Leitsatz (amtlich)

Gehört es zum Gesellschaftszweck einer GmbH, Bauten zu projektieren und zu diesem Zweck auch die Pläne zu fertigen, und ist der beherrschende Gesellschafter selbst Architekt, so bedarf es im voraus getroffener klarer vertraglicher Abreden zwischen GmbH und Gesellschafter, wenn dieser berechtigt sein soll, außerhalb seiner Tätigkeit als Geschäftsführer Entwürfe zu erstellen und über die Nutzungsrechte auf eigene Rechnung zu verfügen.

 

Normenkette

KStG 1977 § 8 Abs. 3 S. 2, §§ 27-28, 47; GewStG § 7

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die A-GmbH (GmbH), durch den Erwerb eines Planungsentwurfs von ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine verdeckte Gewinnausschüttung vorgenommen hat.

Die Klägerin befaßte sich mit der Projektierung und Erstellung von Bauten aller Art. Ihr Alleingesellschafter und Geschäftsführer T ist Architekt. Als solcher ist er auch selbständig tätig. Er ist als Geschäftsführer der Klägerin von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit.

In den Jahren 1974/1975 hatte T einen Entwurf für die Errichtung einer Großwohnanlage gefertigt, die in Ölländern entstehen sollte. Nach Darstellung der Klägerin hatte T über die Verwirklichung dieses Projekts etwa zur gleichen Zeit in Teheran mit städtischen und staatlichen Behörden verhandelt. Auf dem Plan ist vermerkt: "Copyright by A ..., X, den 17. 7. 1975." Mit Schreiben vom 26. August 1975 teilte die Klägerin der in Teheran ansässigen Firma B u. a. mit, daß "unsere Firma einen Vorentwurf angefertigt" hat, der ( ...) den Bau von ca. 7 000 Wohnungen vorsieht. Wörtlich heißt es weiter: "Der Vorentwurf vom 17. 7. 1975 ist Eigentum unserer Firma und als solcher durch das Urheberrecht geschützt." Die Beschreibung ist unterzeichnet "A-GmbH, T, Geschäftsführer". Die Verhandlungen mit den iranischen Behörden haben -- nach dem Finanzgericht (FG) "soweit ersichtlich" -- zu keinem Erfolg geführt.

Am 15. März 1977 vereinbarte die Klägerin mit T, daß sie den Vorentwurf für 600 000 DM zuzüglich 5,5 % Umsatzsteuer von T kaufe. Die Klägerin zahlte von dem vereinbarten Betrag im Jahre 1977 netto 94 786 DM und im Jahre 1978 netto 188 679 DM an T aus. Den jeweils aktivierten Zahlungen stellte die Klägerin im Jahre 1978 eine Wertberichtigung von 212 500 DM gegenüber (Saldo in der Bilanz 1978 = 70 966 DM).

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) sah in dem Rechtsgeschäft zwischen der Klägerin und T eine verdeckte Gewinnausschüttung, da sich die Rechte an den Plänen bereits 1975 in den Händen der Klägerin befunden hätten und daher T Mitte 1977 nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihr diese Rechte zu verkaufen. Das FA setzte in den Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermeßbescheiden 1977 als verdeckte Gewinnausschüttung den Betrag von 94 786 DM und in 1978 den Betrag von (188 679 DM weniger verbleibender Aktivsaldo 70 966 DM gleich) 117 713 DM an. Entsprechend nahm es in den Feststellungsbescheiden vom 22. September 1980 eine Verringerung des verwendbaren Eigenkapitals vor.

Die Einsprüche der Klägerin blieben erfolglos. Mit Verfügung vom 10. Dezember 1980 lehnte das FA einen auf Aussetzung der Vollziehung der Körperschaftsteuerbescheide gerichteten Antrag der Klägerin ab. Die von der Klägerin erhobene Beschwerde wies die Oberfinanzdirektion (OFD) durch Entscheidung vom 25. Februar 1981 zurück.

Mit Klage vom 27. März 1981 begehrte die Klägerin Aufhebung der Verfügung des FA vom 10. Dezember 1980 und der Beschwerdeentscheidung der OFD und beantragte, das FA zu verpflichten, die Vollziehung der Körperschaftsteuerbescheide 1977 und 1978 insoweit auszusetzen, als ihnen die verdeckten Gewinnausschüttungen zugrunde liegen. Mit einer weiteren Klage vom 10. April 1981 wandte sich die Klägerin gegen die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung bei der Körperschaftsteuer und beim Gewerbesteuermeßbescheid 1977 und 1978 sowie bei den gesonderten Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen nach § 47 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) auf 31. Dezember 1977 und 31. Dezember 1978. Die Klägerin berief sich darauf, T habe als Architekt ein persönliches Urheberrecht an dem Planungsentwurf gehabt, das er nie auf die Klägerin übertragen habe; die anderslautende Darstellung in den verschiedenen Briefen der Klägerin sei nur darauf zurückzuführen, daß T jugoslawischer Staatsbürger sei und ein persönliches Urheberrecht nach seiner Auffassung im Ausland nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten hätte geschützt werden können.

Das FG hat die beiden Klagen zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden und sie abgewiesen.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Das FA hat dem Grunde nach zu Recht verdeckte Gewinnausschüttungen der Klägerin (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977, § 7 des Gewerbesteuergesetzes -- GewStG --) angenommen. Zu Recht ist das FG zu der Ansicht gelangt, die Klägerin habe die Zahlungen an T mit Rücksicht auf das Gesellschaftsverhältnis geleistet.

a) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über Urheberrechte und verwandte Schutzrechte vom 9. September 1965 -- UrhG -- (BGBl I, 1273), geändert durch Gesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl I, 805), vom 10. November 1972 (BGBl I, 2081) und vom 2. März 1974 (BGBl I, 469), sind die Entwürfe eines Werkes der Baukunst urheberrechtlich geschützt (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG). Urheber ist der Schöpfer des Werkes, im Streitfall also T (§ 7 UrhG). Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (Nutzungsrecht). Diese Grundsätze sind auch anzuwenden, wenn der Urheber das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtung aus einem Arbeits- oder Dienstvertrag geschaffen hat, soweit sich aus dem Wesen des Arbeits- und Dienstverhältnisses nichts anderes ergibt (§ 43 UrhG). Das Urheberrecht selbst ist -- mit Ausnahme bestimmter, im Streitfall nicht vorliegender Merkmale -- nicht übertragbar (§ 29 UrhG). Die Übertragung des Urheberrechts als Ganzes unter Lebenden zu vollem Recht ist daher in der Regel rechtlich unmöglich, eine darauf gerichtete Verpflichtung nach § 306 BGB nichtig (v. Gamm, Urhebergesetz 1968, § 29 Rdnr. 2; Schulze, Urheberrechtskommentar 1981, Anm. zu § 29). Dies gilt unverändert, wenn ein Werk im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses geschaffen wird (vgl. Ulmer, Urheber- und Vertragsrecht, 3. Aufl., S. 401). In diesen Fällen werden indessen die Nutzungsrechte oft ausdrücklich oder stillschweigend eingeräumt. Dies ist bei Werken anzunehmen, die Arbeitnehmer in Erfüllung ihrer Arbeitspflicht schaffen (Ulmer, a. a. O., S. 402).

Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall davon auszugehen, daß das Urheberrecht an dem "Vorentwurf" bei T verblieben ist; daran hat auch der Vertrag vom 15. März 1977 nichts geändert. Es kann auch nicht angenommen werden, daß dieser Vertrag die Übertragung der Nutzungsrechte an die Klägerin zum Gegenstand gehabt habe. Das FA hat zutreffend ausgeführt, daß schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch das ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag als Gesellschaftszweck genannte Wort "Projektierung" i. S. von "Plan, entwurf, Vorhaben" zu verstehen ist (vgl. Duden, Fremdwörterbuch, 3. Aufl., Stichwort: Projekt). Dies gilt um so mehr, wenn -- wie hier -- "Projektieren" im unmittelbaren Zusammenhang mit einer "Erstellung" von Bauten gebraucht wird. Diese Erwägungen sprechen dafür, daß T den Vorentwurf in seiner Eigenschaft als Arbeitnehmer (Geschäftsführer) der Klägerin gefertigt und im Anschluß daran der Klägerin stillschweigend die Nutzungsrechte übertragen hat. Daraus ließe sich auch zwanglos erklären, daß die Klägerin in ihrem Schriftverkehr ausgeführt hat, der Vorentwurf sei "Eigentum" ihrer Firma.

b) Entscheidend für die Beurteilung des Streitfalles ist jedoch, daß die Klägerin mit ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer von vornherein keine klaren Vereinbarungen darüber getroffen hatte, ob ihm das Recht zustehe, in den Geschäftsbereich der Klägerin fallende Bauten im Rahmen einer von der Geschäftsführertätigkeit getrennten selbständigen Architektentätigkeit zu projektieren.

Gehört es zum Gesellschaftszweck einer GmbH, Bauten zu projektieren und zu diesem Zwecke auch die Pläne zu fertigen, und ist ihr beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer selbst Architekt, so bedarf es im voraus getroffener klarer vertraglicher Abreden zwischen der GmbH und ihrem beherrschenden Gesellschafter (erst recht ihrem Alleingesellschafter), wenn dieser berechtigt sein soll, außerhalb seiner Tätigkeit als angestellter Geschäftsführer Entwürfe zu erstellen und über die Nutzungsrechte auf eigene Rechnung zu verfügen. Soll dies einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer gestattet werden, so muß im voraus der Kreis seiner persönlichen -- ggf. auch freiberuflichen -- Tätigkeit von seiner Geschäftsführertätigkeit im einzelnen klar abgegrenzt werden. Es darf dem Gesellschafter-Geschäftsführer nicht überlassen bleiben, jeweils von Fall zu Fall darüber zu befinden, welche -- im Rahmen des gleichen Geschäftsbereichs -- ausgeführten Geschäfte er der Gesellschaft und welche er seiner persönlichen Tätigkeit zurechnen will. Fehlt es an einer Vereinbarung oder grenzt eine bestehende Vereinbarung die beiden Tätigkeitsbereiche nicht hinreichend klar ab, ist davon auszugehen, daß der beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer für die Gesellschaft tätig wird (Urteile des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 15. Dezember 1965 I 181/63 U. BFHE 84, 342, BStBl III 1966, 123; vom 30. September 1970 I R 130/68, BFHE 100, 240, BStBl II 1971, 68; vom 27. Januar 1971 I R 79/68, BFHE 101, 361, BStBl II 1971, 352, und vom 11. Februar 1981 I R 128/77, BFHE 132, 552, BStBl II 1981, 448).

Die bisherige Rechtsprechung des erkennenden Senats befaßte sich allerdings durchweg mit Fällen, in denen der Gesellschafter-Geschäftsführer Rechtsgeschäfte mit dritten Personen abgeschlossen hatte und zu beurteilen war, ob diese Geschäfte ihm persönlich oder der Kapitalgesellschaft zuzurechnen waren. Es kann jedoch nichts anderes gelten, wenn es darum geht, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer von ihm selbst erstellte Pläne, die im Rahmen der Gesellschaft ausgewertet werden sollen, in freiberuflicher Tätigkeit oder in seiner Eigenschaft als Gesellschafter-Geschäftsführer fertigt und ob er die daraus entstehenden Nutzungsrechte der Gesellschaft entgeltlich oder unentgeltlich zur Verfügung stellt. Da beides möglich ist, muß verlangt werden, daß die Tätigkeitsbereiche von vornherein klar und eindeutig abgegrenzt werden. Das ist im Streitfall nicht geschehen. Dies reicht aus, dem Grunde nach verdeckte Gewinnausschüttungen anzunehmen.

2. Allerdings hat das FA aus der Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen in den Jahren 1977 und 1978 keine zutreffenden Folgerungen gezogen. (Wird im einzelnen näher dargelegt.)

 

Fundstellen

Haufe-Index 74647

BStBl II 1983, 487

BFHE 1983, 208

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