Entscheidungsstichwort (Thema)

(Guthabenzinsen aus einem Bausparvertrag nach Wegfall der Nutzungswertbesteuerung)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Guthabenzinsen aus einem Bausparvertrag sind nach Wegfall der Nutzungswertbesteuerung regelmäßig Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Dies kann ausnahmsweise anders sein, wenn das Bausparguthaben über einen sog. Auffüllungskredit fremdfinanziert wird.

2. Eine Verrechnung von Schuldzinsen mit Guthabenzinsen aus einem Bausparguthaben ist nicht zulässig, wenn Vorfinanzierungsdarlehen bzw. Zwischenkredite nach dem 31.Dezember 1986 aufgenommen wurden (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 18.Februar 1992 VIII R 94/90, BFHE 168, 512, BStBl II 1992, 1005).

 

Orientierungssatz

Guthabenzinsen aus einem Bausparvertrag sind zugeflossen, wenn sie dem Bausparguthaben zugeschlagen worden sind. Zugeschlagene Zinsen erhöhen das Guthaben und sind deshalb in --verzinsliche-- Vereinbarungsdarlehen umgewandelte Zinseinnahmen. Das gilt jedenfalls bei einer vertraglich vorab vereinbarten Verfügungsbeschränkung als Folge der im Interesse des Steuerpflichtigen liegenden Umwandlung der Zinsen in Kapital. Diese Vereinbarung ist Teil des Bausparvertrags.

 

Normenkette

EStG 1987 § 11 Abs. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 52 Abs. 21

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Eigentümer eines im Jahre 1981 bezugsfertig gewordenen Einfamilienhauses. Zur Tilgung des vom Verkäufer bis zum 31.Dezember 1986 gestundeten Kaufpreises für das Haus hatte er

- mehrere Bausparverträge geschlossen und z.T. bereits

in Höhe von 50 v.H. der Bausparsumme aus eigenen

Mitteln angespart,

- für diejenigen Bausparverträge, bei denen die Mindest-

ansparsumme noch nicht erreicht war, am 1.Januar 1987

von einer Bank ein Vorfinanzierungsdarlehen aufgenommen

und

- sich für diejenigen Bausparverträge, bei denen die

Mindestansparsumme bereits erreicht war, ebenfalls am

1.Januar 1987 von der Bausparkasse einen Zwischenkredit

einräumen lassen.

Die Bausparkasse hat dem Kläger im Streitjahr 1987 insgesamt 2 172 DM Zinsen gutgeschrieben. Im gleichen Jahr hatte der Kläger nach seinen Angaben Schuldzinsen für die Zwischenkredite in Höhe von 16 844 DM gezahlt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1987 die Ansicht, daß die Guthabenzinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu erfassen, die Schuldzinsen dagegen nach Fortfall der Nutzungswertbesteuerung nicht mehr abzugsfähig seien. Der Einspruch blieb insoweit erfolglos.

Auch die Klage hatte keinen Erfolg.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und in Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1987 vom 31.Mai 1988 und der Einspruchsentscheidung vom 9.November 1988 die Einkommensteuer für das Jahr 1987 unter Berücksichtigung von um 2 172 DM geminderten Einkünften aus Kapitalvermögen festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Das FA erließ während des Revisionsverfahrens einen aus anderen als den hier streitigen Gründen teilweise nach § 165 Abs.1 der Abgabenordnung (AO 1977) für vorläufig erklärten Einkommensteuerbescheid 1987. Der Kläger beantragte, den geänderten Bescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO).

1. Die Zinsen aus dem Bausparvertrag sind Einnahmen aus Kapitalvermögen, denn die Bauspareinlagen sind Guthaben bei Kreditinstituten (§ 1 Abs.1 des Bausparkassengesetzes) und daher Kapitalforderungen i.S. des § 20 Abs.1 Nr.7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1987.

a) Dem steht nicht entgegen, daß der Zinssatz für Bauspareinlagen durchwegs unter dem Kapitalmarktzins liegt. Das schließt es nicht aus, daß in Einzelfällen für den Abschluß eines Bausparvertrages der Sparzweck bestimmend ist. Das ist dann der Fall, wenn ein anderer steuerrechtlich beachtlicher Zweck nicht in Betracht kommt und die Erwartung einer --wenn auch bescheidenen-- Rendite aus einem Bausparguthaben im Vordergrund steht (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 24.Juli 1990 VIII R 45/85, BFHE 161, 513, BStBl II 1990, 975, m.w.N.). Dabei genügt es, wenn die Absicht, Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen, nur ein Nebenzweck ist (vgl. auch § 15 Abs.2 Satz 3 EStG).

b) Bei einem Bausparvertrag wird das Sparen allerdings in der Regel lediglich Durchgangsstadium auf dem Weg zur Erlangung eines Bauspardarlehens und zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sein. Zweck des Vertragsabschlusses ist dann die Erlangung eines Baudarlehens und die Verwendung der Kreditmittel zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (vgl. dazu Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 7.August 1985 1 BvR 707/85, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1987, 34; BFH in BFHE 161, 513, BStBl II 1990, 975). Die Zurechnung der Bausparzinsen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen ist in diesem Fall nach § 20 Abs.3 EStG ausgeschlossen (BFH-Urteil vom 8.Februar 1983 VIII R 163/81, BFHE 138, 202, BStBl II 1983, 355, m.w.N.).

c) § 20 Abs.3 EStG steht der Erfassung der Guthabenzinsen aus den Bausparverträgen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen aber nur bis einschließlich dem Veranlagungszeitraum 1986 entgegen.

aa) Nach § 52 Abs.21 Satz 1 EStG ab 1987 ist u.a. § 21a EStG, der bisher die Rechtsgrundlage für die Besteuerung von eigengenutzten Einfamilienhäusern mit dem Nutzungswert war, letztmals für den Veranlagungszeitraum 1986 anzuwenden. Davon ist auch der Kläger mit dem von ihm bewohnten Einfamilienhaus betroffen. Das hat zur Folge, daß er im Streitjahr 1987 keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mehr bezog.

bb) Damit änderte sich auch der ursprüngliche Zweck des Bausparvertrags. Die Absicht, mit dem Bausparguthaben ein zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bestimmtes Objekt zu erwerben, kann nicht mehr verwirklicht werden. Damit entfällt das wesentliche Tatbestandsmerkmal für die Zurechnung der Einnahmen und Ausgaben aus dem Bausparvertrag zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.

Die ursprüngliche Absicht wirkt auch nicht fort. Ebenso wie bei der Veräußerung eines Grundstücks der wirtschaftliche Zusammenhang einer Kreditaufnahme mit der Erzielung von Einkünften in früheren Jahren gelöst wird (vgl. für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung z.B. BFH-Urteile vom 21.Dezember 1982 VIII R 48/82, BFHE 138, 47, BStBl II 1983, 373; vom 23.Januar 1990 IX R 8/85, BFHE 159, 488, BStBl II 1990, 464, sowie --für die Einkünfte aus Kapitalvermögen-- zuletzt BFH-Urteil vom 31.Juli 1991 VIII R 67/88, BFH/NV 1992, 33, m.w.N.), wird dieser Zusammenhang auch gelöst, wenn das Grundstück --aus eigenem Entschluß oder kraft Gesetzes-- in die Privatsphäre überführt wird. Davon geht, wie die Überleitungsregelung in § 52 Abs.21 EStG zeigt, auch der Gesetzgeber aus (zur Zweckänderung von Darlehensmitteln vgl. auch BFH-Urteil vom 30.Januar 1990 IX R 182/84, BFH/NV 1990, 560, sowie Beschluß vom 4.Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, und Urteil vom 7.August 1990 VIII R 67/86, BFHE 162, 48, BStBl II 1991, 14). Als steuerrechtlich relevanter (Neben-)Zweck des Bausparvertrages kommt nur noch die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen in Betracht.

cc) Die Guthabenzinsen sind deshalb unter der Voraussetzung, daß aus dem Bausparvertrag ein Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben erwartet werden kann, bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu erfassen. Diese Voraussetzung ist allerdings --wegen der niedrigen Guthabenzinsen-- regelmäßig nur dann erfüllt, wenn das Bausparguthaben nicht durch einen Auffüllungskredit fremdfinanziert ist (zur Bedeutung von Auffüllungskrediten vgl. z.B. Stäuber/Walter, Kommentar zum Wohnungsbauprämiengesetz, 11.Aufl. 1990, § 2 Tz.153 ff.; Laux, Die Zwischenfinanzierung von Bausparverträgen, 5.Aufl. 1980, S.15 ff., 117); die bei Fremdfinanzierung zu zahlenden Schuldzinsen schließen bei marktüblichen Konditionen eine Rendite aus dem Bausparguthaben aus.

So liegt der Fall hier jedoch nicht. Der Kläger hat keinen Auffüllungskredit in Anspruch genommen. Er hat das Bausparguthaben mit Eigenmitteln finanziert.

2. Die Zinsen sind dem Kläger im Streitjahr auch zugeflossen.

Dem steht nicht entgegen, daß sie nicht an ihn ausgezahlt, sondern dem Bausparguthaben --wie bei Bausparverträgen üblich (Stäuber/Walter, a.a.O., Tz.55, 191; Lehmann/Schäfer/Cirpka, Bausparkassengesetz und Bausparkassenverordnung, 3.Aufl. 1987, § 5 Anm.14, 28, 30; Zietemann, Die Finanzierung von selbstgenutztem Wohneigentum, S.127 ff.)-- zugeschlagen worden sind. Zugeschlagene Zinsen erhöhen das Guthaben und sind deshalb in --verzinsliche-- Vereinbarungsdarlehen (§ 607 Abs.2 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) umgewandelte Zinseinnahmen. Sie sind damit zugeflossen (vgl. BFH-Urteile vom 14.Februar 1984 VIII R 221/80, BFHE 140, 542, BStBl II 1984, 480 unter 3., und vom 21.Juli 1987 VIII R 211/82, BFH/NV 1988, 224). Das gilt jedenfalls bei einer vertraglich vorab vereinbarten Verfügungsbeschränkung als Folge der im Interesse des Steuerpflichtigen liegenden Umwandlung der Zinsen in Kapital. Diese Vereinbarung ist Teil des Bausparvertrages.

3. Der Senat kann jedoch nicht abschließend beurteilen, ob die vom Kläger im Streitjahr entrichteten Schuldzinsen mit den Guthabenzinsen aus dem Bausparvertrag verrechnet werden können.

Es ist zwar in der Rechtsprechung des BFH anerkannt, daß eine solche Verrechnung bei vorfinanzierten Bausparverträgen dann zulässig ist, wenn die für diese Vorfinanzierung zu zahlenden Schuldzinsen mindestens die Höhe der Guthabenzinsen aus dem Bausparvertrag erreichen (BFH-Urteil vom 9.November 1982 VIII R 188/79, BFHE 137, 300, BStBl II 1983, 172).

Der erkennende Senat hat auch inzwischen entschieden, daß die Übergangsregelung in § 52 Abs.21 EStG insoweit planwidrig unvollständig und deshalb im Sinne der Fortführung dieser Rechtsprechung ausfüllungsbedürftig ist (Urteil vom 18.Februar 1992 VIII R 94/90, BFHE 168, 512, BStBl II 1992, 1005). § 52 Abs.21 Satz 5 EStG ist aber unter Berücksichtigung der Verweisung auf Satz 4 dieser Vorschrift und entsprechend dem Sinn der Regelung, dem Steuerpflichtigen die durch § 21a EStG gewährten Vorteile bis zum Ablauf der Begünstigungszeiträume zu erhalten, nur dann anwendbar, wenn die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des erweiterten Schuldzinsenabzugs im Veranlagungszeitraum 1986 vorgelegen haben. Nichts anderes könnte im Falle einer lückenfüllenden Interpretation für den erweiterten Schuldzinsenabzug im Rahmen des § 21a Abs.4 EStG gelten.

Danach besteht im Streitfall dann kein Grund für eine Besitzstandswahrung, wenn der Kläger den Zwischenkredit erstmals zum 1.Januar 1987 aufgenommen hat. In diesem Fall lagen die Voraussetzungen für eine Verrechnung der Guthabenzinsen mit den Schuldzinsen im Jahr 1986 noch nicht vor.

An dieser Voraussetzung fehlt es hier jedoch nicht schon deshalb, weil der Kläger die Bausparverträge erstmals zum 1.Januar 1987 über eine Bausparkasse zwischenfinanziert hat. In Betracht kommt auch eine Zwischenfinanzierung über ein Kreditinstitut (BFH-Urteil vom 9.November 1982 VIII R 198/81, BFHE 137, 304, BStBl II 1983, 297 unter 2.). Eine verzinsliche Stundung des Kaufpreises durch den Verkäufer steht diesem Fall gleich.

4. Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Die Vorentscheidung war deshalb aufzuheben.

Der Senat kann nicht selbst in der Sache entscheiden. Das FG wird noch aufzuklären haben, ob und in welcher Höhe der Kläger in den Vorjahren für die gestundete Kaufpreisforderung Zinsen an die Verkäuferin gezahlt hat und ob ein hinreichender Zusammenhang zwischen dieser Kreditierung und dem Abschluß der Bausparverträge bestand (vgl. dazu BFH in BFHE 137, 300, BStBl II 1983, 172).

 

Fundstellen

Haufe-Index 64334

BStBl II 1993, 301

BFHE 169, 442

BFHE 1993, 442

BB 1993, 426 (L)

DB 1993, 462-463 (LT)

DStR 1993, 319 (KT)

DStZ 1993, 217 (KT)

StE 1993, 99 (K)

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