Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlustabzug gemäß § 10a GewStG - Erfordernis der Unternehmeridentität

 

Orientierungssatz

Die Auslegung des § 10a GewStG durch den Beschluß des Großen Senats vom 3. Mai 1993 GrS 3/92 (BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616) - wonach Voraussetzung des Verlustabzugs die Unternehmeridentität ist -, verletzt nicht Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes.

≫ Beim Ausscheiden von Gesellschaftern einer Personengesellschaft entfällt der Verlustabzug gemäß § 10a GewStG, soweit der Fehlbetrag anteilig auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt. Diese Auslegung verletzt nicht Art. 3 Abs. 3 GG (so auch BFH-Beschluss vom 03.05.1993 GrS 3/92).

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 3; GewStG § 10a

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Im Jahre 1975 gehörten der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH & Co. KG, die Z-GmbH als Komplementärin sowie als Kommanditisten Frau X, Frau Y und Herr Y an. Die Komanditeinlagen wurden zu je 45 v.H. von den beiden Kommanditistinnen und zu 10 v.H. von Y gehalten. Zum Jahresende 1975 schieden die Z-GmbH und die beiden Kommanditistinnen aus der Klägerin aus. Neue Komplementärin wurde die Y-GmbH. Sämtliche Kommanditeinlagen übernahm der einzig verbleibende Kommanditist Y. Gleichzeitig erwarb Herr W eine Unterbeteiligung an dem Kommanditanteil des Y in Höhe von 42 v.H.

Die Klägerin hatte 1975 einen Gewerbeverlust von 158064 DM erwirtschaftet. In den Folgejahren erzielte sie wieder Gewinne.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) kürzte zunächst den Gewerbeertrag der Streitjahre 1976, 1977 und 1979 um den anteilig vorgetragenen Verlust des Jahres 1975 und stellte die Meßbeträge nach dem Gewerbeertrag für die streitigen Veranlagungszeiträume auf 0 DM fest. Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977).

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung änderte das FA die Gewerbesteuermeßbescheide der Streitjahre 1976, 1977 und 1979 gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 und erkannte nur noch für das Jahr 1976 einen Verlust in Höhe von 15806 DM an. Das FA hielt nur 10 v.H. des 1975 erwirtschafteten Verlustes für vortragsfähig, weil nur in diesem Umfang Unternehmeridentität seit 1975 bestanden habe.

Nach vergeblichem Einspruch erhob die Klägerin Klage, die das Finanzgericht (FG) unter Hinweis auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Januar 1978 IV R 26/73 (BFHE 124, 348, BStBl II 1978, 348) und vom 13. November 1984 VIII R 312/82 (BFHE 143, 135, BStBl II 1985, 334) wegen mangelnder Unternehmeridentität zurückwies.

Mit der vom erkennenden Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.

Der erkennende Senat beabsichtigte, nach mündlicher Verhandlung am 18. Dezember 1990 der Klage stattzugeben. Auf seine Anfrage beim I. und IV.Senat, der vorgesehenen Abweichung von ihrer Rechtsprechung zuzustimmen, haben beide Senate geantwortet, sie stimmten der Abweichung nicht zu. Darauf legte der erkennende Senat dem Großen Senat folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vor:

Kann bei der Personengesellschaft der Verlustabzug gemäß § 10a Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes (StBereinG) 1986 über die Fälle des § 2 Abs. 5 GewStG hinaus beim Wechsel oder Ausscheiden von Gesellschaftern wegen Fehlens der sog. Unternehmeridentität eingeschränkt werden?

Mit Beschluß vom 3. Mai 1993 GrS 3/92 (BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616) hat der Große Senat über die vorgelegte Rechtsfrage wie folgt entschieden:

Beim Ausscheiden von Gesellschaftern einer Personengesellschaft entfällt der Verlustabzug gemäß § 10a GewStG, soweit der Fehlbetrag anteilig auf die ausgeschiedenen Gesellschafter entfällt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. FA und FG sind zu Recht davon ausgegangen, daß der Gewerbeertrag der Klägerin lediglich im Streitjahr 1976 um einen Fehlbetrag in Höhe von 15806 DM gemäß § 10a GewStG in der ab 1975 geltenden Fassung (BGBl I 1985, 2436) gekürzt werden durfte.

Nach § 10a GewStG wird der maßgebende Gewerbeertrag um die Fehlbeträge gekürzt, die sich bei der Ermittlung des maßgebenden Gewerbeertrags für die fünf vorangegangenen Erhebungszeiträume ergeben. Allerdings kann diesen Verlustvortrag nur der (Mit-)Unternehmer geltend machen, der den Verlust (Fehlbetrag) getragen hat (Beschluß des Großen Senats in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616); wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Inhalt dieses Beschlusses verwiesen.

Y war als einziger sowohl im Verlustjahr 1975 als auch im Verlustabzugsjahr 1976 Gesellschafter der Klägerin. Da Y im Verlustjahr 1975 nur zu 10 v.H. an den Kommanditeinlagen der Klägerin beteiligt war, kann 1976 auch nur 10 v.H. des Gewerbeverlustes (158064 DM), das sind 15806 DM, gemäß § 10a GewStG berücksichtigt werden.

Die Auslegung des § 10a GewStG durch den Beschluß des Großen Senats sowie den erkennenden Senat verletzt nicht Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes. Danach ist die anteilige Versagung des Verlustabzugs nicht willkürlich, sondern beruht auf der Überlegung, daß zwischen dem totalen Unternehmerwechsel (§ 21 Abs. 5 GewStG) und dem Wechsel eines Teils der Mitunternehmer kein qualitativer, sondern nur ein quantitativer Unterschied besteht (vgl. BFH-Beschluß in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, 625 zu C.III.9. b). Ob ferner der Verlustabzug gemäß § 10a GewStG und der Verlustausgleich im Jahr des Unternehmerwechsels nach gleichen oder verschiedenen Kriterien zu behandeln sind, war hier nicht zu entscheiden. Mögliche Unterschiede hinsichtlich des Verlustabzugs bei Körperschaften und Personengesellschaften sind schließlich in der Mitunternehmer-Bezogenheit des Gewerbebetriebs einer Personengesellschaft begründet (vgl. BFH-Beschluß in BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, 620 zu C.III.2.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419645

BFH/NV 1994, 573

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