Leitsatz (amtlich)

1. Bei Anwendung des Gemeinsamen Ländererlasses über die Pauschalierung der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer für ausländische Einkünfte (BStBl II 1959, 109) ist der Begriff ausländische Betriebstätte nach deutschem Steuerrecht - für einen Veranlagungszeitraum vor dem 1. Januar 1977 nach § 16 StAnpG - auszulegen.

2. Eine ausländische Betriebstätte wird nicht allein dadurch begründet, daß die Monteure eines inländischen Lieferanten über sechs Monate lang an einem Ort im Ausland mit der Aufstellung einer Maschine beschäftigt sind.

 

Normenkette

KStG 1968 § 19a; EStG 1967 § 34c; EStDV 1967 § 68b Nr. 2; StAnpG § 16

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) - eine Aktiengesellschaft - stellt größere Maschinen her, die sie durch ihre Arbeitnehmer bei den Bestellern montieren läßt. Im Zusammenhang mit der Montage der Maschinen sind mitunter Bauarbeiten erforderlich, wie z. B. das Einbetonieren der Fundamente für die Maschinen, das Ausbrechen von Wänden oder das Einziehen von Zwischendecken. Diese Bauarbeiten werden von Unternehmern ausgeführt, die unmittelbar vom Besteller beauftragt worden sind. In der Körperschaftsteuererklärung 1968 beantragte die Klägerin, Gewinne, die wegen der Montage ihrer Maschinen im Ausland entstanden sind, als Einkünfte aus ausländischen Betriebstätten anzuerkennen und diese Gewinne nach § 19 a Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i. V. m. § 34 c Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) pauschal mit 25 v. H. zu versteuern. Im einzelnen handelt es sich um folgende Gewinne:

1. Aufstellung einer Maschinenanlage in Rumänien vom 23. Januar 1967 bis 11. April 1968; Gewinn aus Montage 52 576 DM.

2. Aufstellung einer Maschinenanlage in Mexiko vom 23. Januar bis 11. Oktober 1968; Gewinn aus Montage 48 232 DM.

3. Aufstellung einer Maschinenanlage in Brasilien vom 23. Januar 1967 bis 20. Dezember 1968; Gewinn aus Montage 65 274 DM.

Die Höhe der von der Klägerin errechneten Montagegewinne ist nicht streitig.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) verneinte das Vorhandensein ausländischer Betriebstätten in den genannten Fällen und behandelte die Montagegewinne als inländische Einkünfte der Klägerin. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts (FG) wendet sich die Klägerin mit der Revision. Sie rügt, das FG habe den Begriff der ausländischen Betriebstätte zu eng ausgelegt.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Körperschaftsteuer 1968 auf 662 980 DM festzusetzen, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Die Körperschaftsteuer auf die streitigen Gewinne, die infolge der Montage maschineller Anlagen in den genannten drei Staaten entstanden sind, mit denen mit Wirkung für das Streitjahr 1968 keine Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung bestanden haben, dürfte nicht gemäß § 19 a Abs. 1 Satz 2 KStG, § 34 c Abs. 3 EStG i. V. m. dem gemeinsamen Ländererlaß betreffend Pauschalierung der Einkommensteuer und Körperschaftsteuer für ausländische Einkünfte (BStBl II 1959, 109) mit einem Pauschbetrag von 25 v. H. festgesetzt werden.

1. Der in § 19 a KStG in Bezug genommene § 34 c Abs. 3 EStG erlaubt den obersten Finanzbehörden der Länder, von der in § 34 c Abs. 1 EStG, § 19 a Abs. 1 Satz 1 KStG vorgesehenen Anrechnung ausländischer Steuern, die der deutschen Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer entsprechen, abzusehen und die auf ausländische Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer ganz oder teilweise zu erlassen oder in einem Pauschbetrag festzusetzen, wenn es aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig oder das Anrechnungsverfahren besonders schwierig ist. § 34 c Abs. 3 EStG hat mithin eine Auffangfunktion für den Fall zu erfüllen, daß die in erster Linie vom Gesetzgeber vorgesehene Anrechnung der ausländischen Steuern in konkreten Einzelfällen nicht zu sachgerechten volkswirtschaftlich erwünschten Ergebnissen führt. Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 19. April 1978 2 BvL 2/75 (BVerfGE 48, 210, BStBl II 1978, 548) ist geklärt, daß die den obersten Finanzbehörden der Länder in § 34 c Abs. 3 EStG eingeräumte Ermächtigung mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar ist.

Zur Erzielung einer einheitlichen Behandlung der in Betracht kommenden Fälle ist der ab dem Veranlagungszeitraum 1957 anzuwendende erwähnte gemeinsame Ländererlaß ergangen, der bestimmt, daß auf Antrag die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer für die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die durch die Tätigkeit einer in einem ausländischen Staat befindlichen Betriebstätte erzielt werden, pauschal auf 25 v. H. dieser Einkünfte festgesetzt wird.

In dem Ländererlaß wird weiter bestimmt, daß die ausländische Betriebstätte ausschließlich oder fast ausschließlich die Herstellung oder Lieferung von Waren im Ausland, die Bewirkung von Leistungen im Ausland oder die Einfuhr von Waren in die Bundesrepublik Deutschland oder das Land Berlin zum Gegenstand haben muß; sie muß von dem inländischen Teil des Gesamtunternehmens durch organisatorische Maßnahmen, insbesondere in der Buchführung, so getrennt sein, daß die Möglichkeit der Ausgliederung des Teils der Einkünfte sichergestellt ist, für den die Pauschalierung der Steuer gewährt wird.

Durch die Anknüpfung an die gewerblichen Einkünfte, die in einer ausländischen Betriebstätte erzielt worden sind, geht der gemeinsame Ländererlaß von der Definition aus, wie sie in § 68 b Nr. 2 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) für den Begriff der ausländischen gewerblichen Einkünfte i. S. des § 34 c Abs. 1 und 3 EStG vorgegeben ist. Im Gesetz selbst ist der Begriff der ausländischen Einkünfte nicht näher erläutert. Die nähere Begriffsbestimmung hat der Gesetzgeber in § 34 c Abs. 6 Nr. 1 EStG - auf den § 19 a Abs. 1 Satz 2 KStG ebenfalls Bezug nimmt - dem Verordnungsgeber überlassen. In § 68 b EStDV ist für jede Einkunftsart des Einkommensteuergesetzes näher angegeben, unter welchen Voraussetzungen das Merkmal der ausländischen Einkünfte erfüllt ist. Angeknüpft wird jeweils an eine ausländische Einkunftsquelle, bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb insbesondere an die in dem ausländischen Staat gelegene Betriebstätte (§ 68 b Nr. 2 EStDV). Damit soll verhindert werden, daß Steuern, die z. B. ein ausländischer Staat auf Gewinne aus reinen Warenverkäufen nach seinem Staatsgebiet erhebt, auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet werden, da es sich insoweit um inländische Einkünfte des deutschen Exporteurs handelt. Für die auf ausländischen Einkünften lastenden Steuern vom Einkommen, die nicht der deutschen Einkommensteuer entsprechen, ist in § 68 f EStDV der Abzug vom Gesamtbetrag der Einkünfte zugelassen worden.

2. Bei den streitigen Montagegewinnen handelt es sich nicht um Einkünfte aus einer ausländischen Betriebstätte.

a) Für die Auslegung des Begriffs Betriebstätte sind die Grundsätze des deutschen Steuerrechts maßgebend. Auszuscheiden haben alle Begriffsbestimmungen der Betriebstätte, wie sie in bestehenden zwischenstaatlichen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder in dem OECD-Musterabkommen verwendet werden. Ferner können entgegen der Auffassung der Klägerin im Streitfall, der den Veranlagungszeitraum 1968 betrifft, nicht die näheren Begriffsbestimmungen der Betriebstätte in § 12 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977), die in Nr. 8 abweichend von dem bisher geltenden § 16 Abs. 2 Nr. 3 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) neben Bauausführungen auch Montagen erwähnen, angewendet werden. Die Abgabenordnung ist erst am 1. Januar 1977 in Kraft getreten (§ 415 Abs. 1 AO 1977). Auszugehen ist somit von dem Begriff der Betriebstätte, wie er in § 16 Abs. 1 StAnpG umschrieben ist, und ferner von den in Abs. 2 dieser Vorschrift näher bezeichneten Einzeltatbeständen, bei deren Vorhandensein eine Betriebstätte angenommen wird.

b) Nach § 16 Abs. 1 StAnpG ist Betriebstätte i. S. der Steuergesetze jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die der Ausübung des Betriebs eines stehenden Gewerbes dient. Nach § 16 Abs. 2 Nr. 2 StAnpG gelten auch sonstige Geschäftseinrichtungen, die dem Unternehmer oder seinem ständigen Vertreter zur Ausübung des Gewerbes dienen, als Betriebstätte. Die feste örtliche Anlage oder die Einrichtung muß dem Unternehmer gehören, oder es muß ihm darüber eine gewisse, nicht nur vorübergehende Verfügungsgewalt zustehen (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. März 1962 I B 156/58 S, BFHE 74, 614, BStBl III 1962, 227; vom 18. März 1976 IV R 168/72, BFHE 118, 404, BStBl II 1976, 365). Die feste örtliche Anlage oder Einrichtung muß den Zwecken des Unternehmens selbst dienen. Hygienische Einrichtungen oder Umkleideräume für die Arbeitnehmer begründen keine Betriebstätte des Unternehmens (BFH-Beschluß vom 16. Juni 1959 I B 214/58 U, BFHE 69, 228, BStBl III 1959, 349).

Nach den Feststellungen des FG, gegen die zulässige und begründete Verfahrensrügen nicht erhoben worden sind, hat die Klägerin in den streitigen Montagefällen an dem Ort der Aufstellung der Maschinen keine festen Anlagen oder Einrichtungen besessen. Es fehlte auch an einer gewissen, nicht nur vorübergehenden Verfügungsgewalt über eine solche Einrichtung. Sie kann entgegen der Auffassung der Revision nicht darin gesehen werden, daß die Monteure der Klägerin an einem bestimmten Platz im Betrieb des Bestellers mehrere Monate hindurch mit der Aufstellung der Maschine beschäftigt waren. Der Besteller oder Auftraggeber, der letztlich bestimmt, an welcher Stelle die in Einzelteilen angelieferte Maschine von den Monteuren des Lieferanten aufgestellt werden soll, behält in der Regel seine volle Verfügungsgewalt über diesen Platz. Er weist lediglich den Ort an, wo die vereinbarungsgemäß zu erbringenden Leistungen zu erfüllen sind, auch wenn die Maschinen fest im Boden verankert oder - nach der Darstellung der Klägerin - die Fundamente einbetoniert werden müssen. Gerade der Umstand, daß die Fundamentierungsarbeiten, ferner das Durchbrechen von Wänden sowie das Einziehen von Zwischendecken Arbeitern oblagen, die unmittelbar vom Besteller beauftragt worden waren, macht deutlich, daß der Klägerin oder ihrem örtlichen Vertreter keine Verfügungsgewalt über den Montageplatz eingeräumt worden war. Diese Besonderheiten zeigen auch den Unterschied zu den von der Klägerin erwähnten Schuhputzern, Wochenmarkthändlern und Droschkenunternehmern, die nach der Entscheidung des Reichsfinanzhofs (RFH) vom 15. April 1942 VI B 4/42 (RStBl 1942, 469) an dem ihnen von der Behörde zugewiesenen Standplatz eine Betriebstätte begründen, weil dieser Standplatz auch von der Behörde und vom Verkehr respektiert wird.

Desgleichen können die an der Montagestelle verwendeten Gerätschaften, Werkzeuge und Pläne der Klägerin nicht zu den Geschäftseinrichtungen i. S. des § 16 Abs. 2 Nr. 2 StAnpG gerechnet werden. Es fehlt auch hier an einer festen örtlichen Anlage oder Einrichtung, die dem Unternehmer oder seinem ständigen Vertreter zur Ausübung des Gewerbes dient.

Ebenso begründet der Umstand, daß der Lieferant einer an Ort und Stelle zu montierenden Maschine seine Arbeitswerkzeuge usw. irgendwo auf dem Betriebsgelände des Auftraggebers unterbringen oder lagern muß, für sich gesehen noch keine Geschäftseinrichtung am Ort der Unterbringung, es sei denn, ihm wird über diesen Ort eine gewisse Verfügungsgewalt eingeräumt. In dieser Hinsicht ist aber vom FG nichts festgestellt worden. Abzulehnen ist ferner die Auffassung der Klägerin, daß die Aufstellung größerer Maschinen, deren Montage mehr als sechs Monate in Anspruch nimmt, für sich allein schon eine Betriebstätte begründe.

c) Das FG hat auch den Begriff der Bauausführungen i. S. des § 16 Abs. 2 Nr. 3 StAnpG nicht verkannt. Der Begriff der Bauausführung umfaßt nach der Rechtsprechung Arbeiten aller Art, die zur Errichtung von Hoch- und Tiefbauten im weitesten Sinn (Errichtung von Häusern, Bahn- und Brückenbauten, Straßenanlagen, Bau von Kanalisationen usw.) ausgeführt werden (RFH-Beschluß vom 21. Januar 1942 VI B 21/41, RStBl 1942, 66; BFH-Beschluß vom 30. Oktober 1956 I B 71/56 U, BFHE 64, 22, BStBl III 1957, 8). Nach den Entscheidungen des RFH vom 2. Juli 1940 I 147/40 (RStBl 1940, 668), VI B 21/41 sowie des BFH vom 27. April 1954 I B 136/53 U (BFHE 58, 705, BStBl III 1954, 179) rechnen Montagearbeiten nur dann zu den Bauausführungen, wenn sie mit der Herstellung von Hoch- und Tiefbauten im weitesten Sinn zusammenhängen (z. B. die Montage von Heizungs-, elektrischen und sanitären Anlagen bei der Herstellung eines Gebäudes); hingegen zählt die Montage von Maschinen, also von inneren Betriebseinrichtungen, die mit der Errichtung und Fertigstellung von Bauwerken in keinem notwendigen Zusammenhang stehen, nicht zu den Bauausführungen. Der erkennende Senat bleibt für den Rechtszustand vor dem 1. Januar 1977 bei dieser Rechtsprechung. Auch im Streitfall handelte es sich um die Herstellung einer eigenständigen Betriebsvorrichtung, nämlich um die Aufstellung der in Einzelteilen an den Aufstellungsplatz gelieferten Maschinenanlagen. Der Umstand allein, daß der Besteller im Einvernehmen mit den Monteuren oder mit dem die Montage leitenden Ingenieur der Klägerin gewisse Bauarbeiten ausführen ließ (Einbetonierung der Fundamente, Einziehen von Zwischendecken, Mauerdurchbrüche), macht die Montage dieser Maschinen durch Angestellte der Klägerin noch nicht zu einer Bauausführung i. S. des § 16 Abs. 2 Nr. 3 StAnpG.

3. Nach § 34 c Abs. 3 EStG steht die Befugnis zum Erlaß oder zur Pauschalierung der auf ausländische Einkünfte entfallenden deutschen Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer den obersten Finanzbehörden der Länder zu. Damit ist aber nur die Zuständigkeit zur Gewährung der genannten Billigkeitsmaßnahmen geregelt. Bedenken dagegen, daß das FA über die Ablehnung der Pauschalierung der Steuer - möglichweise auf Weisung seiner vorgesetzten Behörde - entschieden hat, ergeben sich nicht (vgl. BFH-Urteil vom 9. Januar 1973 VII R 77/70, BFHE 108, 282, BStBl II 1973, 325).

 

Fundstellen

Haufe-Index 73163

BStBl II 1979, 527

BFHE 1979, 517

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