Leitsatz (amtlich)

Anders als vom Finanzamt erstattete Körperschaftsteuer bleibt eine Schadensersatzleistung des steuerlichen Beraters bei der Gewinnermittlung des Steuerpflichtigen auch dann nicht außer Betracht, wenn die Leistung ihre Ursache in einer vom steuerlichen Berater zu vertretenden höheren als notwendigen Steuerfestsetzung hat.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1, § 12 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist nur noch die steuerrechtlich zutreffende Behandlung einer Zahlung, die die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) vom Versicherer ihres steuerlichen Beraters in Anerkennung eines Regreßanspruchs gegen diesen aus Berufshaftpflicht erhalten hat.

Der steuerliche Berater der Steuerpflichtigen hatte es bei Abgabe der Körperschaftsteuererklärung 1961 aus Versehen unterlassen, den Antrag aus § 19 Abs. 4 KStG fristgerecht zu stellen, so daß der Revisionskläger (FA) die Besteuerung nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 KStG durchführte. Der von der Steuerpflichtigen wegen zuviel gezahlter Körperschaftsteuer gegen ihren steuerlichen Berater geltend gemachte Regreßanspruch führte im Wirtschaftsjahr 1965/66 zu einer Entschädigungsleistung seitens des Versicherers des Inanspruchgenommenen in Höhe von 9 108 DM, die die Steuerpflichtige wie eine Körperschaftsteuererstattung behandelte, d. h. bei der Ermittlung ihres steuerpflichtigen Einkommens außer Betracht ließ. Das FA rechnete dagegen den Betrag ihrem steuerpflichtigen Einkommen hinzu.

Der Einspruch der Steuerpflichtigen blieb ohne Erfolg. Ihrer Klage gab das FG (insoweit) statt. Es führte in seiner in den EFG 1970, 302 veröffentlichten Entscheidung aus:

Nach § 12 Nr. 2 KStG könne die Körperschaftsteuer, obwohl handelsrechtlich Aufwand, vom steuerpflichtigen Einkommen nicht abgezogen werden. Umgekehrt erhöhe die Erstattung von Körperschaftsteuer, obwohl handelsrechtlich Ertrag, nicht das steuerpflichtige Einkommen. Das Versehen des steuerlichen Beraters der Steuerpflichtigen habe zur Zahlung einer höheren Körperschaftsteuer geführt, als sie bei Inanspruchnahme des Tarifwahlrechts zu zahlen gewesen wäre. Der so bei der Steuerpflichtigen eingetretene Schaden sei durch die Zahlung des Versicherers des steuerlichen Beraters ausgeglichen worden. Wie zwischen Zahlung und Erstattung von Körperschaftsteuer, bestehe auch zwischen schädigendem Ereignis und Schadensausgleich ein innerer Zusammenhang, der Schaden und Schadensausgleich in die Vermögensphäre der Steuerpflichtigen verweise. Eine Parallele zu dem mit Urteil des BFH IV R 65/67 vom 28. Mai 1968 (BFH 92, 361, BStBl II 1968, 581) entschiedenen Falle, in dem die Steuerpflicht zurückerhaltener Schmiergelder trotz Ausschluß ihrer seinerzeitigen Abzugsfähigkeit bejaht worden sei, bestehe nicht. Wie die Vereinnahmung einer aus Anlaß eines Vermögensschadens gezahlten Versicherungssumme (als eines echten Äquivalents) nicht die Ertrags- sondern allein Vermögensphäre berühre, könne auch eine Schadensersatzleistung nicht als Einkommen behandelt werden, wenn das schädigende Ereignis bei der Ermittlung des Einkommens außer Betracht geblieben sei. Dem stehe nicht entgegen, daß der Schadensersatzanspruch Ausfluß eines Beratungsverhältnisses und die Honorarzahlungen an den Berater Betriebsausgaben seien.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des FA mit dem Antrag, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Steuerbescheid (auch insoweit) wieder herzustellen. Zur Begründung trägt es vor:

Die Entscheidung des FG verstoße gegen § 6 Abs. 1 KStG und § 16 KStDV. Alle Einkünfte der Steuerpflichtigen seien nach dem Gesetz als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln, so außer den Einkünften der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 EStG auch einmalige Vermögensanfälle jeder Art (mit Ausnahme von Gesellschaftereinlagen). Sofern sich das FG bei seiner Entscheidung von der Überlegung habe leiten lassen, daß bei steuerlicher Erfassung der Ersatzleistung die Steuerpflichtige keinen vollen Ersatz ihres Vermögensschadens erhalten habe, sei zu erwidern, daß die Schadensersatzpflicht nach § 249 BGB auch die auf die Ersatzleistung entfallende anteilige Steuer umfasse (s. auch Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, Anm. 5 Stichwort "Schadensersatz" zu § 24 EStG).

Die Steuerpflichtige beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Die Ausführungen des FG seien überzeugend; sie entsprächen den Ausführungen des RFH im Urteil I 19/38 vom 8. Februar 1938 (RStBl 1938, 494). Das Versehen des steuerlichen Beraters der Steuerpflichtigen habe dem Fiskus eine zusätzliche Steuereinnnahme verschafft, so daß es Treu und Glauben widersprechen würde, wenn er aus der Schadensersatzleistung erneut steuerlichen Nutzen ziehen wollte.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage auch in diesem Streitpunkt.

1. Der erkennende Senat stimmt dem FG darin zu, daß entsprechend der Nichtabzugsfähigkeit der Körperschaftsteuer nach § 12 Nr. 2 KStG eine Steuererstattung bei der Ermittlung des Einkommens eines Körperschaftsteuerpflichtigen im Jahre der Erstattung außer Betracht bleibt. Diese Auffassung teilte auch bereits der RFH im Urteil I 19/38 (a. a. O.).

Der erkennende Senat kann dem FG indes nicht auch darin zustimmen, daß der vorliegende Streitfall keine Parallele zu dem mit BFH-Urteil IV R 65/67 (a. a. O.) entschiedenen Falle aufweise. Denn eine Erstattung setzt, wie dieses Urteil deutlich macht, voraus, daß der Empfänger des Erstattungsbetrages zuvor seinerseits dem Leistenden eine Leistung erbracht hat, die dieser nun - aus welchen Gründen auch immer - ihm zurückerstattet. Eine Erstattung (als Zurückerstattung) liegt deshalb dort nicht vor, wo ein Dritter dem Steuerpflichtigen einen von diesem gezahlten Betrag - aus welchen Gründen auch immer - vergütet, ihm einen Schaden ersetzt oder ihm gegenüber die Schuld eines anderen erfüllt.

Wie der BFH im Urteil IV R 65/67 (a. a. O.) ausgeführt hat, gibt es keinen Grundsatz des Einkommensteuerrechts, nach dem mit nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Betriebseinnahmen bei der Gewinnermittlung außer Ansatz zu bleiben haben. Im Streitfalle liegen nicht einmal in Ausgabe und Einnahme korrespondierende Leistungen vor, wenngleich die Steuerzahlungsschuld der Steuerpflichtigen aus der Körperschaftsteuerveranlagung 1961 die rechnerische Grundlage des Schadensersatzanspruchs gegenüber ihrem steuerlichen Berater abgab, insofern, als die versehentlich unterlassene Ausübung des Tarifwahlrechts für die Steuerpflichtige zu einer höheren Steuerschuld führte, als sie bei Ausübung des Wahlrechts angefallen wäre. Da aber hier - wie dargelegt - nicht der Fiskus, der die Körperschaftsteuerzahlung 1961 vereinnahmt hatte, einen zuviel entrichteten oder erlassenen Steuer(teil)betrag zurückzahlte, sondern eine aus einem bürgerlich-rechtlichen, die Steuerberatung der Steuerpflichtigen betreffenden Rechtsverhältnisse resultierende Schadensersatzpflicht vom Schuldner (genauer: von dessen Versicherer) erfüllt wurde, widerspricht es auch nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben, wenn mangels einer anders lautenden Gesetzesvorschrift der im Bereich des Gewerbebetriebs der Steuerpflichtigen entstandene Schadensersatzanspruch im Zeitpunkt seiner Erfüllung zu einer das steuerpflichtige Einkommen berührenden (erhöhenden) Betriebseinnahme führt.

Zur Bedeutung des § 16 KStDV in diesem Zusammenhang hat der erkennende Senat bereits im Urteil I R 123/68 vom 4. März 1970 (BFH 98, 259, BStBl II 1970, 470) Stellung genommen; er nimmt auf die dort wiedergegebenen Ausführungen Bezug.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413076

BStBl II 1972, 292

BFHE 1972, 134

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