Leitsatz (amtlich)

Auch die sogenannte Ein-Mann-GmbH ist Kapitalgesellschaft im Sinne des Gesellschaftsteuerrechts.

 

Normenkette

KVStG § 2 Nr. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 3, §§ 6, 10 Abs. 1

 

Tatbestand

Alleiniger Gesellschafter der Klägerin, einer GmbH, ist die E. & Co. KG. Zwischen dieser und der Klägerin besteht ein Organverhältnis mit Ergebnisausschlußvertrag (EAV). Auf Grund dieses Vertrages übernahm die Organträgerin die von der Klägerin erlittenen Verluste zum 31. Dezember 1955 und 31. Dezember 1956. Das Finanzamt – FA – (Beklagter) sah die Verlustübernahme als Leistung auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung an. Nach Ansicht des FA diente die das Jahr 1955 betreffende Verlustübernahme in voller Höhe und die das Jahr 1956 betreffende Verlustübernahme zum Teil der Deckung eines Verlustes am Stammkapital der Klägerin. Die gegen den Gesellschaftsteuerbescheid gerichtete Sprungberufung blieb ohne Erfolg.

Gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) wendet sich die Klägerin mit der seit 1. Januar 1966 als Revision zu behandelnden Rechtsbeschwerde. Sie beantragt, das angefochtene Urteil und den Gesellschaftsteuerbescheid aufzuheben. Da sie eine sogenannte „Ein-Mann-GmbH” sei, müsse geprüft werden, ob sie als Organgesellschaft rechtlich selbständig sei. Bei der Verlustübernahme handle es sich in Wahrheit nur um eine Vermögensverschiebung innerhalb des in zwei Vermögensmassen geteilten Gesamtvermögens einer Einzelperson. Im übrigen ist die Klägerin der Ansicht, die Verlustübernahme durch den Organträger sei nicht auf Grund § 2 Nr. 2 KVStG der Gesellschaftsteuer unterworfen.

Der Beklagte beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Nach § 2 Nr. 2 KVStG unterliegen Leistungen der Gesellschaftsteuer, die von den Gesellschaftern einer inländischen Kapitalgesellschaft auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt werden.

I. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin wirklich eine Ein-Mann-GmbH ist. Die Geschäftsanteile an ihr gehören weder einer natürlichen noch einer juristischen Person, werden vielmehr von einer Kommanditgesellschaft gehalten. Gesellschafter der GmbH ist die Kommanditgesellschaft als solche (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – II 118/64 vom 11. April 1967, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 89 S. 74 – BFH 89, 74 –, BStBl III 1967, 539); die Kommanditgesellschaft ist jedoch die Gesamtheit ihrer Gesellschafter als Gemeinschaft zur gesamten Hand (§§ 124 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB, zum Rechtserwerb der OHG, Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 3. Aufl., § 19, II).

Auch wenn man mit der Klägerin davon ausgeht, die KG sei als quasijuristische Person Inhaber sämtlicher Geschäftsanteile, könnte ihrer Ansicht nicht gefolgt werden, ein Organträger, der alle Anteile einer Organ-GmbH in seiner Hand vereinige, sei „weder nach bürgerlichem Recht und Handelsrecht noch nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Gesellschafter”. Es ist ein Widerspruch in sich selbst, einerseits davon auszugehen, daß der Organträger sämtliche Geschäftsanteile halte, andererseits jedoch die Gesellschaftereigenschaft zu verneinen, die mit den Geschäftsanteilen unlöslich verbunden ist. Hiervon abgesehen regelt das KVStG den Begriff des Gesellschafters in § 6 Abs. 2; danach gelten als Gesellschafter die Personen, denen die in Abs. 1 der Vorschrift bezeichneten Gesellschaftsrechte zustehen. Geschäftsanteile an einer GmbH sind solche Gesellschaftsrechte. Dies bedarf keiner näheren Begründung.

Die Klägerin ist eine inländische Kapitalgesellschaft. Den für die Gesellschaftssteuer geltenden Begriff der Kapitalgesellschaft bestimmt § 5 KVStG. Nach Abs. 1 Nr. 3 dieser Vorschrift ist die Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine Kapitalgesellschaft. Diese Begriffsbestimmung ist für die §§ 2, 3 Abs. 1, 6 Abs. 1, 7 Abs. 1, 9 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a und 10 Abs. 1 KVStG maßgebend. Da § 5 Abs. 1 Nr. 3 KVStG nur an die Rechtsform anknüpft, sind die von der Klägerin für die Ein-Mann-GmbH geltend gemachten Besonderheiten für das Gesellschaftsteuerrecht unerheblich. Auf die von Schilling in Hachenburg, GmbHG, 6. Aufl., § 13 Anh. Anm. 1 (vorletzter Absatz) geäußerten Zweifel, die auf seine Ausführungen in der Juristenzeitung 1953 S. 161 ff. zurückgehen, ob der Ein-Mann-GmbH noch eigene Rechtspersönlichkeit zuzusprechen ist und ob das Gesellschaftsvermögen als gebundenes Sondergut des Alleingesellschafters anzusehen sei, das nach den Regeln des GmbH-Rechts zu verwalten sei, kommt es unter diesen Umständen nicht an. Hiervon abgesehen hat sich das FG gegen die Ansicht der Klägerin mit Recht auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und auf Schrifttum berufen. Da die Ansicht des FG der absolut herrschenden Meinung entspricht, ist insoweit nichts hinzuzufügen.

II. Die Übernahme der Verluste 1955 und 1956 der Revisionsklägerin durch die Kommanditgesellschaft ist eine Leistung im Sinne des § 2 Nr. 2 KVStG. Der Senat hat in dem Urteil II 176/61 vom 8. November 1967, BFH 91, 172, BStBl II 1968, 213, entschieden, daß die auf einem Organverhältnis mit EAV beruhende Verlustübernahme eine Leistung ist, die auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung bewirkt wird; auf diese Entscheidung wird, um Wiederholungen zu vermeiden, Bezug genommen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 600707

BFHE 1968, 538

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