Leitsatz (amtlich)

Ist dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft vertraglich ein Anspruch auf Urlaub eingeräumt und steht ihm für nicht verbrauchte Urlaubstage aus besonderen Gründen ein Anspruch auf Abgeltung in Geld zu, so stellt die Erfüllung dieses Geldanspruchs keine verdeckte Gewinnausschüttung dar.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), eine GmbH, gewährte ihren beiden Gesellschafter-Geschäftsführern für den aus betrieblichen Gründen nicht verbrauchten Urlaub des Streitjahres 1963 Abfindungen in Geld. Der Revisionsbeklagte (das FA) ließ die für die Urlaubsabgeltung gebildete Rückstellung steuerrechtlich nicht zu.

Die Klage blieb ohne Erfolg.

Das FG hat ausgeführt, die Vergütungen, die die Steuerpflichtige den Gesellschafter-Geschäftsführern zur Abgeltung der Urlaubsansprüche zuerkannt habe, seien keine Betriebsausgaben, sondern verdeckte Gewinnausschüttungen. Da eine Abgeltung des Urlaubs in Geld vertraglich nicht vorgesehen gewesen sei, stelle sie zusätzliches Entgelt für geleistete Dienste dar, das für einen vergangenen Zeitraum gewährt worden sei. Rückwirkende Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer seien aber steuerrechtlich grundsätzlich unbeachtlich.

Die Revision der Steuerpflichtigen rügt unrichtige Anwendung des § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG und unzureichende Beweiserhebung.

Die Steuerpflichtige gibt zu, daß die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer wesentlichen Einfluß auf die Beschlüsse der Gesellschaft haben. Sie meint aber, sie brauche die Gesellschafter-Geschäftsführer nicht schlechter zu behandeln als einen Nichtgesellschafter. Das FG hätte daher ihre Behauptung, daß den anderen Angestellten ebenfalls Geldabfindungen für nicht genommenen Urlaub gewährt worden seien, nicht ungeprüft lassen dürfen. Die Rechtsprechung des BFH über die steuerrechtliche Unbeachtlichkeit rückwirkender Gehaltsvereinbarungen greife nicht ein, weil im Streitfall der Gewinn nicht willkürlich beeinflußt worden sei. Einmal sei die Bemessungsgrundlage, der Jahresurlaub, vertraglich auf vier Wochen festgelegt gewesen. Außerdem habe sie, die Steuerpflichtige, schon vor dem Streitjahr Rückstellungen für Urlaubsrückstände der Gesellschafter-Geschäftsführer gebildet und damit klar zu erkennen gegeben, daß für nichtverbrauchte Urlaubstage eine entsprechende Geldentschädigung gezahlt werde.

Die Steuerpflichtige beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Körperschaftsteuer 1963 auf 4 268 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Wie die Steuerpflichtige unter Hinweis auf das BFH-Urteil I 187/64 vom 10. Mai 1967 (BFH 88, 518, BStBl III 1967, 498) mit Recht bemerkt, setzt eine verdeckte Gewinnausschüttung voraus, daß eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die nicht Gesellschafter ist, nicht gewährt hätte. Ob diese Voraussetzung im Streitfall erfüllt ist, kann der Senat nicht abschließend prüfen.

Den Gesellschafter-Geschäftsführern der Steuerpflichtigen ist in den Anstellungsverträgen ein Anspruch auf einen jährlichen Erholungsurlaub von vier Wochen eingeräumt. Dieser Anspruch ist grundsätzlich auf Gewährung bezahlter Freizeit gerichtet. Eine Abgeltung des Urlaubs in Geld widerspricht dem Zweck des Urlaubs, dem Arbeitnehmer Erholung zu gewähren, und ist deshalb verboten, es sei denn, daß der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann (Hueck-Nipperdey, Grundriß des Arbeitsrechts, 4. Aufl., S. 97; Schelp-Herbst, Bundesurlaubsgesetz, Kommentar, § 7 Anm. 95; Urteil des Bundesarbeitsgerichts 5 AZR 133/68 vom 28. November 1968, Der Betrieb 1969 S. 354). Das gilt zunächst für die sozial abhängigen Arbeitnehmer, grundsätzlich aber auch für die Mitglieder der Organe juristischer Personen, die an sich nicht zu den Arbeitnehmern im Sinn des Arbeitsrechts gerechnet werden (vgl. Schelp-Herbst, a. a. O., § 2 Anm. 16; Urteil des BGH II ZR 201/61 vom 3. Dezember 1962, NJW 1963, 535). Käme im Streitfall das Verbot der Urlaubsabgeltung in Geld zum Zuge, so hätte die Steuerpflichtige ihren Gesellschafter-Geschäftsführern einen Vorteil gewährt, auf den diese keinen schuldrechtlich begründeten und begründbaren Anspruch gehabt hätten. Darin läge eine verdeckte Gewinnausschüttung, ohne daß es erforderlich wäre, auf die Rechtsprechung des BFH über die steuerrechtliche Unbeachtlichkeit rückwirkender Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer zurückzugreifen. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte eine arbeitsrechtlich verbotene Urlaubsabgeltung in Geld auch einer Person, die nicht Gesellschafter ist, nicht gewährt (vgl. BFH-Urteil I 187/64, a. a. O.).

Das Verbot der Abgeltung des Urlaubs in Geld gilt aber für den Geschäftsführer einer GmbH dann nicht, wenn der Umfang der von ihm geleisteten Arbeit und seine Verantwortung für das Unternehmen die Gewährung von Freizeit im Urlaubsjahr ausgeschlossen haben und eine Übertragung des Urlaubs auf das neue Kalenderjahr rechtlich oder tatsächlich nicht möglich war (BGH-Urteil II ZR 201/61, a. a. O.). In diesen Fällen steht dem Geschäftsführer vielmehr ein Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs in Geld zu, der Anspruch auf bezahlte Freizeit hat sich, wie der BGH in dem Urteil II ZR 201/61 (a. a. O.) ausgeführt hat, in einen Abgeltungsanspruch umgewandelt. Wären im Streitfall die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines solchen Anspruchs auf Abgeltung des Urlaubs in Geld erfüllt, dann könnte von einer verdeckten Gewinnausschüttung keine Rede sein. Denn die Steuerpflichtige hätte dann ihren Gesellschafter-Geschäftsführern nichts ohne schuldrechtliche Verpflichtung gewährt. Auch die Rechtsprechung des BFH über die steuerrechtliche Unbeachtlichkeit rückwirkender Vereinbarungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer führte nicht zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung. Denn der Anspruch auf Urlaub ist im Streitfall im voraus klar und nachweisbar in den Anstellungsverträgen vereinbart. Aus dieser Vereinbarung fließt unmittelbar und ohne daß es einer weiteren Abrede bedürfte der erwähnte Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs in Geld. Damit ist die von der Rechtsprechung geforderte vorherige Vereinbarung auch für den Abgeltungsanspruch gegeben.

Die Feststellung des FG, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Steuerpflichtigen hätten nach deren Gründung den vollen Arbeitseinsatz der Geschäftsführer verlangt, die beiden Geschäftsführer hätten daher ihren Urlaub nicht oder nur zu einem geringen Teil genommen, könnte dafür sprechen, daß die Voraussetzungen für den Abgeltungsanspruch in Geld im Streitfall erfüllt sind. Das FG wird jedoch die Frage noch näher untersuchen und auch prüfen, ob es nicht möglich gewesen wäre, den Urlaub auf das folgende Jahr zu übertragen, ferner, ob gegen die Höhe der gewährten Abgeltung in Geld Bedenken bestehen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 557497

BStBl II 1969, 327

BFHE 1969, 89

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