Leitsatz (amtlich)

1. Ein für vorläufig erklärter Steuerbescheid kann durch einen neuen vorläufigen Bescheid ersetzt werden.

2. Das Zonenrandförderungsgesetz vom 5. August 1971 (BGBl I 1971, 1237, BStBl I 1971, 370) hat sich weder Rückwirkung beigelegt noch hat es die frühere Verwaltungspraxis gesetzlich sanktioniert.

 

Normenkette

AO §§ 100, 222, 225; ZRFG §§ 3, 10

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) den gegen die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ergangenen Einkommensteuerbescheid 1968 durch einen weiteren vorläufigen Bescheid ersetzen und darin die Sonderabschreibungen nach dem sogenannten Zonengrenzlandförderungsprogramm (ZFP) versagen durfte.

Die Klägerin betreibt u. a. einen landwirtschaftlichen Betrieb im Zonengrenzlandgebiet. In der Bilanz per 30. Juni 1969 dieses Betriebszweiges sind außer Abschreibungen nach § 7 EStG und § 76 EStDV solche nach dem ZFP gewinnmindernd erfolgt. Diese Gewinnminderung ist auch in der am 12. März 1971 beim FA eingegangenen Einkommensteuererklärung der Klägerin für 1968 berücksichtigt. In einem gleichzeitig eingereichten Antrag der Klägerin vom 10. März 1971 heißt es, daß sie neben den Abschreibungen nach § 7 EStG Abschreibungen nach dem ZFP gemäß Erlaß des BdF vom 23. April 1964 in Anspruch nehme und hierfür um Genehmigung bitte. Das FA wies die Klägerin darauf hin, daß nach einem Erlaß des Landesfinanzministers Schleswig-Holstein vom 23. Oktober 1970 - S 1915-522 VI 31 - eine gesetzliche Regelung für nach dem 31. Dezember 1970 gestellte Anträge nach dem ZFP ausstehe, so daß es noch nicht in der Lage sei, über den Antrag auf Gewährung von Sonderabschreibungen zu entscheiden. Gleichwohl berücksichtigte es bei der nach § 100 Abs. 2 AO vorläufig durchgeführten Einkommensteuerveranlagung 1968 diese Sonderabschreibungen.

Das FA nahm am 31. August 1971 eine "berichtigte vorläufige Veranlagung gemäß §§ 222 (1) Ziff. 1, 100 (2) AO" vor, bei der die Abschreibungen nach dem ZFP nicht mehr berücksichtigt waren. Die Befugnis hierzu leitete es, wie sich aus einem Aktenvermerk und aus der dem Bescheid vom 31. August 1971 beigefügten Erläuterung ergibt, aus folgenden Gesichtspunkten her. Nach Abschn. II Abs. 6 (Nr. 6) der Rundverfügung vom 11. Oktober 1962 - S 1940 A - St 11/111 - sei für die Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen nach dem ZFP dann kein Raum mehr, wenn § 76 EStDV voll ausgeschöpft sei. Aus der eingereichten Bilanz sei nicht eindeutig zu entnehmen gewesen, daß für dieselben Wirtschaftsgüter die gesetzliche Vergünstigung des § 76 EStDV und die Sonderabschreibungen nach dem ZFP gleichzeitig in Anspruch genommen worden seien. Die bisherige vorläufige Einkommensteuerveranlagung 1968 sei danach wegen Vorliegens neuer Tatsachen (§ 222 Abs. 1 Nr. 1 AO) zu berichtigen. Die Veranlagung bleibe weiterhin vorläufig nach § 100 Abs. 2 AO.

Mit ihrem Einspruch gegen den neuen Bescheid machte die Klägerin geltend, die Voraussetzungen einer Änderung des früheren vorläufigen Bescheids hätten nicht vorgelegen, die Absetzungen seien auch zulässig gewesen.

Der Einspruch und auch die Klage der Klägerin, mit der sie die Aufhebung des Berichtigungsbescheides vom 31. August 1971 und der Einspruchsentscheidung beantragt hatte, blieben ohne Erfolg.

Das FG führte zur Begründung seines klageabweisenden Urteils aus, es sei der Klägerin zuzugeben, daß neue Tatsachen im Sinne des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht vorgelegen hätten. Bei gehöriger Nachprüfung des Sachverhalts und der Unterlagen sei zu ersehen gewesen, daß beide Steuervergünstigungen nebeneinander beansprucht worden seien. Die Klage könne aber dennoch keinen Erfolg haben, weil die Klägerin in ihren Rechten nicht verletzt sei. Die mit § 100 AO korrespondierende Berichtigungsvorschrift sei allerdings nicht § 222 AO, sondern § 225 AO. Der Senat brauche nicht zu entscheiden, ob und unter welchen Voraussetzungen ein in vollem Umfang vorläufiger Steuerbescheid nach § 222 AO berichtigt werden könne. Jedenfalls sei die Berichtigung eines nach § 100 Abs. 2 AO in vollem Umfang vorläufigen Bescheides grundsätzlich nicht an die Schranken des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO gebunden und erwachse der vorläufige Steuerbescheid lediglich formell in Rechtskraft. Materiell habe der Bescheid nicht rechtskräftig werden können, so daß § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO gegenüber einem nach § 100 Abs. 2 AO in vollem Umfang vorläufigen Bescheid ins Leere gerichtet sei. Insoweit handele es sich aber lediglich um eine unschädliche unrichtige Bezeichnung. Ob das FA eine Veranlagung vorläufig durchführen wolle, unterliege seinem pflichtgemäßen Ermessen. Einen Verstoß gegen die Grundsätze der Ermessensausübung bei Erlaß des zweiten vorläufigen Bescheides vermöge der Senat nicht zu erkennen. Einerseits seien mehrere vorläufige Berichtigungsveranlagungen zulässig (Urteil des RFH vom 28. Februar 1923 VI A 242/22, RFHE 12, 30). Andererseits sei es dem FA im Rahmen von § 100 Abs. 2 AO nicht verwehrt, Fehler zu berichtigen, und zwar selbst dann nicht, wenn es den Fehler hätte vermeiden können. Auch § 96 AO, wonach der Widerruf begünstigender Verfügungen eingeschränkt sei, stehe nicht entgegen. Insoweit sei § 96 AO gegenüber § 100 Abs. 2 AO nachrangig. Hinzu komme, daß das FA, wie sich aus seinen Schreiben an die Klägerin und aus dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung ergeben habe, über die Gewährung von Sonderabschreibungen nach dem ZFP nicht endgültig habe befinden wollen. Entscheidend sei deshalb, daß die Steuer nicht in Rechtskraft habe erwachsen sollen. Das entspreche dem erklärten und für die Klägerin auch erkennbaren Willen des FA. Hierbei komme es nicht mehr darauf an, daß dem ZFP im Streitjahr außerdem die gesetzliche Grundlage gefehlt habe (Urteil des BFH vom 9. Juli 1970 IV R 34/69, BFHE 99, 448, BStBl II 1970, 696).

Die Klägerin legte Revision ein mit dem Antrag, das angefochtene Urteil, die Einspruchsentscheidungen und den Steuerbescheid vom 31. August 1971 aufzuheben. Sie ist weiterhin der Ansicht, der Berichtigungsbescheid habe nicht ergehen dürfen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen. Es führt aus, die Berichtigung sei zulässig gewesen. Es sei ihm aber auch nicht verwehrt gewesen, im Rahmen des § 100 Abs. 2 AO Fehler zu berichtigen, selbst wenn es sie hätte vermeiden können. In der Sache selbst verbleibe es dabei, daß eine Kumulierung bei Steuervergünstigungen nicht möglich sei. Der den zeitlichen Anwendungsbereich regelnde § 3 Abs. 7 des Zonenrandförderungsgesetzes vom 5. August 1971 - ZRFG - (BGBl I 1971, 1237, BStBl I 1971, 370) lasse zwar die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Sonderabschreibungen nach den im Rahmen des ZFP erlassenen Verwaltungsanweisungen für das Streitjahr zu. Nicht vertretbar und auch nicht zulässig erscheine es jedoch, beide Vergünstigungen gleichzeitig und in vollem Umfang zu gewähren. Erlasse der Finanzministerien, die eine Kumulierung gestattet hätten, seien nicht bekannt geworden. Aus der Fassung des § 3 Abs. 2 Satz 2 ZRFG könne nicht gefolgert werden, daß im Rahmen des ZFP, dem die gesetzliche Grundlage gefehlt habe, das Kumulationsverbot noch nicht anzuwenden gewesen sei. Das ZRFG habe nur die gesetzliche Grundlage für die im Rahmen des ZFP erlassenen Verwaltungsanweisungen der Länder geschaffen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an die Vorinstanz.

1. Dem FG ist allerdings insoweit zuzustimmen, als es annahm, das FA habe den ursprünglichen vorläufigen Bescheid durch den wiederum vorläufigen Bescheid vom 31. August 1971 ersetzen dürfen. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen des § 222 Abs. 1 Nr. 1 AO vorlagen; denn ein vorläufiger Bescheid kann, wie das FG mit Recht aussprach, auch ohne diese Voraussetzungen geändert werden, und zwar nicht nur dadurch, daß der vorläufige Bescheid durch einen endgültigen Bescheid ersetzt wird, sondern auch dadurch, daß ein neuer vorläufiger Bescheid erlassen wird, soweit die bisher bestehende Ungewißheit (§ 100 Abs. 1 AO) noch nicht in vollem Umfang beseitigt ist (RFH-Urteil VI A 242/22; Becker-Riewald-Koch, Reichsabgabenordnung, Kommentar, 9. Aufl., § 100 Anm. 3 (6); Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, § 100 AO, Anm. 38; Mattern-Meßmer, Reichsabgabenordnung, § 100 Rdnr. 577 und § 225 Rdnr. 1769) oder bei einem in vollem Umfang vorläufigen Bescheid (§ 100 Abs. 2 AO) die Betriebsprüfung noch nicht stattgefunden hat. Gerade im letzteren, auch hier vorliegenden Falle, kann dem FA nicht verwehrt sein, einzelne Punkte, die nach seiner Ansicht geklärt sind oder die ihm erst jetzt bekannt werden und bei denen es u. U. um hohe Steuerbeträge geht, aufzugreifen, vorläufig zu regeln und damit eine (vorläufige) Grundlage für die Einziehung der Steuer zu schaffen. Eine endgültige Regelung ist nicht möglich, weil der Steuerbescheid - wegen der noch ausstehenden Betriebsprüfung - in vollem Umfang vorläufig bleiben soll. Wie schon bei der Erstveranlagung ist es nicht möglich, einzelne - wenn auch völlig eindeutige - Punkte bereits endgültig zu regeln, also aus der insgesamt nach § 100 Abs. 2 AO bestehenden Vorläufigkeit herauszunehmen, wohingegen es kraft der ausdrücklichen Vorschrift des § 100 Abs. 1 AO umgekehrt möglich ist, bei einem sonst insgesamt endgültigen Bescheid einzelne Punkte nur vorläufig zu regeln. Den Steuerpflichtigen erwächst hierdurch kein Nachteil, weil sie sich gegen die vorläufige Neuregelung eines Punktes ebenso mit Rechtsbehelfen wenden können, wie wenn es sich um eine endgültige Regelung handelte.

2. Das FG hat indessen verkannt, daß es der Klägerin im Grunde darauf ankam, den sie belastenden Berichtigungsbescheid vom 31. August 1971 - aus welchen Gründen auch immer - zu Fall zu bringen, und daß sie sich stets auch gegen die diesem Bescheid zugrunde liegende materiell-rechtliche Ansicht des FA gewandt hatte, daß ihr die Abschreibungen nach dem ZFP nicht neben den sonstigen gesetzlich vorgesehenen Abschreibungen gewährt werden könnten. Die beiläufige Bemerkung des FG, es komme nicht mehr darauf an, daß dem ZFP im Streitjahr die gesetzliche Grundlage gefehlt habe, reicht insoweit nicht aus.

Es ist zwar richtig, daß - wie der erkennende Senat in dem Urteil IV R 34/69 darlegte - das sogenannte ZFP nicht als eine durch § 131 Abs. 1 AO gedeckte, für eine Mehrzahl von fällen gültige Richtlinie angesehen werden konnte. Das schließt aber - wie ebenfalls schon in dem genannten Urteil (vgl. Ziff. II 3) ausgeführt ist - nicht aus, daß der Antrag der Klägerin auf Gestattung der Sonderabschreibungen als auf eine Einzelmaßnahme nach § 131 Abs. 1 Satz 3 AO gerichtet angesehen und seine Ablehnung durch die Verwaltungsbehörde überprüft werden könnte und müßte. Außerdem müßte geprüft werden, ob nicht das inzwischen verkündete ZRFG die bisherige das Grenzland fördernde Verwaltungspraxis nachträglich auf eine gesetzliche Grundlage gestellt hatte.

a) Das letztere ist nicht der Fall. Nach § 3 Abs. 7 ZRFG sind die steuerlichen Vergünstigungsvorschriften nach diesem Gesetz "erstmals auf nach dem 31. Dezember 1970 gestellte Anträge anzuwenden, es sei denn, daß die Anträge Wirtschaftsgüter betreffen, die vor dem 1. Januar 1971 angeschafft oder hergestellt worden sind". Der mit den Worten "es sei denn" beginnende Nebensatz wurde dem in dem Regierungsentwurf (Bundestags-Drucksache VI 1548) vorgesehenen § 3 Abs. 7 (damals Abs. 6) erst durch den Ausschuß für innerdeutsche Beziehungen angefügt (vgl. Bundestags-Drucksache VI 2287). Aus welchen Gründen das geschah, ist nicht erkennbar.

Durch die Einfügung ist die Auslegung der Vorschrift erschwert. Man könnte sie so auffassen, daß das Gesetz anwendbar ist, wenn der Antrag nach dem 31. Dezember 1970 gestellt wurde, daß es indessen nicht zur Anwendung kommen soll, wenn die Wirtschaftsgüter bereits vor dem 1. Januar 1971 angeschafft oder hergestellt worden waren. Man könnte aber nach dem Wortlaut auch annehmen, daß das Gesetz grundsätzlich nur anwendbar sei, wenn der Antrag nach dem 31. Dezember 1970 gestellt ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, wann die Investitionen gemacht wurden, ausnahmsweise aber auch dann, wenn der Antrag zwar früher gestellt wurde, er sich aber auf Wirtschaftsgüter bezieht, die vor dem 1. Januar 1971 angeschafft oder hergestellt worden sind. Diese letztere Auslegung würde bedeuten, daß dem Gesetz völlige Rückwirkung zukäme.

Diese Absicht hätte der Gesetzgeber aber klarer formulieren können, indem er etwa bestimmt hätte, daß das Gesetz auf alle noch nicht abgeschlossenen Fälle Anwendung finden solle. Er hätte diese Absicht auch klarer formulieren müssen, da der BFH, wie dem Gesetzgeber bekannt war, das bisherige sogenannte ZFP für nicht Rechtens gehalten hatte.

Daß eine Rückwirkung nicht beabsichtigt war, ergibt sich auch aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Nach der Regierungsvorlage sollte das Gesetz "erstmals auf nach dem 31. Dezember 1970 gestellte Anträge anzuwenden" sein. Das hätte bedeutet, daß eindeutig nur später eingehende Anträge nach dem Gesetz zu behandeln gewesen wären. Daß dies beabsichtigt war, ergibt sich auch aus der dem Regierungsentwurf beigefügten Begründung (Bundestagsdrucksache VI 1548 S. 7 zu § 3 Abs. 6), in der es hieß, die Finanzämter seien angewiesen, Anträge bis zum Wirksamwerden des § 3 noch nach den bisherigen Verwaltungsregelungen zu behandeln. Damit sei sichergestellt, daß auf vor dem 1. Januar 1971 gestellte Anträge noch die bisherigen Verwaltungsregelungen angewendet würden, so daß sich die Neuregelung nahtlos an die bisherige Praxis anschließe. Die Ergänzung des Entwurfs durch den Ausschuß für innerdeutsche Angelegenheiten konnte also nur eine Einschränkung dahin bedeuten, daß grundsätzlich alle Anträge, die nach dem 31. Dezember 1970 eingereicht wurden, nach dem Gesetz behandelt werden sollten, es sei denn, daß es sich um frühere - noch nach den bisherigen Verwaltungsrichtlinien zu behandelnde - Investitionen handelte, daß also nicht allein auf das formale Datum des Eingangs des Antrags, sondern auf das eigentliche wesentliche Datum der Investitionen abgestellt werden sollte.

Daraus ergibt sich aber auch, daß der Gesetzgeber zwar davon ausging, daß die Verwaltung - entgegen dem Urteil des BFH - weisungsgemäß noch nach der alten Praxis verfahren werde, aber selbst nicht dem Gesetz Rückwirkung beilegen wollte, gerade weil er dafür kein Bedürfnis sah.

Aus dem Gesagten ergibt sich ferner, daß der Gesetzgeber auch nicht - ohne Rückwirkung des Gesetzes selbst - die bisherige für gesetzwidrig erklärte Regelung, die überigens nicht völlig mit der neuen gesetzlichen Regelung übereinstimmte (vgl. z. B. § 3 Abs. 3 ZRFG), nachträglich durch § 3 Abs. 7 ZRFG mit Gesetzesrang ausstatten wollte. Abgesehen davon, daß eine so einschneidende Maßnahme deutlicher zum Ausdruck hätte gebracht werden müssen, erscheint es aber auch unwahrscheinlich, daß sich der Bundes gesetzgeber die bisher nur in Erlassen der obersten Behörden der Länder enthaltenen Regelungen zu eigen machen wollte, zumal da insoweit erhebliche verfassungsrechtliche Fragen hätten geklärt werden müssen. Ganz offenbar wollte man die Regelung dieser zurückliegenden Fälle der Verwaltung überlassen.

Auch § 10 ZRFG bietet keinen Anhalt dafür, daß der Gesetzgeber die früheren Regelungen formell zum Gesetz erheben wollte. Nach dieser Vorschrift sollten "alle sonstigen auch das zonenrandgebiet betreffenden Rechtsvorschriften, Richtlinien und Programme unberührt" bleiben, "soweit dieses Gesetz nicht etwas anderes bestimmt". Denn § 10 ZRFG hat eine andere Zielrichtung. Erstens ist nicht anzunehmen, daß das Gesetz, das die Zonenrandförderungen bezweckte und regelte, gerade auf diesem Gebiet andere Regelungen - wenn auch nur für begrenzte Zeit vor Inkrafttreten des Gesetzes - aufrechterhalten wollte. (Es hätte das einfacher bei § 3 Abs. 7 ZRFG sagen können.) Und zweitens ergibt sich aus den Worten "auch das Zonenrandgebiet betreffenden Rechtsvorschriften", daß nur Gesetze etc. gemeint sind, die auch das Zonenrandgebiet berühren, aber nicht ausschließlich dessen Förderung zum Gegenstand haben. Das ergibt sich auch aus den Materialien zum ZRFG. Die Fraktionen der CDU/CSU hatten einige Monate vor Verabschiedung des Regierungsentwurfs zum ZRFG einen Initiativentwurf eines entsprechenden Gesetzes eingebracht (Bundestagsdrucksache VI 796), in dem fast wörtlich dieselbe Klausel (als § 9) enthalten war. In der Begründung hierzu (S. 7 der Drucksache) heißt es, das Gesetz solle die Förderungsmaßnahmen auf eine gesetzliche Grundlage stellen, die dieser Grundlage bisher entbehrt hätten. § 9 stelle klar, daß bereits bestehende gesetzliche Regelungen, wie z. B. das Gesetz über die Besteuerungen des Straßengüterverkehrs und insbesondere das Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" sowie andere Bestimmungen, deren gesetzliche Verankerung nicht notwendig erscheine, durch das ZRFG nicht berührt werden sollten.

b) War somit zwar das ZRFG auf den Antrag der Klägerin nicht anwendbar und waren auch frühere Verwaltungsanweisungen nicht gesetzlich sanktioniert worden, so hätte das FG doch prüfen müssen, ob die Versagung der AfA als Ablehnung einer Einzel maßnahme nach § 131 Abs. 1 Satz 3 AO eine Ermessensverletzung darstellte (vgl. den Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 101, BStBl II 1972, 603).

Diese im wesentlichen auf dem Gebiet der Tatsachenwürdigung liegende Prüfung wird das FG nunmehr nachholen müssen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70436

BStBl II 1973, 516

BFHE 1973, 521

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