senats III 146/52 U vom 14. November 1952 (Bundessteuerblatt - BStBl. - 1953 III S. 5), nach dem änderungen der baupolizeilichen Bestimmungen sowie der Verkehrsverhältnisse bei Beurteilung des tatsächlichen Zustands eines Grundstücks zu beachten seien. Der Senator für Finanzen ist dem Rechtsbeschwerdeverfahren gemäß § 6 Abs. 3 des Gesetzes über den Bundesfinanzhof vom 29. Juni 1950 (Bundesgesetzblatt - BGBl. - 1950 S. 257) in Verbindung mit § 8 des Dritten überleitungsgesetzes (übernommen durch übernahmegesetz vom 12. Juni 1952, Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin 1952 S. 393) beigetreten. Seine Stellungnahme ist in dem Schriftsatz vom 5. Juni 1953 enthalten. In ihm wird nach einem überblick über die Entwicklung des Rechts der Einheitsbewertung für Grundbesitz in Berlin-West im wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Bezugnahme auf § 2 Abs. 3 a, b des Fortschreibungsgesetzes vom 10. März 1949 (Gesetz- und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets - WiGBl. - 1949 S. 25) bzw. auf den zur Ausführung des Gesetzes ergangenen Erlaß des Direktors der Verwaltung für Finanzen des Vereinigten Wirtschaftsgebiets vom 5. September 1949 Ziff. 6 d Abs. 2, 3 (StuZBl. 1949 S. 359/60) in dem Urteil des Senats vom 14. November 1952 sei für Berlin gegenstandslos, weil das Fortschreibungsgesetz durch die Berliner gesetzgebenden Instanzen nicht übernommen worden sei. Auch könnte die im § 2 des Gesetzes verankerten Grundsätze in Berlin keine Anwendung finden, da hier in Abweichung vom Bundesgebiet bereits auf den 1. Januar 1946 Fortschreibungen der Einheitswerte des kriegsbeschädigten und kriegszerstörten Grundbesitzes vorgenommen worden seien und ferner nach Art. IV § 3 I. VermBestG auf den 1. April 1949 - dem für Vermögen in Berlin-West maßgeblichen Stichtag im Rahmen des Lastenausgleichsgesetzes (ß 80 des Lastenausgleichsgesetzes) - besondere Fortschreibungen zugelassen worden seien, die auf andersartigen Grundsätzen als im Bundesgebiet aufbauten.

An der engen Auslegung des Art. IV § 2 (2) I. VermBestG (ß 3 a BewDV) müsse entgegen dem Urteil des erkennenden Senats vom 14. November 1952 festgehalten werden. Die allgemeine Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse könne jedenfalls im Rahmen des Art. IV § 2 (2) a. a. O. (ß 3 a BewDV) nicht zu einer Wertfortschreibung des Grundbesitzes führen. Dies sei für die Sonderlage Berlins mit seiner grundlegenden Wandlung der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse und der Verkehrsverhältnisse von außerordentlicher Bedeutung. Eine änderung der Verkehrsverhältnisse könne bei der Fortschreibung einer wirtschaftlichen Einheit eines Grundstücks nur insoweit berücksichtigt werden, als sich die für das zu bewertende Grundstück wesentliche Verkehrslage verändert habe.

Die übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall ergebe folgendes:

Die änderungen in den allgemeinen Verkehrsverhältnissen Berlins, die sich aus der geänderten wirtschaftlichen Lage (Verlust als Verkehrsmittelpunkt, als Verwaltungszentrum für Unternehmungen und Verwaltungen, Abschnürung vom Bundesgebiet) und aus der geänderten politischen Stellung Berlins (früher Reichshauptstadt) ergäben, seien als Veränderungen von Wertverhältnissen bei der hier streitigen Fortschreibung des Einheitswerts nicht zu berücksichtigen.

Im übrigen habe das Vorhandensein der Sektoren- und Zonengrenze gegenüber dem sowjetisch besetzten Gebiet an dem maßgebenden Fortschreibungszeitpunkt (1. Januar 1949) keine über die allgemeinen Beschränkungen hinausgehende Auswirkung, so daß entgegen der Auffassung der Bf. zu diesem Zeitpunkt nicht von einer wirtschaftlichen Abschnürung des Grundstücks gesprochen werden könne.

Schließlich treffe die Behauptung der Bf. nicht zu, daß ihr Grundstück ein Umschlagplatz mit Wasseranschluß und als Warenumschlagplatz nicht mehr ausnutzbar sei. Es handle sich bei dem Grundstück der Bf. nicht um ein Wassergrundstück, keinesfalls um ein Hafengrundstück. Außerdem sei den Belangen der Bf. dadurch hinreichend Rechnung getragen, daß das Verwaltungsgericht den an sich unzulässigen Abschlag vom Bodenwert wegen kleingärtnerischer Nutzung am Fortschreibungszeitpunkt beibehalten habe.

Die Bf. haben auf den Schriftsatz des Senators der Finanzen erwidert, daß sie nicht der Meinung seien, alle Einheitswerte von Grundstücken in Berlin müßten wegen der völlig veränderten politischen Verhältnisse Berlins herabgesetzt werden. Sie nehmen aber für ihr Grundstück das Vorliegen eines Sonderfalls an, der sich selbst aus den allgemeinen Berliner Verhältnissen noch heraushebe, und begründen dies u. a. mit den Umschlagzahlen für Holz bis 1945 und in der späteren Zeit. Danach könne ein Grundstück wie das hier in Rede stehende, das so hart an der Sektorengrenze liege, nicht den gleichen Wert haben, den andere Grundstücke in sonst gleicher Beschaffenheit, aber günstigerer Lage besäßen. Es möge auch zutreffen, daß in der gleichen Gegend Mietwohngrundstücke kaum ihren Wert eingebüßt hätten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. muß zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führen.

Es handelt sich um die Auslegung des Art. IV § 2 (2) I. VermBestG, der in seinem Wortlaut dem § 3 a BewDV entspricht. Mit dem Inhalt dieser Bestimmung hat sich der Senat in dem erwähnten Urteil vom 14. November 1952 befaßt. Er hat darin die Auffassung, daß Art. IV § 2 (2) a. a. O. bzw. § 3 a BewDV eng ausgelegt werden müsse, und daß sich danach die Worte "bauliche Verhältnisse" nur auf den Grad der Zerstörung oder Abnutzung eines Gebäudes, nicht aber z. B. auf änderungen baupolizeilicher Vorschriften beziehen könnten, mißbilligt. Hieran wird grundsätzlich festgehalten. Darauf folgt aber nicht, daß die genannte Vorschrift umgekehrt weit auszulegen ist und insbesondere die Veränderungen der allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und Verkehrsverhältnisse Berlins unter den Begriff von änderungen im tatsächlichen Zustand des Grundbesitzes fallen, die bei Fortschreibung der Einheitswerte zu berücksichtigen sind. Wenn in dem mehrfach erwähnten Urteil des Senats unter Hinweis auf § 2 Abs. 3 a, b des Fortschreibungsgesetzes vom 10. März 1949 und den dazu ergangenen Erlaß vom 5. September 1949 Ziff. 6 d Abs. 2, 3 auch veränderte Verkehrsverhältnisse als berücksichtigungsfähige tatsächliche Umstände angeführt werden, so ergibt sich hieraus noch nicht, daß die durch den Ausgang des Krieges hervorgerufenen, allgemeinen änderungen der Verkehrslage Berlins den tatsächlichen Zustand des gesamten Berliner Grundbesitzes geändert haben, und daß somit eine im Ergebnis einer Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes für Berlin gleichkommende Wertfortschreibungsaktion vorgenommen werden müßte. Ebensowenig ist dem ausdrücklich nur zum Vergleich herangezogenen Hinweis auf das Fortschreibungsgesetz bzw. dem dazu ergangenen Erlaß zu entnehmen, daß das Fortschreibungsgesetz oder seine Grundsätze auf Berlin anzuwenden seien. Nach Ansicht des Senats rechtfertigen weder die allgemeinen Veränderungen der Verkehrsverhältnisse noch die allgemeinen politischen und wirtschaftlichen änderungen Berlins den Antrag der Bf. auf Wertfortschreibung ihres Grundstücks, weil diese allgemeinen änderungen nicht als Veränderungen im tatsächlichen Zustand des Grundstücks anzusehen sind, sondern unter den Begriff der Wertverhältnisse fallen (vgl. hierzu auch das Urteil des Senats III 194/52 U vom 2. Oktober 1953). Hiernach kann es sich nur noch darum handeln, ob bei dem Grundstück der Bf. über den Rahmen der allgemeinen änderung der Verhältnisse, insbesondere der Verkehrsverhältnisse, Berlins hinausgehende besondere Veränderungen vorliegen, die für dieses Grundstück zur Anerkennung eines Sondertatbestands führen. Die Vorinstanz verneint diese Frage. Die Bf. bejahen sie, indem sie darauf hinweisen, daß das Grundstück für seinen Zweck als Umschlagplatz für den Holzhandel völlig ausgefallen sei. Hierauf sind die Vorbehörden nicht ausreichend eingegangen. Der Einwand im Schriftsatz des Landesfinanzamts vom 17. Januar 1953, daß sich bestandsmäßig an dem früher günstigen Warenumschlagsplatz nichts geändert habe, trifft nicht den Kern der Sache. Darauf, daß das Grundstück kein direkt am Kanal gelegenes Wassergrundstück und kein Hafengrundstück ist, sondern daß sich der Kanal auf der dem Grundstück gegenüberliegenden Straßenseite entlangzieht (Schreiben des Senators der Finanzen S. 11), kommt es nicht entscheidend an. In dem genannten Schreiben des Senators der Finanzen (S. 8) wird u. a. ausgeführt: "Die änderung von Verkehrsverhältnissen kann nur insoweit bei Fortschreibung einer wirtschaftlichen Einheit Berücksichtigung finden, als sich die für das zu bewertende Grundstück wesentliche Verkehrslage verändert hat. Z. B. kann die Verlegung einer Hauptverkehrsstraße in eine Umgehungsstraße wohl den Wert eines in der ursprünglichen Hauptverkehrsstraße belegenen Tankstellengrundstücks beeinträchtigen, muß jedoch nicht eine Veränderung der wesentlichen Verkehrsverhältnisse für alle an jener Hauptverkehrsstraße liegenden anderen Grundstücke (z. B. eines Einfamilienhauses, Bürohauses oder Mietwohngrundstücks) zur Folge haben."

Ganz ähnlich liegen nach den Darlegungen der Bf. die Verhältnisse ihres hier in Rede stehenden Grundstücks:

Früher ein Holzumschlagplatz mit großem Umschlag auf dem Wasserwege, am Fortschreibungszeitpunkt ein toter Platz ohne jeglichen Umschlag. Treffen diese Behauptungen zu, und es dürfte kaum zu bezweifeln sein, daß sie zutreffen, so hat sich jedenfalls die für dieses Grundstück wesentliche Geschäftslage in besonderer, aus dem allgemeinen Rahmen der Berliner Verhältnisse herausfallender Weise verändert, so daß eine änderung im tatsächlichen Zustand des Grundstücks in Frage kommt, ohne daß damit gleiche Grundsätze für alle anderen Grundstücke, insbesondere Mietwohngrundstücke, auf dieser Straße gelten können. Dies hat die angefochtene Entscheidung verkannt. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben. Die nichtspruchreife Sache wird aus Zweckmäßigkeitsgründen an das Finanzamt zurückverwiesen. Dieses hat unter Beachtung vorstehender Ausführungen den Antrag auf Wertfortschreibung für den 1. Januar 1949 erneut zu prüfen. Hierbei wird es darauf ankommen, welcher Preis bei Zugrundelegung der am Fortschreibungszeitpunkt bestehenden tatsächlichen Verhältnisse des Grundstücks und der Wertverhältnisse vom 1. Januar 1935 für den qm Grund und Boden anzusetzen ist. Sollten damals in der betreffenden Straße (Gegend) allgemein Preise von 16 RM je qm für unbebaute Grundstücke gezahlt worden sein, würde die von den Bf. erstrebte niedrigere Bewertung mit nur 6 RM/DM je qm nicht gerechtfertigt sein. Anders läge es jedoch, wenn sich der Preis von 16 RM je qm am 1. Januar 1935 nur auf die am Kanal gelegenen, unbebauten Grundstücke im Hinblick auf ihre besondere Eignung für gewerbliche Zwecke insbesondere als Umschlagplätze bezöge. Im Rahmen der weiteren Ermittlungen wird auch noch die Berechtigung des in der Einspruchsentscheidung gewährten Abschlags wegen Verpachtung als Kleingartenland zu überprüfen sein. Hierzu wird auf das allerdings einen langfristigen Miet-(Pacht-)Vertrag betreffende Urteil des Senats III 33/53 U vom 14. August 1953 (BStBl. 1953 III S. 279) Bezug genommen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407773

BStBl III 1953, 341

BFHE 1954, 130

BFHE 58, 130

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