Leitsatz (amtlich)

1. Wechselt ein Unternehmer, der seine Umsätze gemäß § 24 UStG 1967 (Durchschnittsätze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe) versteuert und im Zeitraum dieser Besteuerungsform Lieferungen und sonstige Leistungen bezogen hat, zur Regelbesteuerung, sind die mit diesen Vorbezügen verbundenen Vorsteuern auch dann durch die Vorsteuerpauschalierung nach § 24 UStG 1967 abgegolten, wenn der Unternehmer die Rechnungen für diese Vorbezüge erst nach dem Wechsel der Besteuerungsform erhält.

2. Die Lieferung eines landwirtschaftlichen Anwesens durch den besitzenden Verkäufer an den Erwerber, der das Anwesen selbst landwirtschaftlich nutzen will, ist nicht bewirkt, solange nach dem Kaufvertrag und dessen Durchführung die Pflicht des Verkäufers zur Übergabe des Anwesens aufgeschoben ist und der Verkäufer seine Eigentümerposition - ungeachtet der durch den Kaufvertrag eingegangenen schuldrechtlichen Bindungen - voll ausschöpfen kann.

2. Schließt der Verkäufer eines landwirtschaftlichen Anwesens mit dem durch Auflassungsvormerkung gesicherten Käufer gleichzeitig mit dem notariell beurkundeten Kaufvertrag einen Pachtvertrag, demzufolge der Verkäufer ab Vertragschluß Pächter des Käufers wird, ist das Grundstück mit der zur Erfüllung des Kaufs erfolgten Einräumung des mittelbaren Besitzes an den Käufer geliefert, auch wenn der Kaufvertrag noch schwebend unwirksam ist; der Mangel der Auflassung und der Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch sowie eine noch ausstehende Grundstücksverkehrsgenehmigung stehen dieser Beurteilung nicht entgegen.

 

Normenkette

UStG 1967 § 3 Abs. 1, § 24; StAnpG § 5 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin war in den Jahren 1968 und 1969 als Land- und Forstwirtin tätig. Sie hat mit notariell beurkundetem Vertrag vom 27. November 1968 einen Gutshof, bestehend aus ... Grund und Boden samt stehendem Holz, Gebäuden, anderen baulichen Anlagen sowie lebendem und totem Inventar, zum Preis von ... DM gekauft. Der Vertrag bezeichnet "die Übernahme des Kaufgegenstandes" als "heute erfolgt". Er enthält die Bewilligung einer Auflassungsvormerkung. Außerdem ist folgende Erklärung der Vertragschließenden beurkundet: "Der Besitz wird durch gleichzeitig abgeschlossenen Pachtvertrag bis zum 31. Dezember 1970 an den Verkäufer verpachtet."

Die zuständige Kreislandwirtschaftsbehörde hat den gemäß § 2 des Grundstücksverkehrsgesetzes vom 28. Juli 1961 (BGBl I 1961, 1091) - GrdstVG - der Genehmigung bedürftigen Kauf am 8. Januar 1969 genehmigt. Nach Eintragung der Eigentumsänderung an den inzwischen aufgelassenen Grundstücken im April 1969 stellte der Veräußerer der Klägerin am 16. April 1969 eine Rechnung aus, in der er den vereinbarten Kaufpreis in ein Nettoentgelt und einen Steuerbetrag - berechnet nach einem Steuersatz von 5 v. H. - aufteilte.

Die Klägerin versteuerte ihre Umsätze im Jahr 1968, dem Jahr des Vertragsabschlusses, nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1967). Für das Jahr 1969 hat sie gemäß § 24 Abs. 4 UStG 1967 für die Regelbesteuerung optiert. Diese Option hat sie mit Wirkung ab 1. Januar 1970 widerrufen. In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1969 hat sie den in der Rechnung ausgewiesenen Steuerbetrag von ... DM als abziehbaren Vorsteuerbetrag im Sinne des § 15 Abs. 1 UStG 1967 behandelt.

Das Finanzamt (Beklagter) hat bei der Festsetzung der Umsatzsteuer für 1969 die Abziehbarkeit dieses Betrags verneint, weil er im Jahre 1968 von der Pauschalierung gemäß § 24 UStG 1967 erfaßt worden sei. Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.

Mit der Klage hat die Klägerin beantragt, die im angefochtenen Steuerbescheid für das Jahr 1969 festgesetzte negative Steuerschuld um den vorbezeichneten Vorsteuerbetrag von ... DM zu erhöhen. Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen (Entscheidungen der Finanzgerichte 1972 S. 411).

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung des § 15, § 16 Abs. 2 UStG 1967. Sie weist darauf hin, daß der Kauf erst mit der Genehmigung der Landwirtschaftsbehörde wirksam geworden ist.

Die Klägerin hatte in der Revisionsbegründung zunächst geleugnet, daß sie schon bei Abschluß des (schwebend unwirksamen) Kaufvertrags befähigt gewesen sei, mit dem Verkäufer ein Pachtverhältnis zu begründen. Sie hat damals vorgetragen, durch die im Kaufvertrag vom 27. November 1968 enthaltene Bekundung, der Besitz werde durch gleichzeitig abgeschlossenen Pachtvertrag bis zum 31. Dezember 1970 verpachtet, hätten die Vertragsbeteiligten lediglich ausdrücken wollen, daß der Verkäufer berechtigt sei, den Hof weiterhin zu besitzen, zu bewirtschaften und zu nutzen. Eine Aussage über die rechtliche Natur dieser Berechtigung sei nicht gewollt gewesen. Sie habe deshalb die Verfügungsmacht am Gutshof erst mit der Erteilung der für die Wirksamkeit des Kaufvertrags erforderlichen Grundstücksverkehrsgenehmigung im Jahre 1969 erlangt, da sie zuvor nicht die Sachherrschaft über den Gegenstand des schwebend unwirksamen Kaufvertrags habe ausüben können.

In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat sie dagegen den Standpunkt vertreten, der Gutshof sei bereits im Jahre 1968 an sie geliefert worden. Dazu hat sie auf den im Kaufvertrag erwähnten Pachtvertrag mit dem Verkäufer hingewiesen und ausgeführt, es sei Voraussetzung der - mit dem Vertragsabschluß beginnenden - Verpachtung gewesen, daß sie als Erwerberin schon mit Abschluß des (zunächst schwebend unwirksamen) Vertrags den mittelbaren Besitz und mit diesem die Verfügungsmacht über den Gutshof erlangt habe. Da der Verkäufer ihr die Rechnung erst im folgenden Jahr 1969 erteilt habe, sei sie in diesem Jahr zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Einspruchsentscheidung nach dem Klageantrag zu erkennen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil erweist sich als im Ergebnis zutreffend.

1. Im angefochtenen Urteil fehlen tatsächliche Feststellungen darüber, was die Vertragschließenden unter der - im Kaufvertrag erwähnten - "Übernahme des Kaufgegenstandes" verstanden haben (vgl. § 446 BGB), ob und wie eine körperliche Übergabe erfolgt ist, oder welche tatsächlichen oder Rechtshandlungen diese ersetzt haben oder ersetzen sollten und welche Vorstellungen die Vertragschließenden mit dem Ausdruck "Pacht" verbunden haben (§ 133 BGB), insbesondere, worin ein etwa vereinbarter Pachtzins gesehen oder wie dieser abgegolten sein solle (§ 564 BGB). Demzufolge läßt sich nicht beurteilen, ob die Klägerin - entsprechend der im Kaufvertrag erwähnten Begründung eines Pachtverhältnisses - in der Lage war, den Vertragsgegenstand - wie in der mündlichen Verhandlung über die Revision vorgetragen - durch Verpachtung an den Verkäufer zu nutzen, oder ob der Verkäufer - wie in der Revisionsbegründungsschrift geltend gemacht - der Klägerin Besitz und Nutzung erst zum 1. Januar 1971 zu verschaffen hatte und erst auf diesen Zeitpunkt eingeräumt hat.

Deshalb läßt sich der Zeitpunkt der Lieferung nach den Feststellungen des Finanzgerichts nur alternativ bestimmen. Beide tatbestandlichen Alternativen schließen den begehrten Vorsteuerabzug im Besteuerungszeitraum 1969 aus. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden. Denn der denkmöglichen dritten Gestaltung, der Verkäufer habe der Klägerin nach Genehmigung des Kaufs durch die Landwirtschaftsbehörde (§§ 2, 3, 6 GrdstVG) oder nach Auflassung (§ 925 BGB) oder nach Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch (§ 873 BGB), also erstmals (aber auch spätestens) im Jahr 1969, den mittelbaren Besitz (§ 868 BGB) an den Grundstücken verschafft, stehen die Vertragsinhalte ebenso entgegen wie die tatsächlichen Feststellungen im übrigen; die Klägerin hat keine Tatsachen vorgetragen, die - vom steuerlichen Ergebnis abgesehen - eine Änderung der Besitzverhältnisse im Jahr 1969 als wirklichen Willen der Vertragschließenden (§ 133 BGB) erscheinen ließen oder eine solche Änderung herbeigeführt hätten.

2. Werden der rechtlichen Beurteilung die Behauptungen der Klägerin in ihrer Revisionsbegründungsschrift zugrunde gelegt, so hat es sich bei der als Pacht bezeichneten Vereinbarung lediglich um eine (den Verkauf und den Kaufpreis bedingende) Modalität des Kaufvertrags gehandelt; die Pflicht des Verkäufers zur Übergabe der verkauften Grundstücke (§ 433 Abs. 1 BGB) war aufgeschoben. In diesem Falle hat der Verkäufer der Klägerin zwar im Jahre 1969 das Eigentum am Gutshof samt dessen Zubehör (§ 926, § 97 Abs. 1, § 98 Nr. 2 BGB) übertragen, aber im Einvernehmen mit der Klägerin die körperliche Herrschaft über den Vertragsgegenstand bis zum 31. Dezember 1970 behalten. Die Verschaffung des Eigentums kann bei dieser Auslegung der Vertragspflichten nur als Vorstufe der Lieferung angesehen werden. Denn die Vertragschließenden wollten der Klägerin einerseits das Eigentum verschaffen, ihr andererseits aber nicht die Nutzungen (§ 100 BGB) der Grundstücke langfristig vorenthalten; vielmehr sollte der Verkäufer nach der bis zum 31. Dezember 1970 befristeten Übergangszeit der Klägerin das Anwesen im ganzen zur eigenen landwirtschaftlichen Nutzung übergeben. Für diese Übergangszeit verblieb indessen dem Verkäufer - abgesehen von der schon durch die Eintragung einer Auflassungsvormerkung beeinträchtigten (§ 883 BGB) und durch die Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch beseitigten (§ 873 BGB) Veräußerungsmöglichkeit - die volle Sachherrschaft; er konnte die Grundstücke weiterhin nutzen und deren Früchte ziehen, wie wenn er noch mit der obligatorischen Verpflichtung zur künftigen Leistung der Übereignung und Übergabe (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB) beschwerter Eigentümer wäre. Die Klägerin war unter der erstgenannten (von ihr in der mündlichen Verhandlung aufgegebenen) Hypothese in dieser Zeit weder in der Lage, die Gesamtheit der Grundstücke in unmittelbaren Besitz zu nehmen (§ 854 BGB) noch deren Rechtsfrüchte (§ 99 Abs. 3 BGB) zu ziehen; sie war auf die bloße Rechtsstellung beschränkt und von der uneingeschränkten Verfügungs- und Verwertungsbefugnis (§ 903 BGB), wie sie im Regelfall mit dem Eigentum verbunden ist, ausgeschlossen. Sachenrechtlich war ihr zwar ab ihrer Eintragung als Eigentümerin in das Grundbuch eine Weiterveräußerung nicht verwehrt; obligatorisch war sie dazu aber nur unter Vorbehalt der weiteren Nutzung des Veräußerers bis 31. Dezember 1970 befugt (§§ 133, 157 BGB).

Die Klägerin hat unter der erstgenannten Hypothese den Gutshof weder im Jahre 1968 noch in dem vom angefochtenen Bescheid erfaßten Besteuerungszeitraum 1969 geliefert erhalten, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt (nämlich nach dem 31. Dezember 1970), zu dem sie ihre Umsätze wieder gemäß § 24 Abs. 1 UStG 1967 versteuerte. Der für den Besteuerungszeitraum 1969 geltend gemachte Vorsteuerabzug ist unter diesen Voraussetzungen zu versagen. Mit Rücksicht auf die Einheitlichkeit des auf Übereignung und auf körperliche Übergabe des Kaufgegenstandes (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB), auf die volle rechtliche und tatsächliche Sachherrschaft abzielenden Umsatzgeschäftes kann der vorweggenommene und im Jahre 1969 abgeschlossene Vorgang der Eigentumsverschaffung auch nicht als eine sonstige Leistung im Sinne des Umsatzsteuerrechts angesehen werden.

3. Wird dagegen - im Hinblick auf die beurkundete Erklärung im Kaufvertrag und entsprechend dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht - der rechtlichen Beurteilung ein mit Abschluß des Kaufs begründetes Pachtverhältnis zwischen der Klägerin und dem Verkäufer zugrunde gelegt, so folgt aus den nachstehenden Erwägungen, daß der Verkäufer das Gut bereits im Jahre 1968 für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Klägerin geliefert hat (siehe unten a), und daß die auf der Lieferung ruhende Vorsteuer von der Pauschalierung des § 24 Abs. 1 UStG 1967 im Besteuerungszeitraum 1968 erfaßt worden ist (siehe unten b).

a) Die Durchführung eines Pachtverhältnisses zwischen der Klägerin (als Verpächterin) und dem Verkäufer (als Pächter) hat zur Voraussetzung, daß die Klägerin den mittelbaren Besitz (§ 868 BGB) der Grundstücke erlangt hatte. Denn andernfalls hätte die Klägerin ihrem Pächter (dem Verkäufer) nicht "den Gebrauch des verpachteten Gegenstands und den Genuß der Früchte gewähren", ihren Verpächterpflichten (§ 581 Abs. 1 Satz 1 BGB) also nicht genügen können. Diese - den Erklärungen im Kaufvertrag entsprechende und von der Klägerin in der Revisionsverhandlung vertretene - Konstruktion setzt demnach voraus, daß die Vertragsparteien - unbeschadet der schwebenden Unwirksamkeit des Kaufs (§ 2 GrdstVG) und des Übereignungserfordernisses (§ 873 Abs. 1 BGB) einer notariell beurkundete Auflassung (§ 925 BGB) - der Klägerin schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses durch formlose Einigung, wie sie bei beweglichen Sachen für den Eigentumsübergang ausreicht (§ 930 BGB), im Verhältnis der Vertragsparteien zueinander eine eigentümerähnliche Stellung verschaffen wollten und verschafft haben; im Außenverhältnis war diese Stellung der Klägerin durch die Auflassungsvormerkung (§ 883 Abs. 2 Satz 1 BGB) und durch ihren mittelbaren Besitz (§ 869 BGB) abgesichert.

Somit hatten bei der zweitgenannten Hypothese die Vertragsbeteiligten das Ziel des Kaufvertrags, an dem sie festhalten wollten und festgehalten haben, im wirtschaftlichen Ergebnis bereits im Jahr 1968 vor Übergang des Eigentums, ja selbst vor Wirksamkeit des zur Leistung verpflichtenden Vertrages (§ 241 Satz 1 BGB), in einem Umfang verwirklicht, der unter Vorbehalt des § 5 Abs. 5 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) sich umsatzsteuerrechtlich bereits als Lieferung der Grundstücke und ihres Inventars (vgl. § 926 BGB) darstellt. Der Verkäufer bewirtschaftete das Anwesen nicht mehr als dessen Eigentümer (der er bis zum Jahr 1969 geblieben war), sondern kraft Parteiwillens nur noch als Pächter der Klägerin. Der Gutshof war deshalb, wenn der Verkäufer zugleich mit dem Kaufvertrag auch einen Pachtvertrag mit der Klägerin abgeschlossen hatte und dieser vollzogen wurde, schon im Jahre 1968 an die Klägerin geliefert worden.

Dieser rechtlichen Beurteilung steht nicht entgegen, daß die mit dem Kauf angestrebte Verschaffung des Eigentums (§ 433 Abs. 1 Satz 1 BGB) bei Abschluß des Pachtvertrags noch nicht erfüllt war. Denn der Mangel der hierzu nötigen (förmlichen) Auflassung und der Eintragung im Grundbuch (§§ 873, 925 BGB) ist gemäß § 5 Abs. 3 StAnpG (jetzt § 41 Abs. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -) "für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen". Dieses "wirtschaftliche Ergebnis" war - wie zuvor dargelegt - eingetreten; eine Weiterveräußerung des Grundstücks, zu deren Durchführung die vorgängige Auflassung an die Klägerin erforderlich gewesen wäre, war von ihr - jedenfalls in dieser Interimszeit - nicht beabsichtigt.

Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt ist auch ohne umsatzsteuerrechtliche Bedeutung, daß der im Jahre 1968 geschlossene Kaufvertrag zu seiner Wirksamkeit der Genehmigung der Landwirtschaftsbehörde bedurfte (§ 2 GrdstVG), aber erst im folgenden Jahr genehmigt worden ist. Denn auch der Kauf als obligatorische Grundlage der Lieferung (§§ 433, 241 BGB) sollte nach dem Willen der Vertragsbeteiligten während der Zeit des Genehmigungsverfahrens in seinem wirtschaftlichen Ergebnis Geltung haben; auf dieser Grundlage sind bei der zweitgenannten - von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht vertretenen - Hypothese die oben dargestellten Leistungen in Kenntnis der schwebenden Unwirksamkeit des Kaufs erfolgt.

Im Hinblick auf § 5 Abs. 3 StAnpG kann ferner dahingestellt bleiben, ob unter der zweitgenannten Hypothese der notariell beurkundete Kauf im ganzen bis zur Eintragung der Eigentumsänderung in das Grundbuch (§ 313 Satz 2 BGB) bürgerlich-rechtlich unwirksam gewesen wäre (§ 313 Satz 1 BGB), weil der Pachtvertrag als diesfalls wohl wesentlicher Bestandteil des Gesamtgeschäfts nicht mitbeurkundet worden war (§ 139 BGB).

b) War bei Annahme eines vollzogenen Pachtverhältnisses die Lieferung des Gutshofs bereits im Jahre 1968 ausgeführt worden, so war der streitige Vorsteuerabzugsanspruch der Klägerin infolge der in diesem Besteuerungszeitraum für die Klägerin maßgebenden Besteuerungsform des § 24 Abs. 1 UStG 1967 bereits im Kalenderjahr 1968 abgegolten. Der Umstand, daß die Klägerin die den Umsatz des Verkäufers betreffende Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erst im Jahre 1969, also in dem Besteuerungszeitraum erhalten hat, in dem für sie die Regelbesteuerung galt, kann eine andere Entscheidung nicht rechtfertigen:

Gemäß § 24 Abs. 1 UStG 1967 sind Umsätze, die ein Unternehmer im Rahmen seines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausführt, nach besonderen, vom allgemeinen und vom ermäßigten Steuersatz abweichenden Steuersätzen zu besteuern. Die diesen Umsätzen zuzurechnenden Vorsteuern des Unternehmers werden in gleicher Höhe wie die Steuer festgesetzt. Der Land- und Forstwirt kann deshalb, wenn und soweit er dieser Besteuerungsform unterworfen ist, weder zur Umsatzsteuer herangezogen werden noch kann er einen etwa entstandenen Überschuß der ihm gesondert in Rechnung gestellten Vorsteuern über die auf seinen Lieferungen und sonstigen Leistungen ruhende Umsatzsteuer geltend machen. Das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel, durch den vollen Ausgleich der entstandenen Steuer mit fiktiven Vorsteuerbeträgen die Umsatzbesteuerung der Land- und Forstwirte zu vermeiden, ohne diesen Unternehmerkreis aus dem Umsatzsteuersystem auszugliedern, hat zur Voraussetzung, daß sich, global betrachtet, das nach den gesetzlich festgelegten Steuersätzen zu erwartende Steueraufkommen dieses Wirtschaftszweiges mit dessen tatsächlicher Vorsteuerbelastung im Gleichgewicht hält. Die Steuersätze des § 24 UStG 1967 sind deshalb - entsprechend der amtlichen Überschrift dieser Vorschrift - Durchschnittsätze, die der global ermittelten Vorsteuerbelastung der Land- und Forstwirtschaft eines Jahreszeitraums in der Weise entsprechen, daß dieser Berufsstand im ganzen gesehen aus seiner rechtlichen Sonderstellung weder materielle Vorteile ziehen noch materielle Nachteile erleiden soll (vgl. Hartmannn/Metzenmacher, Umsatzsteuergesetz - Mehrwertsteuer -, Kommentar, 6. Aufl. 1976, Rdnr. 5 zu § 24).

Der Unternehmer, der in dieses System einbezogen ist, ist deshalb weitgehend von den Aufzeichnungspflichten des § 22 UStG befreit (vgl. § 12 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Umsatzsteuergesetzes - Mehrwertsteuer - [1. UStDV] und von den Erklärungspflichten entbunden (vgl. Abschn. 8 des Erlasses des Bundesministers der Finanzen vom 20. Dezember 1968 - IV A/3-S 7410-41/68 -, BStBl I 1969, 6 [8]); er ist insbesondere, da weder er noch das Finanzamt einen Anspruch auf Verrechnung der wirklichen Vorsteuerbelastung haben, nicht auf Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis für die empfangenen Lieferungen oder sonstigen Leistungen angewiesen.

Wechselt der land- und forstwirtschaftliche Unternehmer gemäß § 24 Abs. 4 UStG 1967 die Besteuerungsform - sei es, daß er wie im vorliegenden Falle zur Regelbesteuerung übergeht, sei es, daß er von dieser zur Besteuerung nach Durchschnittsätzen zurückkehrt - und fällt nur eine der beiden im Rahmen der Regelbesteuerung erforderlichen umsatzbezogenen Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 (Empfang einer Lieferung oder sonstigen Leistung und Inrechnungstellung mit gesondertem Steuerausweis) in den Zeitraum dieser Besteuerungsform, so treten die Regelungen für den Vorsteuerabzug nach § 24 Abs. 1 und § 15 Abs. 1 UStG 1967 zueinander in Konkurrenz. Für die Entscheidung der Frage, welche Art des Vorsteuerabzugs jeweils gegeben ist, ist die Erwägung leitend, daß nach dem System der Besteuerung aus § 24 Abs. 1 UStG 1967 die reale Vorsteuerbelastung infolge der Zurechnung eines fiktiven Betrags abgegolten wird. Von dieser Konsumtion müssen einerseits alle auf den vom Unternehmer empfangenen Lieferungen und sonstigen Leistungen ruhenden Vorsteuern und können andererseits auch nur derartige Vorsteuern erfaßt werden. Denn dem Gebot der "Zurechnung" der fiktiven Vorsteuerbelastung zu den Umsätzen des Unternehmers liegt die gesetzliche Unterstellung zugrunde, die Vorsteuerbelastung sei aus Bezügen entstanden, die der Unternehmer für seine Umsätze einsetzen konnte. Außerdem schließt die fiktive Natur der Abgeltung aus, daß dem im System der Regelbesteuerung für den Abzugsanspruch erforderlichen Merkmal der gesonderten Inrechnungstellung irgendeine Bedeutung zukommen kann.

Hieraus folgt, daß in jedem Falle, in dem der land- und forstwirtschaftliche Unternehmer die Besteuerungsform wechselt, zur Bestimmung der Rechtsgrundlage für die Gewährung des Vorsteuerabzugs der Zeitpunkt ausschlaggebend ist, zu dem die Lieferung oder die sonstige Leistung an den Unternehmer bewirkt wurde. Demnach ist für den Vorsteuerabzug diejenige der konkurrierenden Regelungen bestimmend, die im Rahmen der für den Land- und Forstwirt zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Besteuerungsform gilt.

Daß nur diese Auslegung der Gesetzessystematik gerecht wird, zeigt sich insbesondere, wenn ein land- und forstwirtschaftlicher Unternehmer, der im Zeitraum der Regelbesteuerung zwar die Lieferung, jedoch erst nach seinem Wechsel zur Besteuerungsform des § 24 UStG 1967 die Rechnung mit gesondertem Steuerausweis erhalten hat. Wäre in diesem Falle für die Gewährung des Vorsteuerabzugs nicht der Zeitpunkt der Lieferung bestimmend, so bliebe der Gegenstand der Lieferung im Besteuerungszeitraum des Leistungsbezugs mit der Vorsteuer belastet, weil ein Abzugsanspruch gemäß § 15 Abs. 1 UStG 1967 vor dem Wechsel der Besteuerungsform noch nicht entstanden war; andererseits würde die Lieferung nach dem Wechsel in die Besteuerungsform nach § 24 UStG 1967 vom pauschalierten Vorsteuerabzug erfaßt. Daß die Konsumtion dieses Vorsteuerbetrags im nachfolgenden Besteuerungszeitraum, für den § 24 UStG 1967 anzuwenden ist, zu einem sinnwidrigen Ergebnis führt, wird besonders deutlich, wenn der landwirtschaftliche Unternehmer den bezogenen Gegenstand bereits im Besteuerungszeitraum des Bezugs, in dem er der Regelbesteuerung unterlag, weitergeliefert hatte. Mit diesem Ergebnis wäre die Wettbewerbsfähigkeit des land- und forstwirtschaftlichen Unternehmers systemwidrig beeinträchtigt.

Die Richtigkeit der oben dargestellten Beurteilung des Verhältnisses von § 15 Abs. 1 UStG 1967 zu § 24 UStG 1967 erweist sich auch anhand des Falles, daß ein land- und forstwirtschaftlicher Unternehmer im Zeitraum seiner Besteuerung nach § 24 UStG 1967 eine Lieferung erhält und den Liefergegenstand in diesem Besteuerungszeitraum weiterveräußert. Wechselt er im nachfolgenden Besteuerungszeitraum zur Regelbesteuerung und erhält er für die vorbezeichnete Lieferung jetzt eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis, dann ist der Vorsteuerabzug nach dem Zeitpunkt der Lieferung und nicht nach demjenigen des Rechnungserhalts zu beurteilen. Denn für die (Weiter-)Lieferung, die noch in die Besteuerungsform des § 24 UStG 1967 fiel, waren die fiktiven Vorsteuerbeträge anzusetzen. Die Verlegung der realen Vorsteuerbelastung in den Zeitraum des Rechnungserhalts würde dem land- und forstwirtschaftlichen Unternehmer in diesem Fall einen steuerlichen Vorteil verschaffen, der ihm nach der dargestellten Wirkungsweise des § 24 UStG 1967 nicht zufließen soll.

Demzufolge ist der Vorsteuerabzug richtigerweise demjenigen Besteuerungszeitraum zuzuordnen, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung an den land- und forstwirtschaftlichen Unternehmer bewirkt worden ist. Das Prinzip der Abgeltung von Vorsteuerbeträgen für land- und forstwirtschaftliche Unternehmen läßt sich demnach dahin kennzeichnen, daß von der Vorsteuerpauschalierung des § 24 UStG 1967 alle durch Leistungsbezug ausgelösten konkreten Vorsteuerbelastungen erfaßt werden, und zwar ohne Rücksicht auf die rechnungsmäßige Abwicklung.

Die vorstehenden Erwägungen erzwingen für den vorliegenden Fall die Entscheidung, daß der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Abzug der auf dem erworbenen Gut lastenden Vorsteuer im Jahre 1969 auch dann nicht zusteht, wenn sie mit dem Verkäufer ein Pachtverhältnis abgeschlossen und durchgeführt hat. Denn diese Vorsteuerbelastung war bei Begründung eines Pachtverhältnisses im Jahre 1968 bereits durch die in diesem Jahr maßgebliche Pauschalierung gemäß § 24 Abs. 1 UStG 1967 abgegolten.

4. Da auch das anderweitige, den Abschluß eines Pachtvertrags leugnende Revisionsvorbringen den Anspruch auf den begehrten Vorsteuerabzug für 1969 nicht begründen kann, stellt sich das angefochtene klageabweisende Urteil im Ergebnis als richtig dar.

 

Fundstellen

Haufe-Index 73460

BStBl II 1980, 279

BFHE 1980, 425

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