Leitsatz (amtlich)

Ein Zwischenurteil ist auch dann unzulässig, wenn nur ein einziges Besteuerungsmerkmal (hier: Zulässigkeit und Höhe eines Wertberichtigungspostens) streitig ist.

 

Normenkette

FGO § 99

 

Tatbestand

Streitig ist bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen 1956 bis 1959, ob bei den für die Verpflichtung zur Rückgabe von Flaschen- usw. -Pfandgeldern gebildeten Passivposten gewinnerhöhende Wertberichtigungen vorzunehmen sind (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG).

Revisionsklägerin ist eine KG, die Getränke herstellt. Bei dem Verkauf der Getränke ließ sie sich von den Kunden für Flaschen und Kisten Pfandgelder bezahlen. Die Verpflichtung zur Rückzahlung passivierte sie. Da die KG nicht mit der Rückgabe aller ausgegebenen Emballagen rechnete, bildete sie zu den einzelnen Bilanzstichtagen jeweils auf der Aktivseite der Bilanz einen Wertberichtigungsposten. Nach einer Betriebsprüfung erhöhte das FA die Wertberichtigungsposten.

In ihrer Klage rügte die KG Mängel des Einspruchsverfahrens und beantragte in der Sache selbst die Streichung aller Wertberichtigungsposten, da ihre Bildung unzulässig gewesen sei.

Das FG erklärte die Verfahrensrügen für unbegründet und bestätigte dem Grunde nach die Auffassung des FA (vgl. EFG 1968, 118). Da die Höhe der Wertberichtigungen noch weitere Feststellungen erfordere, werde im Einvernehmen mit den Prozeßbeteiligten über den Grund des Anspruchs durch Zwischenurteil nach § 99 FGO vorab entschieden.

Die KG rügt Verfahrensmängel und unrichtige Anwendung sachlichen Rechts.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur ersatzlosen Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Der Erlaß eines Zwischenurteils war unzulässig. Bei einer Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt der in § 229 AO bezeichneten Art kann das Gericht durch Zwischenurteil über den Grund vorab entscheiden, wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist (§ 99 FGO), aber nicht mehr, wie § 284 Abs. 2 AO a. F. vorgesehen hatte, wenn es sich um "selbständige Streitpunkte" handelt. Der erkennende Senat entschied in dem Urteil IV R 222/66 vom 20. Juni 1968 (BFH 93, 365, BStBl II 1968, 804), daß im einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahren eine Vorabentscheidung nach § 99 FGO in dem Sinn, daß nur dem Grunde nach über das Bestehen einzelner erheblicher Sachverhaltsteile entschieden wird, nicht zulässig ist. Er führte dort aus, daß der Zweck des Zwischenurteils, nach Möglichkeit den Prozeß endgültig zu erledigen, ohne auf die ebenfalls bestrittene Höhe des Anspruchs einzugehen, durch ein Zwischenurteil über einzelne Streitpunkte nicht erreicht werden könne, weil in dem sich daran anschließenden Verfahren weitere einzelne Streitpunkte auftreten oder in den Rechtsstreit eingeführt werden könnten. In der dort entschiedenen Sache war kein Fall denkbar, in dem der Rechtsstreit mit dem Zwischenurteil endgültig abgeschlossen worden wäre. Dies ergab sich aus dem Begriff des Streitgegenstandes im steuergerichtlichen Verfahren (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH Gr. S. 1/66 vom 17. Juli 1967, BFH 91, 393, BStBl II 1968, 344). Streitgegenstand des einheitlichen Gewinnfeststellungsverfahrens ist die Rechtmäßigkeit des den Gewinn feststellenden und ihn auf die Beteiligten verteilenden Bescheids im ganzen, nicht der einzelne Vorgang, der den Gewinn beeinflußt (BFH-Urteil IV R 222/66).

Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn wie hier nur ein einziges sachliches Besteuerungsmerkmal streitig ist. Denn bei dem einzelnen Streitpunkt "Pfandgeldverbindlichkeit" handelt es sich im Sinne des § 99 FGO nicht um den Grund, sondern um die Höhe des Anspruchs. Die Frage zwar, ob überhaupt ein Gewinn einheitlich festzustellen sei, könnte eine Vorabentscheidung über den Grund im Sinn dieser Vorschrift rechtfertigen. Die Frage hingegen, ob und in welcher Höhe eine Verbindlichkeit oder Rückstellung zu passivieren und ihr ein Wertberichtigungsposten gegenüberzustellen sei, betrifft aufs ganze gesehen ausschließlich die Höhe des Gewinns und damit des Betrags im Sinne des § 99 FGO. Ist aber nur der Betrag streitig, so kann ein Zwischenurteil nicht ergehen (vgl. auch Becker-Riewald-Koch, Reichsabgabenordnung, Kommentar, Anm. 2 zu § 99 FGO; Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung, Kommentar, Anm. 2 zu § 99 FGO). Die Zustimmung der Prozeßparteien kann die fehlenden Voraussetzungen für den Erlaß eines Zwischenurteils nicht ersetzen.

Da hiernach die Vorentscheidung nicht ergehen durfte, ist sie ersatzlos aufzuheben, womit sich das Klageverfahren wieder in dem Zustand befindet wie vor dem Erlaß des Zwischenurteils. In eine sachliche Prüfung des Falles einzutreten ist dem Senat verwehrt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68875

BStBl II 1970, 188

BFHE 1970, 407

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