Leitsatz (amtlich)

Es verstößt nicht gegen das GG, daß die Vorschrift des § 34 Abs.4 EStG außer Kraft gesetzt worden ist.

 

Orientierungssatz

1. Umfangreiche Ausführungen und Rechtsprechung zum Gleichheitssatz (u.a. gesetzgeberische Gestaltungsfreiheit, Grundsatz der Steuergerechtigkeit, Gewährung und Abbau von Steuervergünstigungen), zur Freiheit der Kunst (Gewährung von Förderungsmaßnahmen) und zur Eigentumsgarantie (Abschaffung jahrzehntelang gewährter Steuererleichterungen).

2. Art. 103 Abs. 1 GG ist nur dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, daß ein Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, nicht nachgekommen ist. Das FG braucht aber nicht jedes Vorbringen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu verbescheiden (vgl. BFH-Urteil vom 8.8.1969 VI R 299/67).

 

Normenkette

EStG 1980 § 34 Abs. 4; SubvAbG Art. 10 Nr. 3 Buchst. b; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3, Art. 14, 103 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr 1982 als Journalist nichtselbständig tätig. Daneben erzielte er Einkünfte aus einer --selbständig ausgeübten-- schriftstellerischen Nebentätigkeit. Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr 1982 unterwarf der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Einkünfte aus der Nebentätigkeit dem vollen Steuersatz.

Hiergegen wendet sich der Kläger. Er ist der Auffassung, Nebeneinkünfte aus einer selbständig ausgeübten schriftstellerischen Tätigkeit seien nach § 34 Abs.4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. mit einem ermäßigten Steuersatz zu besteuern. Zwar sei § 34 Abs.4 EStG durch Art.10 Nr.3 b des Subventionsabbaugesetzes (SubvAbG) vom 26.Juni 1981 (BGBl I, 537, BStBl I, 1981, 523) mit Wirkung vom 1.Januar 1982 aufgehoben. Die Aufhebung des § 34 Abs.4 EStG sei jedoch verfassungswidrig.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, die Streichung des § 34 Abs.4 EStG enthalte keinen Verstoß gegen das Grundgesetz (GG). Insbesondere der Gleichheitssatz (Art.3 Abs.1 GG) sei nicht verletzt. Der Gesetzgeber habe mit der Aufhebung des § 34 Abs.4 EStG seine weitgehenden Gestaltungsbefugnisse nicht überschritten. Der Vergleich mit anderen Vergünstigungsregelungen (wie etwa den Vorschriften der §§ 3b und 3 Nr.26 EStG) könne keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz begründen; denn es sei nicht möglich, die Vergünstigungstatbestände hinsichtlich der betroffenen Personenkreise, der sachlichen Ausgangspunkte und der Interessenlagen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Die Regelungssachverhalte lägen so weit auseinander, daß ein Vergleich nicht in Betracht komme. Auch ein Verstoß gegen Art.5 Abs.3 GG liege nicht vor. Aus der Verpflichtung des Staates, Kunst und Wissenschaft zu fördern, lasse sich keine Verpflichtung zur Gewährung von Steuererleichterungen ableiten.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung von Art.3 Abs.1, Art.5 Abs.3 und Art.14 GG. Außerdem sei sein Recht auf Gehör verletzt worden.

Er beantragt, das FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 1982 dahin zu ändern, daß für seine Einkünfte aus schriftstellerischer Nebentätigkeit der halbe Steuersatz angesetzt wird, hilfsweise, das Verfahren gemäß Art.100 Abs.1 GG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber einzuholen, ob die Streichung des § 34 Abs.4 EStG mit dem GG vereinbar ist. Für den Fall, daß der Senat die Sache nicht dem BVerfG vorlegt, beantragt der Kläger vorsorglich, das anhängige Revisionsverfahren bis zur abschließenden Entscheidung des BVerfG über den --die Verfassungsmäßigkeit des § 3b EStG betreffenden-- -Vorlagebeschluß des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 1.August 1985 VI R 28/79 (BFHE 144, 244, BStBl II 1985, 664) ruhen zu lassen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

I. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art.103 Abs.1 GG) ist nicht gegeben.

Das FG ist zwar verpflichtet, Anträge und Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, soweit das Vorbringen nach den prozeßrechtlichen Vorschriften nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muß oder kann. Es braucht aber nach Art.103 Abs.1 GG nicht jedes Vorbringen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu verbescheiden. Art.103 Abs.1 GG ist nur dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, daß ein Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, nicht nachgekommen ist (BFH-Urteil vom 8.August 1969 VI R 299/67, BFHE 96, 473, BStBl II 1969, 683); dann liegt insoweit auch ein Verfahrensmangel nach § 119 Nr.3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vor.

Im Streitfall ist nicht erkennbar, daß das FG die Ausführungen des Klägers nicht zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat. Das FG hat seine Rechtsauffassung eingehend begründet. Daß es dabei nicht alle Erwägungen des Klägers im einzelnen widerlegt hat, stellt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar. Dies gilt insbesondere auch für die Ausführungen des Klägers zum Zusammenhang zwischen § 34 Abs.4 EStG und § 3 b EStG. Das FG hat hierzu eingehend Stellung genommen. Daß es --entgegen dem Begehren des Klägers-- das Klageverfahren nicht ruhen ließ, bis das BVerfG über die Verfassungsmäßigkeit des § 3b EStG entschieden hat, ist nicht darauf zurückzuführen, daß das FG von dem Vorbringen des Klägers keine Kenntnis nahm, sondern vielmehr darauf, daß das FG aufgrund rechtlicher Erwägungen die Auffassung des Klägers über den engen Zusammenhang zwischen § 34 Abs.4 EStG und § 3b EStG nicht teilte.

II. Das FG hat auch zu Recht entschieden, daß der Kläger die Steuervergünstigung nach § 34 Abs.4 EStG a.F. bei seiner Veranlagung zur Einkommensteuer für das Streitjahr 1982 nicht in Anspruch nehmen konnte, da diese Rechtsnorm in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zum 31.Dezember 1981 außer Kraft gesetzt worden ist.

1. Die bis zum 31.Dezember 1981 geltende Regelung des § 34 Abs.4 EStG sah vor, daß Steuerpflichtige mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und aus selbständiger Arbeit, die aus einer Berufstätigkeit i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG bezogen wurden, unter gewissen Voraussetzungen für ihre Nebeneinkünfte aus wissenschaftlicher, künstlerischer und schriftstellerischer Tätigkeit eine Steuerermäßigung (§ 34 Abs.1 EStG) beanspruchen konnten. Die Vorschrift war durch das Zweite Steuerneuordnungsgesetz vom 20.April 1949 (Gesetzblatt --GBl-- der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 1949, S.69) mit Wirkung ab dem 1.Januar 1949 (als Abs.5 des damals geltenden § 34 EStG) eingeführt worden. Sie sollte "einen steuerlichen Anreiz zur Erzielung eines höheren Einkommens durch eine nicht in den Beruf fallende Nebentätigkeit auf wissenschaftlichem, künstlerischen oder schriftstellerischen Gebiet ... geben" (Drucksache --Drucks-- Nr.892 des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebietes 1949, Begründung zum Zweiten Gesetz zur vorläufigen Neuordnung von Steuern zu Abschn.1 § 1 Ziff.7).

2. Die Vorschrift des § 34 Abs.4 EStG ist durch Art.10 Nr.3 b SubvAbG vom 26.Juni 1981 (BGBl I, 537, BStBl I, 523) mit Wirkung ab 1.Januar 1982 (Art.10 Nr.4 SubvAbG) aufgehoben worden.

Das SubvAbG bezweckte den Abbau von Subventionen und Steuervergünstigungen, um "die Finanzstruktur des Bundeshaushalts dauerhaft zu verbessern und auch künftig eine solide Finanzierung der Bundesaufgaben zu ermöglichen" (vgl. BTDrucks 9/92 S.12). Zur Streichung des § 34 Abs.4 EStG heißt es in der Gesetzesbegründung (BTDrucks 9/92 S.23): "Nach § 34 Abs.4 EStG können Nebeneinkünfte aus wissenschaftlicher, künstlerischer oder schriftstellerischer Tätigkeit ermäßigt besteuert werden. Diese Regelung sollte zu Mehrarbeit in Form einer nicht in den Beruf fallenden Tätigkeit auf den genannten Gebieten anregen. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß unter den gegebenen Umständen auf diese Steuersubvention verzichtet werden kann."

3. Die Aufhebung des § 34 Abs.4 EStG durch Art.10 Nr.3 b SubvAbG ist verfassungsgemäß.

a) Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art.3 Abs.1 GG) liegt nicht vor.

Bei der Prüfung einer Norm am Maßstab des Gleichheitssatzes ist zunächst davon auszugehen, daß dem Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zukommt (BVerfG-Beschluß vom 8.Dezember 1970 1 BvR 95/68, BVerfGE 29, 327, 335). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes ist erst dann gegeben, wenn für eine vom Gesetzgeber getroffene Differenzierung sachlich einleuchtende Gründe schlechterdings nicht mehr erkennbar sind und die getroffene Regelung deshalb als willkürlich erscheint (ständige Rechtsprechung des BVerfG und des BFH; vgl. BVerfG-Beschluß vom 6.Dezember 1983 2 BvR 1275/79, BVerfGE 65, 325; BFH-Urteil vom 14.Dezember 1978 IV R 98/74, BFHE 127, 45, BStBl II 1979, 284). Das bedeutet, daß bei der verfassungsrechtlichen Prüfung einer Rechtsnorm am Maßstab des Gleichheitssatzes nur die Einhaltung der äußersten Grenzen der gesetzgeberischen Freiheit nachzuprüfen ist. Gegenstand der Prüfung ist dagegen nicht, ob der Gesetzgeber die gerechteste und zweckmäßigste Lösung getroffen hat (BVerfG-Urteil vom 17.Dezember 1953 1 BvR 323/51, BVerfGE 3, 162, 182). Ist die vom Gesetzgeber gewählte Lösung mit dem Gleichheitssatz noch vereinbar, so kommt es nicht darauf an, ob eine andere Lösung gerechter oder vernünftiger gewesen wäre oder dem Gleichheitssatz noch besser entsprochen hätte (BVerfGE 3, 162, 182).

Die weitgehende Gestaltungsfreiheit gilt auch für steuerliche Regelungen. Das BVerfG hat zwar wiederholt ausgesprochen, daß der Gesetzgeber durch den Gleichheitssatz an den Grundsatz der Steuergerechtigkeit gebunden ist (Beschlüsse vom 22.Februar 1984 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, 214, 223, BStBl II 1984, 357; vom 4.Oktober 1984 1 BvR 789/79, BVerfGE 67, 290, 297, BStBl II 1985, 22; vom 17.Oktober 1984 1 BvR 527/80, BVerfGE 68, 143, 152). Das Gebot der Steuergerechtigkeit verlangt jedoch nicht in jedem Fall Gleichheit der steuerlichen Belastung (BVerfG-Urteil vom 22.Mai 1963 1 BvR 78/56, BVerfGE 16, 147, 185). Steuergesetze verfolgen nicht nur den Zweck, Haushaltsmittel zu beschaffen; sie werden vielfach auch zur Erreichung anderer Ziele (wirtschafts-, gesellschafts- und sozialpolitischer Art) eingesetzt. Die in diesem Zusammenhang getroffenen Regelungen können steuerliche Differenzierungen zugunsten oder zuungunsten einer Gruppe enthalten, ohne daß hierdurch der Gleichheitssatz verletzt wird (Urteil in BVerfGE 16, 147, 185).

Ob und ggf. in welcher Form und welchem Umfang steuerliche Erleichterungen gewährt werden sollen, steht im Ermessen des Gesetzgebers (BVerfG-Beschluß vom 6.Februar 1968 1 BvL 7/65, BVerfGE 23, 74, BStBl II 1968, 133). Demgemäß steht es ihm auch frei, eine bereits gewährte Steuervergünstigung wieder abzubauen, insbesondere "wenn diese Maßnahme in den Rahmen eines Gesamtprogramms eingefügt ist, dessen Ziel die Herstellung eines ausgeglichenen Haushalts ist" (BVerfG-Beschluß vom 2.Oktober 1969 1 BvL 12/68, BVerfGE 27, 58, 66, BStBl II 1970, 140, 143). Bei der Abschaffung einer für eine bestimmte Gruppe geltenden Steuervergünstigung ist er nicht verpflichtet, auch die Verhältnisse anderer Gruppen in Betracht zu ziehen, denen aus anderen Gründen eine Steuervergünstigung gewährt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 26.September 1969 VI R 158/67, BFHE 96, 566, BStBl II 1969, 730). Sehr häufig stehen die einkommensteuerrechtlichen Vergünstigungen beziehungslos nebeneinander; in solchen Fällen fehlt schon von vornherein die Möglichkeit einer vergleichenden Wertung.

Deshalb war der Gesetzgeber auch nicht gehindert, die Vorschrift des § 34 Abs.4 EStG zu streichen, dagegen die Vorschrift des § 3b EStG, die die Steuerbefreiung von Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschlägen vorsieht, bestehen zu lassen. Zwischen den genannten Vergünstigungen besteht kein unmittelbarer Zusammenhang. Die Regelung über die Steuerbefreiung von Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschlägen (§ 3b EStG) kommt ausschließlich den Beziehern von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zugute. Bei der nichtselbständigen Tätigkeit spielen die Arbeitszeit und ihre Begrenzung sowie die aus der Arbeitszeit errechneten Vergütungen, insbesondere auch für Mehrarbeit und für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, eine charakteristische Rolle. Das unterscheidet die nichtselbständige Arbeit grundsätzlich von allen anderen Tätigkeitsarten. Schon deshalb ist ein Vergleich der für die Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge gewährten Vergünstigung mit der Tarifermäßigung nach § 34 Abs.4 EStG, die nur für Nebeneinkünfte aus selbständig ausgeübten "Nebentätigkeiten" in Betracht kam, nicht geboten.

Eine unmittelbare Beziehung besteht auch nicht zwischen den nach § 34 Abs.4 EStG und den nach der Verordnung über die einkommensteuerliche Behandlung der freien Erfinder (ErfVO) begünstigten Sachverhalten. Die ErfVO soll einen Anreiz zur Entfaltung erfinderischer Tätigkeit geben (BFH-Urteil vom 20.Februar 1958 IV 179/57 U, BFHE 66, 544, BStBl III 1958, 209). Die Erfindertätigkeit ist vielfach Voraussetzung für die technische Innovation, an der ein hohes gesamtwirtschaftliches Interesse besteht (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Bundestags vom 2.Dezember 1975, BTDrucks 7/4376 S.6). Die steuerlichen Vergünstigungen für die Erfinder sollen demnach einen anderen Tätigkeitsbereich fördern als die Vergünstigung nach § 34 Abs.4 EStG.

Ähnliches gilt für das Verhältnis zwischen § 34 Abs.4 EStG und § 3 Nr.26 EStG. Mit der Vorschrift des § 3 Nr.26 EStG werden nebenberufliche Tätigkeiten "als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher" oder andere vergleichbare nebenberufliche Tätigkeiten "zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke" begünstigt. Aufwandsentschädigungen für diese Tätigkeiten werden seit 1980 bis zur Höhe von 2 400 DM jährlich steuerfrei gestellt (zur Auslegung des § 3 Nr.26 EStG vgl. BFH-Urteil vom 30.Januar 1986 IV R 247/84, BFHE 146, 65, BStBl II 1986, 401). Mit dieser Regelung sollten "Bürger, die im gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Bereich nebenberuflich tätig sind", in einem bestimmten Umfang von steuerlichen Verpflichtungen freigestellt (BTDrucks 8/3898 S.8) und damit das "ehrenamtliche Engagement" dieser Personen gewürdigt werden. Obwohl § 3 Nr.26 EStG gewisse Berührungspunkte mit der Vorschrift des § 34 Abs.4 EStG aufweist, können die gesetzlichen Regelungen dennoch nicht miteinander verglichen werden. Denn die steuerliche Vergünstigung des § 3 Nr.26 EStG besteht nur für nebenberufliche Tätigkeiten zur Förderung "gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke". Diese Zwecke nehmen nach dem Gesetz (vgl. §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung --AO 1977--) einen besonderen Rang im Steuerrecht ein.

b) In der Aufhebung des § 34 Abs.4 EStG liegt auch kein Verstoß gegen Art.5 Abs.3 GG.

Art.5 Abs.3 GG beinhaltet zwar nicht nur ein Freiheitsrecht für alle Kunstschaffenden, sondern stellt zugleich dem "Staat, der sich im Sinne einer Staatszielbestimmung auch als Kulturstaat versteht, die Aufgabe, ein freiheitliches Kunstleben zu erhalten und zu fördern" (BVerfG-Urteil vom 5.März 1974 1 BvR 712/68, BVerfGE 36, 321, 331). Bei der Ausgestaltung von Förderungsmaßnahmen hat der Staat aber im Rahmen seiner Kulturpolitik weitgehende Freiheit. Art.5 Abs.3 GG begründet jedenfalls keinen Anspruch des Einzelnen auf die Gewährung bestimmter staatlicher Förderungsmaßnahmen (vgl. auch Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 16.August 1979 7 B 174/78, Neue Juristische Wochenschrift 1980, 718, und Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 23.Oktober 1968 V OVG A 25/68, Deutsches Verwaltungsblatt 1969, 875). Aus Art.5 Abs.3 GG läßt sich deshalb auch nicht ableiten, daß die --auch die künstlerische Tätigkeit fördernde-- Vorschrift des § 34 Abs.4 EStG hätte aufrechterhalten bleiben müssen.

c) Schließlich verstößt die Streichung des § 34 Abs.4 EStG auch nicht gegen die in Art.14 GG enthaltene Eigentumsgarantie.

Art.14 GG schützt das Vermögen nicht gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflichten. Er bietet insbesondere keinen Schutz gegen die Abschaffung einer jahrzehntelang gewährten Steuervergünstigung. Die Ansicht des Klägers, durch eine längere Zeit anhaltende Gewährung von steuerlichen Vorteilen werde ein "Besitzstand" geschaffen, der einen eigentumsähnlichen Schutz gegen Veränderungen genieße, ist unzutreffend. Das Vertrauen auf den Fortbestand einer für den Steuerpflichtigen günstigen Regelung wird grundsätzlich nur insoweit geschützt, als die gesetzlichen Rechtsfolgen, die mit bereits abgeschlossenen Sachverhalten verbunden sind, anerkannt bleiben müssen; lediglich aus Gründen der Rechtssicherheit ist es somit verboten, die Rechtsposition des Steuerpflichtigen rückwirkend zu verschlechtern. Einen derartigen Eingriff enthält aber die Abschaffung des § 34 Abs.4 EStG nicht.

d) Daß die Abschaffung der Steuervergünstigung für Nebeneinkünfte aus wissenschaftlicher, künstlerischer und schriftstellerischer Tätigkeit im Schrifttum eine nahezu einhellige Ablehnung gefunden hat (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 34 EStG Grüne Seiten "Anmerkung zur Streichung des § 34 Abs.4"; Flämig, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1981, 135; Felix, Finanz-Rundschau 1980, 581; Schmidt-Troje, DStZ 1981, 140, 513; Schöberle, Deutsches Steuerrecht 1981, 95; Rensing/Hoberg, Der Betrieb 1981, 1637) ist in erster Linie als Zeichen dafür zu werten, daß die Streichung des § 34 Abs.4 EStG --nicht nur bei den hiervon unmittelbar Betroffenen-- als gesetzgeberische Fehlleistung empfunden wurde. Die in diesem Zusammenhang vorgebrachten Einwendungen reichen indessen nicht aus, um die Streichung der Vorschrift als verfassungswidrig anzusehen.

4. Da die Regelung des Art.10 Nr.3 b SubvAbG, mit der § 34 Abs.4 EStG abgeschafft wurde, nicht gegen das GG verstößt, kann auch dem Hilfsantrag des Klägers, das Verfahren auszusetzen und die Sache gemäß Art.100 Abs.1 GG dem BVerfG zur Entscheidung vorzulegen, nicht stattgegeben werden. Die Einholung einer Entscheidung des BVerfG ist nach Art.100 Abs.1 GG nur dann geboten, wenn ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es für die Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält.

Auch dem vorsorglich gestellten Antrag, das anhängige Revisionsverfahren bis zur abschließenden Entscheidung des BVerfG über den Vorlagebeschluß des BFH vom 1.August 1985 VI R 28/79 (BFHE 144, 244, BStBl II 1985, 664) ruhen zu lassen, kann nicht entsprochen werden, da nach Überzeugung des Senats die in dieser Sache zu erwartende Entscheidung des BVerfG keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Abschaffung des § 34 Abs.4 EStG haben kann.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61918

BStBl II 1987, 530

BFHE 150, 22

BFHE 1987, 22

BB 1987, 1444

BB 1987, 1444-1446 (ST)

DStR 1987, 438-438 (ST)

HFR 1987, 525-526 (ST)

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