Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine notwendige Beiladung der im Rechtsstreit um die Einkünftezurechnung nicht betroffenen BGB-Gesellschafter

 

Leitsatz (amtlich)

1) Ist lediglich umstritten, ob der Anteil eines Gesellschafters einer GbR an den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ihm oder einem Dritten zuzurechnen ist, so sind die übrigen Gesellschafter regelmäßig nicht notwendig beizuladen.

2) Zur Zurechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bei einem Nießbrauch am Gewinnstammrecht des Gesellschafters einer GbR.

 

Orientierungssatz

1. Abweichung von BFH-Urteil vom 29.9.1981 VIII R 90/79.

2. Die notwendige Beiladung soll insbesondere sicherstellen, daß die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung sich auf alle erstreckt, in deren Rechte die Entscheidung unmittelbar eingreift (vgl. BVerwG-Rechtsprechung; Literatur).

3. Selbst wenn es zivilrechtlich und handelsrechtlich zulässig sein sollte, das Gewinnstammrecht eines Gesellschafters einer GbR mit einem Nießbrauch zu belasten, würde das nicht ohne weiteres die einkommensteuerrechtliche Folge haben, daß die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die die Gesellschafter in gesamthänderischer Verbundenheit erzielen, dem Nießbraucher zuzurechnen wären. Die Zurechnung des Überschußanteils an den Nießbraucher käme in einem solchen Fall allenfalls dann in Betracht, wenn dem Nießbraucher zusätzlich weitere Rechte eingeräumt würden, die seine Rechtsstellung der eines Gesellschafters annähern.

4. Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören auch Einkünfte aus der (entgeltlichen) Veräußerung von Mietforderungen und Pachtzinsforderungen. Nicht der Zessionar der Mietzinsforderungen und Pachtzinsforderungen, sondern der Zedent erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Entsprechendes gilt bei Abtretung eines Anspruchs auf den Gewinnanteil einer Personengesellschaft, der im wesentlichen auf der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch die Gesellschafter in der gesamthänderischen Verbundenheit beruht.

 

Normenkette

FGO § 60 Abs. 3, § 110 Abs. 1; EStG § 21

 

Verfahrensgang

FG Münster (Entscheidung vom 11.03.1988; Aktenzeichen IX 2589/86 F)

 

Tatbestand

Die Kläger zu 2. und 3. waren in den Streitjahren Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Zweck die Verwaltung und Verwertung von Grundvermögen ist. Der Klägerin zu 1. stand der Nießbrauch an dem Gesellschaftsanteil der Klägerin zu 3. zu. Außer den Klägern zu 2. und 3. waren an der GbR weitere Gesellschafter beteiligt. Ende 1978 beschlossen die Gesellschafter, jeder Gesellschafter könne seinen Anteil mit einem Nießbrauch belasten. Mit notariellen Verträgen vom März und Dezember 1979 räumten die Kläger zu 2. und 3. ihren damals noch minderjährigen Kindern, den Klägern zu 4. bis 10., als Gesamtberechtigten den Nießbrauch an ihren Gesellschaftsanteilen ein. Der Umfang des Nießbrauchs soll sich nach den gesetzlichen Bestimmungen richten, soweit nicht der Gesellschaftsvertrag andere Regelungen vorsieht. Der Nießbrauch ist für sieben Jahre bzw. bis zum 18.Lebensjahr der Berechtigten bestellt. Die Kläger zu 4. bis 10. waren bei der Nießbrauchsbestellung durch ihre Eltern vertreten. Ein Ergänzungspfleger wirkte nicht mit. Gleichzeitig verzichtete die Klägerin zu 1. zugunsten der Kläger zu 7. bis 10. auf ihren Nießbrauch.

Nach einer Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Ansicht, der Nießbrauch sei mangels Mitwirkung eines Ergänzungspflegers unwirksam und einkommensteuerrechtlich nicht zu beachten. Das FA rechnete deshalb bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Streitjahre 1979, 1981 und 1982 die Einkünfte anteilig nicht den Klägern zu 4. bis 10., sondern der Klägerin zu 1. als ursprünglicher Nießbraucherin an dem Gesellschaftsanteil der Klägerin zu 3. und dem Kläger zu 2. als Gesellschafter zu. Der Einspruch der Kläger zu 1. und 2. blieb im Streitpunkt erfolglos. Das FA zog die Kläger zu 4. bis 10. zum Einspruchsverfahren hinzu. Die Einspruchsentscheidung ist an die Klägerin zu 1., den Kläger zu 2. sowie an die Klägerin zu 3. als gesetzliche Vertreterin ihrer Kinder gerichtet.

Die Klage, mit der die Kläger die Zurechnung der anteiligen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf die Kläger zu 4. bis 10. begehrten, wies das Finanzgericht (FG) durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1988, 565 veröffentlichte Urteil mit der Maßgabe ab, daß der Überschußanteil der Klägerin zu 3. nicht der Klägerin zu 1. als früherer Nießbraucherin, sondern der Klägerin zu 3. als Gesellschafterin zuzurechnen sei. Eine Beiladung der Gesellschafter, die nicht selbst Klage erhoben hatten, hielt das FG nicht für erforderlich, weil diese durch den Streit über die Zurechnung der Einkünfte nicht betroffen seien.

Mit ihrer vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision wenden sich die Kläger gegen die Rechtsauffassung des FG, den Klägern zu 4. bis 10. könne ein Anteil an den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht zugerechnet werden. Bei der Bestellung des Nießbrauchs hätten die Vertragsbeteiligten nicht beabsichtigt, den Klägern zu 4. bis 10. die Rechtsstellung von Gesellschaftern oder eine gesellschafterähnliche Rechtsstellung einzuräumen. Sie hätten insbesondere keine Verwaltungsbefugnisse erhalten sollen. Gewollt gewesen sei vielmehr die Einräumung eines Nießbrauchs am Gewinnstammrecht. Ein solcher Nießbrauch sei zivilrechtlich zulässig und führe entgegen der Rechtsansicht des FG einkommensteuerrechtlich dazu, daß die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anteilig den Nießbrauchern zuzurechnen seien.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung und die Feststellungsbescheide für 1979 und 1981 und 1982 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.März 1986 aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das FG hat ohne Rechtsverstoß entschieden, daß den Klägern zu 4. bis 10. im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Streitjahre kein Anteil an den Einkünften zuzurechnen sei.

I.

Das Urteil des FG ist nicht bereits wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben.

1. Das FG hat zutreffend davon abgesehen, die übrigen Gesellschafter, die von dem Streit über die Zurechnung der anteiligen Einkünfte nicht betroffen sind, gemäß § 60 Abs.3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu dem Verfahren beizuladen. Dritte sind nach dieser Vorschrift notwendig beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Diese Voraussetzung ist grundsätzlich dann erfüllt, wenn der Dritte klagebefugt ist. Klagebefugnis und notwendige Beiladung hängen in dem Sinne miteinander zusammen, daß diejenigen Klagebefugten, die nicht Klage erhoben haben, notwendig beizuladen sind (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28.November 1974 I R 62/74, BFHE 114, 167, BStBl II 1975, 209, und Urteil des erkennenden Senats vom 14.Februar 1989 IX R 128/84, BFH/NV 1989, 707). Bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind nach § 48 Abs.2 FGO alle Mitberechtigten, gegen die der Feststellungsbescheid ergangen ist, ohne die Beschränkungen des § 48 Abs.1 FGO klagebefugt. Mitberechtigte sind jedenfalls die Gesellschafter einer GbR, die in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklichen. Danach sind grundsätzlich alle Gesellschafter einer GbR mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung klagebefugt und zu dem Verfahren notwendig beizuladen.

2. Die notwendige Beiladung kann jedoch unterbleiben, wenn die an sich klagebefugten Gesellschafter, die nicht Klage erhoben haben, unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich betroffen sind (BFH-Urteile vom 31.Juli 1974 I R 226/70, BFHE 113, 428, BStBl II 1975, 236; vom 16.Dezember 1981 I R 93/77, BFHE 135, 271, BStBl II 1982, 474; vom 10.Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, und Urteil des erkennenden Senats in BFH/NV 1989, 707). Wird nur darüber gestritten, ob der Anteil eines Gesellschafters einer GbR an den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ihm oder einem Dritten zuzurechnen ist, so sind die übrigen Gesellschafter regelmäßig vom Ausgang des Rechtsstreits unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in ihren Rechten berührt und deshalb nicht notwendig beizuladen. Dies ist hier der Fall: Weder die Höhe des Gesamtüberschusses noch ihr Anteil an diesem Gesamtüberschuß werden durch den Rechtsstreit über die Zurechnung beeinflußt.

3. Die übrigen Gesellschafter sind auch nicht deshalb vom Rechtsstreit betroffen und notwendig beizuladen, weil sie eigene Vorstellungen zu der Frage entwickeln und geltend machen können, wem der Anteil an den Einkünften zuzurechnen ist. Soweit der VIII.Senat des BFH im Urteil vom 29.September 1981 VIII R 90/79 (BFHE 134, 505, BStBl II 1982, 216) dazu eine abweichende Ansicht vertreten hat, folgt der erkennende Senat dem nicht. Der VIII.Senat hat auf Anfrage mitgeteilt, daß er der Abweichung zustimmt.

a) Die Möglichkeit der übrigen Gesellschafter, im finanzgerichtlichen Verfahren eigene Vorstellungen zu der Zurechnungsfrage geltend zu machen, genügt für die notwendige Beiladung nicht. Das läßt sich aus § 60 Abs.1 FGO sowie dem Zusammenhang zwischen der Regelung der allgemeinen Klagebefugnis in § 40 Abs.2 FGO und der besonderen Regelung der Klagebefugnis in § 48 FGO für Gesellschafter von Personengesellschaften folgern. Nach § 60 Abs.1 Satz 1 FGO kann das FG andere Personen (einfach) beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden. Zivilrechtliche oder gesellschaftsrechtliche Interessen genügen nicht (vgl. den BFH-Beschluß vom 14.Januar 1975 VII B 10/74, BFHE 115, 5, BStBl II 1975, 388). Darf schon die einfache Beiladung nur dann erfolgen, wenn steuerrechtliche Interessen berührt sind, muß dies erst recht für die notwendige Beiladung gelten.

b) Nach § 40 Abs.2 FGO hängt die Klagebefugnis davon ab, daß eine Rechtsverletzung geltend gemacht wird. Die Möglichkeit, in einem Rechtsstreit eigene Vorstellungen zu einer bestimmten Rechtsfrage vortragen zu können, genügt für die allgemeine Klagebefugnis nach § 40 Abs.2 FGO nicht. Diese Möglichkeit ist deshalb auch für die Klagebefugnis nach § 48 Abs.2 FGO nicht ausreichend.

c) Der Zweck der notwendigen Beiladung gebietet es ebenfalls nicht, die übrigen Gesellschafter in Fällen des Zurechnungsstreits beizuladen. Die Beiladung soll insbesondere sicherstellen, daß die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung (§ 110 Abs.1 FGO) sich auf alle erstreckt, in deren Rechte die Entscheidung unmittelbar eingreift (vgl. die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 10.März 1964 II C 97.61, BVerwGE 18, 124, und vom 7.Februar 1986 4 C 30.84, BVerwGE 74, 19, 22; Bettermann, Deutsches Verwaltungsblatt --DVBl-- 1982, 954, 956; Tipke/Kruse, Abgabenordnung- Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., § 60 FGO Tz.1). Ein Urteil, das über die Zurechnung der anteiligen Einkünfte zwischen bestimmten Personen entscheidet, läßt die Rechtsstellung der übrigen Gesellschafter unberührt; es braucht deshalb ihnen gegenüber auch nicht in Rechtskraft zu erwachsen.

d) Für die Rechtsansicht des erkennenden Senats spricht zudem, daß der IV.Senat des BFH mit Zustimmung des VIII.Senats unter Abweichung von der früheren Rechtsprechung für Klagen, die sich gegen einen gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheid über Einkünfte aus Gewerbebetrieb richten (§ 48 Abs.1 FGO), die Beiladung der übrigen Gesellschafter nicht mehr für notwendig hält, wenn nur über die Zurechnung des Gewinnanteils an einen der Gesellschafter oder einen Dritten gestritten wird (Urteile vom 21.Mai 1987 IV R 283/84, BFHE 149, 523, BStBl II 1987, 601, und vom 30.Juli 1987 IV R 44/85, BFH/NV 1989, 502). Der IV.Senat begründet seine Rechtsansicht im wesentlichen mit dem Wortlaut des § 48 Abs.1 Nr.1 FGO, wonach die Klagebefugnis des einzelnen Gesellschafters davon abhängt, daß er durch die Feststellungen hierzu berührt wird. Das ist nicht der Fall, soweit nur um die Zurechnung von Gewinnanteilen gestritten wird. Dem entspricht es, wenn auch für Personengesellschaften mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die notwendige Beiladung davon abhängig gemacht wird, daß die übrigen Gesellschafter von dem Zurechnungsstreit in irgendeiner Weise in ihren Rechten betroffen sein können. Der IV.Senat weist dabei zu Recht auf einen prozeßökonomischen Gesichtspunkt hin, der in gleicher Weise für Personengesellschaften mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bedeutsam sein kann. Auch gesonderte und einheitliche Feststellungen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung betreffen nicht selten eine Vielzahl von Beteiligten. Es ist unter prozeßökonomischen Gesichtspunkten nicht vertretbar, in diesen Fällen bei einem Streit um die Zurechnung eines Überschußanteiles alle übrigen an den Einkünften Beteiligten notwendig beizuladen und sie dadurch in einen Rechtsstreit zu verwickeln, der nur die persönlichen Verhältnisse der Zurechnungsprätendenten betrifft. Die notwendige Beiladung würde in diesen Fällen zu einer von der Sache her nicht gebotenen Verzögerung der Entscheidung des Rechtsstreits, zu vermehrten Kosten und zu einem unnötigen Arbeitsaufwand führen.

II.

Die Entscheidung der Vorinstanz ist auch in der Sache unter revisionsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Das FG hat es zu Recht abgelehnt, den Klägern zu 4. bis 10. einen Anteil an den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen. Die Bestellung des Nießbrauchs führt nicht zu einer Beteiligung der Kläger zu 4. bis 10. an den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

1. Nach der Rechtsprechung des BFH sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand dieser Einkunftsart erfüllt. Schließen sich mehrere Personen zu einer Personengesellschaft zusammen, um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, so sind die Einkünfte den Gesellschaftern zuzurechnen, wenn sie in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit den Tatbestand der Einkunftsart verwirklichen (Urteile des erkennenden Senats vom 7.Oktober 1986 IX R 167/83, BFHE 148, 501, BStBl II 1987, 322, und vom 7.April 1987 IX R 103/85, BFHE 150, 124, BStBl II 1987, 707). Ob nach einer Nießbrauchsbestellung die Einkünfte dem Nießbraucher oder dem Nießbrauchsbesteller zuzurechnen sind, hängt davon ab, wer von beiden den Tatbestand der Einkunftsart verwirklicht (BFH-Urteile vom 13.Mai 1980 VIII R 63/79, BFHE 131, 212, BStBl II 1981, 295, und vom 15.April 1986 IX R 52/83, BFHE 146, 415, BStBl II 1986, 605). Dem Nießbraucher an einem Gesellschaftsanteil können die anteiligen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung daher nur dann zugerechnet werden, wenn ihm kraft seines Nießbrauchs eine Stellung eingeräumt ist, die der eines Gesellschafters entspricht, so daß er einkommensteuerrechtlich als derjenige zu beurteilen ist, der zusammen mit den übrigen Gesellschaftern den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht.

2. Es ist nicht geklärt, wie und mit welchen Rechtsfolgen zivilrechtlich und handelsrechtlich ein Nießbrauch an einem Gesellschaftsanteil einer Personengesellschaft bestellt werden kann (vgl. dazu Petzoldt in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2.Aufl., § 1068 Rdnr.10 ff.; Staudinger/Promberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 12.Aufl., Anhang zu §§ 1068, 1069 Rz.47 ff.; Schlegelberger/Karsten Schmidt, Handelsgesetzbuch, 5.Aufl., Vorbem. § 230 n.F., § 335 Anm.9; Ludwig Schmidt in: Der Bundesfinanzhof und seine Rechtsprechung, Grundfragen - Grundlagen, Festschrift für Hugo von Wallis, S.359 ff.; derselbe in Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 9.Aufl., § 15 Anm.53, jeweils m.w.N.). Insbesondere ist umstritten, ob der Nießbrauch nur durch die zeitweilige treuhänderische Vollrechtsübertragung des Gesellschaftsanteils bestellt werden kann oder ob der Gesellschaftsanteil auch ohne Übertragung der vollen Mitgliedschaftsrechte mit dinglicher Wirkung mit einem Nießbrauch belastet werden kann mit der Folge, daß eine Aufspaltung der Mitgliedschaftsrechte zwischen dem Nießbrauchsbesteller und dem Nießbraucher eintritt. Der erkennende Senat braucht dazu im Streitfall nicht Stellung zu nehmen. Das FG hat die Verträge über die Nießbrauchsbestellung ohne Rechtsverstoß dahin ausgelegt, daß die Kläger zu 4. bis 10. weder die vollen Mitgliedschaftsrechte eines Gesellschafters erhalten sollten noch mit dinglicher Wirkung eine Aufteilung der Mitgliedschaftsrechte erfolgen sollte. Diese Auslegung widerspricht weder gesetzlichen Auslegungsregeln noch verstößt sie gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze und ist deshalb für das Revisionsgericht bindend. Die Kläger haben dieser Auslegung der Nießbrauchsverträge durch das FG in ihrer Revisionsbegründung außerdem ausdrücklich zugestimmt.

TEXT3. Die Kläger zu 4. bis 10. sollten nach den insoweit ebenfalls nicht angefochtenen Feststellungen des FG vielmehr einen Nießbrauch am sogenannten Gewinnstammrecht der Gesellschaft erhalten. Mit dem Nießbrauch belastet werden sollte also der Teil der Mitgliedschaftsrechte der Kläger zu 2. und 3., der das Recht dieser Gesellschafter auf Beteiligung am Gewinn der Gesellschaft zum Inhalt hat. Ob ein solches Gewinnstammrecht als von der Mitgliedschaft abspaltbares Teilrecht überhaupt besteht und ob und mit welchen Folgen es mit einem Nießbrauch belastet werden kann, ist ebenfalls umstritten (offengelassen in den Urteilen des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 12.Dezember 1974 II ZR 166/72, Betriebs-Berater --BB-- 1975, 295; des BFH vom 11.April 1973 IV R 67/69, BFHE 109, 133, BStBl II 1973, 528, und vom 13.Mai 1976 IV R 83/75, BFHE 119, 63, BStBl II 1976, 592; bejahend Siebert, BB 1956, 1126; Ulmer in Großkommentar zum Handelsgesetzbuch, 3.Aufl., § 139 Anm.88; Sudhoff, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1971, 481, 484; ablehnend Finger, Der Betrieb --DB-- 1977, 1033, 1034; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 1.Band, 1.Teil, Die Personengesellschaft, § 17 VI; Rohlff, NJW 1971, 1337, 1341; Teichmann, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht --ZGR-- 1972, 1, 21; Petzoldt in GmbH-Rundschau --GmbHR-- 1987, 381, 386 und in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, a.a.O., Rdnr.24; Staudinger/Promberger, a.a.O., Rz. 70; Schlegelberger/Karsten Schmidt, a.a.O., Anm.9). Auch insofern bedarf es keiner abschließenden Entscheidung. Selbst wenn es zivilrechtlich und handelsrechtlich zulässig sein sollte, das Gewinnstammrecht eines Gesellschafters mit einem Nießbrauch zu belasten, würde das nicht ohne weiteres die einkommensteuerrechtliche Folge haben, daß die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die die Gesellschafter in gesamthänderischer Verbundenheit erzielen, dem Nießbraucher zuzurechnen wären. Die Zurechnung des Überschußanteils an den Nießbraucher käme in einem solchen Fall allenfalls dann in Betracht, wenn dem Nießbraucher zusätzlich weitere Rechte eingeräumt würden, die seine Rechtsstellung der eines Gesellschafters annähern. Die bloße Einräumung eines Nießbrauchs am Gewinnstammrecht genügt dagegen nicht. Der Nießbrauch an einem Gewinnstammrecht gewährt, wenn er handelsrechtlich und zivilrechtlich zulässig sein sollte, nur Anspruch auf Gewinnbezug, und dies auch nur beschränkt auf den entnahmefähigen Teil des Gewinns (BGH-Urteil vom 20.April 1972 II ZR 143/69, BGHZ 58, 316, 320). Dem Nießbraucher steht jedenfalls kein Mitverwaltungsrecht zu (BGH-Urteil in BB 1975, 295, 296). Er wird auch nach der Ansicht derjenigen, die eine Nießbrauchsbestellung an einem Gewinnstammrecht grundsätzlich für möglich halten, nicht Gesellschafter (Sudhoff, a.a.O., 483). Er tritt deshalb nach außen gegenüber den Vertragspartnern der Personengesellschaft, also insbesondere auch gegenüber den Mietern der GbR, nicht hervor und haftet nicht für die Schulden der Gesellschaft. Der Nießbraucher am Gewinnstammrecht erlangt danach auch nicht annähernd die Rechtsstellung eines Gesellschafters. Er hat im wesentlichen nur die Rechte eines Zessionars, dem der Gesellschafter seinen Anspruch auf den Gewinnanteil (§ 717 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) im voraus abtritt. Daß ein solcher Zessionar einkommensteuerrechtlich bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht den Tatbestand der Einkunftsart verwirklicht, ergibt sich mittelbar aus § 21 Abs.1 Satz 1 Nr.4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Danach gehören zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch Einkünfte aus der (entgeltlichen) Veräußerung von Miet- und Pachtzinsforderungen. Nicht der Zessionar der Miet- und Pachtzinsforderungen, sondern der Zedent erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (vgl. Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15.Aufl., § 21 EStG Rdnr. 22 und 92). Entsprechendes gilt bei Abtretung eines Anspruchs auf den Gewinnanteil einer Personengesellschaft, der im wesentlichen auf der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch die Gesellschafter in der gesamthänderischen Verbundenheit beruht.

4. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung betreffend Personengesellschaften mit Einkünften aus Gewerbebetrieb wird der Nießbraucher an einem Gesellschaftsanteil nur dann als Mitunternehmer im Sinne des § 15 Abs.1 Satz 1 Nr.2 EStG beurteilt, wenn er einen nennenswerten Einfluß auf die Geschäftsführung hat (BFH-Urteile in BFHE 109, 33, BStBl II 1973, 528, und vom 29.April 1976 IV R 89/75, BFHE 118, 311, BStBl II 1976, 374, 377). Der Nießbrauch an dem Gewinnstammrecht eines Anteils an einer Personengesellschaft entspricht indes nach den Urteilen in BFHE 119, 63, BStBl II 1976, 592, 594, und vom 21.April 1983 IV R 183/80 (nicht veröffentlicht --NV--), seinem zivilrechtlichen und wirtschaftlichen Gehalt nach regelmäßig nur einer Vorausabtretung künftiger Gewinnansprüche. Der Nießbraucher am Gewinnstammrecht ist deshalb auch bei Personengesellschaften mit Einkünften aus Gewerbebetrieb nicht als Mitunternehmer und damit nicht als derjenige anzusehen, der den Tatbestand der Einkunftsart "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" verwirklicht. Entsprechendes gilt für den unentgeltlichen Nießbrauch an einer typischen stillen Gesellschaft (BFH-Urteil vom 22.August 1990 I R 69/89, BFHE 162, 263, BStBl II 1991, 38).

III.

Im Streitfall haben die Kläger zu 4. bis 10. nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des FG durch die Nießbrauchsbestellung keine Rechtsstellung erlangt, die mit der Rechtsstellung eines Gesellschafters vergleichbar ist. Sie traten gegenüber den Mietern nicht in Erscheinung. Die Eintragung des Nießbrauchs im Grundbuch ist erst 1991 erfolgt und schon deshalb für die Entscheidung ohne Bedeutung. Die Kläger zu 4. bis 10. hatten auch im Innenverhältnis gegenüber den Gesellschaftern keinerlei Rechte außer dem Gewinnbezugsrecht. Das FG hat es deshalb zu Recht abgelehnt, ihnen einen Anteil an den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen.

Es kann danach offen bleiben, ob für die Nießbrauchsbestellung die Mitwirkung eines Ergänzungspflegers erforderlich war (vgl. dazu das Senatsurteil vom 31.Oktober 1989 IX R 216/84, BFHE 159, 319).

 

Fundstellen

Haufe-Index 63683

BStBl II 1991, 809

BFHE 163, 517

BFHE 1991, 517

BB 1991, 169

BB 1991, 1690-1692 (LT)

DB 1991, 1359-1362 (LT)

DStR 1991, 1150 (KT)

HFR 1991, 574 (LT)

StE 1991, 209 (K)

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